Ayurveda – Ein indisches Medizin-System contra westliche Schulmedizin

Ayur­ve­di­scher Ölguss

Ayur­ve­da ist eines der ältes­ten Medi­zin-Sys­te­me der Welt. Die über 5.000 Jah­re alte, indi­sche tra­di­tio­nel­le Leh­re wur­de in Deutsch­land beson­ders durch die Fit­ness-Bewe­gung bekannt. Teil­be­rei­che des Ayur­ve­da – die der Erhal­tung des Wohl­be­fin­dens und der Schön­heit dien­lich sind – wer­den in zahl­lo­sen Büchern aufbereitet.

Inter­es­sier­te erhal­ten Tips z.B. zur Ernäh­rung oder Ent­span­nung, aber auch prak­ti­sche Anlei­tun­gen für die Schön­heits­pfle­ge. Beson­ders die Öl-Anwen­dun­gen des Ayur­ve­da fin­den gro­ßen Anklang: Spe­zi­el­le Öle sol­len eine wohl­tu­en­de und ent­span­nen­de Wir­kung haben, indem sie lang­sam über ver­schie­de­ne Kör­per­tei­le flie­ßen. Besit­zer von Kos­me­tik­stu­di­os ent­de­cken immer mehr, daß sich mit dem Zusatz “Ayur­ve­da” viel Geld ver­die­nen läßt und bie­ten erfolg­reich teu­re Behand­lun­gen an. Maha­ri­shi Mahe­sh Yogi, der die “Tran­szen­den­ta­le Medi­ta­ti­on” (TM) im Wes­ten bekannt mach­te, hat sich den Namen die­ses tra­di­tio­nel­len Medi­zin-Sys­tems in beson­de­rer Wei­se zuei­gen gemacht: Er läßt das lukra­ti­ve Ayur­ve­da von sei­nen Sek­ten­mit­glie­dern in zahl­lo­sen Schön­heits­far­men und Gesund­heits­zen­tren prak­ti­zie­ren. Neben Ayur­ve­da-Schu­lun­gen und ‑Koch­kur­sen wird dort auch der Ein­stieg in TM gebo­ten. In den Gesund­heits­zen­tren wer­den zudem die zahl­rei­chen Pro­duk­te der Sek­te ver­mark­tet: Das Spek­trum reicht von Ölen über Rei­ni­gungs­ku­ren bis zu Nah­rungs­er­gän­zungs­mit­teln, die der Gesund­heit beson­ders zuträg­lich sein sollen.

Die Vermarktung einer Heilslehre

Mit der schein­bar nur auf Gewinn bedach­ten Aus­rich­tung des TM-Ayur­ve­da sind vie­le ayur­ve­di­sche Ärz­te und Heil­prak­ti­ker nicht ein­ver­stan­den. Zum Bei­spiel der Ham­bur­ger Heil­prak­ti­ker Micha­el Rohr­schnei­der (www.ayur-med.de): “Ayur­ve­da bedeu­tet über­setzt: ‘Die Wis­sen­schaft vom Leben’”, sagt er. “Bei die­ser indi­schen Heils­leh­re han­delt es sich auch um eine reli­gi­ös beein­fluß­te Lebens­phi­lo­so­pie”. Nur bestimm­te, ver­mark­tungs­fä­hi­ge Teil­be­rei­che aus Ayur­ve­da her­aus­zu­neh­men, hält der Ham­bur­ger für bedenklich.

Rohr­schnei­der lern­te Ayur­ve­da wäh­rend einer Indi­en­rei­se ken­nen. Er ent­schloß sich, das Medi­zin-Sys­tem bei indi­schen Ayur­ve­da-Ärz­ten zu erler­nen. Noch heu­te hat er regel­mä­ßi­gen Kon­takt zu sei­nen Leh­rern, um sei­ne Kennt­nis­se zu erwei­tern, oder Fra­gen zu klä­ren. Seit acht Jah­ren betreibt Rohr­schnei­der Ayur­ve­da in sei­ner Pra­xis – als alter­na­ti­ve Heil­me­tho­de zur west­li­chen Schul­me­di­zin. Er wird häu­fig von Men­schen mit chro­ni­schen (Schmerz­pa­ti­en­ten) oder psy­cho­so­ma­ti­schen (Krank­heits­sym­pto­me ohne kla­re Ursa­che) Erkran­kun­gen auf­ge­sucht. Die­se Hil­fe­su­chen­den sind nach lan­gem Lei­dens­weg bereit, ande­re, weni­ger bekann­te medi­zi­ni­sche Ver­fah­ren aus­zu­pro­bie­ren. Vie­le haben die Erfah­rung gemacht, daß Ärz­te trotz auf­wen­di­ger Unter­su­chungs­ver­fah­ren kei­ne Ursa­chen ihrer chro­ni­schen Erkran­kung oder Schmer­zen fin­den konn­ten. Und auch die vie­len Behand­lun­gen und Medi­ka­men­te hat­ten oft wenig oder kei­ne the­ra­peu­ti­sche Wirkung.

