Rhythmische Massage: Immer im Fluss des Lebens

Eine medi­zi­ni­sche Mas­sa­ge hat wohl schon jeder Mensch ein­mal bekom­men: Wenn Gewe­be oder Mus­keln schmer­zen, oder Ver­let­zun­gen des Bewe­gungs­ap­pa­ra­tes aus­zu­ku­rie­ren sind, kann sie zur Hei­lung der Beschwer­den ein­ge­setzt wer­den. Zur Behand­lung ste­hen vie­le unter­schied­li­che Mas­sa­ge­for­men zur Ver­fü­gung. Eine der bekann­te­ren ist die Schwe­di­sche (“klas­si­sche”) Mas­sa­ge: Meist wird nach einer Wär­me­be­hand­lung (Fan­go­pa­ckun­gen) durch Druck- oder Zugrei­ze, mit Kne­ten, Wal­ken oder Klop­fen eine Span­nungs­ver­än­de­rung der Mus­keln (“Tonus”) her­bei­ge­führt. Ziel ist, die Ver­span­nung der Mus­keln (“Hart­spann”) und mög­li­che, ver­här­te­te Ein­la­ge­rung von Stoff­wech­sel­end­pro­duk­ten (“Myo­ge­lo­se”) auf­zu­lö­sen. Eine oft­mals schmerz­haf­te Behandlung…

Lebensbestimmender Rhythmus

Die Rhyth­mi­sche Mas­sa­ge ist – theo­re­tisch und prak­tisch – eine Wei­ter­ent­wick­lung der Klas­si­schen Mas­sa­ge. Ergän­zend kommt das Kon­zept der “rhyth­mi­schen Heil-Behand­lung” zum Tra­gen.”” Das Wesent­lich des Rhyth­mus lässt sich phi­lo­so­phisch erläu­tern: Allen Welt­re­li­gio­nen ist gemein­sam, dass sie auf der Vor­stel­lung beru­hen, dass Men­schen in einer dua­lis­ti­schen Welt leben. Zum einen exis­tiert eine über­sinn­li­che (meta­phy­si­sche), unsicht­ba­re Welt, die den Kos­mos belebt, bewegt und zusam­men­hält. In ihr sind Gott, Gedan­ken, Ideen, der ers­te Ursprung des Lebens – das Geis­ti­ge oder See­li­sche der Lebe­we­sen zuhau­se. Zum ande­ren exis­tiert eine mate­ri­el­le, kör­per­li­che Welt. In idea­lis­ti­schen Welt­an­schau­un­gen ist die mate­ri­el­le Welt eine Erschei­nungs­form der ursprüng­li­chen, geis­tig-ideel­len Welt. Basis der hoch­kom­ple­xen Ver­bin­dung die­ser Wel­ten, so die Auf­fas­sung in der Rhyth­mi­schen Mas­sa­ge, ist Rhyth­mus. Infor­ma­ti­ons­theo­re­tisch betrach­tet fin­det in Rhyth­men gefass­ter Aus­tausch von Daten statt (ver­gleich­bar viel­leicht zu rhyth­misch modu­lier­ten Radio­wel­len). Vie­le Bei­spie­le zei­gen die außer­or­dent­li­che Bedeu­tung von Rhyth­men bei allen Lebens­vor­gän­gen Wich­ti­ge Takt­ge­ber sind dabei Jah­res­zei­ten, Gezei­ten, Tag und Nacht, Mond­wech­sel usw.. Auch die Funk­tio­nen des mensch­li­chen Orga­nis­mus­ver­lau­fen rhyth­misch, meist ohne eige­nes Zutun oder beson­de­re Bewusst­heit. Bei­spie­le: Ein- und Aus­at­mung, Wach-Schlaf-Pha­sen, Hor­mon­schwan­kun­gen im Tages- oder Monats­ver­lauf. Auf Stö­run­gen rhyth­mi­scher Funk­tio­nen reagiert der Mensch emp­find­lich. Schlaf­stö­run­gen bei­spiels­wei­se kön­nen nicht nur quä­lend, son­dern krank­ma­chend sein. Und wen Herz­rhyth­mus­stö­run­gen wie Kam­mer­flim­mern befällt, wird augen­blick­lich eine lebens­be­dro­hen­de Gefahr emp­fin­den. Wer­den solch krank­ma­chen­de Stö­run­gen der Rhyth­mik nicht beho­ben, sprich wird der regu­lä­re Infor­ma­ti­ons­aus­tausch zwi­schen den mit­ein­an­der ver­bun­de­nen (metaphysischen/​physischen) Wel­ten nicht wie­der her­ge­stellt, kön­nen Befind­lich­keits­stö­run­gen, Krank­heit oder letzt­end­lich der Tod auftreten.

