Frischpflanzenpresssaft Spitzwegerich: Ein vorzügliches pflanzliches ‘Antibiotikum’ bei entzündeten Atemwegen

Spitz­we­ge­rich (Plant­ago lan­ceo­la­ta)

Spitz­we­ge­rich (bota­ni­scher Name: Plant­ago lan­ceo­la­ta) ist eine Heil­pflan­ze, die seit dem Mit­tel­al­ter für ihre spe­zi­fi­sche Wir­kung auf Bron­chi­en und Lun­ge bekannt ist. Der Arzt Hie­ro­ny­mus Bock lob­te den Wege­rich in sei­nem Kräu­ter­buch von 1577 über alles. Sein Kol­le­ge Mat­thio­lus emp­fahl in sei­nem New-Kreu­ter­buch von 1626 vor allem den Saft des Wege­richs und setz­te ihn mit Erfolg bei Bron­chi­al­asth­ma ein. In der “Samm­lung von Volks­arz­nei­mit­teln” aus dem Jah­re 1845 schrieb man dem Spitz­we­ge­rich eine beson­ders kräf­ti­gen­de Wir­kung auf das Lun­gen­ge­we­be zu. Seit Beginn des 20. Jahr­hun­derts ist Plant­ago lan­ceo­la­ta in der phar­ma­ko­lo­gi­schen Fach­li­te­ra­tur als eine der wirk­sams­ten Heil­pflan­zen bei chro­ni­schen Schleim­haut­ka­tar­rhen, ins­be­son­de­re der Bron­chi­en, anerkannt.

Spitzwegerich: entzündungshemmend, reizlindernd, schleimlösend

Zunächst ein Blick auf die phar­ma­ko­lo­gi­schen Inhalts­stof­fe des Spitz­we­ge­richs: Plant­ago ent­hält sog. Iri­do­id­gly­ko­si­de mit Aucu­bin und Catal­pol als Haupt­ver­bin­dun­gen. Der Gehalt an die­sen Stof­fen ist vom Alter des Blat­tes abhän­gig. Er beträgt in ganz jun­gen Blät­tern etwa 9 %, in alten Blät­tern sind nur noch Spu­ren vor­han­den. Aucu­bin ver­wan­delt sich durch Reak­ti­on mit einem in der Pflan­ze ent­hal­te­nen Enzym zu einer Sub­stanz von star­ker keim­tö­ten­der Wir­kung. Eine Kur mit fri­schem Spitz­we­ge­rich­saft ist daher sozu­sa­gen eine The­ra­pie mit einem pflanz­li­chen Anti­bio­ti­kum — ohne jedoch von den Neben­wir­kun­gen beglei­tet zu sein, die ein all­o­pa­thi­sches Anti­bio­ti­kum nach sich zie­hen kann. Die Neben­wir­kun­gen eines “nor­ma­len” Anti­bio­ti­kums sind oft­mals sehr gra­vie­rend. Sie rei­chen von Nie­ren­schä­di­gung über all­er­gi­sche Reak­tio­nen, Stö­run­gen der nor­ma­len Darm­flo­ra bis hin zu Leber­schä­den. Sol­che Belas­tun­gen blei­ben aus, wenn man eine Erkäl­tung mit keim­tö­ten­den Sub­stan­zen aus Pflan­zen behan­delt, wie dies mit den Inhalts­stof­fen des Spitz­we­ge­richs mög­lich ist.

Es ist letzt­lich noch nicht nach­ge­wie­sen, ob der keim­tö­ten­de Effekt von fri­schem Spitz­we­ge­rich­saft ledig­lich unge­sun­de Kei­me im Darm redu­ziert und auf die­se Wei­se das Darm­im­mun­sys­tem und dar­über die all­ge­mei­ne Abwehr­la­ge ver­bes­sert — oder ob die keim­tö­ten­den Sub­stan­zen über den Blut­kreis­lauf in Lun­ge und Bron­chi­en gelan­gen und dort die Erre­ger einer Erkäl­tungs­krank­heit bekämp­fen. Tat­sa­che ist jedoch, dass fri­scher Spitz­we­ge­rich­saft bei Atem­wegs­ka­tar­rhen ein eben­so vor­züg­li­ches Heil­mit­tel dar­stellt wie bei der äußer­li­chen Anwen­dung, z. B. Ent­zün­dun­gen im Mund- und Rachen­raum oder Hautentzündungen.

Neben Aucu­bin und Catal­pol ent­hält Plant­ago etwa 2 — 6,5 % Schleim­stof­fe, 6,5 % Gerb­stof­fe, fer­ner Fla­vo­no­ide, Phe­nol­car­bon­säu­ren, Sapo­nin und äthe­ri­sches Öl. Spitz­we­ge­rich ist reich an Kie­sel­säu­re und an Mine­ral­stof­fen mit hohem Zink- und Kaliumanteil.

