Gesund mit Feuer, Luft, Wasser und Erde

Die moder­ne Bal­neo­lo­gie fusst auf der Ele­men­te-Leh­re der Grie­chen. Sie ist ein wesent­li­cher Bestand­teil natur­heil­kund­li­cher The­ra­pien zur Behand­lung von Krank­hei­ten. Aller­dings bie­tet sie auch mit indi­vi­du­ell ange­pass­ten Teil-Anwen­dun­gen im Urlaub oder All­tag gute Mög­lich­kei­ten, um Gesund­heits­vor­sor­ge zu betreiben.

Die schöns­te Zeit des Jah­res ist da: Die Som­mer­zeit. Für vie­le ist sie auch Urlaubs­zeit. Die meis­ten haben ihre Plä­ne schon geschmie­det, gebucht oder sind sogar schon in einer der reiz­vol­len Gegen­den Deutsch­lands oder Euro­pas unter­wegs. Bei der Wahl des Urlaubs­orts sind die eige­nen Bedürf­nis­se ent­schei­dend. Für die einen ist ein Aktiv-Urlaub mit viel Bewe­gung genau das Rich­ti­ge. Ande­re suchen in ein­sa­men Gegen­den Ruhe und wol­len ein­fach nur die See­le bau­meln las­sen. Ganz gleich, wofür Sie sich ent­schie­den haben – viel­leicht sogar für den Urlaub in Bal­ko­ni­en – zahl­lo­se Mög­lich­kei­ten war­ten auf Sie, das Wohl­ge­fühl zu stei­gern oder etwas Gutes für die Gesund­heit zu tun.

Heilsam: Wasser, Luft, Erde und Wärme

Den­ken Sie zum Bei­spiel an die Bal­neo­lo­gie. Dar­un­ter wird all­ge­mein die Bäder­kun­de mit ihrem breit gefä­cher­ten Ange­bot ver­stan­den. Dazu gehört die klas­si­sche Kur­me­di­zin mit Trink‑, Bade- oder Inha­la­ti­ons­ku­ren, deren medi­zi­ni­sche Wir­kun­gen auf Heil­quel­len beru­hen. Aber auch phy­si­ka­li­sche Behand­lungs­me­tho­den wie Mas­sa­gen, Schlamm- und Algen­bä­der (Thalas­so) oder Bewe­gungs­the­ra­pien sind Ele­men­te klas­si­scher und moder­ner Bal­neo­lo­gie. Seit dem 19. Jahr­hun­dert zäh­len auch die popu­lä­ren Kneipp- und ver­gleich­ba­re Kuren mit ihren unter­schied­li­chen Was­ser-Anwen­dun­gen (Hydro­the­ra­pie) dazu. Die Kneipp-The­ra­pie wird jedoch erst kom­bi­niert mit einer Ernäh­rungs- und Bewe­gungs­the­ra­pie als voll­stän­dig erach­tet. Und nicht zuletzt sind Kli­ma­ver­än­de­run­gen – wie am Meer, in den Ber­gen oder auch in Höh­len (zusätz­lich kom­bi­niert mit natür­li­chen Radon- und ande­ren Gasen) anzu­tref­fen – Teil der Balneologie.

