Handelsware Arzneipflanzen

Heil­pflan­zen sind ein wich­ti­ges Han­dels­gut. Wegen ihrer Ver­wen­dung in Arz­nei­mit­teln, Kos­me­ti­ka oder Rei­ni­gungs­mit­teln steigt der Bedarf welt­weit ste­tig. Schon län­ger wird durch geziel­ten land­wirt­schaft­li­chen Anbau wie auch spe­zi­el­len Züch­tun­gen die Nach­fra­ge befrie­digt. Aber auch Pflan­zen aus Wild­samm­lun­gen wer­den ver­wen­det. Natur­schutz­or­ga­ni­sa­tio­nen wei­sen auf die beson­de­re Pro­ble­ma­tik der Über­nut­zung von Wild­samm­lun­gen hin: Oft gehen durch Unkennt­nis und Unacht­sam­keit vie­le Heil­pflan­zen-Arten unwie­der­bring­lich ver­lo­ren – und mit ihnen auch so man­che Tier­art, wenn sie in enger Sym­bio­se mit einer gefähr­de­ten Pflan­zen­gat­tung lebt.

Rin­gel­blu­me (Cal­en­du­la offi­ci­na­lis)

Heil­pflan­zen sind welt­weit begehrt. Laut Anga­ben der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on WHO nut­zen 80 Pro­zent der Welt­be­völ­ke­rung Heil­pflan­zen. Außer­dem heißt es wei­ter, dass etwa ein Vier­tel aller bekann­ten Pflan­zen auch medi­zi­nisch genutzt wer­den. Die Beliebt­heit resul­tiert zum einen aus dem tra­di­tio­nel­len Gebrauch von Heil­pflan­zen. Denn vie­le Län­der Afri­kas, Asi­ens und Euro­pas bli­cken auf eine jahr­hun­der­te – manch­mal sogar jahr­tau­sen­de­al­te Tra­di­ti­on der medi­zi­ni­schen Heil­pflan­zen-Ver­wen­dung zurück. Zum ande­ren ist vor allem in ärme­ren Län­dern der Griff zu ein­hei­mi­schen Heil­mit­teln der ein­zig mög­li­che bei ernst­haf­ten Erkran­kun­gen (und selbst auch in den USA, wo immer­hin ein Drit­tel der Bevöl­ke­rung kei­nen Kran­ken­ver­si­che­rungs­schutz hat). In den west­li­chen Indus­trie­na­tio­nen haben natür­li­che Heil­mit­tel einen guten Ruf, weil sie als “sanf­ter” oder neben­wir­kungs­frei­er ein­ge­schätzt wer­den. So zie­hen in den deutsch­spra­chi­gen Län­dern über 70 Pro­zent der Bevöl­ke­run­gen natür­li­che Heil­mit­tel den che­mi­schen Prä­pa­ra­ten vor, wie Umfra­gen zei­gen. Nach­ge­fragt wer­den in Zei­ten der Glo­ba­li­sie­rung jedoch nicht nur ein­hei­mi­sche, son­dern auch Heil­pflan­zen von ande­ren Kon­ti­nen­ten. Es sind Rezep­tu­ren aus den Medi­zin­schu­len Süd­ame­ri­kas, Afri­kas oder Süd­ost­asi­ens zu haben. Wach­sen­der Beliebt­heit erfreu­en sich auch in Euro­pa Heil­mit­tel, die aus den bekann­te­ren medi­zi­ni­schen Schu­len Indi­ens (Ayur­ve­da) oder Chi­nas (TCM = Tra­di­tio­nel­le Chi­ne­si­sche Medi­zin) stammen.