Hilfe für Körper, Seele und Geist

Des­halb wun­dert es den Heil­prak­ti­ker nicht, daß vie­le Pati­en­ten sich beim ers­ten Gespräch “nur ihr Leid von der See­le reden wol­len”. Zu einer ayur­ve­di­schen Behand­lung kommt es erst spä­ter. Zuerst erklärt er, wor­um es bei Ayur­ve­da über­haupt geht: Aus Sicht des Ayur­ve­da steht alles Wir­ken, Wer­den und Ver­ge­hen des Uni­ver­sums im Zusam­men­hang. Der aus Kör­per, See­le und Geist bestehen­de Mensch ist dabei nur ein sehr klei­ner Teil des gesam­ten Kos­mos. Ziel des Ayur­ve­da ist, dem Men­schen zu einem lan­gen, erfüll­ten und gesun­den Leben zu ver­hel­fen. Dazu gehört der eigen­ver­ant­wort­li­che und selbst­be­stimm­te Mensch, der bereit ist, etwas für sich selbst zu tun. Ein Schwer­punkt in die­ser Heils­leh­re ist die Anlei­tung zu gesun­der Lebens­füh­rung und krank­heits-vor­beu­gen­den Maß­nah­men. Krank­heit ist näm­lich ein Ungleich­ge­wicht ver­schie­de­ner Kräf­te im mensch­li­chen Kör­per. Aber nicht nur der mensch­li­che Kör­per wird in die­ser tra­di­tio­nel­len indi­schen Medi­zin berück­sich­tigt: Geist und See­le sind genau­so wich­tig. Und des­halb wer­den Ayur­ve­da-Prak­ti­zie­ren­de auf kör­per­li­che Gesund­heit, posi­ti­ve Lebens­füh­rung und Geis­tes­hal­tung achten.

Grundprinzipien und Elemente

Ayur­ve­di­scher Ölguss

“Die west­li­chen Men­schen kön­nen sich für gewöhn­lich nicht so schnell in das viel­schich­ti­ge Sys­tem des Ayur­ve­da hin­ein­den­ken”, erklärt Rohr­schnei­der. Ein fei­nes Zusam­men­spiel von fünf Grund­ele­men­ten und drei Grund­prin­zi­pi­en (Doshas) bestimmt Ent­ste­hen, Sein und Ver­ge­hen. Ob Kos­mos, Tier- und Pflan­zen­welt oder unbe­leb­te Din­ge – alles ist von den Ele­men­ten und Doshas durch­drun­gen. Die Grund­ele­men­te sind ‘Luft’, ‘Feu­er’, ‘Was­ser’, ‘Erde’ und ‘Äther’. Die drei Grund­prin­zi­pi­en wer­den als ‘Vata’, ‘Pit­ta’ und ‘Kapha’ bezeich­net. Wie der Kos­mos im Gro­ßen, so unter­liegt der Mensch im Klei­nen dem Kräf­te­spiel der Doshas. Sämt­li­che bio­lo­gi­sche, von der Natur vor­ge­ge­be­nen Funk­tio­nen von Kör­per, Geist und See­le wer­den durch drei Grund­prin­zi­pi­en gere­gelt: Ent­ste­hung, Erhal­tung und Zer­stö­rung. Z.B. das tag­täg­li­che Neu-Ent­ste­hen von Nasen-Schleim­haut­zel­len, deren Erhalt und Repa­ra­tur (beson­ders bei einer Erkäl­tung) und schließ­lich der Abbau und Aus­schei­dung von alten Zel­len (z.B. nach Befall durch Schnupfenviren).