Im Rhythmus des Meeres gesunden

Som­mer, Son­ne, Meer

Sie gehört zur euro­päi­schen Natur­heil­kun­de und hat eine lan­ge Tra­di­ti­on. Denn schon die Grie­chen sahen im Was­ser ein wesent­li­ches Ele­ment – im Zusam­men­spiel mit der Luft, dem Feu­er oder der Erde. Was­ser-Anwen­dun­gen gel­ten seit Jahr­tau­sen­den als heil­sam, waren oder sind bis heu­te zudem wich­ti­ger Teil der Gesund­heits-Vor­sor­ge. Mit ihrem brei­ten Ange­bot hält die Bal­neo­lo­gie fast für jeden etwas vor. Bild­haf­te Betrach­tun­gen kön­nen ent­spre­chend der grie­chi­schen Ele­men­te­leh­re oder der moder­nen Auf­fas­sun­gen der Natur­heil­kun­de die Sach­ver­hal­te ver­deut­li­chen: Wenn Sie gera­de an der Nord­see sind und die fri­sche Bri­se genie­ßen, sind Sie Teil eines der größ­ten natür­li­chen irdi­schen Rhyth­men über­haupt – näm­lich der Gezei­ten der Wel­ten­mee­re. Zusam­men mit der salz­hal­ti­gen, all­er­gen­ar­men Luft ist die­ser äuße­re Rhyth­mus beson­ders bei sol­chen Pati­en­ten heil­sam, bei denen eines der wich­tigs­ten kör­per­ei­ge­nen rhyth­mi­schen Funk­ti­ons­sys­te­me gestört ist – die Atmung, gleich­gül­tig ob mit oder ohne all­er­gi­scher Komponente.

Reiz­kli­ma Nordsee

Im fri­schen Reiz­kli­ma der Nord­see kön­nen bei­spiels­wei­se Men­schen mit chro­ni­schem (all­er­gi­schem) Asth­ma end­lich mal wie­der durch­at­men. Zum einen, weil die all­er­gen­ar­me See­luft über­emp­find­lich-ent­zün­de­ten Bron­chi­en Lin­de­rung ver­schafft (weni­ger Pflan­zen-Pol­len, weni­ger Indus­trie-Schad­stof­fe usw.). Zum ande­ren, weil sich das Simi­le-Prin­zip der Homöo­pa­thie und Natur­heil­kun­de (“Glei­ches wer­de mit Glei­chem geheilt”) wohl­tä­tig aus­wirkt: Wenn näm­lich die die tosen­de Kraft eines Sturms, der an den Küs­ten uner­war­tet schnell auf­zie­hen kann, Men­schen den Atem ver­schlägt, ihren Atem sto­cken lässt, ist dies für Atem­wegs-Pati­en­ten ein zu ihrer Erkran­kung gleich­sin­ni­ger Heil­reiz. Fol­ge: Die Atem­we­ge ent­span­nen sich, all­er­gisch-ent­zünd­lich beding­te Schwel­lun­gen gehen zurück, Hus­ten­at­ta­cken blei­ben aus und quä­len­de Anfäl­le von Atem­not wer­den sel­te­ner und leich­ter. Rau­cher, die ihren Ziga­ret­ten­ge­nuss meist mit chro­ni­scher Bron­chi­tis bezah­len, kön­nen in dem bele­ben­den Meer-Kli­ma oft seit Jah­ren erst­mals wie­der erle­ben, wozu ihre Atem­we­ge da sind: Näm­lich kräf­tig durch­zu­at­men, sich so mit der Welt zu ver­bin­den und den Sau­er­stoff der Luft als Grund­la­ge für alle Lebens­vor­gän­ge tief einzuatmen.

