Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea)
Die Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea Linné) gehört zur Familie der Heidekraut-Gewächse sowie zur Gattung der Heidelbeere. Sie wächst und gedeiht in ganz Europa und wird seit alters her sowohl in der Küche als auch in der Volksheilkunde als schmackhafte, vitaminreiche und heilsame Frucht geschätzt.
Preiselbeeren sind eigentlich nicht besonders anspruchsvoll, was ihre Wachstums-Bedingungen betrifft. Sie lieben ein Klima mit feucht-kühlen Sommern und vergleichsweise milden Wintern. Eines aber brauchen alle Preiselbeer-Sorten: eine saure Umgebung. Preiselbeeren gedeihen nur auf sauren Böden, deren pH-Wert zwischen 4,0 und 5,0 liegt.
Saure Beeren mit wertvollen Inhaltsstoffen
Bis die Beeren reif sind, vergehen 75 bis 100 Tage. Die Reife setzt im September/ Oktober ein. Die Früchte werden bis zu zwei cm groß und sind tief rot. Das Fruchtfleisch ist hell, fest, knackig und schmeckt recht sauer und herb. Spezielle Inhaltsstoffe und eine Wachsschicht um die Früchte machen es möglich, dass die Beeren mehrere Monate gelagert werden können und auch im Winter noch genießbar bleiben. Preiselbeeren enthalten Natrium, Phosphor und sind besonders reich an Kalium. Bemerkenswert ist zudem der hohe Gehalt an Vitamin C (30–40 mg pro 100 g Frucht). Wichtige Inhaltsstoffe der Preiselbeere sind zudem so genannte Proanthocyane. Diese Substanzen sind zum einen für die Farbe und zum anderen für die therapeutische Wirksamkeit der Preiselbeere verantwortlich.
Heute verwendet man frische Preiselbeeren, die von Oktober bis Dezember geerntet werden, vor allem zum Backen und als Beilage zu Wild- und Geflügelgerichten. Aber auch der gesüßte oder ungesüßte Saft erfreut sich großer Beliebtheit.
Renaissance eines alten Heilmittels
Preiselbeeren besitzen nicht nur als Lebensmittel, sondern auch als Volksheilmittel eine lange Tradition. Bereits die amerikanischen Ureinwohner, die Indianer, wussten die herbe tief rote Frucht – genauer gesagt eine nahe Verwandte der Preiselbeere, die Cranberry – als Heilmittel zu schätzen. Sie wuschen Wunden mit Cranberry-Saft aus und legten Cranberry-Umschläge auf, um das Gift aus Pfeilwunden zu ziehen.
Heute, viele hundert Jahre später, entdecken Wissenschaftler ein neues Indikationsgebiet: Preiselbeeren als quasi antibiotisch wirkendes Mittel zur Vorbeugung und Behandlung von Harnwegsinfektionen: Preiselbeeren bzw. Cranberries, so konnte der Forscher von der Youngstown State Universität in Ohio demonstrieren, hemmen die Adhärenz, d.h. die Anheftung, von E. coli-Bakterien an die Zellen von Blase und Niere (die Darmbaktereien der Species E. coli sind für über 80 Prozent aller Harnwegsinfekte verantwortlich).
Und welcher Inhaltsstoff ist für diese besondere Wirkung der Preiselbeeren/ Cranberries verantwortlich? Diese Frage wurde erst vor kurzem von Wissenschaftlern der Rutgers State Universität in New Jersey beantwortet. In einem Brief, der im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, teilen sie mit, dass sie erstmals die Wirksubstanzen in Cranberries identifiziert haben. Es handelt sich um kondensierte Tannine, die auch als Proanthocyane bezeichnet werden. Die Forscher isolierten die Substanzen aus den Beeren und konnten eindeutig nachweisen, dass diese Stoffe die Anbindung von E. coli an die Zellen des Harntraktes verhindern. Dadurch können sich die Bakterien nicht in Blase und Niere festsetzen und werden via Urin ausgeschwemmt. Eine drohende Infektion wird so bereits im Vorfeld verhindert.
Für eine optimale Wirksamkeit sind nach Aussage der Wissenschaftler täglich etwa 400 ml Preiselbeer-Saft oder ‑Nektar nötig (z.B. aus dem Reformhaus). In Deutschland ist Preiselbeerextrakt auch als wohlschmeckende Lutschtablette erhältlich.
Autor
• Jens Meyer-Wegener, Heilpflanzen-Welt (2002).
Quellen
• Susanne Uhlenbruck: Preiselbeeren, Entzündungen der Harnwege natürlich behandeln, Mosaik Verlag, München 1999.
• Sobota, A.E.: Inhibition of bacterial adherence by cranberry juice: potential use for the treatment of urinary tract infections. J Urol. 1984; 131: 1013–6 (Medline).
• Howell, A.B. et al.: Inhibition of the adherence of P‑fimbriated Escherichia coli to uroepithelial-cell surfaces by proanthocyanidin extracts from cranberries. N Engl J Med. 1998; 339(15): 1085–6 (Medline).