Der Mensch als Individuum

Genau­so ein­zig­ar­tig wie der Fin­ger­ab­druck eines Men­schen ist, so indi­vi­du­ell gestal­tet sich die Zusam­men­set­zung der Grund­prin­zi­pi­en Vata, Pit­ta und Kapha. Die unver­wech­sel­ba­re Natur eines Men­schen, sei­ne unter­schied­li­chen Vor­lie­ben oder Bedürf­nis­se wer­den von Ayur­ve­da berück­sich­tigt: “Des­halb ist es wich­tig zu wis­sen, wie sehr die ein­zel­nen Doshas bei einem Indi­vi­du­um aus­ge­prägt sind und wie sie mit­ein­an­der zusam­men­ar­bei­ten”, erklärt der Ham­bur­ger. “Trotz die­ser Ein­zig­ar­tig­keit jedes Men­schen kennt Ayur­ve­da bestimm­te Grund-Typen, die in Bezug auf Krank­heit und Gesund­heit auch Kon­sti­tu­tio­nen genannt wer­den”. Aus den sie­ben Grund-Kon­sti­tu­tio­nen des Ayur­ve­da gilt es, die für einen Pati­en­ten am bes­ten pas­sen­de her­aus­zu­fin­den. Aber: Die Zuord­nung und das Erken­nen der Vata‑, Pit­ta- und Kapha-Prin­zi­pi­en erfor­dert lang­jäh­ri­ge Erfahrung.

Ein Bei­spiel: Kapha setzt sich aus den Ele­men­ten Erde und Was­ser zusam­men und sorgt für Kraft, Fes­tig­keit und Bestän­dig­keit. Kapha ist auch für das mensch­li­che Erin­ne­rungs­ver­mö­gen zustän­dig. Gefüh­le wie Neid, Gier oder Geiz, aber auch Ver­ge­bung und Lie­be wer­den dem Grund­prin­zip Kapha zuge­ord­net. Men­schen mit einer ‘Kapha-Kon­sti­tu­ti­on’ ver­fü­gen über gute Kör­per­kräf­te und einen sta­bi­len Kör­per­bau. Sie bevor­zu­gen schar­fe und bit­te­re Nah­rungs­mit­tel. ‘Kapha-Men­schen’ haben oft ein gutes Durch­hal­te­ver­mö­gen und las­sen sich nicht so schnell aus der Ruhe brin­gen. Wenn sie erkran­ken, sind häu­fi­ger Kopf, Hals, Bron­chi­en, Magen und Gelen­ke betrof­fen, als bei ande­ren Menschen.

Ein anderes Ziel: Herstellung der Harmonie

Es gibt sel­te­ner Men­schen mit rei­nen Vata‑, Pit­ta- oder Kapha-Kon­sti­tu­tio­nen. “Viel häu­fi­ger sind die Misch­for­men, bei denen z.B. zwei der Grund­prin­zi­pi­en gemein­sam im Vor­der­grund ste­hen”, sagt Rohr­schnei­der und betont erneut, wie über­aus wich­tig die Bestim­mung der Kon­sti­tu­ti­ons­form ist. Denn: Die­se ist mit­be­stim­mend für die Wahl der anschlie­ßen­den The­ra­pien. Öle oder medi­zi­ni­sche Anwen­dun­gen müs­sen ent­spre­chend gewählt sein. Um beim Kapha-Bei­spiel zu blei­ben: Der Kapha-Mensch hat, viel­leicht durch unge­sun­de Lebens­wei­se zu viel Pit­ta im Kör­per. Um die Har­mo­nie sei­ner Doshas wie­der her­zu­stel­len, soll­ten ‘Pit­ta-ablei­ten­de’ Behand­lun­gen ein­ge­setzt wer­den. Eine falsch gewähl­te Ayur­ve­da-Behand­lungs­maß­nah­me kann aber auch die Krank­heits­sym­pto­me ver­stär­ken. “Der theo­re­ti­sche Hin­ter­grund des Ayur­ve­da erscheint anfäng­lich sehr kom­pli­ziert”, sagt Rohr­schnei­der, “doch inter­es­sier­te und enga­gier­te Pati­en­ten, Heil­prak­ti­ker oder Ärz­te ler­nen all­mäh­lich die­se Theo­rie auch erfolg­reich in der Behand­lung und der Lebens­füh­rung anzuwenden”.

