Mit Dornen gegen Erkrankungen aller Art

Wachol­der (Juni­pe­rus com­mu­nis)

Wachol­der-Bee­ren sind seit jeher als ein­hei­mi­sches Gewürz mit gro­ßer Heil­wir­kung geschätzt. Ihre äthe­ri­schen Öle wir­ken durch­blu­tungs­för­dernd und ent­wäs­sernd. Die Bedeu­tung als Gewürz haben die Bee­ren mit dem cha­rak­te­ri­schen Geschmack vor allem in der tra­di­tio­nel­len Küche, trotz inter­na­tio­na­ler Ein­flüs­se, behaup­ten können.

Die kugel­run­den, schwar­zen Wachol­der-Bee­ren sind ein uraltes, euro­päi­sches Gewürz und als getrock­ne­te Ware über­all erhält­lich. Die Bezeich­nung “Bee­ren” ist nicht kor­rekt: Für Bio­lo­gen han­delt es sich um soge­nann­te “Schein­bee­ren” oder noch bes­ser Zap­fen. Es sind Früch­te des Gemei­nen Wachol­ders (Juni­pe­rus com­mu­nis L.), der zur Fami­lie der Cypres­sen­ge­wäch­se (Cup­res­saceae) gehört. Das Nadel­ge­hölz ist immer­grün und viel­ge­stal­tig. Wachol­der kann die Form eines zypres­sen­ähn­li­chen Bau­mes mit einer Höhe bis zu 10 Metern anneh­men oder flach und breit ange­legt als Strauch wach­sen. Wachol­der kommt in Hei­de­ge­bie­ten, Nadel‑, Eichen- und Bir­ken­wäl­dern sowie auf Mager­wie­sen vor. Die Pflan­ze ist in Euro­pa, Nord- und West­asi­en, in Gebirgs­ge­gen­den Alge­ri­ens und in Nord­ame­ri­ka ver­brei­tet. Sie erfreu­te sich jahr­hun­der­te­lang gro­ßer Beliebt­heit, war in vie­len Län­dern ein Sym­bol für phy­si­sche Stär­ke und Frucht­bar­keit und dien­te als Volks­heil­mit­tel gegen zahl­lo­se Erkran­kun­gen und Zip­per­lein. Die heu­ti­ge Inten­siv­land­wirt­schaft lässt dem licht­lie­ben­den Nadel­ge­hölz wenig Raum. In vie­len euro­päi­schen Län­dern steht die Pflan­ze unter Natur­schutz. Abhol­zen oder Abschla­gen von Zwei­gen ist ver­bo­ten. Nur die Zap­fen dür­fen gepflückt wer­den. Sie ent­wi­ckeln sich aus den weib­li­chen, mit schup­pen­för­mi­gen Frucht­blät­tern besetz­ten Blü­ten­spros­sen und bil­den nach der Befruch­tung die kuge­li­gen Zap­fen. Die unrei­fen Früch­te sind grün und rei­fen erst im zwei­ten Jahr zu den typisch schwarz­brau­nen, bläu­lich bereif­ten Bee­ren her­an. Das Selbst­pflü­cken im Spät­som­mer macht wegen der spit­zen, star­ren Nadeln des Wachol­ders wenig Spaß. Die Ern­te ist müh­sam und kann sogar schmerz­haft wer­den. Die rei­fen Früch­te sind etwa 5–8 Mil­li­me­ter gross und wer­den nach dem Pflü­cken getrock­net. Sie ent­hal­ten, je nach Lage und Her­kunft, etwa 20–30 Pro­zent Invert­zu­cker, 10 Pro­zent Harz und bis zu 2 Pro­zent äthe­ri­sche Öle (Ole­um juni­pe­ri), die sich aus Monoter­penen (80 Pro­zent alpha und beta-Pinen, Ter­pi­nen-4-ol) zusam­men­set­zen. Bit­ter- und Gerb­stof­fe sor­gen für den cha­rak­te­ris­ti­schen, kräf­ti­gen Geschmack. Das Bee­ren­sam­meln lohnt sich übri­gens nur in durch­gän­gig war­mem bis heis­sen Kli­ma. Nur dort kann Wachol­der sein äthe­ri­sches Öl bil­den, dass die gewünsch­te heil­sa­me Wir­kung ent­fal­tet. Die han­dels­üb­li­che Ware besteht aus hand­ver­le­se­ner Ware, die zu medi­zi­ni­schen Zwe­cken oder zur Ver­wen­dung als Gewürz ver­trie­ben wird. Lie­fer­län­der sind beson­ders Ita­li­en, Rumä­ni­en, Ungarn und das ehe­ma­li­ge Jugoslawien.

