Weihnachten: Exotischer Sinnenschmaus

So man­che fet­te Weih­nachts­gans könn­te schwer­ver­dau­lich fast bis Neu­jahr im Magen lie­gen blei­ben, gäbe es da nicht die rich­ti­gen Gewür­ze, Weih­nachts­ge­wür­ze eben. Die meis­ten von ihnen stam­men aus dem nahen oder fer­nen Osten, was frü­her ihren oft hohen Wert begrün­de­te. Doch auch bei den mitt­ler­wei­le stark gefal­le­nen Gewürz­prei­sen ver­strö­men sie immer noch ihre ein­ma­li­gen Düf­te, kit­zeln unse­re Nasen und Gau­men und haben – ganz neben­bei – auch noch medi­zi­na­le Wirkungen.

Zimt­ster­ne

Duft von Zimt, Anis, Car­da­mom, Vanil­le und Nel­ken liegt in der Luft: Die Advents- und Weih­nachts­zeit ist da! Die typi­schen Gewürz-Gerü­che sind eng mit die­ser Jah­res­zeit ver­bun­den. Sie wir­ken sofort und laden zur Besinn­lich­keit ein. In der kal­ten, dunk­len Jah­res­zeit unse­rer Brei­ten­gra­de kön­nen die typi­schen Weih­nachts­ge­rü­che dazu ver­lei­ten, ein­fach mal Ein­kaufs­stress und All­tag bei­sei­te zu las­sen, und es sich statt des­sen gemüt­lich zu machen. Zuhau­se im war­men Zim­mer beim Ker­zen­schein gehört das Naschen des tra­di­tio­nel­len Weih­nachts­ge­bäcks wie Spe­ku­la­ti­us, Leb­ku­chen oder Stol­len dazu. In kei­ner ande­ren Jah­res­zeit wird soviel geba­cken und gekocht. Zahl­lo­se lecke­re, weih­nacht­li­che Rezep­te ver­füh­ren dazu, die unter­schied­lichs­ten Köst­lich­kei­ten ein­mal aus­zu­pro­bie­ren: Plätz­chen, Früch­te­bro­te, Brat­äp­fel, Punsch, fest­li­che Bra­ten… Und dann durch­zie­hen die Düf­te ver­hei­ßungs­voll das Haus. Das Was­ser kann einem im Mund zusam­men­flie­ßen und sämt­li­che Diät­plä­ne und gute Vor­sät­ze zum “weni­ger essen” ver­ges­sen las­sen. Der wun­der­ba­re, star­ke Duft stammt haupt­säch­lich von den ver­wen­de­ten Gewür­zen und deren äthe­ri­schen Öle. Beim Zimt bei­spiels­wei­se sind die­se in der Rin­de, bei der Vanil­le in den Samen oder der Gewürz­nel­ke in der Knos­pe ent­hal­ten. Die äthe­ri­schen Öle sind Aro­ma­ta, die von unse­rem Geruchs­sinn wahr­ge­nom­men wer­den. Die­ser ist evo­lu­ti­ons­ge­schicht­lich älter als unser Seh- oder Hör­sinn und beein­flusst über das soge­nann­te lim­bi­sche Sys­tem auch unse­re Gefüh­le. Des­halb ist es nicht ver­wun­der­lich, dass selbst ein Hauch von Zimt oder Stern­anis augen­blick­lich weih­nacht­li­che Kind­heits­er­in­ne­run­gen aus­lö­sen kann.

