Viola L.

Vio­la L. (Veil­chen), Gat­tung der Vio­la­ze­en, ein- oder mehr­jäh­ri­ge Kräu­ter, sel­ten Halb­sträu­cher, häu­fig mit ver­kürz­ter Ach­se, bis­wei­len Aus­läu­fer trei­bend, mit zer­streut ste­hen­den, ein­fa­chen Blät­tern, meist ein­zeln ach­sel­stän­di­gen, lang­ge­stiel­ten Blü­ten mit fünf Blu­men­blät­tern, von denen das unte­re unpaa­ri­ge an der Basis gespornt ist, und drei­klap­pi­ger, viel­sa­mi­ger Kap­sel. Etwa 200 Arten meist in der gemä­ßig­ten Zone und auf den Gebir­gen der nörd­li­chen Halb­ku­gel, vie­le Arten sind Cha­rak­t­er­pflan­zen der süd­ame­ri­ka­ni­schen Anden. V. odo­ra­ta L (März­veil­chen, wohl­rie­chen­des Veil­chen), in fast ganz Euro­pa, auch im tro­pi­schen Asi­en und in Ame­ri­ka. Wur­zeln und Wur­zel­stock ent­hal­ten Vio­lin (Veil­chene­me­tin). das bre­chen­er­re­gend wirkt; die wohl­rie­chen­den, dun­kel­blau­en, auch roten und wei­ßen Blü­ten die­nen zur Berei­tung von Veil­chen­si­rup, Cremes, Gelee, Gefror­nem, sei­nem Back­werk, Limo­na­den etc., auch wer­den sie über­zu­ckert (pra­li­nier­te Veil­chen) und in der Par­fü­me­rie benutzt. Das meis­te Veil­chen­par­füm wird indes aus der Veil­chen­wur­zel gewon­nen, auch syn­the­tisch her­ge­stellt (Jonon) Man kul­ti­viert meh­re­re Varie­tä­ten (wei­ße, rote, vio­let­te, gefüll­te, immer­blü­hen­de) als Zier­pflan­zen, und die Trei­be­rei reich- und groß­blü­hen­der Sor­ten (Ham­bur­ger Treib­veil­chen, Kai­ser Wil­helm, Zos­se­ner Veil­chen, rus­si­sches Veil­chen, Zar, Queen. Vic­to­ria Regi­na) bil­det einen ein­träg­li­chen Zweig der Han­dels­gärt­ne­rei. Den alten Grie­chen war das Veil­chen Sym­bol der jähr­lich wie­der auf­le­ben­den Erde und der Jung­f­rau­schaft. Die Toch­ter des Atlas wur­de, als sie sich vor dem Apol­lon ver­barg, in ein Veil­chen ver­wan­delt. Aber auch die Bac­chan­tin­nen schmück­ten die Thyr­sos­stä­be mit Veil­chen, und eben­so wur­den die Bil­der der Haus­göt­ter mit Veil­chen geziert. Spä­ter unter­schied man schwar­ze, hel­le und far­bi­ge Veil­chen und ver­stand unter letz­tern den Gold­lack und die Lev­ko­je. V. tri­co­lor L. (Frei­sam­kraut, Acker­veil­chen, Jelän­ger­je­lie­ber, franz. Pen­sée), ein- oder zwei­jäh­rig, 10–20 cm hoch, mit eirun­den bis her­zei­för­mi­gen, grob und flach gekerb­ten Blät­tern, lei­er­för­mig fie­der­spal­ti­gen Neben­blät­tern und man­nig­fach vari­ie­ren­den Blü­ten, bei denen alle oder nur die obern Blät­ter vio­lett oder blaß­blau und die übri­gen oder alle gelb sind (die drei­far­bi­gen: Drei­fal­tig­keits­blüm­chen, die rein gel­ben: Stief­müt­ter­chen), fin­det sich in ganz Euro­pa, Nord­afri­ka, Klein­asi­en, Sibi­ri­en und Nord­ame­ri­ka. Das Kraut ent­hält Sali­zyl­säu­re und wird seit dem 16. Jahrh. gegen Haut­krank­hei­ten benutzt. Man kul­ti­viert gegen­wär­tig (zuerst in Eng­land im 19. Jahrh.) sehr groß­blü­ti­ge Varie­tä­ten, auch Bas­tar­de mit V. altai­ca Pall., V. lutea L. und V. cor­nu­ta L. als belieb­te Gar­ten­stief­müt­ter­chen und unter­schei­det grund­far­bi­ge, gestreif­te, weiß‑, gold­räu­di­ge, fünf­fle­cki­ge (Odier), Cas­sier, Rie­sen- oder Tri­mar­deau-Pen­sées. Das Stief­müt­ter­chen spielt in Eng­land und Frank­reich die­sel­be Rol­le wie das Ver­giß­mein­nicht in Deutsch­land und dient auch zum Schmu­cke der Grä­ber. Die im Umriß drei­ecki­ge Blu­me der Stamm­pflan­ze, mit leuch­tend gel­ben, von schwar­zen Strah­len durch­zo­ge­nen Saft­mal, galt im Mit­tel­al­ter als Sym­bol der Drei­ei­nig­keit. Die Deu­tung des Namens Stief­müt­ter­chen ist unsi­cher (zwei Stief­kin­der [Blu­men­blät­ter] sit­zen auf einem Stuhl [Kelch­blatt], zwei rech­te Kin­der auf je einem Stuhl, die Stief­mut­ter auf zwei). V. cani­na L. (Hunds­veil­chen), auf Wei­den, Wie­sen und Trif­ten, hat blaue, geruch­lo­se Blü­ten. V. cal­ca­ra­ta L. (lang­spor­ni­ges Veil­chen), V. cor­nu­ta L., in den Pyre­nä­en und Alpen, von gedrun­ge­nem Wuchs, mit klei­nen, läng­li­chen Blät­tern und gro­ßen, hell­vio­let­ten Blü­ten, wird in meh­re­ren Varie­tä­ten kultiviert.

Vgl. Mil­let, Les vio­let­tes, leurs ori­gi­nes, leurs cul­tures (Par. 1898); Bar­fuß, Kul­tur der Veil­chen (Leipz. 1901).

Quel­le
Mey­ers Gro­ßes Kon­­­ver­­­sa­­ti­ons-Lexi­­kon (Sechs­te Auf­la­ge). Ein Nach­schla­ge­werk des all­ge­mei­nen Wis­sens. Sechs­te, gänz­lich neu­be­ar­bei­te­te und ver­mehr­te Auf­la­ge. Mit mehr als 16,800 Abbil­dun­gen im Text und auf über 1500 Bil­der­ta­feln, Kar­ten und Plä­nen sowie 160 Text­bei­la­gen. Leip­zig und Wien: Biblio­gra­phi­sches Insti­tut, 1905–1909 (Infos).

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