Übernutzung von Wildsammlungen

Kamil­le (Cha­mo­mil­la)

Eben wegen die­ses gro­ßen Zuspruchs aus der Bevöl­ke­rung wur­den Heil­pflan­zen als ver­kaufs­för­dern­de Maß­nah­me auch für all­täg­li­che Pro­duk­te ent­deckt: Seit eini­gen Jah­ren wer­den Heil­pflan­zen-Extrak­te wie Kamil­le oder Aloe sogar in Toi­let­ten­pa­pier, Rei­ni­gungs­mit­teln oder Kon­do­men ver­ar­bei­tet. Der welt­wei­te Bedarf an Heil­pflan­zen ist groß und wächst wei­ter. Kein Wun­der also, dass Orga­ni­sa­tio­nen wie World Wild­life Fund (WWF), oder die in der Schweiz ansäs­si­ge Inter­na­tio­na­le Natur­schutz­uni­on (IUCN) Alarm schla­gen. Der ste­ti­ge Anstieg der Welt­be­völ­ke­rung, die wach­sen­de inter­na­tio­na­le Nach­fra­ge nach Heil­mit­teln aus der Natur sowie die erwähn­te miss­bräuch­li­che Ver­wen­dung in Haus­halts­ar­ti­keln geht längst nicht mehr mit den vor­han­de­nen Res­sour­cen ein­her. Beson­ders vor der Aus­beu­tung von Wild­be­stän­den wird gewarnt. Die Orga­ni­sa­tio­nen spre­chen dabei von Über­nut­zung. Euro­päi­sche Fir­men, die phy­to­the­ra­peu­ti­sche Prä­pa­ra­te her­stel­len, bezie­hen ger­ne Heil­pflan­zen aus ost­eu­ro­päi­schen Län­dern wie Rumä­ni­en oder Bul­ga­ri­en. Die Grün­de lie­gen in den dor­ti­gen, noch vor­han­de­nen Heil­pflan­zen-Bestän­den und vor allem den bil­li­gen Arbeits­kräf­ten. Doch aus die­sem Geschäft zie­hen sich man­che Fir­men wie­der zurück. Eini­ge Grün­de nennt Dr. Rolf Fran­ke, Salus, Bruck­mühl, Deutsch­land: “Es gibt kaum noch Samm­ler, die sich in der Bota­nik her­vor­ra­gend aus­ken­nen und mit siche­rem Blick die rich­ti­gen Pflan­zen zum rich­ti­gen Zeit­punkt abern­ten”. Die Beschäf­ti­gung unge­üb­ter Samm­ler birgt noch ganz ande­re Pro­ble­me für Phy­to­her­stel­ler: Das Sam­mel­gut kann durch Pflü­cken fal­scher Pflan­zen (Ver­wechs­lung mit ech­ten Heil­pflan­zen) ver­un­rei­nigt wer­den. Oder es wird durch das Sam­meln der Heil­pflan­zen zum fal­schen Zeit­punkt nicht die zur Her­stel­lung von Heil­mit­teln not­wen­di­ge Kon­zen­tra­ti­on der Wirk­stof­fe erreicht. Nicht zuletzt kön­nen die Wild­be­stän­de durch unsach­ge­mä­ßes Pflü­cken (Aus­reis­sen mit Wur­zeln) lang­fris­tig zer­stört wer­den. Dies kann fata­le Fol­gen nach sich zie­hen: Denn man­che Tier­art, die in enger Sym­bio­se mit einer gefähr­de­ten Pflan­zen­gat­tung lebt, ist dann eben­falls bedroht.

Pflan­zen­an­bau: Wich­ti­ge Arz­nei­pflan­zen wie Pfef­fer­min­ze, Kamil­le, Melis­se, Arti­scho­cke und Lein­saat wer­den schon seit Jahr­zehn­ten kul­ti­viert, um den mas­sen­wei­sen Bedarf zu decken. Vor eini­gen Jah­ren gerie­ten Anbau­län­der wie Ägyp­ten oder Indi­en in die Schlag­zei­len, weil in den Arz­nei­pflan­zen hohe Kon­zen­tra­tio­nen von Pes­ti­zi­den nach­ge­wie­sen wur­den. Um Ver­brau­cher zu schüt­zen, wur­den beson­de­re Label ent­wi­ckelt. Bio­sie­gel bei­spiels­wei­se gewähr­leis­ten unter ande­rem, das die Roh­stof­fe dem öko­lo­gi­schem Land­bau entstammen.