Das Fest der Liebe

Advent und Weih­nach­ten sind eine erwar­tungs­vol­le Zeit mit geheim­nis­vol­lem Rück­zug hin­ter ver­sperr­ten Türen, heim­li­chem Geflüs­ter oder rascheln­dem Papier. Auch wenn Kri­ti­ker die­se letz­ten vier Wochen des Jah­res nur als Mög­lich­keit für den Han­del sehen, um zu hem­mungs­lo­sen Kon­sum auf­zu­ru­fen und hohe Umsät­ze machen zu kön­nen – so bleibt für vie­le Men­schen Weih­nach­ten ein freu­dig erwar­te­tes Fest. Ob mit Christ­baum, Gän­se­bra­ten oder Gang in die Kir­che – zele­briert wird je nach Glau­ben und Tra­di­ti­on das christ­li­che Ereig­nis der Geburt des Hei­lands und die Ehrung sei­ner Fami­lie. Weih­nach­ten gilt als Fest der Lie­be, des­sen Wur­zeln in der bibli­schen Weih­nachts­ge­schich­te lie­gen. Erzählt wird, dass drei Stern­deu­ter aus dem Mor­gen­land zu Hero­des kamen, um dem neu­ge­bo­re­nen Mes­si­as zu hul­di­gen. Kas­par, Bal­tha­sar und Mel­chi­or waren wahr­schein­lich nicht nur gebil­de­te Män­ner, son­dern auch Magi­er und Hei­ler. Sie über­brach­ten dem Chris­tus­kind kost­ba­re Geschen­ke: Gold zum Zei­chen sei­ner könig­li­chen Wür­de, sowie Weih­rauch und Myr­rhe. Weih­rauch, das Harz des Oli­ba­num-Bau­mes, wur­de schon seit frü­hes­ter Zeit in anti­ken Kul­tu­ren in Stät­ten der Göt­ter­ver­eh­rung ver­brannt – mit hal­lu­zi­no­ge­ner Wir­kung zur Unter­stüt­zung des inne­ren Erle­bens. Myr­rhe, ein Harz der Com­mi­pho­ra-Bau­mes, wur­de hin­ge­gen u. a. zur Ein­bal­sa­mie­rung ver­wen­det. Sicher wuss­ten die Hei­li­gen schon damals von der des­in­fi­zie­ren­den Wir­kung der Myr­rhe. Zahl­rei­che Pflan­zen­har­ze wur­den zudem bei der Wund­ver­sor­gung ein­ge­setzt. Und so kön­nen die Hei­li­gen aus dem Mor­gen­lan­de – viel­leicht – als Urvä­ter für die Gewür­ze unse­rer Weih­nachts­zeit gelten.

Kostbarkeiten aus dem Orient

Zimt­stan­ge & Gewürznelken

Die tra­di­tio­nel­len Weih­nachts­ge­wür­ze sind Zimt, Stern­anis, Anis, Car­da­mom, Cori­an­der, Mus­kat­nuss, Ing­wer, Vanil­le und Gewürz­nel­ken. Im Mit­tel­al­ter wur­den die­se all­ge­mein als ‘Pfef­fer’ bezeich­net, weil sie genau­so kost­bar und uner­schwing­lich waren wie der Pfef­fer selbst. Die exo­ti­schen Kost­bar­kei­ten blie­ben jahr­hun­der­te­lang nur etwas für die Rei­chen. Die Beschaf­fung aus dem Ori­ent über lan­ge, gefähr­li­che Han­dels­we­ge mit vie­len Zwi­schen­händ­lern mach­te sie zu einer sel­te­nen, teu­ren Ware. Gewür­ze wur­den des­halb auch als Zah­lungs­mit­tel ein­ge­setzt oder mit Gold auf­ge­wo­gen. Die Ara­ber, Bewoh­ner des Mor­gen­lan­des, hat­ten jahr­hun­der­te­lang das Wis­sen um die Anbau­ge­biet und Ver­ar­bei­tung vie­ler Gewür­ze wie einen Schatz bewahrt. Erst gegen Ende des 15. Jahr­hun­derts gelang es den Euro­pä­ern das Han­dels­mo­no­pol der Ara­ber zu bre­chen. Neue tech­ni­sche Errun­gen­schaf­ten in Schiff­bau und Navi­ga­ti­on, ermög­lich­ten es damals den Euro­pä­ern, auf See­we­gen die Anbau­ge­bie­te der Gewür­ze zu fin­den. Obwohl nun zuneh­men­de Men­gen nach Euro­pa kamen, blie­ben Gewür­ze wei­ter­hin Luxus. Bis in die Neu­zeit war die­ser wei­ter­hin nur den Adli­gen und Ange­hö­ri­gen der Kir­che vorbehalten.

