(lat., Blütenstaub), die aus sehr kleinen Körnchen (körnern) bestehende staubartige Masse in den Staubbeuteln der phanerogamen Pflanzen, welche die Blütenbestäubung bewirkt und das für die Befruchtung nötige männliche Sexualelement (Sperma) liefert. Die körner sind isolierte Pflanzenzellen von kugeliger, eirunder, seltener stab- oder fadenförmiger Gestalt, deren Zellhaut aus einer äußern kutikularisierten, oft gelb gefärbten Schicht (Exine) und einer innern reinen Zellstoffschicht (Intine) besteht. Der Inhalt des korns, früher Fovilla genannt, besteht aus körnigem Protoplasma, das oft Stärkekörnchen oder Ötröpfchen ein schließt und einen Zellkern enthält, der bald Teilungen erfährt, und als dessen Abkömmlinge die bei der Befruchtung wirksamen Spermakerne anzusehen sind. Der P. entwickelt sich aus Urmutterzellen (Archespor), die im Entwickelungsgange der Staubbeutel in mutterzellen geteilt werden, deren jede in vier Spezialmutterzellen eines einzelnen korns zerfällt. Der Protoplasmakörper jeder Spezialmutterzelle umkleidet sich mit einer Membrau (Fig. 1, C, bei D die Spezialmutterzellhäute durch Einfluß des Wassers geplatzt und die jungen zellen E austretend), die sich allmählich zur zellhaut ausbildet. Die Mutterzellhäute lösen sich durch Verschleimung auf, so daß die körner frei in der Höhle des sackes liegen. Bei einigen Blüten pflanzen bleiben die aus einer Mutterzelle stammenden vier Tochterzellen zu einer tetrade (Vierlingskorn) vereinigt, wie bei Rhododendron, Typha und bei manchen Orchideen (Neottia etc.), oder alle.‘Nachkommen einer Urmutterzelle bilden eine masse (massula) von 8, 12, 16, 32, 64 verbundenen zellen, deren Erine auf der Außenseite der Masse stärker entwickelt ist wie z. B. bei den Mimosen. Bei der Abteilung der Ophrydeen unter den Orchideen und bei den Asklepiadeen werden sämtliche körner eines Antherenfaches parenchymarlig durch eine wachsartige Substanz zu einer einzigen Masse (Pollinium, Pollinarium) verbunden. Die Ausbildung des s im einzelnen zeigt Eigentümlichkeiten, die als Anpassung an die besondere Art der Übertragung des s auf die Narbe bei der Blütenbestäubung betrachtet werden müssen. Die körner der Insektenblüten sind häufig länglich und durch eine aus Stacheln, Höcker oder Leisten bestehende Skulptur auf der Erine ausgezeichnet. Windblütige Pflanzen haben dagegen kugelige, glatte körner. Die Größe der körner wechselt innerhalb weiter Grenzen von etwa 2,5 m oder Mikromillimetern (bei Myosotis alpina) bis zu 250 m (bei Mirabilis Jalappa); bei Windblütigen schwankt der Durchmesser, abgesehen von Ausnahmefällen, wie z. B. beim Kiefern, bei dem besondere Flugvorrichtungen in Gestalt zweier lufthaltigen Exineblasen vorhanden sind, in engen Grenzen um 30 m, das offenbar bei dem spezifischen Gewichte des s die zur Fortbewegung in der Luft günstigste Dimension darstellt. Charakteristisch ist auch der Stärkegehalt des Winds besonders in kältern Kl imaten gegenüber dem Ögehalt des s der Insektenblüten. Zur Herbeiführung der Befruchtung wird an den auf die Narbe übertragenen körnern ein schlauch gebildet, der an einer vorgebildeten Stelle (Keimporus) die Exine durchbricht, und indem er heranwachsend bis zur Samenanlage vordringt, das Sperma zu dem in dem Embryosack eingeschlossenen Pflanzenei transportiert. Über die Einrichtungen, die den P. gegen die schädliche Befeuchtung durch Regen und gegen Plünderung durch Blumen besuchende Insekten schützen.
Quelle
Meyers Großes Konversations-Lexikon (Sechste Auflage). Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. Sechste, gänzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage. Mit mehr als 16,800 Abbildungen im Text und auf über 1500 Bildertafeln, Karten und Plänen sowie 160 Textbeilagen. Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut, 1905–1909 (Infos).