Anthroposophischer Ansatz

Bei der Rhyth­mi­schen Mas­sa­ge gehen die spe­zi­ell aus­ge­bil­de­ten The­ra­peu­ten dar­an, gestör­te Rhyth­men im Men­schen wie­der her­zu­stel­len. In der Schweiz gibt es etwa 60 Therapeut/​Innen. Ein Aus­bil­dungs­zen­trum ist die Arle­shei­mer Schu­le in Dor­nach und Unda Nie­der­mann ihre Lei­te­rin. “Unse­re Schu­le ist anthro­po­so­phisch aus­ge­rich­tet”, erklärt sie. Auch des­halb sei eine Mas­sa­ge immer ganz­heit­lich aus­ge­rich­tet. “Das heisst, wir bear­bei­ten nicht nur ein­zel­ne Mus­kel­par­tien, z. B. des Nackens, son­dern des gan­zen Rückens”, sagt Nie­der­mann. Zur Ganz­heit­lich­keit gehö­re auch, dass ein Pati­ent zu Beginn einer The­ra­pie einer weit­rei­chen­den phy­sio­the­ra­peu­ti­schen Inspek­ti­on unter­zo­gen wird: Wie ist der Pati­ent ernährt, wie atmet er. Wie fühlt sich die Mus­ku­la­tur an – - eher wäss­rig und weich oder eher mus­ku­lös und fest. Ist die Haut gut durch­blu­tet oder kalt, ist sie glatt oder sprö­de? “Ein Kör­per, der sich kühl anfühlt und vol­ler Span­nun­gen steckt, macht oft kei­nen beson­ders leben­di­gen Ein­druck. Es ist leicht nach­voll­zieh­bar, dass dann inne­re Rhyth­men gestört sind. Und die­se gilt es the­ra­peu­tisch wie­der anzu­re­gen”, so Nie­der­mann. Nach anthro­po­so­phi­scher Dik­ti­on kann die­se Bele­bung über den “Flüs­sig­keits­haus­halt” des Men­schen erfol­gen. Das ist ein Aspekt des “Äther­lei­bes”, der ver­mit­telnd zwi­schen phy­si­schem Kör­per und geis­ti­gen Antei­len eines Indi­vi­du­ums ein­ge­schal­tet ist. Qua­li­ta­tiv ist die­ser Flüs­sig­keits­haus­halt für die The­ra­peu­tin am bes­ten – hand­greif­lich – über Haut und Bin­de­ge­we­be dyna­mi­sier­bar. “Im Gegen­satz zur Schwe­di­schen Mas­sa­ge wird dabei jedoch nie mas­si­ver Druck aus­ge­übt”, sagt Nie­der­mann. Wer einer The­ra­peu­tin bei der Rhyth­mi­schen Mas­sa­ge zusieht, hat fast den Ein­druck eines Tan­zes. So setzt sie oft ihren gan­zen Kör­per ein, jeder Griff ist rhyth­misch, fast künst­le­risch gestal­tet. Dabei wer­den vor­wie­gend krei­sen­de, run­de For­men und wel­len­för­mi­ge Bewe­gun­gen voll­führt. Zwar fin­den sich vie­le Griff­me­tho­den der Schwe­di­schen Mas­sa­ge wie­der – es wird gestri­chen, gekne­tet oder gewalkt -, doch die Griff-Qua­li­tät ist eine ande­re. “Wir wei­ten das Gewe­be, so dass die Flüs­sig­kei­ten wie­der flie­ßen kön­nen, der Rhyth­mus zurück­keh­ren kann”, so Niedermann.