Christliche Symbolik im Backwerk

Im Mit­tel­al­ter ent­wi­ckel­ten fin­di­ge Köche in den Küchen des Adels und der rei­chen Klös­ter beson­de­re Rezep­te, um dem Weih­nachts­fest eine her­aus­ra­gen­de Geschmacks­no­te zu ver­lei­hen. Klos­ter­an­ge­hö­ri­ge beka­men bei­spiels­wei­se süße “Weih­nachts­bro­te”, die kan­dier­te Früch­te, Honig und ein paar der sel­te­nen Gewür­ze ent­hiel­ten. Die beson­de­ren Gaben zu Weih­nach­ten erhiel­ten zusätz­lich eine christ­li­che Sym­bo­lik: So stellt der Stol­len im Nor­den Deutsch­lands Chris­tus als Wickel­kind dar, in Öster­reich gilt dies für den Strie­zel oder Strip­fen, in Tirol die Zel­ten. Die soge­nann­ten Leb- oder Pfef­fer­ku­chen, bestan­den aus Honig­ge­bäck, die auch sonst ger­ne geges­sen wur­den. Zur Weih­nachts­zeit kam ‘Pfef­fer’ hin­zu. Je nach dem, was das klös­ter­li­che Gewürz­ka­bi­nett an exo­ti­schen Gewür­zen her­gab, wur­den Ing­wer, Nel­ken oder Zimt bei­gege­ben. Der zähe Honig­teig konn­te noch wei­ter ver­fei­nert wer­den: Er wur­de fein aus­ge­rollt und anschlie­ßend in geschnitz­te, oft sehr kunst­vol­le Holz­for­men gedrückt. Zum Aus­ba­cken beschwer­ten die Bäcker die For­men mit Erb­sen­säck­chen, die ein Ver­for­men oder Her­aus­quel­len des Teigs ver­hin­der­ten. Die ent­stan­de­nen Leb­ku­chen-Figu­ren sahen aus wie klei­ne Kunst­wer­ke. Die Holz­for­men schnitz­ten die Bäcker selbst. Manch­mal über­nah­men das sogar nam­haf­te Münz­ste­cher, was den Wert der begehr­ten Leb­ku­chen zusätz­lich stei­ger­te. Als Geschenk über­reicht, fan­den sie immer dank­ba­re Abnehmer.

Billige Massenware

Die­ser Brauch hat sich bis heu­te erhal­ten – selbst­ge­ba­cke­ne Plätz­chen sind als Geschenk oder Mit­bring­sel immer etwas Beson­de­res. Im Gegen­satz jedoch zu frü­her sind exo­ti­sche Gewür­ze in jedem Haus­halt zu fin­den. “Weih­nachts­ge­wür­ze sind weder kost­bar noch sel­ten”, sagt Georg Schulz, Geschäfts­füh­rer der Ham­bur­ger Gewürz­müh­le. Schulz ist seit 50 Jah­ren im inter­na­tio­na­len Gewürz­ge­schäft tätig und hat vie­le Ent­wick­lun­gen mit­er­lebt, auch den Preis­ver­fall. Durch Über­pro­duk­ti­on und schnel­len Trans­port sind Gewür­ze bil­lig und zu jeder Zeit zu haben. Sie sind zur Mas­sen­wa­re gewor­den. Aber: Die Prei­se der meis­ten Gewür­ze ste­hen in kei­nem Ver­hält­nis zu ihren Her­stel­lungs­kos­ten. Denn an ihrer auf­wän­di­gen Pro­duk­ti­on und Ern­te in den tro­pi­schen Erzeu­ger­län­dern hat sich kaum etwas geän­dert. So müs­sen vie­le Gewür­ze z. B. wei­ter­hin von Hand geern­tet und für den Trans­port vor­be­rei­tet wer­den. Als Roh­stof­fe gelan­gen sie dann in die Abneh­mer­län­der und wer­den dort in den Gewürz­mül­le­rei­en je nach Bedarf gerei­nigt, geschnit­ten oder gemah­len. Dies erlaubt den Impor­teu­ren die bes­te Qua­li­täts­kon­trol­le, denn zu groß ist die Gefahr der absicht­li­chen Ver­un­rei­ni­gung durch Bei­ga­be von art­frem­den Roh- oder schäd­li­chen Farbstoffen.