Alternative: Züchtungen

Bit­te­re Schlei­fen­blu­me (Ibe­ris ama­ra)

Für die Ver­ar­bei­tung von Sam­mel­gut aus Wild­be­stän­den ergibt sich für Phy­to­phar­ma­zeu­ten eine wei­te­re Erschwer­nis: Die Wirk­stoff­ei­gen­schaf­ten unter­lie­gen zum Teil erheb­li­chen Schwan­kun­gen, die sich zum Bei­spiel aus kli­ma­ti­schen oder geo­gra­fi­schen Gege­ben­hei­ten erge­ben kön­nen. Auch die Wirk­stoff­streu­ung (Antei­le äthe­ri­sches Öl, ande­re Wirk­stof­fe) ist oft inho­mo­gen. Da vie­le Phy­to­phar­ma­ka-Her­stel­ler ver­su­chen, ihre Prä­pa­ra­te anhand von Leit­sub­stan­zen zu stan­dar­di­sie­ren, sind sie an Roh­stof­fen mit weni­ger schwan­ken­der Inhalts­stoff-Ver­tei­lung inter­es­siert. Des­halb wur­de in den letz­ten Jahr­zehn­ten ver­mehrt dazu über­ge­gan­gen, Heil­pflan­zen mit spe­zi­el­len Eigen­schaf­ten für einen geziel­ten land­wirt­schaft­li­chen Anbau zu züch­ten, obwohl sol­che Züch­tun­gen zeit‑, arbeits- und kos­ten­auf­wän­dig sind. “Doch Pflan­zen­ma­te­ri­al aus Züch­tun­gen bie­tet wesent­lich bes­se­re Steue­rungs­mög­lich­kei­ten”, sagt Fran­ke. Der Heil­pflan­zen-Exper­te erläu­tert wie bei­spiels­wei­se eine Aus­le­se­züch­tung durch­ge­führt wird: Zunächst wer­den Bestand­tei­le von Heil­pflan­zen selek­tiert, die cha­rak­te­ris­ti­sche Wirk­stof­fe ent­hal­ten. Bei­spiels­wei­se kön­nen die Samen von 15 gut gewach­se­nen Arni­ka-Pflan­zen die Grund­la­ge wei­te­rer Züch­tung sein. Danach folgt jah­re­lan­ges Expe­ri­men­tie­ren mit den nach­fol­gen­den Pflan­zen-Gene­ra­tio­nen, deren Ver­meh­rung und wei­te­ren Selek­ti­ons­ver­su­chen. “schließ­lich wird bei den end­gül­ti­gen Züch­tungs­zie­len dar­auf geach­tet, dass das gan­ze Spek­trum der aus­ge­wähl­ten Pflan­zen wie Vita­li­tät, Wuchs, Grö­ße der Blü­ten­köp­fe stimmt – und nicht zuletzt natür­lich die Art und Zusam­men­set­zung der Wirk­stof­fe,” so Franke.

Besondere Anforderungen

Pest­wurz (Peta­si­tes hybri­dus)

Bei man­chen Arz­nei­pflan­zen stel­len sich bei der Inkul­tur­nah­me noch beson­de­re Her­aus­for­de­run­gen – bei­spiels­wei­se bei Pest­wurz (Peta­si­tis hybri­dus). Wäh­rend frü­her nur die Wur­zeln arz­nei­lich ver­wen­det wur­den, züch­te­te die Schwei­zer Fir­ma Zel­ler, Romans­horn, in Zusam­men­ar­beit mit der Fir­ma Vita­Plant, Wet­ters­wil, über sie­ben Jah­re lang eine beson­de­re Pest­wurz-Sor­te. Die Züch­tung war nicht ein­fach, weil “Pest­wurz sehr spe­zi­el­le Wachs­tums­be­din­gun­gen benö­tigt” erin­nert sich Dr. Georg Boo­nen, Geschäfts­füh­rer von Zel­ler, “so wächst sie eigent­lich nur an Bach­läu­fen, wo sie ganz­jäh­rig feuch­te Unter­grün­de hat”. Doch schließ­lich gelang den Unter­neh­men die Anbau-Ent­wick­lung, sodass nun aus­rei­chend Wirk­stof­fe aus den Blät­tern der Pest­wurz-Sor­te für ein Medi­ka­ment gegen all­er­gi­sche Rhi­ni­tis gewon­nen wer­den kön­nen. “Bei der Pest­wurz kön­nen wir wegen der beson­de­ren Anbau­be­din­gun­gen nur auf eige­nen Anbau zurück­grei­fen”, erklärt Boo­nen. Neben dem kom­pli­zier­ten Anbau kommt hin­zu, dass vie­le Arbeits­schrit­te in Hand­ar­beit erle­digt wer­den müs­sen und eine ers­te Ern­te bei der Pest­wurz erst nach drei Jah­ren mög­lich ist. Das treibt die Prei­se für die Gewin­nung der Dro­ge in die Höhe.

