Passionierte Teetrinker oder Menschen, die gerne einmal etwas Neues ausprobieren, werden von den ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen und Aromen begeistert sein: Hinter der schlichten Namensgebung ‘Bergtee’ verbergen sich Pflanzenarten der Sideritis-Gattung. Bekannt sind etwa 150 Sideritis-Arten, die weltweit, aber hauptsächlich im Mittelmeerraum beheimatet sind. Neben der Artenvielfalt ist allen gemeinsam, dass sie zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae) gehören.
Gebrauchstee
Sideritis argyrea
‘Bergtee’ taucht immer häufiger in den Bio-Sortimenten mancher Supermärkte auf oder ist im Internet über spezialisierte Händler zu beziehen. Meistens handelt es sich um den sogenannten ‘Griechischen Bergtee’. Aber auch andere Mittelmeer-Regionen versuchen ‘ihre’ Sorten zu vertreiben. Beim Bergtee handelt es sich oft um Sideritis-Arten, deren botanische Zuordnung manchmal schwierig ist. Denn sie haben je nach Region unterschiedlichste Namen und zum Teil nur lokale Bedeutung. In diesen Fällen werden Sideritis-Pflanzen von der Landbevölkerung zum Eigengebrauch an den Berghängen gepflückt. Der aromatische Tee, der oftmals aus mehreren Sideritis-Arten zusammengesetzt ist und bei uns getrocknet vertrieben wird, wird aufgebrüht und entweder heiß oder kalt getrunken. Der Tee kann mit Zucker oder Honig gesüßt werden. Die Verwendung als Gebrauchstee gehört in vielen Mittelmeerländern zum alltäglichen Leben, der gesundheitsfördernde Effekt ist eher nebensächlich. Trotzdem sind die medizinalen Effekte seit langem bekannt und wurden z. B. schon vor zweitausend Jahren von dem berühmten griechischen Arzt Dioskurides (1. Jahrhundert nach Christus) beschrieben. In seiner Arzneimittellehre ist beispielsweise zu lesen, dass Sideritis-Pflanzen als Umschlag angewandt “die Kraft haben, Wunden zu verkleben und Entzündungen abzuhalten”. [1] Die traditionelle Volksmedizin in den Ländern rund um das Mittelmeer hat sich seither immer weiter entwickelt – heute nutzen moderne Pflanzenheilkundige Sideritis-Pflanzen wegen ihrer stimulierenden, entkrampfenden oder beruhigenden Wirkungen [2]. Aber auch zur Vorbeugung von Erkältungskrankheiten oder zur Bekämpfung von Atemwegserkrankungen. Denn wie viele andere Lippenblütler aus der Mittelmeer-Region (Salbei, Thymian) sind auch die Sideritis-Arten reich an ätherischen Ölen. Beipielsweise enthalten die meisten Sorten Monoterpene (α- bzw. β‑Pinen), die als wichtiger Rohstoff für viele naturheilkundliche Arzneimittel (Gelomyrtol, einem bekannten Mittel gegen Bronchitis) gelten. Außerdem, Flavonoide, die antioxidierende Wirkung haben.
Die Wissenschaft hat festgestellt …
Sideritis vuralii
Viele wissenschaftliche Arbeiten haben in den letzten Jahrzehnten die therapeutische Wirksamkeit vieler ätherischer Öle der Sideritis-Arten belegt, die außerdem wegen ihrer geringen Nebenwirkungen geschätzt werden. Auf der Suche nach wirksamen Phyto-Wirkstoffen untersuchen Wissenschaftler aus dem Mittelmeer-Raum auch einheimische Pflanzen. An der Gazi-Universität in Ankara (Türkei) wurde beispielsweise ein langfristiges Programm zur Untersuchung der Sideritis-Gattung initiiert. Allein in der Türkei gibt es 46 bekannte Arten, die in die winterharte Gruppierung (Empedoclea) und zweijährige Pflanzen (Hesiodia, Burgsdorfia) eingeteilt werden. Die volksmedizinischen Ansätze wurden überprüft und tatsächlich konnte nachgewiesen werden, dass verschiedene Sideritis-Arten tatsächlich antibakterielle, antioxidative und entzündungshemmende Wirkung haben [2]. Stressmindernde und leistungssteigernde Eigenschaften ätherischer Sideritis-Öle konnten ebenfalls festgestellt werden, bislang jedoch nur im Tierversuch [3].
Bergtee-Varianten: Für jeden Geschmack etwas
Beim Kauf von Bergtee ist die Qualität entscheidend. Wie bei allen Produkten, die ätherische Öle enthalten, ist die Lage, Sonneneinwirkung oder Beschaffenheit der Böden wichtig und geschmacksbildend (siehe z. B. Wunderheiler Kamille). Zum Teil können die Sideritis-Arten sehr eigenwillige Geschmackskomponenten haben. Wie bei vielen Tees können sie Intensität oder Geschmack durch die Zeit des Ziehenlassens oder der Menge beeinflussen (ein Zuviel kann leicht zu bitterem Geschmack führen). Daher empfieht es sich, durch eigene Versuche herauszufinden, welche Geschmacksintensität die richtige ist. Alle genannten Tees können heiß oder auch kalt (aufgebrüht und im Eisschrank gekühlt) genossen werden.
Beispiele
Sideritis condensata: Erdiger Apfel
Sideritis arguta: Kamille-Süßholz-Geschmack
Sideritis stricta: leichter Kamillen-Geschmack
Sideritis argyrea: Fenchel-Zitronen-Aroma [4]
Sideritis vuralii: leicht erdigen Zitronengeschmack
Wichtig
Sideritis congesta: Salbei-Thymian-Geschmack einzige Teesorte, die gekühlt nicht schmeckt
Zubereitung
Nehmen Sie pro Tasse etwa 1 Gramm Tee (ungeschnittene Ware) und etwa ein gehäufter Teelöffel bei geschnittener Ware. Aufbrühen mit kochendem Wasser, abdecken und etwas 2–3 Minuten ziehen lassen.
Kosten
Die Teesorten sind ab 30 Gramm für etwa 3 bis 4 € (www.bergtee.de, 3,19 €) zu haben.
Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (2004).
Quellen
1. Heilpflanzen-Welt.de: Arzneimittellehre des Dioskurides: IV Buch, Cap. 36, S. 382 ff.
2. Kirimer N, Baser KHC, Demirci B, Duman H: Essential Oils of Sideritis Species of Turkey Belonging to the Section Empedoclia. Chemistry of Natural Compounds 2004 Jan-Feb;40(1):19–23 (Abstract).
3. Öztürk Y, Aydin S, Öztürk N, K. Baçer HC: Effects of extracts from certain Sideritis species on swimming performance in mice. Phytother Res. 1996 Feb;10(1):70–73 (Abstract).
4. www.bergtee.de.