Zimt, ein edles Tropenholz

Chi­na-Zimt, Cas­sia lignea. Grund­la­ge für gemah­le­nen Zimt

Eines der wich­tigs­ten Weih­nachts­ge­wür­ze ist Zimt. Sein unver­kenn­ba­rer, herb­sü­ßer Geschmack darf weder in Kek­sen, Kuchen, Süß­spei­sen, Bow­len oder Heiß­ge­trän­ken feh­len. Zimt wird aus der Innen­rin­de des Zimt­lor­beer­bau­mes gewon­nen. “Zimt ist ein auf­wän­dig zu pro­du­zie­ren­der Roh­stoff”, so Schulz. Die äuße­re, grau­grü­ne Bor­ke des Zimt­lor­beer­bau­mes wird von Hand mit Mes­sern abge­schält. Die brau­ne Zwi­schen­rin­de wird dann in der Son­ne getrock­net. Dabei rollt sich die­se in der cha­rak­te­ris­ti­schen Wei­se auf und ver­färbt sich bräun­lich. Drei Arten wer­den welt­weit gehan­delt: Cey­lon-Zimt, Canehl (Cin­na­mo­n­num zey­lani­cum Blu­me), Chi­na-Zimt, Cas­sia lignea (Cin­na­mo­n­num aro­ma­ti­cum Nees) und indo­ne­si­scher Padang-Zimt Cas­sia vera (Cin­na­mo­n­num bur­man­nii Blu­me). Der Cey­lon-Zimt wird von Ken­nern beson­ders geschätzt, weil er das feins­te, bes­te Aro­ma hat. “Lei­der wird wenig auf gute Qua­li­tät geach­tet”, bedau­ert Schulz. Nur wegen eines Fran­ken wird häu­fig zur bil­li­ge­ren Packung gegrif­fen. “Doch das zahlt sich nicht aus! Ver­ges­sen wird, das teu­re­re Ware eine bes­se­re Qua­li­tät hat. Neben dem fei­ne­ren Geschmack haben die Gewür­ze dann eine höhe­re Würz-Inten­si­tät. Somit wird weni­ger gebraucht”, so Schulz. Seit vier Jah­ren hat sich für ihn in der Weih­nachts­zeit ein neu­es Absatz­feld eröff­net: Flo­ris­ten ent­deck­ten Zimt als deko­ra­ti­ves Ele­ment für Sträu­ße und Advents­krän­ze. Sein Tipp: “Nach der Weih­nachts­zeit kön­nen die­se ruhig als Gewürz ver­wen­det wer­den”, sagt Schulz, der es scha­de fin­det, dass ein so wert­vol­les Gewürz acht­los im Müll landet.

Kletterorchidee Vanille

Auch die duf­ten­de Vanil­le gehört zur Weih­nachts­zeit. Die in der Frucht­kap­sel einer Klet­ter­or­chi­dee (Vanil­la pla­ni­fo­lia Andr.) lie­gen­den, win­zi­gen Samen ent­hal­ten das begehr­te Gewürz. Ursprüng­lich kam die Vanil­le aus Mexi­ko. Drei Jahr­hun­der­te lang gelang es den Mexi­ka­nern, ein Welt­mo­no­pol auf­recht zu erhal­ten. Dann glück­te es Schmugg­lern, Vanil­le-Setz­lin­ge außer Lan­des zu brin­gen. Der Anbau der Orchi­dee in ver­schie­de­nen tro­pi­schen Län­dern begann. Die Pro­duk­ti­on von Vanil­le-Frucht­scho­ten ist eben­falls sehr auf­wän­dig. Die Klet­ter­or­chi­dee mag nur Halb­schat­ten und braucht vier Jah­re bis sie anfängt, Früch­te zu tra­gen. In Mexi­ko über­neh­men Koli­bris die Bestäu­bung der Blü­ten. Doch in den ande­ren Anbau­län­dern wie den Komo­ren, Sey­chel­len, Tahi­ti fehlt die­se Koli­bri-Art. Des­halb muss die Bestäu­bung der Blü­ten künst­lich und mit der Hand vor­ge­nom­men wer­den. In der ein­mo­na­ti­gen Blü­te­zeit muss das Bestäu­ben täg­lich erfol­gen, weil die Blü­ten nur ein paar Stun­den pro Tag geöff­net sind. Aus erfolg­rei­cher Befruch­tung ent­ste­hen bis zu 30 cm lan­ge Frucht­kap­seln, die kurz vor der Rei­fe, grün­lich-gelb, abge­ern­tet wer­den. Dann beginnt ein meh­re­re Wochen lang andau­ern­der Ver­ar­bei­tungs­pro­zess: Zuerst wer­den die Frucht­kap­seln getrock­net. Ein anschlie­ßen­des Tauch­bad in hei­ßem Was­ser lei­tet eine Fer­men­ta­ti­on ein. Erst hier­durch ent­wi­ckelt sich das typi­sche Aro­ma. Dann fol­gen wei­te­re Bear­bei­tungs­schrit­te mit Luft, Wär­me, Feuch­tig­keit und unter Luft­ab­schluss. Zum Schluss haben die Früch­te ihr cha­rak­te­ris­ti­sches Aus­se­hen: tief scho­ko­la­den­far­big und fet­tig glän­zend. Fest in luft­dich­ten Glä­sern ver­packt, hält Vanil­le ihr wun­der­vol­les Aro­ma drei Jahre.