Ungeahnte Konkurrenz: Nachwachsende Rohstoffe

Raps (Bras­si­ca napus)

Eine neue Ten­denz macht vie­len Phy­to­phar­ma-Unter­neh­men bei der Roh­stoff-Beschaf­fung Sor­gen: Durch den enor­men Anstieg der Roh­öl­prei­se, wird in Euro­pa nach Aus­weich­mög­lich­kei­ten für die Kraft­stoff-Pro­duk­ti­on gesucht. Des­halb ver­su­chen eini­ge Regie­run­gen Euro­pas die Her­stel­lung von Bio­die­sel mit soge­nann­ten “nach­wach­sen­den Roh­stof­fe” anzu­kur­beln. Die­se Ent­wick­lung könn­te fata­le Fol­gen für den Arz­nei­pflan­zen-Anbau haben. Denn “vie­le Bau­ern ent­schei­den sich nun dafür, Raps anzu­bau­en, weil es ein­fa­cher und unkom­pli­zier­ter ist”, erläu­tert Boo­nen. “Dabei müs­sen näm­lich weder beson­de­re Anbau­richt­li­ni­en (Ver­wen­dung von Pes­ti­zi­den) noch der rich­ti­ge Ern­te­zeit­punkt abpasst wer­den”. Die Neu­ori­en­tie­rung der Bau­ern könn­te lang­fris­tig wegen der Ver­knap­pung der Anbau­flä­chen auch für eine Ver­teue­rung bei den Arz­nei­pflan­zen sorgen.

Angebaute Wildpflanzen

Einer beson­de­ren Pro­ble­ma­tik unter­lie­gen Arz­nei­pflan­zen, deren Wachs­tums­be­din­gun­gen sich ent­we­der gar nicht oder nur unter schwer in Kul­tur neh­men las­sen. Bei­spie­le dafür sind Son­nen­tau (Dro­se­ra rotun­di­fo­lia; moo­ri­ge Böden), Islän­disch Moos (Lichen islan­di­cus; stei­ni­ger Unter­grund, bestimm­te kli­ma­ti­sche Ver­hält­nis­se) oder die Teu­fels­kral­le (Har­pag­o­phy­tum pro­cu­bens; Kala­ha­ri). Die süd­afri­ka­ni­sche Heil­pflan­ze bekam als neben­wir­kungs­ar­mes Rheu­ma­mit­tel 2004 eine uner­war­te­te Chan­ce. Bis dahin waren näm­lich syn­the­ti­sche Wirk­stof­fe die soge­nann­ten nicht-ste­ro­ida­len Anti­rheu­ma­ti­ka (NSAR) Mit­tel der Wahl. Doch töd­li­che Neben­wir­kun­gen neu­er Grup­pen die­ser Phar­ma­ka (Cox-2-Hem­mer) schreck­ten die Öffent­lich­keit auf. Der Ruf nach pflanz­li­chen Alter­na­ti­ven führ­te 2005 in der Schweiz zu einer Zulas­sung der Teu­fels­kral­le als Rheu­ma-Medi­ka­ment. Die Teu­fels­kral­le stamm­te frü­her aus­schließ­lich aus Wild­samm­lun­gen in den Savan­nen der Kala­ha­ri Süd­afri­kas, Bots­wa­nas und Nami­bi­as. Wäh­rend in den 70iger Jah­ren 200 Ton­nen Teu­fels­kral­le aus Nami­bia expor­tiert wur­den, stieg der Bedarf in den Fol­ge­jah­ren auf 650 Ton­nen an. Bald stand fest, dass der wei­ter anwach­sen­de Bedarf wegen Über­nut­zung nicht durch Wild­samm­lun­gen mehr zu befrie­di­gen sein würde.

