Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897) wurde berühmt durch seine Wasser-Kuren. Als Gesundheits- und Abhärtungsapostel machte er Wassertreten und medizinische Güsse salonfähig. Was die meisten Menschen vergessen haben oder vielleicht sogar nicht wissen ist, dass seine Lehre wesentlich mehr enthielt: Genauso wichtig waren ihm nämlich Heilpflanzen, Bewegung und Ernährung. Er legte Wert auf einfaches, gesundes Essen und maßvolle Lebensführung. Sein oberstes Prinzip galt der Vorbeugung – wer bewusst gesund lebt wird eben (fast) nie krank!
Dem Seelsorger lagen vor allem arme Menschen am Herzen. Jene, die sich weder Arzt noch teure Medikamente leisten konnten, empfahl Kneipp auf heimische ‘kostenlose’ Kräuter und Heilpflanzen zurückgreifen. Er vertrat die Meinung, dass Gott “nicht bloß was zur Erhaltung des Lebens, zu des Leibes täglichem Brod nothwendig ist, lässt er uns wachsen. Er, der in unendlicher Weisheit Alles nach Maß, Zahl und Gewicht geschaffen hat, lässt in väterlicher Liebe zahllos auch diejenigen Kräutchen aus der Erde hervorsprießen, welche dem Menschen in kranken Tagen Trost, seinem in Schmerzen sich windenden Körper Linderung und Heilung verschaffen.” [1] Kneipp schickte seine Patienten in die Felder und Wiesen, um sich ihre Kräuter selbst zu sammeln. Und denjenigen, die einen Garten hatten, empfahl er eine Kräuter- und Heilpflanzenecke einrichten.
Die wichtige Hausapotheke
“Wenn ein Pferd nicht ausreicht (Wasserkur), den Karren aus dem Dreck zu ziehen, muss ein zweites (Heilpflanzen) davorgespannt werden”, soll Kneipp einmal gesagt haben. Der zweite Teil seines Hauptwerks “Meine Wasserkur” ist folgedessen den Heilkräutern gewidmet. Hier vermittelte er sein Wissen, gab genaue Anweisungen wann, welche Pflanzen zu pflücken, wie sie zu behandeln und zu trocknen seien. Schließlich ging es Kneipp darum, dass sich in jedem Haushalt eine ‘Kleine Hausapotheke’ befinden sollte. Kneipp teilte die Hausapotheke in vier Abteilungen ein: Es sollten sich Tinkturen, Teesorten, Pulver und Öle darin befinden. Für die Auswahl seiner Heilkräuter hatte Kneipp ein sicheres Gespür: Zum einen waren die Hausmittel so zusammengestellt, dass sie bei Magen‑, Darm-Erkrankungen oder fieberhaften Infekten Linderung verschafften und oft auch zur schnelleren Heilung beitrugen. Das Besondere an der Heilkräuter-Zusammenstellung von Kneipp: Sie ist ganz modern. Er nahm genau die Auswahl von Heilkräutern wie auch ihre Bewertung vor, wie sie fast 100 Jahre später die eingesetzte Kommission E (Phytotherapeutische Therapierichtung und Stoffgruppe) des Bundesgesundheitsamtes durchgeführte. Viele Beschreibungen der Heilkräuter Kneipps sind fast deckungsgleich mit denen aus der Monographie E [2].
Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (2002).
Quellen
1. Kneipp, Sebastian, Meine Wasserkur, 5. Auflage, Verlag der Jos. Kösel’schen Buchhandlung, 1888, Faksimilierte Ausgabe, Englisch Verlag, 1987 S. 113.
2. Böhmig, Mayr, Kneipp und die Heilpflanzen, Karl F. Haug Verlag, Heidelberg 1993, S. 10.
weitere Infos
• Monographien der Kommission E – Liste
• Geschichte und Bedeutung der Monographien