Umdenken und Mitarbeit sind wichtig

Lang­fris­tig geht dies nicht ohne tief­grei­fen­des Umden­ken: In der ayur­ve­di­schen Phi­lo­so­phie küm­mert sich ein selbst­ver­ant­wort­lich han­deln­der Mensch natür­lich auch um die Erhal­tung sei­ner Gesund­heit; ent­spre­chend der viel­fäl­ti­gen Regeln des Ayur­ve­da. Dies bedeu­tet bei­spiels­wei­se, sich gesund zu ernäh­ren, genü­gend zu schla­fen oder nach Zei­ten der Akti­vi­tät aus­rei­chen­de Ruhe­pha­sen ein­zu­hal­ten. “Und das ist für vie­le Pati­en­ten enorm schwie­rig, da sie stark in ihrem oft krank­ma­chen­den, stres­si­gen All­tag gefan­gen sind”, sagt der Heil­prak­ti­ker. “Die meis­ten bemer­ken erst, daß ihre kör­per­li­chen, geis­ti­gen oder see­li­schen Gren­zen längst über­schrit­ten sind, wenn aku­te Erkran­kun­gen nicht mehr nor­mal aus­hei­len oder ernst­haf­te Krank­hei­ten ent­ste­hen”, bedau­ert Rohr­schnei­der. Vie­le Pati­en­ten, die in sei­ne Pra­xis kom­men, ste­hen unter Dau­er-Anspan­nung. Sie haben ver­lernt, auf ihre Gefüh­le zu ach­ten und kör­per­li­che Alarm­si­gna­le zu ver­ste­hen: “Des­we­gen sind Blut­hoch­druck oder Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen so häufig”.

Für den Heil­prak­ti­ker ist die Erklä­rung die­ser so über­aus häu­fi­gen Zivi­li­sa­ti­ons­krank­hei­ten nahe­lie­gend: “In der ayur­ve­di­schen Heils­leh­re ist das Herz Sitz der See­le. Moder­ne Men­schen neh­men sich oft kei­ne Zeit mehr, auf ihre inne­re Stim­me zu hören. Sie gehor­chen nur dem anwach­sen­den, äuße­ren Druck und geben den inne­ren Sor­gen und Ängs­ten kei­nen Raum – da steigt schließ­lich der (Blut­hoch-) Druck bei jedem von uns”, sagt Rohr­schnei­der. Bei Men­schen, die an Tin­ni­tus (Ohr­ge­räu­sche) lei­den, ist der Hil­fe­schrei nach sei­ner Mei­nung beson­ders auf­fäl­lig: “Da hat sich die inne­re Stim­me schon in Form von Ohr­ge­räu­schen bemerk­bar gemacht.”

Die Konstitutionsbestimmung

Spe­zi­el­le Nasentropfen

Nach der ayur­ve­di­schen Kon­sti­tu­ti­ons­be­stim­mung wird eine aus­führ­li­che Krank­heits­er­he­bung (Ana­mne­se) bei jedem Pati­en­ten durch­ge­führt. Die ayur­ve­di­sche Unter­su­chung unter­schei­det sich viel­fach von der natur­wis­sen­schaft­lich ori­en­tier­ten Medi­zin: Neben der sorg­fäl­ti­gen kör­per­li­chen Unter­su­chung wer­den auch Geruch (z.B. des Atems) berück­sich­tigt. Auch die Gesamt­erschei­nung des Kli­en­ten wie Kör­per­bau, Beschaf­fen­heit und Fär­bung der Haut bis hin zur ‘Aus­strah­lung’ eines Men­schen wer­den auf­merk­sam beob­ach­tet. Zudem sind vie­le Fra­gen zu beant­wor­ten: Wie ist das all­ge­mei­ne kör­per­li­che Befin­den? Ist der Schlaf tief oder ober­fläch­lich, die Ver­dau­ung gut oder eher trä­ge? Die Fami­li­en- und Arbeits­si­tua­ti­on wer­den eben­falls abge­fragt. Die see­li­sche und geis­ti­ge Ver­fas­sung sind wich­tig: Kum­mer, Sor­gen oder Gefüh­le der Ein­sam­keit gehö­ren eben­falls zur ayur­ve­di­schen Ana­mne­se. Manch­mal füh­len sich Men­schen durch unge­wöhn­li­che Fra­gen ‘Wie geht es Ihnen bei star­kem Wind oder Wech­sel von Jah­res­zei­ten?’ etwas irri­tiert. “Die Ant­wor­ten auf sol­che Fra­gen kön­nen für Ayur­ve­da-The­ra­peu­ten jedoch sehr nütz­lich sein”, sagt Rohr­schnei­der. Als wei­te­res wich­ti­ges Dia­gno­se-Instru­ment nutzt der Ham­bur­ger Heil­prak­ti­ker die ‘Puls­dia­gno­se’. Die­se über­all in Ost­asi­en ver­brei­te­te Tech­nik erlern­te er in Indi­en. Die Puls­dia­gnos­tik gibt vie­le zusätz­li­che Hin­wei­se auf die Kon­sti­tu­ti­on, d.h. die Ver­tei­lung und Akti­vi­tät der Doshas.