Heilsam damals wie heute

Die heil­sa­me Wir­kung des Wachol­ders war schon den alten Grie­chen, Römern und Ger­ma­nen bekannt. Hip­po­kra­tes emp­fahl Wachol­der­bee­ren als Mit­tel zur Geburts­be­schleu­ni­gung, Dio­s­ku­r­i­des beschrieb die urint­rei­ben­de Wir­kung. Die Ger­ma­nen nutz­ten sämt­li­che Pflan­zen­tei­le: Aus dem Holz schnitz­ten sie schüt­zen­de Amu­let­te gegen böse Geis­ter oder Gerät­schaf­ten für ihre Hei­ler. Mit den wehr­haf­ten, dor­nen­be­setz­ten Wachol­der­zwei­gen ver­jag­ten sie Dämo­nen und Wald­geis­ter oder ver­brann­ten Holz, Zwei­ge und Bee­ren des Wachol­ders, um mit dem Rauch anste­cken­de Krank­hei­ten zu ver­trei­ben. In vie­len Regio­nen Euro­pas dien­ten Bee­ren­ab­ko­chun­gen gegen Was­ser­sucht (“Öde­me”) und Harn­ver­hal­tung. Die Bee­ren wur­den auch gerös­tet, um sie anschlies­send zu Tee gegen Stein­erkran­kun­gen (Bla­sen- oder Nie­ren­stei­ne) oder zur Blut­rei­ni­gung zu ver­wen­den. Abko­chun­gen aus den Wur­zeln und Zwei­gen wur­den gegen Darm­krank­hei­ten oder als Fuß­bad gegen Öde­me ein­ge­setzt. Sei­ne viel­sei­ti­ge Ver­wen­dung hat sich Wachol­der bis in die heu­ti­ge Zeit erhal­ten: Vor allem die äthe­ri­schen Öle der Pflan­ze wer­den genutzt und zu ver­schie­de­nen Pro­duk­ten oder Medi­ka­men­ten ver­ar­bei­tet. Die Öle wer­den zur durch­blu­tungs­för­dern­den Ein­rei­bung ver­schie­de­ner Erkran­kun­gen ein­ge­setzt: Gegen rheu­ma­ti­sche Erkran­kun­gen, Gelenk­ver­schleiss (Arthro­se), chro­ni­sche Gelenk­be­schwer­den (Arthri­tis), Gicht oder schmer­zen­de Mus­kel­er­kran­kun­gen (Fibro­my­al­gie). Im Han­del wer­den Wachol­der­öl ent­hal­ten­de Kap­seln ver­kauft. Sie wer­den ger­ne im Früh­jahr als Kurz-Ent­schla­ckungs­kur emp­foh­len, oder um Durch­blu­tung und den all­ge­mei­nen Stoff­wech­sel zu för­dern. Sirup oder äthe­ri­sche Öle des Wachol­ders wird eben­falls zur kur­mäs­si­gen Anwen­dung bei rheu­ma­ti­schen Erkran­kun­gen vor allem zur Ent­schla­ckung vertrieben.

Gut für die Verdauung

Als Gewürz feh­len Wachol­der-Bee­ren in kei­ner tra­di­tio­nel­len, euro­päi­schen Küche. Gerich­te wie z. B. Sau­er­kraut oder ver­schie­de­ne Wild­ge­rich­te sind ohne Wachol­der fast undenk­bar. Wegen ihres kräf­ti­gen Aro­mas wer­den Zap­fen und Zwei­ge auch ger­ne zum Räu­chern von Fleisch und Fisch ver­wen­det. Die Skan­di­na­vi­er haben eine beson­de­re Vor­lie­be für die aro­ma­ti­schen Bee­ren. Sie wür­zen mit ihnen Fisch­sud, Mari­na­den, soge­nann­tes Wur­zel­bier und sogar Süs­sig­kei­ten. Weil Wachol­der die Ver­dau­ung för­dert, hat er auch bei uns sei­nen fes­ten Platz: Wer­den ein paar Bee­ren einem schwe­ren Bra­ten hin­zu­ge­fügt, schmeckt die­ser nicht nur bes­ser, son­dern der Bit­ter­stoff (Juni­pe­rin) sorgt für schnel­le­re Ver­dau­ung. Soll­te dies nicht aus­rei­chen, kön­nen wachol­der­hal­ti­ge Magen­bit­ter wei­ter­hel­fen. In so man­chem Haus­halt gibt es wohl­ge­hü­te­te Rezep­tu­ren, die seit Gene­ra­tio­nen wei­ter­ge­ge­ben wer­den. Wachol­der­schnäp­se wer­den in vie­len Regio­nen als regio­na­le Spe­zia­li­tät nach fet­tem Essen als wohl­tu­en­de Ver­dau­ungs­hil­fe gereicht. Der Wachol­der­brannt­wein hat einen unver­kenn­ba­ren Geschmack. Sei­ne Grund­la­ge sind die Bee­ren, die sich auf­grund ihres hohen Zucker­an­teils her­vor­ra­gend ver­gä­ren las­sen. Nach zwei­ma­li­ger Destil­la­ti­on wird der gewon­ne­ne Rau­brand ent­we­der mit Korn­brand (Gin, Gen­ever) oder Pri­ma­sprit (Stein­hä­ger) vermischt.