Salziger Schlick tut gut

Aber auch Gesun­de, ins­be­son­de­re Was­ser­rat­ten oder sol­che, die es noch wer­den wol­len, kom­men auf ihre Kos­ten: Bäder im sal­zi­gen Meer­was­ser hei­len Haut- oder Ner­ven­er­kran­kun­gen. Das Was­ser ent­hält bei­spiels­wei­se bei auf­ge­wühl­tem Meer neben dem Salz noch vie­le Mine­ra­li­en und Spu­ren­ele­men­te, die dem Sand und Schlick ent­stam­men. Sie kön­nen sich auch bei Watt-Wan­de­run­gen den sal­zi­gen Schlick durch die Zehen drü­cken las­sen. Wer geziel­te Anwen­dun­gen möch­te, wird sich ger­ne Schlamm- oder Algen­bä­der in den jewei­li­gen Kur­ein­rich­tun­gen an der Küs­te gön­nen. Dass Schlick und Salz­was­ser vor­beu­gen­de und hei­len­de Wir­kun­gen bei vie­len chro­ni­schen Haut­krank­hei­ten haben, ist seit Jah­ren belegt. So gehört – als the­ra­peu­ti­sches Extrem – die Behand­lung der Schup­pen­flech­te (Pso­ria­sis) in dem extrem salz­hal­ti­gen Was­ser des Toten Mee­res zur Basis­be­hand­lung die­ser chro­ni­schen Haut­krank­heit. Hin­weis: Men­schen mit Kreis­lauf­pro­ble­men oder labi­lem See­lenk­leid hilft Meer­was­ser in beson­de­rer Wei­se. Wis­sen­schaft­ler haben fest­ge­stellt, das die Gischt von Mee­res­wel­len nega­tiv gela­de­ne Ionen mit sich führt. Die­se bewir­ken, dass das see­li­sche und kör­per­li­che Gleich­ge­wicht bes­ser wie­der her­ge­stellt wer­den kann. Für alle Gesun­de – ob Kin­der, Erwach­se­ne oder Senio­ren – bie­tet der Auf­ent­halt am Meer also ein gesun­des Reiz­kli­ma, das so man­ches Weh­weh­chen im Keim erstickt und der vor­beu­gen­den Kräf­ti­gung von Kör­per, See­le und Geist dient.

Thalassotherapie

In der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts ent­stand die­se rela­tiv jun­ge The­ra­pie­form. Sie bie­tet (Thalas­so, grie­chisch Meer) Bäder, Güs­se, Druckstahl­güs­se mit erwärm­tem Meer­was­ser an (34–36 Grad Cel­si­us). Zusätz­lich kön­nen ver­schie­de­ne Mee­res­pro­duk­te wie Schläm­me, Algen oder Sal­ze ver­wen­det wer­den. Neben den Mine­ra­li­en und Spu­ren­ele­men­ten ent­hält Meer­was­ser Plank­ton. Die­ses kann anti­bio­ti­sche Eigen­schaf­ten haben und sich stär­kend auf das Immun­sys­tem aus­wir­ken. Auf­grund der unter­schied­li­chen Zusam­men­set­zung von Mee­res­bö­den, Algen­vor­kom­men oder Strö­mungs­ver­hält­nis­sen der Mee­re sind Kur-Unter­­schie­­de zu berück­sich­ti­gen. So wis­sen Thalas­­so-Freun­­de, dass das Mit­­tel­­meer-Was­­ser beru­hi­gend, das Atlan­tik­was­ser hin­ge­gen kräf­ti­gend wirken.

