Artemisia L., Gattung der Kompositen, meist grau- oder weißhaarige, aromatisch riechende Kräuter, Halbsträucher oder Sträucher mit ganzrandigen, meist fiederteiligen Blättern und kleinen Blütenköpfchen in einfachen oder rispigen Trauben oder Ähren. Etwa 200 meist der nördlichen Erdhälfte angehörende Arten. A. Dracunculus L. (Dragunbeifuß, Estragon), mit kahlen, lineal-lanzettlichen Blättern und fast kugeligen, nickenden Blüten in Rispen, in Rußland und der Mongolei heimisch, wird in Deutschland seit alter Zeit kultiviert. Die blühenden Stengelspitzen riechen angenehm gewürzhaft, schmecken bitterlich und dienen als Küchengewürz und zur Bereitung des Estragonessigs. A. cina Berg, ein Halbstrauch in Turkistan, mit kahlen, rispigen Stengeln, fiederschnittigen, fast kahlen Blättern, liefert in ihren länglichen, grau- oder gelblichbraunen Blütenköpfchen den Zitwersamen (Flores Cinae). Dieser riecht aromatisch, schmeckt widerlich bitter, kühlend und enthält ätherisches Ö und 1,5–2 Proz. Santonin. Er wird über Nishnij Nowgorod in den Handel gebracht. Man benutzt ihn als kräftiges wurmwidriges Mittel und zur Darstellung von Santonin. A. Abrotanum L. (Stabwurz, Aber- oder Eberraute, Eberreis, Abrandkraut, Hofraute, Zitronelle, Zitronenkraut), in Südeuropa, bei uns in Gärten und auf Gräbern (Hoffmanns Baum, altdeutsch Hofrun) kultiviert, ist strauchartig mit in fadenförmige Abschnitte geteilten Blättern und kleinen, gelblichen Blüten, riecht gewürzhaft, zitronenartig, schmeckt schwach bitterlich und wird wie Absinth angewendet. A. vulgaris L. (gemeiner Beifuß, Mutterkraut), mit einfach fiederteiligen, unterseits weißfilzigen Blättern, in Europa, Asien, Nordamerika, Küchengewürz für Gänse- und Entenbraten. Die Wurzel wird gegen Epilepsie benutzt, wurde früher als Mittel gegen Ermüdung an die Füße gelegt (daher Beifuß), diente auch als Zaubermittel. A. pontica L. (römischer Beifuß), mit doppelt gefiederten, unterseits silbergrau filzigen Blättern, von Südeuropa bis zur Songarei, auch in Deutschland, wird als Zierpflanze und wie A. arborea L. in Griechenland auch als Arzneipflanze kultiviert; letztere dient zur Herstellung von Wermutweinen. war der Isis heilig und wurde bei Aufzügen von den Priestern getragen. A. Absinthium L. (Wermut), mit grauen, fiederspaltigen Blättern und gelben Blüten, findet sich in Nordafrika, fast ganz Europa und Nordasien, riecht gewürzig, schmeckt stark bitter, enthält ätherisches Ö, Bitterstoff (Absinthiin) und wird als Bittermittel zu bitterm Likör (Absinth), Wermutwein und zum Denaturieren von Salz angewendet, wird noch jetzt in katholischen Kirchen geweiht (Weihbund an Marie-Krautweihen) und dann vom Landvolk gegen Zauberei benutzt. A. Mutellina Vill. (Edelraute), A. spicata Jacq. u.a., in den Alpen, sind als Genippikräuter beim Volke als Arzneimittel sehr beliebt und werden auch zur Bereitung des Absinths benutzt. Einige Arten, wie A. argentea Ait. mit silberweißen und A. Stelleriana Bess. mit weißgrauen Blättern, werden zu Blattpflanzengruppen und Teppichbeeten benutzt. Die seinen, baumwollähnlichen Fasern von A. chinensis L. und A. Moxa Bess. dienen zu Brennzylindern (Moxen).
Quelle
Meyers Großes Konversations-Lexikon (Sechste Auflage). Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. Sechste, gänzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage. Mit mehr als 16,800 Abbildungen im Text und auf über 1500 Bildertafeln, Karten und Plänen sowie 160 Textbeilagen. Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut, 1905–1909 (Infos).