Tee gegen Bauchschmerzen und dicke Beine

Wer Hoch­pro­zen­ti­gem nichts abge­win­nen mag, kann sich einen Wachol­der­bee­ren-Tee zube­rei­ten. Er tut gut bei Ver­dau­ungs­be­schwer­den, die mit leich­ten Krämp­fen ein­her­ge­hen, bei Völ­le­ge­fühl oder Blä­hun­gen. Tee aus abge­koch­ten Bee­ren zielt aus­ser­dem auf die Nie­ren, wirkt harn­trei­bend und ent­wäs­sernd. Er eig­net sich auch beson­ders bei Harn­wegs­in­fek­ten, bei denen eine ver­stärk­te Bla­sen­durch­spü­lung die Erre­ger aus­schwem­men soll (dabei zusätz­lich bis zu 2 l Was­ser täg­lich trin­ken!). Äthe­ri­sche Wachol­deröle haben bei Bla­sen­ent­zün­dun­gen zusätz­lich eine ent­kramp­fen­de, schmerz­lin­dern­de Wir­kung. Ein Tee aus Wachol­der­bee­ren ist schnell zube­rei­tet: Ein knap­per Tee­löf­fel (2,5 g) Wachol­der­bee­ren wird mit einer Gabel zer­quetscht, damit die äthe­ri­schen Öle bes­ser frei wer­den und mit kochen­dem Was­ser (etwa 150 ml) über­gos­sen. Dann 10 bis 15 Minu­ten bedeckt zie­hen las­sen, anschlies­send die Bee­ren durch ein Tee­sieb geben. Mor­gens und abends jeweils eine Tas­se frisch zube­rei­te­ten Tee trin­ken. Wer sich die Pro­ze­dur mit den Bee­ren erspa­ren möch­te, kann auch fer­ti­gen Wach­hol­der ent­hal­ten­den Bla­sen­tee ver­wen­den. Übri­gens: Älte­re, kräu­ter­kun­di­ge Frau­en kau­en 2–5 Bee­ren täg­lich. Die harn­trei­ben­de Wir­kung ent­fernt Was­ser aus den Beinen.

Sebas­ti­an Kneipp wid­me­te in sei­nem Buch “Mei­ne Was­ser­kur” dem Wachol­der eben­falls ein Kapi­tel. Sein Tipp zur Ent­wäs­se­rung des Kör­pers: “Den ers­ten Tag sol­len Sie dann sechs, den vier­ten sie­ben Bee­ren kau­en und so mit Tagen und Bee­ren bis zwölf (Tage) und fünf­zehn Bee­ren auf- und dann wie­der auf fünf Bee­ren her­un­ter­stei­gen. Beim Abstei­gen jeden Tag eine Bee­re auslassend”.

Hausrezept

Wer gute Haus­re­zep­te für Wachol­der­bee­ren mag, kann die­ses aus­pro­bie­ren. Es hat durch­blu­tungs­för­dern­der Wir­kung bei schmer­zen­den Mus­keln oder einer sich anbah­nen­den Erkäl­tung: Für ein Voll­bad wer­den etwa 2–3 Hän­de voll Wachol­der-Bee­ren in das Bades­was­ser gege­ben (für Teil­bä­der ent­spre­chend weni­ger). Sowohl die Wär­me des Was­sers als auch die durch­blu­tungs­för­dern­de Wir­kung der Öle wir­ken ent­span­nend. Wie bei allen Heil­bä­dern soll­te die Was­ser­tem­pe­ra­tur etwa 37–39° C betra­gen, das Bad nicht län­ger als eine vier­tel Stun­de dau­ern. Denn: Nach die­ser ech­ten Heil­an­wen­dung braucht der Kör­per Zeit zur Erho­lung. Eine hal­be Stun­de Ruhen ein­ge­hüllt in wär­men­den Decken ist min­des­tens ange­bracht. Wer sich anschlies­send gleich schla­fen legt, wird ent­spannt einschlummern.

Nebenwirkungen

Wegen der star­ken Heil­wir­kung der Wachol­der­bee­ren, soll­ten die­se – ob in Form von Tee, Säf­ten oder Arz­nei­mit­teln wie Kap­seln – nie­mals län­ger als 4–5 Wochen durch­gän­gig ein­ge­nom­men wer­den. Mög­li­che Gefah­ren einer zu lan­gen oder fälsch­lich zu hoch dosier­ten Wachol­der­an­wen­dung sind z. B. Nie­ren­rei­zun­gen (Nie­ren­kran­ke dür­fen des­halb kei­ne Wachol­der­prä­pa­ra­te ver­wen­den). Schwan­ge­re soll­ten grund­sätz­lich vor der Ver­wen­dung von Wachol­der und allen medi­zi­nisch wirk­sa­men Sub­stan­zen Rück­spra­che mit ihrem betreu­en­den Arzt halten.

Autorin
• Mari­on Kaden, natür­lich leben (2007).
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