Eine Umstellung: Oft ein großer Schritt

Nach der Fest­le­gung des Kon­sti­tu­ti­ons-Typs wird die Behand­lung abge­klärt: “Jeder Schritt muß mit den Pati­en­ten abge­spro­chen und nach ihren Fähig­kei­ten und Mög­lich­kei­ten abge­stimmt wer­den”, sagt Rohr­schnei­der. Des­halb ist es bei man­chen Pati­en­ten anfangs sinn­los, eine sofor­ti­ge und tief­grei­fen­de Ernäh­rungs­um­stel­lung zu ver­lan­gen. Beson­ders für Men­schen mit chro­ni­schen Erkran­kun­gen ist mit­tel­fris­tig eine Umstel­lung der Lebens­wei­se (ein­schließ­lich Ernäh­rung) unver­zicht­bar. Gera­de bei die­ser Pati­en­ten­grup­pe muß der Acht­und­vier­zig­jäh­ri­ge aber beson­ders viel Über­zeu­gungs­ar­beit leis­ten, da vie­le chro­nisch Kran­ke ungern ihre ein­ge­fleisch­ten Ernäh­rungs­ge­wohn­hei­ten aufgeben.

Vielfältige Ayurveda-Küche

Die Ernäh­rungs­leh­re ist ein wich­ti­ges Kapi­tel im ayur­ve­di­schen Medi­zin-Sys­tem. Mit den täg­li­chen Spei­sen und Geträn­ken kann der Mensch viel für die Regu­lie­rung sei­nes Ener­gie­haus­halts tun: Denn auch hier gel­ten wie­der die Regeln der fünf Ele­men­te und der drei Doshas. Spei­sen, Geträn­ke, Gewür­ze wer­den als Vata, Pit­ta oder Kapha-zuge­hö­rig unter­teilt. “Um z.B. der Bedürf­nis-Viel­falt der Men­schen gerecht zu wer­den, kochen vie­le Inde­rin­nen zur Reis­grund­la­ge ver­schie­de­ne klei­ne Gerich­te. Die unter­schied­li­chen Geschmacks­rich­tun­gen scharf, sal­zig, süß oder sau­er kön­nen dann – je nach Bedarf und Kon­sti­tu­ti­on der ein­zel­nen Fami­li­en­mit­glie­der – zu sich genom­men wer­den”, berich­tet der Heilpraktiker.