Weg von künstlichen Aroma-Stoffen!

Künst­li­ches Vanil­­lin-Back­a­ro­­ma oder Back­öl lässt sich durch ech­te Vanil­le leicht erset­zen. Für ein Pfund fei­nen Raf­­fi­na­­de-Zucker reicht der Inhalt einer ein­zi­gen Vanil­­le-Stan­­ge, um fei­nen, natür­li­chen Vanil­­le-Zucker her­zu­stel­len. Abge­füllt in einem Extra-Glas hält der Vor­rat min­des­tens ein Jahr. Es schmeckt inten­si­ver und ist qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig. Der Geschmack ist natür­lich und hun­dert­fach bes­ser! Und: Es macht noch nicht ein­mal viel Arbeit. Genau­so ver­hält es sich mit dem künst­li­chen Rum-Aro­­ma zum Backen. Neh­men Sie statt des­sen eine Fla­sche hoch­pro­zen­ti­gen Rum (min­des­tens 54 Pro­zent) und geben drei Vanill­in­stan­gen hin­ein. Die Aro­ma­stof­fe der natür­li­chen Vanil­le gehen in den Rum über. Nach zwei Mona­ten kön­nen Sie die Stan­gen ent­fer­nen. Sie wer­den das köst­li­che, natür­li­che Aro­ma schät­zen lernen.

Molukken und andere Tropeninseln

Gewürz­nel­ken, Caryo­phyl­lus aro­ma­ti­cus L., ein typi­sches Glühwein-Gewürz

Gewürz­nel­ken gehö­ren in jeden Weih­nachts­punsch. Sie haben eben­falls eine wei­te Rei­se hin­ter sich: Die Moluk­ken sind ihre ursprüng­li­che Hei­mat, wo die Gewürz­nel­ken-Bäu­me (Caryo­phyl­lus aro­ma­ti­cus L.) nur in tro­pi­schem See­kli­ma gedei­hen. Da die Bäu­me nur die­ses Kli­ma mögen, ist ihr Anbau auf tro­pi­sche Inseln wie Penang, Java oder Mada­gas­kar begrenzt. Gewürz­nel­ken sind die getrock­ne­ten Blü­ten der zur Fami­lie der Myr­ten­ge­wäch­se gehö­ren­den Bäu­me. Zwei­mal jähr­lich wer­den die noch fest­ver­schlos­se­nen Blü­ten­knos­pen des Nel­ken­bau­mes gepflückt. Die Knos­pen wer­den auf Gras­mat­ten meh­re­re Tage getrock­net, bis sie ihre kräf­tig braun­ro­te Far­be ange­nom­men haben. “Gute Nel­ken füh­len sich fet­tig an. Beim Drü­cken mit dem Fin­ger­na­gel tritt schon äthe­ri­sches Öl her­aus”, sagt Schulz, “außer­dem schwim­men sie senk­recht im Was­ser”. Weni­ger gute Ware schwimmt flach auf der Ober­flä­che. Wie alle tro­pi­schen Gewür­ze hal­ten auch Gewürz­nel­ken, wenn sie dun­kel und in gut ver­schlos­se­nen Glä­sern auf­be­wahrt wer­den, bis zu zwei Jah­re. “Dann soll­ten sie aller­dings aus­ge­tauscht wer­den”, so Schulz, denn die Ware hat durch den Ver­lust der äthe­ri­schen Öle ihr Aro­ma verloren.

Anis, Sternanis: Keine Verwandtschaft

Anis (Pim­pi­nella anis­um L.) ein Dol­den­blüt­ler, der ursprüng­lich aus Ägyp­ten stammt, hat sich mitt­ler­wei­le über­all in Euro­pa ange­sie­delt. Die Anis­sa­men haben einen süß­li­chen Geschmack und fin­den nicht zur Weih­nachts­zeit reich­li­che Ver­wen­dung. Die Likö­re und Schnäp­se mit ihrem ein­zig­ar­ti­gen Geschmack die­nen auch sonst der Ver­dau­ungs­för­de­rung. Trotz Ähn­lich­keit im Namen besteht kei­ne bota­ni­sche Ver­wandt­schaft zum Stern­anis. Illi­cum ver­num Hoo­ker ist ein klei­ner immer­grü­ner Baum aus Chi­na. Sei­ne ein­sa­mi­gen Frucht­blät­ter sind stern­för­mig zusam­men­ge­setzt. Wegen sei­nes deko­ra­ti­ven Aus­se­hens ist Stern­anis in vie­len weih­nacht­li­chen Deko­ra­tio­nen anzutreffen.

