Trotz Agonie – Niedergang der Phytotherapie aufhalten!

Regie­rung gegen Ärz­te? Ärz­te­ver­tre­ter inter­pre­tie­ren die Posi­tiv­lis­te, den Ent­wurf des Geset­zes zur Moder­ni­sie­rung des Gesund­heits­we­sens oder die 12. Neu­fas­sung des Arz­nei­mit­tel­ge­set­zes ger­ne als mas­si­ve Kol­la­te­ral­schä­den der aktu­el­len Ber­li­ner Regie­rungs­po­li­tik. Natur­heil­kund­ler und ande­re Kom­ple­men­tär­me­di­zi­ner sehen sich dabei irgend­wie als “Alba­ner” des Gesund­heits- und Sozi­al­sys­tems – wie vie­le die Kol­la­te­ral­schä­den über­le­ben wer­den, ist noch unklar. Doch cave canem! – die Funk­tio­na­li­sie­rung von Ulla Schmidt et al. als Quel­le allen Übels greift zu kurz!

Falscher Gegner!

Die hef­ti­gen Angrif­fe von Ver­tre­tern z.B. des Zen­tral­ver­ban­des der Ärz­te für Natur­heil­ver­fah­ren (ZÄN), vor­ge­tra­gen bei einer Pres­se­kon­fe­renz in Ham­burg (*), erschei­nen zwar emo­tio­nal gerecht­fer­tigt. Nicht zuletzt, weil es einer­seits um die Wei­ter­exis­tenz der Natur­heil­kun­de im GKV-finan­zier­ten Sys­tem und ande­rer­seits um das Über­le­ben so man­cher ihrer dia­gnos­ti­schen und the­ra­peu­ti­schen Metho­den geht. Doch viel­leicht ver­bei­ßen sich die Natur­heil­kund­ler im fal­schen Geg­ner!? Auch wenn sich die Gesund­heits­mi­nis­te­rin als höchst pas­sen­des Ziel ärzt­li­cher Angrif­fe anbie­tet, hat der unschwer pro­gnos­ti­zier­ba­re Tod der Phy­to­the­ra­pie und ande­rer natur­heil­kund­li­cher Metho­den inner­halb der ärzt­lich getra­ge­nen Medi­zin Deutsch­lands bereits mit Ver­ab­schie­dung des zwei­ten AMGs Ende der 70er Jah­re begonnen.

Kunden egal?

Da hilft es auch nicht wei­ter, dass die Akzep­tanz “natür­li­cher” Ver­fah­ren (allen vor­an die Phy­to­the­ra­pie) in der Bevöl­ke­rung ein Aus­maß erreicht hat, wie noch nie­mals zuvor: Über 70% wün­schen sich Kom­ple­men­tär­me­di­zin bei der täg­li­chen medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung! Dies spie­gelt sich nicht nur in den Umfra­ge­er­geb­nis­sen gro­ßer Mei­nungs­for­schungs­in­sti­tu­te oder der Nach­fra­ge in der ärzt­li­chen Pra­xis wider, son­dern in glei­chem Umfang im täg­li­chen Medi­en­ge­sche­hen oder dem Buch­markt für Laien-Gesundheitsratgeber.

Verdrängung pur!

Die Phy­to-The­ra­pie­hand­bü­cher für Ärz­te übri­gens, die von den medi­zi­ni­schen Ver­la­gen immer häu­fi­ger auf den Markt gebracht wer­den, zei­gen – unge­ach­tet aller medi­ko-poli­ti­schen Ent­wick­lun­gen – eine Wirk­lich­keit, die schon lan­ge nicht mehr exis­tiert: Wem nützt ein Fach­buch mit vie­len hun­dert Pflan­zen­heil­mit­teln, wenn in Deutsch­land nach Rat­schluss der BfArm-Kom­mis­si­on E nur gera­de mal noch 200 zuge­las­sen sind, bzw. ent­spre­chend der Posi­tiv­lis­te auf Kos­ten der GKV ver­ord­nungs­fä­hig sind? Ange­sichts des all­mäh­li­chen Able­bens der Pflan­zen­heil­kun­de erscheint die offen­sicht­li­che Ver­drän­gung sei­tens der Fach­au­to­ren (nicht sel­ten – ehe­ma­li­ge – Mit­glie­der der Kom­mis­si­on E…) aber auch bei der Mehr­heit der natur­heil­kund­lich ori­en­tier­ten Ärz­te­schaft recht erstaun­lich. Viel­leicht aber ist der Teu­fels­kreis aus Ver­drän­gung und Abdrif­ten in eine schö­ne hei­le Traum­welt, in der bun­te Blu­men und kräf­ti­ge Arz­nei­pflan­zen noch wun­der­sam hei­len, eine Fol­ge von Trau­ma­ti­sie­run­gen, die die­se Sze­ne schon seit vie­len Jah­ren treffen.