Die reiz­lin­dern­de Wir­kung von Spitz­we­ge­rich bei Katar­rhen der obe­ren Luft­we­ge ist auf die in der Pflan­ze ent­hal­te­nen Schleim- und Gerb­stof­fe zurückzuführen.

Spitzwegerich – Zuverlässiges Bronchialmittel in Prophylaxe und Therapie

Spitz­we­ge­rich­blät­ter ent­hal­ten eine Kom­bi­na­ti­on von Sub­stan­zen, die nicht nur keim­tö­tend, son­dern auf das Lun­gen­ge­we­be auch kräf­ti­gend wir­ken. Kie­sel­säu­re fes­tigt das Lun­gen­ge­we­be, Schleim­stof­fe beru­hi­gen die gereiz­ten Schleim­häu­te und lin­dern die Schmer­zen beim Hus­ten und Durch­at­men. Die keim­tö­ten­den Sub­stan­zen bekämp­fen die erkäl­tungs­aus­lö­sen­den Erre­ger, schä­di­gen aber nicht die Darm­flo­ra, son­dern schei­nen auf sie eher eine regu­lie­ren­de Wir­kung aus­zu­üben. Die Pflan­ze ist offen­sicht­lich in der Lage zu unter­schei­den, wel­che Bak­te­ri­en in den Darm hin­ein­ge­hö­ren und wel­che nicht.

Auch die Gerb­stof­fe des Spitz­we­ge­richs üben einen fes­ti­gen­den Effekt auf die Schleim­häu­te aus und beschleu­ni­gen die Schleim­haut­re­ge­ne­ra­ti­on sowohl wäh­rend als auch nach dem Infekt.

Eine The­ra­pie mit dem Frisch­pflan­zen­press­saft Spitz­we­ge­rich, z. B. von Schoe­nen­ber­ger, Flo­rabio oder Kneipp, hat im Unter­schied zu Dra­gees oder Kap­seln eini­ge ent­schei­den­de Vor­tei­le: Der Saft ver­teilt sich beim Schlu­cken über die Schleim­häu­te von Mund und Rachen. Noch eine gan­ze Wei­le nach der Ein­nah­me fin­det daher eine Art Kal­tin­ha­la­ti­on statt, bei der Sub­stan­zen aus der Pflan­ze mit der Ein­atem­luft in die Lun­ge strö­men. Frisch gepress­te Säf­te aus Heil­kräu­tern sind frei von Alko­hol- und Kon­ser­vie­rungs­stof­fen, von daher auch für Alko­ho­li­ker und Men­schen mit All­er­gien gegen Nah­rungs­mit­tel­zu­satz­stof­fe gut geeignet.

Wie kaum eine ande­re Zube­rei­tungs­form ent­hält der Frisch­pflan­zen­press­saft die voll­stän­di­ge Palet­te der pflanz­li­chen Inhalts­stof­fe: Nicht nur den Haupt­wirk­stoff Aucu­bin, son­dern die gan­ze Band­brei­te von immer­hin 26 Ver­bin­dun­gen, die im fri­schen Spitz­we­ge­rich bis­her iso­liert wer­den konn­ten. Das Zusam­men­wir­ken aller die­ser Stof­fe ist für den the­ra­peu­ti­schen Erfolg nicht nur nicht zu unter­schät­zen. Es darf behaup­tet wer­den, dass es gera­de der voll­stän­di­ge Wirk­stoff­ring der Pflan­ze ist, der den Spitz­we­ge­rich zu einem der­art hoch­ran­gi­gen Hus­ten­mit­tel macht.

Praktische Anwendungsmöglichkeiten für Spitzwegerichsaft

Bei Asth­ma, Bron­chi­al- und Lungenentzündung

Im Fal­le aku­ter oder auch chro­ni­scher Katar­rhe der unte­ren Atem­we­ge neh­men Jugend­li­che und Erwach­se­ne 3 mal täg­lich vor dem Essen 1 Ess­löf­fel Frisch­pflan­zen­press­saft Spitz­we­ge­rich. Er ist im Reform­haus bzw. in den Apo­the­ken z. B. unter der Mar­ken­be­zeich­nung Schoe­nen­ber­ger erhältlich.

Der Saft wird ent­we­der unver­dünnt ein­ge­nom­men oder in etwas Saft ein­ge­rührt. Kin­der zwi­schen vier und zwölf Jah­ren neh­men mor­gens und abends je einen Tee­löf­fel des Saf­tes ein. Wenn die Klei­nen den Saft par­tout ver­wei­gern, hilft der “Trick”, ihn in die Salat­sauce ein­zu­rüh­ren. Die­se Ein­nah­me­form ist zwar unge­wöhn­lich, aber sie funktioniert.