Lebkuchengewürz

Car­da­mom (Eletta­ria car­da­mom­um L.) hat einen mus­kat­ar­ti­gen Duft, würzt leicht bren­nend herb mit einem sanf­ten Hauch von Euka­lyp­tus. Die Pflan­ze kommt ursprüng­lich aus Süd­in­di­en. In der drei­kan­ti­gen Kap­sel sind dun­kel­brau­ne Samen­kör­ner, die immer “in der Scha­le gemah­len” wer­den müs­sen. “Das ist ein Qua­li­täts­hin­weis”, so Schulz “und außer­dem die ein­zi­ge Mög­lich­keit die stark ölhal­ti­gen Samen zu mah­len”. Das Gewürz soll­te immer spar­sam ver­wen­det wer­den, denn “Über­wür­zun­gen las­sen sich nicht wie­der gut machen”, sagt Schulz. Das glei­che gilt für Cori­an­der (Cor­i­n­an­der sati­vum L.). Das ver­dau­ungs­för­dern­de Gewürz gibt Leb­ku­chen­ge­bäck und Prin­ten sei­ne typi­sche Geschmacks­rich­tung. “Es emp­fiehlt sich, die Rezep­t­an­wei­sung genau zu befol­gen”, sagt Schultz, “Zuviel Gewürz schlägt leicht ins Gegen­teil um und macht den Teig ungenießbar”.

Gewürze statt Tabletten

Weih­nachts­ge­wür­ze sind nicht nur durch ihre Gerü­che und unnach­ahm­li­che Geschmacks­rich­tun­gen unent­behr­lich gewor­den. Bis auf Vanil­le haben alle medi­zi­na­le Wir­kung. Dies war schon im Mit­tel­al­ter bekannt: Klos­ter-Köche fan­den bei­spiels­wei­se schnell her­aus, dass Wür­zen mit Zimt, Anis, Stern­anis oder Car­da­mom beim bes­se­ren Ver­dau­en der fet­ten Spei­sen hilft, Völ­le­ge­fühl ver­hin­dert oder Blä­hun­gen lin­dert. Die Heil­kun­di­gen der Klös­ter ent­deck­ten, dass Anis und Stern­anis gut gegen Atem­wegs­in­fek­te ein­setz­bar sind. Wenn wir heu­te die Gewür­ze wegen des beson­de­ren Geschmacks schät­zen – sie sind viel mehr als das: Von den Hei­li­gen aus dem Mor­gen­land über­bracht, sind sie Teil unse­rer Tra­di­ti­on gewor­den. Die exo­ti­schen Gewür­ze brin­gen uns einen Hauch der wei­ten Welt mit vie­len mär­chen­haf­ten, aber auch leid­vol­len Geschichten.

Gewürz Anwen­dungs­ge­biet Gegen­an­zei­gen Neben­wir­kun­gen
Zimt Appetit‑, Ver­dau­ungs­för­dernd, bei Völ­le­ge­fühl und Blähungen Über­emp­find­lich­kei­ten bei Zimt. Peru­bal­sam. Schwangerschaft Häu­fig: All­er­gi­sche Haut- u. Schleimhautreaktionen
Gewürz­nel­ken Ent­zünd­li­che Ver­än­de­run­gen der Mund- u. Rachen­schleim­haut. Zahn­heil­kun­de: Zur loka­len Schmerzstillung kei­ne bekannt in kon­zen­trier­ter Form wirkt Nel­ken-Öl gewebereizend
Anis ver­dau­ungs­för­dernd, inne­re, äuße­re Anwen­dung: Katar­rhe der Luftwege All­er­gie gegen Anis oder Anethol gele­gent­lich all­er­gi­sche Reak­tio­nen der Haut, Atem­we­ge, Magen-Darm-Bereich
Stern­anis ver­dau­ungs­för­dernd, inne­re, äuße­re Anwen­dung: Katar­rhe der Luftwege kei­ne bekannt kei­ne bekannt
Car­da­mom ver­dau­ungs­för­dernd bei Gal­len­stei­nen: bit­te nur mit Abspra­che des Arz­tes anwenden kei­ne bekannt
Cori­an­der Appe­tit­lo­sig­keit, verdauungsfördernd kei­ne bekannt kei­ne bekannt

Autorin
• Mari­on Kaden, Natür­lich (2004).
wei­te­re Infos
Tee­re­zept: Anis
Tee­re­zept: Zimtrinde

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