Gibt es Täter?

Sie sind als Ele­men­te eines nur teil­wei­se orga­ni­sier­ten Ärz­te­mobs zu iden­ti­fi­zie­ren, des­sen Ziel die fina­le Aus­glie­de­rung eines erheb­li­chen Anteils der Ärz­te­schaft ist. Das Vor­ge­hen ist inner­halb der deut­schen Ärz­te­schaft seit 70 Jah­ren gut bekannt. Wer­den die der­zei­ti­gen gesund­heits­po­li­ti­schen Plä­ne umge­setzt, die ja nur unter ent­schei­den­der Schüt­zen­hil­fe inter­es­sier­ter Ärz­te­or­ga­ni­sa­tio­nen for­mu­liert und pro­pa­gan­dis­tisch ver­brei­tet wer­den konn­ten, wird 10–15.000 natur­heil­kund­lich arbei­ten­den Ärz­ten in der Bun­des­re­pu­blik jeg­li­che Arbeits­grund­la­ge ent­zo­gen. Sprich, die ihren The­ra­pie­auf­fas­sun­gen ent­spre­chen­den Arz­nei­mit­tel und/​oder ihre natur­heil­ärzt­li­chen Leis­tun­gen wer­den nicht mehr bezahlt, die dazu­ge­hö­ren­den Heil­mit­tel zuneh­mend verboten.

Perspektive

Wird die, unter dem pseu­do­wis­sen­schaft­li­chen Deck­man­tel der “Ein­glie­de­rung” der Phy­to­phar­ma­ko­lo­gie und Phy­to­the­ra­pie in die “Schul­me­di­zin” betrie­be­ne “Aus­glie­de­rung” unlieb­sa­mer Ele­men­te der Ärz­te­schaft nicht auf­ge­hal­ten, könn­ten Neid und Gier der Gewin­ner sie­gen. Abge­se­hen von per­sön­li­cher Betrof­fen­heit auf Sei­ten der Pati­en­ten (allein die ca. 9.000 ZÄN-Mit­glie­der rea­li­sie­ren jähr­lich 26 Mio. Pati­en­ten­kon­tak­te) und der natur­heil­kund­li­chen Ärz­te, wür­de der wei­te­re Nie­der­gang der ärzt­lich prak­ti­zier­ten Natur­heil­kun­de, Phy­to­the­ra­pie und Homöo­pa­thie den eins­ti­gen Welt­ruf der deut­schen Medi­zin in die­sen Fächern end­gül­tig zer­stö­ren – “es wird nur noch eine trau­ri­ge Bana­nen­re­pu­blik übrig blei­ben”, wie es Prof. Dr. Dr. Die­ter Löw vom ZÄN-Wis­sen­schafts­aus­schuss for­mu­lier­te. Aber: Anders als 1933 kön­nen aber 2003 Gegen­maß­nah­men erfolg­reich sein, denn die Aus­glie­de­rung der natur­heil­kund­li­chen Ärz­te ist nicht ideo­lo­gi­sches Ele­ment poli­ti­scher Pro­gram­me, son­dern “nur” Ele­ment eines inner­ärzt­li­chen Ver­drän­gungs­kamp­fes. Es gilt also wei­ter­hin Pati­en­ten, ihre gewähl­ten Volks­ver­tre­ter, die von die­sen bestimm­te Regie­rung und auch prak­tisch und/​oder wis­sen­schaft­lich arbei­ten­de Ärz­te im Kampf “gegen den Ver­lust des bedeut­sa­men deut­schen Kul­tur­gu­tes Phy­to­the­ra­pie” (Zitat Löw) zu mobilisieren.

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Heil­pflan­­zen-Welt (2003).
Quel­len
• Fach­pres­se­kon­fe­renz “Arz­nei­mit­tel­skan­dal – Weg­fall neben­wir­kungs­ar­mer Arz­nei­mit­tel aus der kas­sen­ärzt­li­chen Ver­sor­gung durch Posi­tiv­lis­te und das Gesetz zur Moder­ni­sie­rung des Gesund­heits­we­sens (GMG)”. Ver­an­stal­ter: Zen­tral­ver­band der Ärz­te für Naturheilverfahren/​​Regulationsmedizin e.V. (ZÄN), Freu­den­stadt. Ham­burg, 4.6.2003.

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