Ganzheitliche Ausrichtung

Die Behand­lung besteht nicht nur aus der Mas­sa­ge, son­dern aus einer ganz­heit­li­cher Betreu­ung, die Ele­men­te wie medi­zi­ni­sche Begut­ach­tung (fast alle Anwen­de­rin­nen der Rhyth­mi­schen Mas­sa­ge stam­men aus medi­zi­ni­schen Beru­fen), ein mit­füh­len­des Gespräch oder Bera­tung umfas­sen kann. “Denn Men­schen, die erkrankt sind, lei­den nicht nur an kör­per­li­chen Sym­pto­men. Sie bedrü­cken see­li­sche Pro­ble­me, Ängs­te oder Sor­gen. Manch­mal kom­men bei uns zum ers­ten Mal unver­ar­bei­te­te, nie ange­spro­che­ne Gefüh­le zum Aus­druck”, so Nie­der­mann. Sie erklärt wei­ter, dass sich ein Mensch nach anthro­po­so­phi­scher Welt­an­schau­ung Gedan­ken, Gefüh­le oder Erfah­run­gen bewusst zu eigen machen soll­te, um sein Ent­wick­lungs­po­ten­ti­al best­mög­lich zu ent­fal­ten. Nicht zuletzt, weil “uns nicht auf die­se Wei­se Umge­wan­del­tes krank machen kann”, so Nie­der­mann. Sie gibt ein kon­kre­tes Bei­spiel von Migrä­ne-Kran­ken: Die­se sind häu­fig über­an­strengt und haben die Nei­gung sich zu über­for­dern. “Und sie sind nicht in der Lage, sich von äuße­ren Ein­drü­cken, die ihnen zu viel wer­den, früh genug abzu­gren­zen. Außer­dem kön­nen sie von Erleb­tem und Gefühl­tem nicht los­las­sen und hal­ten das Unver­ar­bei­te­te im Kopf fest”, sagt Nie­der­mann. Bei der Rhyth­mi­schen Mas­sa­ge ler­nen Migrä­ne-Betrof­fe­ne sich hin­zu­ge­ben. “Sie ler­nen mit ihrem Bewusst­sein die wohl­tu­en­de Behand­lung zu ver­fol­gen und see­lisch mit­zu­schwin­gen. So kön­nen sie ler­nen, bes­ser und schnel­ler Gren­zen zu ziehen”.

Bei die­ser Dar­stel­lung liegt die Ver­mu­tung nahe, dass eine The­ra­peu­tin als Ver­mitt­le­rin auf­tritt oder len­kend ein­greift, viel­leicht ver­gleich­bar zu den Vor­stel­lun­gen der Lebens­kraft-Ver­mitt­lung beim Rei­ki. “Nein, auf kei­nen Fall!”, ent­geg­net Nie­der­man. “Bei der Rhyth­mi­schen Mas­sa­ge steht der Pati­ent mit sei­nem eige­nen Ener­gie­we­sen im Vor­der­grund”. In der anthro­po­so­phi­schen Vor­stel­lung wird nicht davon aus­ge­gan­gen, dass der Mensch wie bei­pi­els­wei­se beim Rei­ki durch the­ra­peu­ti­sche Lebens­kraft-Zufüh­rung beein­fluss­bar ist. Oder dass, wie Chi­ne­sen anneh­men, die Lebens­kraft Qi über­schüs­sig oder feh­lend sein kann und mit Hil­fe von Aku­punk­tur­punkt-Inter­ak­tio­nen regu­liert wird. “Die The­ra­peu­tin hilft durch ihre Arbeit, dass der Pati­ent wie­der zu einem Schwin­gungs-Gleich­ge­wicht mit all sei­nen Per­sön­lich­keits­an­tei­len fin­det”, so Niedermann.