Luftige Höhen vertreiben Sorgen

Alpen­luft ver­treibt Sorgen

Der Auf­ent­halt in Ber­gen bie­tet eben­so vie­le Mög­lich­kei­ten zur Gesun­dung oder Gesund­erhal­tung wie ande­re Regio­nen: Auf­ent­hal­te im (Mittel-)gebirge sind für Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen heil­sam, auch Stress­ge­plag­te fin­den leich­ter Erho­lung. Bild­lich gespro­chen, sind die geo­gra­phisch höher gele­ge­nen Regio­nen der Erde mit dem Ele­ment der Luft asso­zi­iert. Für Men­schen mit beschleu­nig­tem Lebens­schritt, auch in krank­haf­te Aus­prä­gun­gen hin­ein (San­gui­ni­ker), ist die Kon­fron­ta­ti­on mit dem Lebens­ele­ment Luft beson­ders heil­sam. Dies mer­ken aber auch alle ande­ren Besu­cher der Ber­ge: So fällt beim Wan­dern durch die phan­tas­ti­sche Land­schaft die Selbst­be­zo­gen­heit all­mäh­lich weg, der Blick schweift in die Fer­ne, die Wei­te des Uni­ver­sums wird erfahr­bar. Vie­le Men­schen emp­fin­den sich ange­sichts der majes­tä­ti­schen Berg­welt als klein oder füh­len sich Gott näher. Und so rela­ti­vie­ren sich All­tags­sor­gen oder Pro­ble­me, die zu Hau­se groß und kaum zu bewäl­ti­gen schei­nen. Erleich­te­rung macht sich inner­lich breit, wes­halb sich auf man­cher Berg-Wan­de­rung Pro­ble­me wie von selbst lösen. War­um sich das Berg­kli­ma so wohl­tä­tig auf vie­le Erkran­kun­gen aus­wirkt, hat vor allem die Sport­me­di­zin her­aus­ge­fun­den: Durch die dün­ne Luft der Ber­ge (weni­ger Sau­er­stoff) muss der Kör­per mehr sau­er­stoff­tra­gen­de rote Blut­kör­per­chen bil­den (Lebens­dau­er um die 100 Tage). Bei der Rück­kehr ins Tal kann der Kör­per dann bes­ser mit Sau­er­stoff ver­sorgt wer­den, ist akti­ver und leis­tungs­fä­hi­ger (im Sport wird dies “natür­li­ches Ery­thro­zy­ten-Doping” genannt). Auch die Mit­tel­ge­bir­ge haben ganz spe­zi­el­le Eigen­schaf­ten. Da sich dort der wesent­li­che Wald­be­stand in Deutsch­land fin­det, kom­men Urlau­ber und Kur­gäs­te in vie­len Regio­nen in den Genuss einer kos­ten­lo­sen Aro­ma- und Farb­the­ra­pie. Die äthe­ri­schen Öle gera­de der Nadel­bäu­me haben wohl­tä­ti­ge Aus­wir­kun­gen auf Atmungs­or­ga­ne und die See­le. Eben­so wirkt die Far­be Grün in ihren viel­fäl­ti­gen Schat­tie­run­gen beru­hi­gend auf die Psy­che und lädt zu Medi­ta­tio­nen wäh­rend des Wan­ders ein.

Das Feuer der Sonne

Rheu­ma­ti­ker wis­sen seit lan­gem: Die Wär­me süd­li­cher Regio­nen tun ihnen gut. Die Wär­me der Son­ne (“das Feu­er”) hilft das Feu­er der Gelenk-Ent­zün­dun­gen, die hier­durch beding­ten Schwel­lun­gen, Schmer­zen und Bewe­gungs-Ein­schrän­kun­gen zu beschwich­ti­gen. Dies gilt nicht nur für Erkran­kun­gen rheu­ma­ti­schen For­men­krei­ses (zum Bei­spiel Rheu­ma oder Fibro­my­al­gie), son­dern auch für zahl­rei­che ande­re Erkran­kun­gen. Psy­cho­so­ma­tisch ori­en­tier­te Ärz­te oder Heil­prak­ti­ker erle­ben in Rheu­ma­ti­kern oft Men­schen, die schon früh Gebor­gen­heit ver­miss­ten und oft vol­ler unaus­ge­leb­ter Aggres­sio­nen ste­cken. Ein kör­per­li­cher Aus­druck ist dann manch­mal die chro­ni­sche Selbst­zer­stö­rung der Gelen­ke oder die zutiefst leid­vol­le Erfah­rung andau­ern­den Mus­kel­schmer­zen. Die Wär­me der son­nen­durch­glüh­ten süd­li­chen Mit­tel­meer-Län­der, die Lieb­lich­keit der Land­schaft, die von äthe­ri­schen Ölen viel­fäl­ti­ger son­nen­lie­ben­der Gewürz- und Heil­kräu­ter gewürz­te Luft umhül­len die Kran­ken mit der Wär­me und dem über­quel­len­den, lebens­spen­den­den Über­fluss der Son­ne, bild­lich gespro­chen also mit der Lie­be der Schöp­fung. Wem es gelingt, sich die­ser Qua­li­tät der Natur hin­zu­ge­ben, erfährt inne­re Ent­span­nung, nach­las­sen­de Ent­zün­dungs-Akti­vi­tät und schwin­den­de Schmer­zen. Eine gute Chan­ce besteht für alle – nicht für Rheu­ma­ti­ker -, in die­ser freund­li­chen Umge­bung mit sich selbst einen lie­be­vol­le­ren Umgang zu fin­den. Vor­sicht ist jedoch gebo­ten: Ein Zuviel an Son­ne kann rasch selbst zu aus­ge­dehn­ten Ent­zün­dun­gen füh­ren, das Immun­sys­tem schwä­chen und einen wohl­ver­dien­ten Urlaub mit Son­nen­brand, Dau­er­hus­ten und Durch­fall zur Qual machen.

