Topinambur: Ein idealer Kartoffelersatz für Diabetiker

Topin­am­bur, Heli­an­thus tubero­sus, die Erd­bir­ne, ist eine nahe Ver­wand­te der Son­nen­blu­me. Sie stammt ursprüng­lich aus Nord­ame­ri­ka und wur­de dort bereits von den India­nern ange­baut und geschätzt. Um 1600 gelang­te sie nach Euro­pa und ver­brei­te­te sich als Gemü­se­pflan­ze vor­zugs­wei­se in Frank­reich und dem Süden Deutsch­lands. Mit­te des 18. Jahr­hun­derts wur­de sie weit­ge­hend von der Kar­tof­fel ver­drängt. Erst Anfang des 20. Jahr­hun­derts erleb­te die schmack­haf­te Knol­le gewis­ser­ma­ßen eine Renaissance.

Dr. G.A. Küp­pers, ein deut­scher Wis­sen­schaft­ler, der Topin­am­bur auf dem Bal­kan ken­nen­lern­te, grün­de­te nach dem Krieg, 1947, die Topin­am­bur-Saal­zucht Nie­der­sach­sen in Müden, Kreis Cel­le. Er züch­te­te neue, ver­bes­ser­te Sor­ten und trug maß­geb­lich dazu bei, dass Topin­am­bur wie­der Ein­zug in deut­sche Küchen hielt. Eine wei­te­re gro­ße Anbau­stät­te für Topin­am­bur fin­det sich heu­te in Süd­ba­den (Ras­tatt).

Die aus­dau­ern­de Stau­de bil­det aus einer Spross­knol­le meh­re­re bis zu 2 m hohe Spros­se mit gegen­stän­di­gen gestiel­ten, herz­för­mi­gen bis eil­an­zett­li­chen rau­en Blät­tern aus. Topin­am­bur blüht als Kurz­tags­pflan­ze erst rela­tiv spät im Jahr – ab Sep­tem­ber. Die Blü­ten sind dot­ter­gelb. Die Blü­ten­körb­chen haben einen Durch­mes­ser von 2.4 cm.

Im Gegen­satz zur Kar­tof­fel tra­gen die Spross­knol­len spross­bür­ti­ge Wur­zeln und wei­sen je nach Sor­te eine gel­be, brau­ne oder rote Scha­le auf. Das Fleisch ist weiß. Da das Wachs­tum und die Ein­la­ge­rung der Spei­cher­stof­fe erst spät im Jahr abge­schlos­sen ist, ern­tet man Topin­am­bur erst im Novem­ber. Dank ihrer Frost­här­te kön­nen die Knol­len bis zum Früh­jahr im Boden ver­blei­ben. Zur Lage­rung im Kel­ler sind sie hin­ge­gen nicht geeignet.

Die Knol­len ent­hal­ten bis zu 80 % Was­ser, ca. 3 % Eiweiß und 15 – 20 % Koh­len­hy­dra­te sowie die Mine­ral­stof­fe Kali­um, Cal­ci­um, Phos­phor, Eisen, Natri­um und Sili­zi­um. Wei­ter­hin fin­den sich fol­gen­de Vit­ami­ne in den Knol­len: Pro­vit­amin A, Vit­amin B1, B2, B6, D und C. Beson­ders auf­fal­lend ist er hohe Gehalt an Inu­lin (bis zu 16 %), einem stär­ke­ähn­li­chen Polys­ac­cha­rid. Inu­lin wird durch die Ver­dau­ungs­en­zy­me im Darm in Fruk­to­se gespal­ten, einer für Dia­be­ti­ker ver­träg­li­chen Zucker­form. Das ist auch der Grund, war­um Topin­am­bur heu­te beson­ders für die Dia­be­ti­ker-Diät emp­foh­len wird.

In der Volks­me­di­zin wird Topin­am­bur vor allem bei Ver­dau­ungs­be­schwer­den zum Ein­satz gebracht. Dem Extrakt aus der Pflan­ze wird zudem eine appe­tit­hem­men­de Wir­kung zuge­spro­chen. Auch hier spielt das Inu­lin wahr­schein­lich eine her­aus­ra­gen­de Rol­le: Es wirkt sät­ti­gend, ohne den Blut­zu­cker­spie­gel zu beein­flus­sen. Im Gegen­satz zu syn­the­ti­schen Appe­tit­hem­mern ist Heli­an­thus tubero­sus frei von Neben­wir­kun­gen. Ein­zi­ges Man­ko: Die Anwen­dung beruht aus­schließ­lich auf Erfah­rungs­wer­ten. Die phar­ma­ko­lo­gi­sche Wir­kung und die kli­ni­sche Wirk­sam­keit wur­den noch nicht – nach dem der­zei­tig übli­chen Stan­dard – erforscht. Eine Mono­gra­phie liegt für Heli­an­thus daher nicht vor.

Tipp: In Frank­reich und Süd­deutsch­land wird Topin­am­bur auch zur Gewin­nung von Alko­hol (hoch­pro­zen­tig) genutzt. Der Schnaps ist in Lebens­mit­tel- und Fein­kost­ge­schäf­ten erhält­lich und eig­net sich beson­ders nach fett­rei­chen, schwe­ren Mahlzeiten.

Schon mal Topin­am­bur pro­biert? Nein, dann soll­ten Sie die­ses Rezept ver­su­chen: Herz­haft und zugleich kalorienarm!

Rezept: Topinambur mit Mais, Kräuterjoghurt und Frikadellen

Topin­am­bur waschen und in Salz­was­ser ca. 15–20 Minu­ten garen. Anschlie­ßend etwas abküh­len las­sen und Scha­le abzie­hen (wie Pellkartoffeln).

Joghurt (aus Mager­milch) mit Salz, Pfef­fer, Zitro­nen­saft und gehack­ten fri­schen Kräu­tern (z.B. Schnitt­lauch, Peter­si­lie, Kres­se) anrühren.

75 g Hack­fleisch (gem.) mit Hafer­kleie (ca. 1 Ess­löf­fel), Pfef­fer und Kapern ver­men­gen und zu fla­chen Fri­ka­del­len for­men. Fri­ka­del­len in einer Pfan­ne von bei­den Sei­ten anbra­ten, bis sie braun sind. Aus der Pfan­ne her­aus­neh­men und warm stellen.

Die Pfan­ne mit einem Papier aus­wi­schen, neu­es Öl hin­ein­ge­ben und den Topin­am­bur zusam­men mit Zucker­mais (aus der Dose) in der hei­ßen Pfan­ne schwen­ken. Mit en bis zwei Ess­löf­feln Gemü­se­brü­he ablö­schen. Wenn das Was­ser weit­ge­hend ver­dampft ist, die Joghurt-Kräu­­ter­­so­­ße in die Pfan­ne geben und mit dem Gemü­se ver­mi­schen. Nicht mehr kochen lassen.

Autor
• Jens Mey­­er-Wege­­ner, Heil­pflan­­zen-Welt (2002).

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