Zeitaufwändige Forschungen

Teu­fels­kral­le (Har­pag­o­phy­tum pro­cu­bens), Frucht

Um das Pro­blem zu lösen, ent­schlos­sen sich Her­stel­ler zu einer län­der­über­grei­fen­den Zusam­men­ar­beit im deutsch­spra­chi­gen Raum. Bio­f­orce, Rogg­wil, Schweiz und Salus Bruck­mühl, Deutsch­land initi­ier­ten ein Anbau­pro­jekt für Teu­fels­kral­le, das wis­sen­schaft­lich durch die Uni­ver­si­tät Müns­ter beglei­tet wur­de. Das Pro­jekt dau­er­te ins­ge­samt zehn Jah­re und ist mitt­ler­wei­le abge­schlos­sen. Andre­as Ryser, Bio­f­orce, Lei­ter Heil­pflan­zen­an­bau, fährt regel­mä­ßig nach Süd­afri­ka in die Grenz­nä­he von Bots­wa­na (Kukur­man), um Anbau und Wirk­stoff­ge­halt der dort ange­pflanz­ten Teu­fels­kral­le zu kon­trol­lie­ren. Das Beson­de­re: Sie wird wei­ter­hin als Wild­pflan­ze – also züch­te­risch unver­än­dert ange­baut. “Denn wir wis­sen zu wenig über die tat­säch­li­chen Wirk­sub­stan­zen”, erläu­tert Ryser. “Beim Anbau muss­ten wir viel ler­nen und gro­ßen Auf­wand betrei­ben”. Die Pflan­ze wird in der savan­nen­ar­ti­gen Land­schaft in je einer Pflan­zen­rei­he in einem drei Meter brei­ten Sand­strei­fen ange­baut. Dazwi­schen schüt­zen sie­ben Meter brei­te Rei­hen mit Gras das Anbau­ge­biet vor Ero­si­on. “Durch die­se Anbau­wei­se konn­ten wir bei der Ern­te der Teu­fel­kral­len-Wur­zeln einen zehn­mal höhe­ren Ertrag erwirt­schaf­ten. Der Har­pa­gos­id-Gehalt (einer der ange­nom­me­nen Haupt­wirk­stof­fe) bewegt sich im ähn­li­chen Bereich wie bei den Wild­pflan­zen”, so Ryser. Der Anbau wird mit ver­trag­lich an die Bio­f­orce gebun­de­ne Land­wir­te betrie­ben. In der wirt­schaft­li­chen schwa­chen Regi­on besteht an Arbeits­kräf­ten kein Man­gel. “Doch wir arbei­ten ger­ne lang­fris­tig mit Arbei­tern zusam­men, um Ern­te­ver­lust zu mini­mie­ren”, so Ryser. Denn die Teu­fels­kral­le ver­birgt ihre was­ser­spei­chern­den Wur­zeln tief in den Wüs­ten­sand. Nur Arbeits­kräf­te, die sich aus­ken­nen, gra­ben tief oder sorg­fäl­tig genug, um die kost­ba­re Wur­zel unver­letzt zu ernten.