Bei der Mas­sa­ge wird der der Kör­per in meh­re­re Schich­ten von Hand­tü­chern und Decken gehüllt. Nur der zu behan­deln­de Teil des Köpers wird wäh­rend der Behand­lung auf­ge­deckt, nach­her gleich wie­der abge­deckt. Zur Mas­sa­ge wer­den äthe­ri­sche Öle ver­wen­det. Sie sind nicht nur “bio­lo­gi­sches Gleit­mit­tel”, son­dern sind wegen ihrer jeweils unter­schied­li­chen arz­nei­li­chen Wir­kung wesent­li­cher Bestand­teil der Behand­lung. Wie in der Phy­to­the­ra­pie ord­net auch die anthro­po­so­sphi­sche Medi­zin beson­ders den äthe­ri­schen Heil­pflan­zen-Essen­zen beson­de­re hei­len­de Fähig­kei­ten zu. Bei­spie­le Öle.

Allgemeines

Die Rhyth­mi­sche Mas­sa­ge (RM) kommt auf ärzt­li­che Ver­ord­nung zur Anwen­dung. Sie ist nicht erstat­tungs­fä­hig und wird als Ein­zel­the­ra­pie durch­ge­führt. Die Behand­lung wird zeit­lich indi­vi­du­ell gestal­tet, dau­ert meis­tens eine Stun­de. Eine Nach­ru­he von 15–25 Minu­ten schließt sich immer an und gehört zur Behand­lung. In der Regel wird über meh­re­re Wochen behan­delt (9 bis 12-mal). Bei spe­zi­el­len chro­ni­schen Erkran­kun­gen kann die Behand­lung auch über län­ge­re Zeit erfolgen.

Indikationen

Die RM kann bei chro­ni­schen oder psy­cho­so­ma­ti­schen Erkran­kun­gen, Depres­si­on, Krebs oder kind­li­chen Ent­wick­lungs­stö­run­gen ein­ge­setzt wer­den. Die Mas­sa­gen wer­den auch oft in Kom­bi­na­ti­on mit medi­ka­men­tö­ser wie auch kunst­the­ra­peu­ti­schen Behand­lung (Mal­the­ra­pie, Eurhyth­mie) kom­bi­niert. Die Dau­er ist abhän­gig vom Alter der Pati­en­ten, ihrer Krank­heits­ge­schich­te und der Erkrankungsdauer.

Ausbildungsmöglichkeiten

Schu­le für Rhyth­mi­sche Massage
Ruch­ti-Weg 5
CH-4143 Dornach
Tele­fon: 0041 (0) 61 705 75 75
www.rhythmische-massage.ch

Maga­re­the Haus­ch­ka Schu­le, Gruibingerstr.29, D‑73087 Boll

Carl Gus­tav Carus Aka­de­mie Ham­burg e.V.
Ris­se­ner Land­stra­ße 193, 22559 Ham­burg, Tele­fon 040–81 99 80 0
www.carus-akademie.de

Voraussetzungen

  • Abge­schlos­se­ne Berufs­aus­bil­dung in einem medi­zi­ni­schen Beruf, z. B. medi­zi­ni­scher Mas­seur oder Physiotherapeut.
  • Münd­li­che und schrift­li­che Deutschkenntnisse
  • See­li­sche und kör­per­li­che Gesundheit
  • Inter­es­se an der Anthroposophie

Autorin
• Mari­on Kaden, natür­lich leben (2009).
wei­te­re Infos
Anthro­po­so­phi­sche Medizin

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