Medizinische Maßnahmen

Mas­sa­ge mit Kräuter-Kissen

Die medi­ka­men­tö­se Ayur­ve­da-Behand­lung erfolgt weit­ge­hend mit ein­hei­mi­schen Medi­ka­men­ten auf pflanz­li­cher Grund­la­ge. “Ech­te ayur­ve­di­sche Prä­pa­ra­te aus Indi­en wer­den wegen feh­len­der Zulas­sung ent­spre­chend des deut­schen Arz­nei­mit­tel­ge­set­zes nicht impor­tiert”, sagt Rohr­schnei­der. Er hat des­we­gen aber kei­ne beson­de­ren Pro­ble­me oder weni­ger Behand­lungs­mög­lich­kei­ten: In der ayur­ve­di­schen Medi­zin wird ohne­hin emp­foh­len, für Spei­sen und the­ra­peu­ti­sche Anwen­dun­gen nur Kräu­ter, Gemü­se und Gewür­ze zu ver­wen­den, die aus der Regi­on stam­men. Die Ayur­ve­da-The­ra­pien ähneln natur­heil­kund­li­chen Anwen­dun­gen des Wes­tens teil­wei­se sehr: Auch im Ayur­ve­da gibt es z.B. Schwitz­ku­ren mit Kräu­ter­zu­sät­zen wie beim Kräu­ter­pfar­rer Kneipp. Kräu­ter-Kom­pres­sen oder Wickel gegen Schmer­zen. Ent­span­nungs-Mas­sa­gen mit klei­nen Lei­nen­säck­chen, die mit Kräu­tern gefüllt sind (wohl­tu­en­de, ent­span­nen­de Wir­kung: Kräu­ter-Aus­wahl nach Kon­sti­tu­ti­ons-Typ). Wäh­rend die äuße­ren Ayur­ve­da-Ölbe­hand­lun­gen bei uns bekann­ter sind, gibt es sol­che auch als inne­re Anwen­dun­gen (zum Ein­neh­men). Die soge­nann­te Nasya-Behand­lung (Spe­zi­al-Nasen­trop­fen) ist nach den Erfah­run­gen Rohr­schnei­ders z.B. bei Nasen-Neben­höh­len-Ent­zün­dun­gen her­vor­ra­gend wirk­sam. Vie­le der Behand­lun­gen, von der Mas­sa­ge bis zum Kräu­ter­li­kör, wer­den von den Pati­en­ten nach Abspra­che auch zuhau­se allei­ne durch­ge­führt. “Wie erwähnt, steht beim Ayur­ve­da der selbst­ver­ant­wort­li­che Mensch im Vor­der­grund. Dies bedeu­tet auch, daß kei­ne Abhän­gig­keit zu The­ra­peu­ten ent­ste­hen soll­ten”, betont Rohrschneider.

Leben nach eigenen Maßstäben und Regeln

Nicht zuletzt gehört zum selbst­be­stimm­ten Men­schen auch die Ent­fal­tung der Per­sön­lich­keit. Das bedeu­tet nach ayur­ve­di­schen Regeln: Ent­wick­lung des frei­en Wil­len und Geis­tes. Leben nach eige­nen Maß­stä­ben und Regeln. “Nur ein Mensch, der inner­lich aus­ge­gli­chen ist, kann sich auf sich selbst und sei­ne Wer­te besin­nen”, sagt der Heil­prak­ti­ker. “Gera­de dies wird uns allen jedoch schwer gemacht”. Radio und Fern­se­her lau­fen stän­dig. Viel­fäl­ti­ge Ablen­kung und Abwechs­lung sind Teil des moder­nen Lebens­stils. “Kör­per­li­che, see­li­sche und geis­ti­ge Hygie­ne gehö­ren beim Ayur­ve­da zusam­men”, erklärt der Ham­bur­ger. Des­we­gen wird jeder Ayur­ve­da-Heil­kun­di­ge sei­nen Pati­en­ten ver­schie­de­ne Arten der Ent­span­nung – auch des Geis­tes – emp­feh­len. “Volks­hoch­schu­len bie­ten heu­te eigent­lich alles hier­für Nöti­ge an: Vom Hatha-Yoga über auto­ge­nes Trai­ning bis hin zu ver­schie­de­nen Atem­übun­gen. Es kön­nen aber auch Medi­ta­tio­nen sein”, sagt Rohr­schnei­der. Er bedau­ert die häu­fi­ge Ver­knüp­fung sol­cher Ver­fah­ren zum geis­ti­gen Trai­ning und Wachs­tum mit der Ver­mitt­lung von welt­an­schau­li­chen Inhal­ten vie­ler Sek­ten. Dabei hat geis­ti­ge Ent­span­nung nichts mit Reli­gi­on zu tun: “Es eig­net sich fast jeder Gegen­stand zur Betrach­tung inner­halb einer Medi­ta­ti­on. Ob eine Ker­ze ange­schaut wird, oder der eige­ne Atem auf­merk­sam ver­folgt wird: Wich­tig ist die regel­mä­ßi­ge Übung der Kon­zen­tra­ti­on. Abends ange­wandt, kann sie hel­fen, Abstand von den all­täg­li­chen Sor­gen zu bekom­men. Und schließ­lich wer­den all­täg­li­che Ent­span­nungs­übun­gen zusam­men mit einer gesun­den Lebens­wei­se wie­der­um dem Men­schen hel­fen, sich auf das Wesent­li­che im eige­nen Leben zu besinnen”.

Autorin
• Mari­on Kaden , Rat­ge­ber & Fami­lie (1996).

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