Standards sollen helfen

Trotz der Inkul­tur­nah­me von Arz­nei­pflan­zen kann auf Wild­samm­lun­gen nicht ver­zich­tet wer­den. Welt­weit agie­ren­de Orga­ni­sa­tio­nen, die sich Natur- und Arten­schutz auf die Fah­nen geschrie­ben haben, ver­su­chen seit Jah­ren einen schwie­ri­gen Balan­ce­akt: Einer­seits sol­len sel­te­ne Arten, die auch für den Fort­be­stand von Tie­ren wich­tig sind, geschützt wer­den. Ande­rer­seits dür­fen die wirt­schaft­li­chen Belan­ge der Bevöl­ke­rung, für die Wild­samm­lun­gen zum Teil eine für das Über­le­ben bedeut­sa­me Grund­la­ge dar­stel­len, nicht unbe­rück­sich­tigt blei­ben. 1992 wur­de die Idee der nach­hal­ti­gen Nut­zung von Arten zum Vor­teil von Mensch und Natur auf der UN-Kon­fe­renz für Umwelt und Ent­wick­lung kon­kre­ti­siert. Es ent­stand ein inter­na­tio­nal aner­kann­tes Regel­werk. Es basiert auf der Grund­la­ge, dass Natur- und Arten­schutz­ge­set­ze nur lang­fris­ti­ge Erfol­ge zei­gen, wenn sie über den Arten­schutz hin­aus­ge­hen. Und dass eine Nut­zung von gene­ti­schen Res­sour­cen, Lebens­räu­men oder Öko­sys­te­men nur ver­ant­wor­tungs­voll und unter Ein­bin­dung sozia­ler wie wirt­schaft­li­cher Kom­po­nen­ten funk­tio­nie­ren kann. Seit­her ent­stan­den ver­schie­dens­te Pro­jek­te: Samm­ler wur­den geschult, Wild­pflan­zen zu ern­ten, ohne die Bestän­de zu gefähr­den. Pro­jekt­teil­neh­mern wur­den Hygie­ne­stan­dards ver­mit­telt oder die scho­nen­de, ver­lust­freie Ver­ar­bei­tung der wert­vol­len Roh­stof­fe. Gleich­zei­tig ent­stand bei vie­len Her­stel­lern, Ex- und Impor­teu­ren oder staat­li­chen und nicht-staat­li­chen Insti­tu­tio­nen das Bedürf­nis, den beson­de­ren Umgang mit Wild­samm­lun­gen zu kenn­zeich­nen: Eine unüber­seh­ba­re Viel­falt von Zer­ti­fi­ka­ten, Stan­dards oder extra Labeln ent­stand, die jedoch für Ver­brau­cher unüber­sicht­lich und nicht nach­voll­zieh­bar sind. 2004 initi­ier­ten WWF, IUCN und TRAFFIC (gemein­sa­mes Arten­schutz­pro­gramm von WWF und IUCN) die Ent­wick­lung eines Stan­dards – des ISSC-MAP (Inter­na­tio­nal Stan­dard für Sus­tainable Wild Coll­ec­tion of Medi­cal and Aro­ma­tic Plants). Die­ser Stan­dard befin­det sich der­zeit noch in einer Pro­be­pha­se. Ob er sich tat­säch­lich durch­set­zen wird, bleibt abzu­war­ten. Die Eini­gung auf den Stan­dard wird, wenn über­haupt, in wei­ter Fer­ne lie­gen. Anzu­neh­men ist, das die Inter­es­sen natio­na­ler und inter­na­tio­na­ler Grup­pie­run­gen wei­ter­hin zu stark auseinanderfallen.

Kri­te­ri­en des ISSC-MAP: (Aus­zug) Nut­zung von Wild­samm­lung auf­grund best­mög­li­cher öko­lo­gi­scher Metho­den auf­grund sorg­fäl­ti­ger Res­sour­cen­ab­schät­zung; Bestim­mung nach­hal­ti­ger Ern­te­men­gen; Ver­tei­lung der Gewin­ne nach sozia­len Kri­te­ri­en und nach gerech­ten, aus­ge­wo­ge­nen Maßstäben.

Autorin
• Mari­on Kaden, natür­lich leben (2008).
wei­te­re Infos
Heil­pflan­­zen-Sam­m­­lung der Mono­gra­phien E
Heil­pflan­­zen-Sam­m­­lung der Mono­gra­phien D (Homöo­pa­thi­sche Anwendungen)
Arz­nei­mit­tel­leh­re des Dioskurides

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