Innere Wasseranwendungen

Lebens­elexir Wasser

Was­ser, um auf des beson­de­re Ele­ment der Bal­neo­lo­gie zurück­zu­kom­men, ist in allen genann­ten Regi­on durch Flüs­se oder Seen ver­tre­ten. Über­all dort wo Heil­wäs­ser aus der Erde spru­deln, laden Kur­ein­rich­tun­gen zu einem Besuch ein. Heil­wäs­ser sind nicht nur äußer­lich, son­dern auch inner­lich ange­wandt heil­sam. In vie­len Kur­or­ten sind Trink­hal­len anzu­tref­fen, die kos­ten­los Heil­wäs­ser der Regi­on bereit­hal­ten. Ein täg­li­cher Abste­cher dort­hin lohnt sich. Denn eine Trink­kur mit mine­ra­li­en­hal­ti­gen Wäs­sern kann bei­spiels­wei­se bei Gicht, Darm­ent­zün­dun­gen oder Ver­dau­ungs­be­schwer­den wie­der etwas in Gang brin­gen. Und so die Ver­dau­ung regu­lie­ren oder Darm­ent­zün­dun­gen abmil­dern. Auch bei dem Mil­lio­nen­pro­blem Sod­bren­nen hel­fen Heil­wäs­ser – vor allem, wenn sie beson­ders reich an Hydro­gen­kar­bo­nat sind. Aber auch Gesun­de pro­fi­tie­ren. Denn Trink­ku­ren eig­nen sich her­vor­ra­gend zur Gesund­heits­vor­beu­gung. Sämt­li­che Ange­bo­te der Kur­ein­rich­tun­gen wie Mas­sa­gen, Schlamm- oder Sole­bä­der sind eben­so vor­beu­gen­de Maß­nah­men. Vie­le Men­schen haben noch nicht regis­triert, dass sich das deut­sche Kur­we­sen durch zahl­rei­che Refor­men sehr gewan­delt hat. Der Gedan­ke der akti­ven, kun­den­freund­li­chen Dienst­leis­tung ist mitt­ler­wei­le in Kur­be­trie­ben ange­kom­men. Sie hal­ten attrak­ti­ve Ange­bo­te manch­mal sogar schon für Kurz­ur­lau­ber vor. Gön­nen Sie sich also ruhig die wohl­tu­en­den Maß­nah­men und ler­nen die Viel­falt der natur­heil­kund­li­chen Anwen­dun­gen “leib­haf­tig” kennen.