Magen­schleim­haut­ent­zün­dung und Durchfall
Wegen sei­nes keim­tö­ten­den Effek­tes, kann Spitz­we­ge­rich­saft auch dann gege­ben wer­den, wenn man sich durch ver­dor­be­ne Nah­rungs­mit­tel eine Magen- bzw. Darm­schleim­haut­ent­zün­dung zuge­zo­gen hat. Je nach Schwe­re des Krank­heits­bil­des emp­feh­len sich zwei bis drei Mal täg­lich zwei bis drei Ess­löf­fel. Bei Durch­fall emp­fiehlt es sich, den Saft eine hal­be Stun­de nach Ein­nah­me einer Glu­co­se-Elek­tro­lyt-Mischung einzunehmen.

Ent­zün­dun­gen der Mund- und Rachenschleimhaut

Man nimmt zwei Ess­löf­fel Spitz­we­ge­rich­saft in den Mund und gur­gelt bzw. umspült die ent­zün­de­ten Stel­len mög­lichst lan­ge damit. Der Saft wird anschlie­ßend nicht geschluckt, son­dern aus­ge­spuckt, damit die von ihm gelös­ten und abge­tö­te­ten Bak­te­ri­en den Kör­per mög­lichst rasch ver­las­sen können.

Wun­den, Geschwü­re und Hautentzündungen

Hat man das Glück, über einen Gar­ten mit fri­schem Spitz­we­ge­rich zu ver­fü­gen, pflückt man eini­ge Blät­ter, zer­quetscht sie und legt sie auf die ent­zün­de­te Haut­stel­le. Den­sel­ben Effekt erzielt man mit dem Saft: Man tränkt mit ihm einen Wat­te­pad, legt die­sen auf das erkrank­te Gebiet und befes­tigt ihn mit Pflas­ter. Selbst­ver­ständ­lich sind auch grö­ße­re Auf­la­gen möglich.

Spitz­we­ge­rich­saft in der Küche

Spitz­we­ge­rich­saft von z. B. Schoe­nen­ber­ger, Flo­rabio oder Kneipp lässt sich nicht nur als Arz­nei­mit­tel ein­neh­men, son­dern eig­net sich auch her­vor­ra­gend für die Ver­wen­dung in der Küche. Vor allem in den Win­ter­mo­na­ten ist damit eine schmack­haf­te “Bron­chi­tis­pro­phy­la­xe” möglich.

Spitz­we­ge­rich­blät­ter haben einen mil­den herb-bit­te­ren Geschmack. Sie kön­nen von Mai bis August in der frei­en Natur gesam­melt wer­den und eig­nen sich vor­züg­lich als Wild­ge­mü­se in Sala­ten, Quark, Kräu­ter­but­ter, Sup­pen oder Sau­cen. Ab Sep­tem­ber ist die Zeit für fri­schen Spitz­we­ge­rich vor­bei — es sei denn, man greift auf einen Frisch­pflan­zen­press­saft zurück.

Spitz­we­ge­rich­sup­pe

Man mache eine Mehl­schwit­ze aus 30 g But­ter und 40 g Mehl und füge 500 ml Milch und 400 ml Gemü­se­brü­he hin­zu. Dazu gibt man den Saft einer hal­ben Zitro­ne, etwas Salz, Mus­kat und 1 Ess­löf­fel fein­ge­wieg­te Peter­si­lie. Erst gegen Ende der Zube­rei­tungs­zeit gibt man etwas Spitz­we­ge­rich­saft hin­zu — mit gerös­te­tem Weiß­brot eine Delikatesse.

Gesund­heit beginnt in der Küche. Mit Frisch­pflan­zen­press­säf­ten ist über das gan­ze Jahr hin­weg nicht nur eine hoch­wer­ti­ge Heil­pflan­zen­the­ra­pie mög­lich, son­dern kann das Aro­ma fri­scher Heil­kräu­ter auch kuli­na­risch von Janu­ar bis Dezem­ber genutzt werden.

Autorin
• Mar­gret Rup­p­recht, Mün­chen, Febru­ar 2005.
Quel­len
• Max Wichtl: Teedro­gen und Phy­to­phar­ma­ka. Wis­sen­schaft­li­che Ver­lags­ge­sell­schaft mbH, 2002.
• R. F. Weiß, V. Fin­tel­mann: Lehr­buch der Phy­to­the­ra­pie. Hip­po­kra­tes Ver­lag, Stutt­gart 2002.
• Hun­ni­us. Phar­ma­zeu­ti­sches Wör­ter­buch. Wal­ter de Gruy­ter, Ber­lin 1998.
• Ger­hard Mad­aus: Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heil­mit­tel. Reprint, Band 9. Media­med Ver­lag, Ravens­burg 1990.
• Susan­ne Fischer-Riz­­zi: Medi­zin der Erde. Hugen­du­bel, Mün­chen 2000.

Bitte Ihre Frage, Anmerkung, Kommentar im folgenden Feld eingeben