Johannes Oporinus: Famulus von Paracelsus
Johannes Oporinus: Famulus von Paracelsus, später berühmter Drucker, beschreibt Paracelsus in einem Brief (Ausschnitt):
“[Paracelsus war] ganze Tage und Nächte, solange ich mit ihm selbst eng fast zwei Jahre zusammenlebte, dem Trunk und der Prasserei ergeben, dass man ihn kaum eine oder zwei Stunden lang nüchtern finden konnte, vor allem, nachdem er Basel verlassen hatte und im Elsaß bei vornehmen Bauern und bäuerischen Vornehmen von allen wie ein zweiter Äskulap gefeiert wurde. Indessen pflegte er dann, wenn er besonders betrunken war, nach Hause zurückgekehrt mir etwas von seiner Philosophia zu diktieren, das so schon zusammenhängend zu sein schien, daß es der Nüchternste offensichtlich nicht hätte besser machen können. Ich war dann beflissen, diese Diktate, so gut ich konnte, in die lateinische Sprache zu übersetzen. Und es sind solche Schriften, teils von mir, teils von anderen ins Latein übersetzt, später gedruckt worden […]. Immer hatte er ein Feuer in seinem Kohlewinkel brennen, um bald irgendwelche Alkali, bald ein sublimiertes Öl, bald ein Arsenöl, bald den Crocus Martis oder den wunderbaren Oppoteldoch und weiß nicht was für Gebräu zu kochen […]. Bisweilen gab er vor, etwas vorhersagen zu können, und behauptete, Kenntnis von irgendwelchen Wundermitteln zu haben […]. Er kümmerte sich nicht um Frauen, so daß ich nicht glaube, daß er mit einer jemals etwas hatte […]. Er war ein großer Geldverschwender, und er war oft abgebrannt, daß ich wußte, daß ihm kein Heller geblieben war. Alsbald am nächsten Tag zeigte er, daß sein Geldbeutel wieder gut gefüllt war, so daß ich nicht selten verwundert war, woher das Geld gekommen sei […]. Beim Kurieren selbst von äußerst schlimmen Geschwüren vollbrachte er Wunder, wobei er Tag und Nacht mit seinen Patienten kuriert so – wie er zu sagen pflegte – mit vollem Bauch dennoch. Er gebrauchte in allen Arten von Krankheiten präzitiertes Pulver, Theriak oder Mithridat oder Saft von Kirschen oder Zwetschgen in Pillenform zum Purgieren. Mit seinem Laudanum (so nannte er Pillen so groß wie Mäusedreck, die er immer in ungerader Zahl nur in äußerster Not der Krankheiten wie eine heilige Medizin anwandte) brüstete er sich so, daß er nicht zögerte zu behaupten, daß er durch dessen Gebrauch allein Tote zu Lebenden machen könnte; und dies hat er mehrmals, solange ich bei ihm war, tatsächlich bewiesen. Ich habe nie gehört oder gesehen, daß er betete, und er kümmerte sich nicht um die kirchlichen Bräuche, sondern die Evangelische Lehre, die zu dieser Zeit bei uns sich zu verbreiten begann und von unseren Predigern ernsthaft betrieben wurde, wurde nicht viel von ihm beachtet.”
Quelle
• Benzenhöfer, U.: Paracelsus, rororo-Monographie, Rowohlt Taschenbuchverlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, November 1997, S. 65.
Renaissance (1350 bis 16. Jahrhundert)
Die Renaissance ist eine Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit. Sie ist gekennzeichnet von große Veränderungen. Erfindungen, neue Vorstellungen von Entstehung der Welt und ihren möglichen Zusammenhängen stellten Bisheriges auf den Kopf. Beispielsweise veröffentlichte Kopernikus 1543 sein heliozentrisches System. Aus seinen astrologischen Beobachtungen hatte er die These aufgestellt, dass die Sonne Mittelpunkt des Sonnensystems sei, um den sich die Planeten drehen. Er behauptete auch, dass die Erde rund und sich um die eigene Achse drehe. Das waren Gedanken, die die Kirche als umstürzlerisch bewertete (Kopernikus musste sich später vor der Kirche verantworten und konnte nur durch Widerruf seiner Thesen lebenslanger Haft entgehen). Nicht nur in der Astronomie, sondern auch Geistesgeschichte, Medizin und Kultur fanden Erneuerungen statt. Zudem sorgten wichtige Erfindungen wie der Buchdruck für eine schnelle Verbreitung der neuen Gedanken. Große Auswirkungen hatte auch die Vervielfältigung der entwickelten Stecherkunst, mit der wiederum Abbildungen massenhafte Verbreitung fanden. Die enorme Auswirkung lässt sich gut am Beispiel der Medizin aufzeigen: Ärzten wurde in der Renaissance erstmals wieder erlaubt (seit Leonardo da Vinci aufgrund religiöser Vorstellungen verboten), Leichen zu öffnen. Damit konnten die mittelalterlichen, anatomischen Kenntnisse konnten überprüft werden. Die Ärzte ließen Organe zeichnen und später im neuen Vervielfältigungsverfahren drucken. Die neuen Erkenntnisse und Theorien über Funktionen von Organen oder Entstehung von Krankheiten konnte sich damit schnell verbreiten. Sie wurden überall in Europa gelesen und bestaunt und wirkten wiederum befruchtend auf neue Ideen.
Quelle
• Toellner, R. et al. (Hrsg.): Illustrierte Geschichte der Medizin. Andeas & Andreas, Vaduz 1986. Dufour, A. (S. 1409 ff.): Von der Renaissance bis zum 19. Jahrhundert.