Populär: Sebastian Kneipp

Vom Gesamt­pro­gramm der Bal­neo­lo­gie sind die Was­ser­an­wen­dun­gen des Pfar­rer Sebas­ti­an Kneipp am popu­lärs­ten. Sei­ne Vor­stel­lun­gen haben sogar in moder­nen Frau­en­zeit­schrif­ten Ein­zug gehal­ten. Dar­ge­stellt wer­den meis­tens Well­ness-Mög­lich­kei­ten wie Bäder mit duf­ten­den Zusät­zen. Doch die­se haben wenig mit den Zie­len Kneipps zu tun. Die­se Wohl­fühl­tipps zei­gen nur einen win­zi­gen Aus­schnitt aus dem Gesamt­kon­zept des Lebens­re­for­mers und The­ra­peu­ten, das er im Lau­fe sei­nes Lebens ent­wi­ckel­te. Was­ser­an­wen­dun­gen gehö­ren dazu (eher im Sin­ne von Hei­lung oder “Abhär­tung”, Vor­beu­gung) wie auch Ernäh­rung, Bewe­gung, Phy­to­the­ra­pie (Heil­pflan­zen) und Rat­schlä­ge zur Lebens­füh­rung (Ord­nungs­the­ra­pie). Wich­tig war ihm, Men­schen zur Gesund­heits­vor­sor­ge anzu­hal­ten, damit sie gar nicht erst krank wer­den. Da Kneipp als Pfar­rer in den sei­nen ers­ten Jah­ren vor­wie­gend mit Arbei­tern und Bau­ern zu tun hat­te, muss­ten die Anwen­dun­gen ein­fach zu hand­ha­ben und kos­ten­güns­tig sein. Kneipp war am Puls einer neu­en Ära und fei­er­te beacht­li­che Erfol­ge. Trotz des erbit­ter­ten Wider­stands der Ärz­te­schaft, die ihn als Kur­pfu­scher hin­stell­ten, wur­de er schon zu sei­nen Leb­zei­ten zur Legen­de. Er initi­ier­te Ver­ei­ne in denen Kneipp-Freun­de zusam­men­ka­men. Dar­aus ent­stand eine der größ­ten und breit ange­le­gens­ten Gesund­heits­be­we­gun­gen Deutsch­lands. Heu­te sind etwa 160.000 Kneipp-Freun­de in etwa 600 Ver­ei­nen organisiert.

Vom Kurpfuscher zum Meister der Wässer

Kneipps Ideen sind heu­te sogar Bestand­teil der moder­nen Reiz- oder Regu­la­ti­ons­the­ra­pie der Schul­me­di­zin gewor­den. Kneipp­sche Anwen­dun­gen wer­den von Ärz­ten ver­schrie­ben und Phy­sio­the­ra­peu­ten und in Kur­ein­rich­tun­gen durch­ge­führt. Die Anwen­dun­gen basie­ren auf geziel­ter Anwen­dung von Wär­me und Käl­te. Die Idee ist, mit einer “auf den Kör­per zie­len­den Rei­zung” Hei­lungs­im­pul­se bei­spiels­wei­se über die Sti­mu­la­ti­on von Reiz­zo­nen (Reflex­zo­nen) wei­ter über die Ner­ven an inne­re erkrank­te Orga­ne gelan­gen zu las­sen. Oder durch mas­si­ve Beein­flus­sung der Haut­durch­blu­tung zu reflek­to­ri­schen Organ­re­ak­tio­nen zu kom­men, bei­spiels­wei­se zur Ent­span­nung ver­krampf­ter Mus­kel­par­tien. Von wis­sen­schaft­lich ori­en­tier­ten Natur­heil­kund­lern sind sogar was­ser­the­ra­peu­tisch aus­ge­lös­te Ver­än­de­run­gen hor­mo­nel­ler Signal­bil­dung und ‑über­tra­gung im Kör­per beschrie­ben wor­den (“Anti-Aging”).

Kurz und kalt: Fußbad als Einschlafhilfe

Am Bei­spiel eines kal­ten Fuß­ba­des, kann gut gezeigt wer­den in wel­cher tief­grei­fen­der Wei­se Was­ser­the­ra­pie Ein­fluss auf den gesam­ten Kör­per nimmt. Oft rei­chen weni­ge Sekun­den die­ser Kalt­was­ser-Anwen­dung, um bereits Heil­wir­kun­gen zu errei­chen. Aber Ach­tung: Kal­te Fuß­bä­der sind so wirk­sam, dass sie für Pati­en­ten zum Bei­spiel mit Herz­kreis­lauf-Erkran­kun­gen eine zu star­ke Belas­tung sein können.

Wie funk­tio­niert es? Inten­si­ver Käl­te­reiz zieht zuerst die Blut­ge­fä­ße in Füs­sen und Bei­nen käl­te­be­dingt zusam­men. So wird die Haut weni­ger durch­blu­tet und erscheint weiß. Die­se Gefäß­ver­en­gung und der Käl­te­reiz auf Ner­ven und Fuß­re­flex­zo­nen wir­ken auf den gan­zen Orga­nis­mus: Der Blut­druck steigt, der Puls nimmt zu und die Atmung beschleu­nigt sich. 30–180 Sekun­den spä­ter beginnt die kör­per­li­che Käl­te-Schutz­re­ak­ti­on: Ader-Erwei­te­rung -> Zunah­me der Durch­blu­tung -> Wie­der­erwär­mung der Beine.

