Physostigma venenosum Balf.

Phy­sos­tig­ma venen­osum Balf. (Kala­bar­boh­ne), eine mehr­jäh­ri­ge Klet­ter­pflan­ze aus der Fami­lie der Legu­mi­no­sen, mit hol­zi­gem Stamm von 4 cm Dicke, der mehr als 15 m empor­steigt, gefie­der­ten Blät­tern mit drei gro­ßen Blätt­chen, ach­sel­stän­di­gen, hän­gen­den Blü­ten­trau­ben, gro­ßen pur­pur­ro­ten Blü­ten und etwa 14 cm lan­gen, breit-linea­li­schen, etwas zusam­men­ge­drück­ten Hül­sen, die 1 oder 3 nie­ren­för­mi­ge, scho­ko­la­den­brau­ne Samen mit einer tie­fen, von erha­be­nen Rän­dern umge­be­nen Rin­ne ent­hal­ten. Die Pflan­ze wächst in West­afri­ka vom Kap Pal­mas bis Kame­run und ist auch in Indi­en und Bra­si­li­en ein­ge­führt wor­den. Die Ein­ge­bo­re­nen benut­zen die fast geruch- und geschmack­lo­sen, aber höchst gif­ti­gen Boh­nen zu einer Art Got­tes­ur­teil, d.h. man gibt sie den der Hexe­rei Beschul­dig­ten zum Ver­schlu­cken, und Erbre­chen oder Nicht­er­bre­chen ent­schei­det über die Schuld des Indi­vi­du­ums. Die Pflan­ze wur­de 1840 durch Dani­ell bekannt, 1859 beschrieb sie Bal­four, und weni­ge Jah­re spä­ter ent­deck­te Fraser ihre eigen­tüm­li­che arz­nei­li­che Wir­kung. Die­se beruht auf dem Gehalt an einem Alka­lo­id, Phy­sos­tig­min (Ese­rin) C15H21N3O2, das farb‑, geruch- und geschmack­lo­se, in Alko­hol und Äther leicht, in Was­ser etwas schwie­rig lös­li­che, alka­lisch reagie­ren­de, bei 105° schmel­zen­de Kris­tal­le und mit Säu­ren leicht zer­setz­li­che Sal­ze bil­det. Es wirkt direkt läh­mend auf das zen­tra­le Ner­ven­sys­tem, auf das Gehirn frü­her als auf das Rücken­mark, und bewirkt ganz bedeu­ten­de Pupil­len­kon­trak­ti­on. Man benutzt sali­zyl­sau­res Phy­sos­tig­min beson­ders bei Unter­su­chung der Augen, um die nach Atro­pin­ein­träu­fe­lung ent­stan­de­ne Pupil­len­er­wei­te­rung zu besei­ti­gen, auch als Heil­mit­tel bei Augen­krank­hei­ten, bei Erschlaf­fung des Dar­mes mit Kot­stau­ung und gasi­ger Auf­trei­bung des Bau­ches, bei Teta­nus, Neur­al­gi­en, Epi­lep­sie etc. In der Tier­heil­kun­de gibt man schwe­fel­sau­res Phy­sos­tig­min in sub­ku­ta­ner Ein­sprit­zung als Abführ­mit­tel bei Kolik und Auf­blä­hung des Dar­mes. Neben Phy­sos­tig­min soll in den Kala­bar­boh­nen noch ein dem Strych­nin ähn­lich wir­ken­des Alka­lo­id, Cala­ba­rin, und indif­fe­ren­tes Phy­sos­te­rin vorkommen.

Quel­le
Mey­ers Gro­ßes Kon­­­ver­­­sa­­ti­ons-Lexi­­kon (Sechs­te Auf­la­ge). Ein Nach­schla­ge­werk des all­ge­mei­nen Wis­sens. Sechs­te, gänz­lich neu­be­ar­bei­te­te und ver­mehr­te Auf­la­ge. Mit mehr als 16,800 Abbil­dun­gen im Text und auf über 1500 Bil­der­ta­feln, Kar­ten und Plä­nen sowie 160 Text­bei­la­gen. Leip­zig und Wien: Biblio­gra­phi­sches Insti­tut, 1905–1909 (Infos).

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