Medikamente gegen die Virusgrippe – eine Bestandsaufnahme (Teil 5 von 7)

Infektionsblockade als frühestmögliche antivirale Maßnahme

Lud­wig: Neben die­sen Virus-gerich­te­ten Ent­wick­lun­gen gibt es zuneh­mend inno­va­ti­ve Ansät­ze, die nicht mehr auf das Virus selbst, son­dern auf die Wirts­zel­le abzie­len. Viren sind zel­lob­li­ga­te Para­si­ten und benö­ti­gen für ihre Ver­meh­rung in viel­fäl­ti­ger Wei­se zwin­gend die Funk­tio­nen Ihrer Wirts­zel­le. Durch Behand­lung der Wirts­zel­le mit Wirk­stof­fen, die sol­che Funk­tio­nen beein­träch­ti­gen, ist es also mög­lich, die Virus­funk­ti­on wie auch die Virus­ver­meh­rung zu hem­men. Vor­teil der Behand­lung ist, dass das Virus nicht die Mög­lich­keit besitzt, durch Anpas­sung die beein­träch­tig­ten zel­lu­lä­ren Funk­tio­nen zu erset­zen und somit ist die Bil­dung von Resis­ten­zen wei­test­ge­hend ausgeschlossen.

© Natu­re Medi­ci­ne, 2004

Abbil­dung: Der lan­ge Weg des Virus von der Zell­in­fek­ti­on bis zur Frei­set­zung bie­tet vie­le Mög­lich­kei­ten der pro­phy­lak­ti­schen und the­ra­peu­ti­schen Interaktion

Hier nutzt man zunächst neus­te Erkennt­nis­se über die Inter­ak­ti­on zel­lu­lä­ren Fak­to­ren mit vira­len Pro­te­inen, bei­spiels­wei­se des Poly­me­ra­se­kom­plex oder des vira­len Nicht­struk­tur­pro­te­ins, um blo­ckie­ren­de Sub­stan­zen zu fin­den, die die­se für das Virus essen­ti­el­le Inter­ak­ti­on unter­bre­chen. In glei­cher Wei­se wer­den Inhi­bi­to­ren prä­kli­nisch erprobt, wel­che die Bin­dung und Fusi­on vira­ler und zel­lu­lä­rer Mem­bra­nen wäh­rend der Virus­auf­nah­me blockieren.

ine wei­te­re Stra­te­gie ist die Inhi­bi­ti­on von bestimm­ten Enzy­men oder Signal­we­gen, die das Virus essen­ti­ell benö­tigt, um sich zu ver­meh­ren. Als Bei­spiel sei­ne hier Inhi­bi­to­ren von zel­lu­lä­ren Signal­kas­ka­den, wie der Raf/​MEK/​ERK Kina­se­kas­ka­de oder des IKK/NF-kapp­aB Moduls, genannt. Der MEK Inhi­bi­tor U0126 oder der NF-kapp­aB Inhi­bi­tor SC75741 füh­ren bei­de zu einer effi­zi­en­ten Hem­mung der Influ­en­za­vi­rus-Ver­meh­rung in Zell­kul­tur und im Tier­ex­pe­ri­ment, ohne schäd­lich für die Wirts­zel­le zu sein oder resis­ten­te Vari­an­ten zu erzeu­gen. Ein wei­te­rer gro­ßer Vor­teil die­ser Sub­stan­zen ist, dass sie neben der direk­ten Wir­kung auf die vira­le Ver­meh­rung auch indi­rekt durch die Beein­flus­sung einer über­schie­ßen­den zel­lu­lä­ren Zyto­kin­ant­wort wir­ken kön­nen und so die­se vor allem bei Infek­tio­nen mit hoch­pa­tho­ge­nen Influ­en­za­vi­ren vor­kom­men­de Kom­pli­ka­ti­on ver­mei­den hel­fen. Dar­über hin­aus befin­den sich vie­le Inhi­bi­to­ren der ent­spre­chen­den Signal­we­ge für ande­re Indi­ka­tio­nen bereits in kli­ni­scher Erpro­bung und könn­ten für die Indi­ka­ti­on Grip­pe rela­tiv leicht wei­ter­ent­wi­ckelt werden.

Das viel ver­spre­chen­de Gebiet zel­lu­lä­rer Angriffs­punk­te für die anti-Influ­enz­a­the­ra­pie steht dabei erst am Anfang sei­ner Ent­wick­lung und es wird der­zeit in ver­schie­de­nen umfang­rei­chen Scree­nin­gan­sät­zen nach wei­te­ren zel­lu­lä­ren Fak­to­ren gefahn­det, die das Virus benö­tigt, um sich effek­tiv zu vermehren.

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Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Heil­pflan­­zen-Welt (2008).

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