Was ist zu beach­ten? Beim Fuß­bad sol­len die Unter­schen­kel bis zur Hälf­te der Waden ein­ge­taucht sein. Dafür brau­chen Sie ein Gefäß, das hoch genug ist (gro­ßer Eimer, Fuß­ba­de­wan­ne aus dem Sani­täts­han­del). Fuß­ba­den Sie in Küche oder Bad (immer im Sit­zen!). Dann brau­chen Sie nichts hin- und herzutragen.

Ach­tung: Nur mit wirk­lich war­men Füßen sind kal­te Fuß­bä­der erlaubt!

Wie wird es gemacht? Las­sen Sie kal­tes Was­ser (wie es aus der Lei­tung kommt) ein­lau­fen. Da der Käl­te­reiz rasch wirkt, tau­chen Sie die Füße und Unter­schen­kel nur für 10 Sekun­den ein.

Ach­tung: Been­den Sie sofort das Fuß­bad bei Käl­te­schmerz (also, wenn es in Füs­sen oder Bei­nen weh zu tun beginnt) oder wenn Sie zu frös­teln oder zu frie­ren anfan­gen. Denn: Bei län­ge­rem kal­ten Fuß­bad dro­hen Aus­küh­lung, Unwohl­sein, Schwä­che oder Erkäl­tung. Anschlie­ßend rub­beln Sie Ihre Füße mit dem Hand­tuch ordent­lich warm. Und zie­hen war­me Woll­so­cken und Haus­schu­he an. Wich­tig: Die leich­te bis star­ke Rötung und Erwär­mung der Haut nach­her ist erwünscht und Anzei­chen einer guten Wirkung.

Tipp: Sie dür­fen kal­te Fuß­bä­der täg­lich machen. Aber immer nur eines pro Tag! Bei kur­mä­ßi­ger Anwen­dung (mehr als 1 Woche), dür­fen Sie auch die Dau­er lang­sam erhö­hen (auf maxi­mal 2 Minuten).

Indi­ka­tio­nen: Wegen des star­ken Gefäß-Rei­zes und ‑Trai­nings (=Ver­en­gung und Erwei­te­rung der Adern) in Füs­sen und Unter­schen­kel sind kal­te Fuß­bä­der beson­ders gut bei Krampf­ader­lei­den, durch Venen­schwä­che beding­ten geschwol­le­nen, müden Füs­sen, wegen Schwä­che des Lymph­sys­tems dicken Bei­nen oder inten­si­ver Fuß­schweiß-Bil­dung. Auch Ver­stau­chun­gen oder Zer­run­gen im Fuß- und Knö­chel­be­reich pro­fi­tie­ren von ver­stärk­ter Durch­blu­tung. Die Kreis­lauf­an­re­gung hilft bei Müdig­keit (z. B. nach einem lan­gen Arbeits­tag) aber auch bei Stö­run­gen der Kreis­lauf­re­gu­la­ti­on (Schwin­del beim Auf­ste­hen, nied­ri­ger Blut­druck). Der kur­ze Käl­te­reiz hilft sogar bei Kopf­schmerz wegen Blut­über­fül­le im Kopf­be­reich. Ein kal­tes Fuß­bad kann auch hohes Fie­ber (>40°C mit Fie­ber­krämp­fen) rasch sen­ken oder Men­schen mit Ein­schlaf­stö­run­gen helfen.

Der wich­tigs­te All­ge­mein­ef­fekt: Abhär­tung (Infekt-Vor­beu­gung) und Gesund­heits-Stär­kung (bei krän­keln­den Menschen).

Wann nicht? Bei eini­gen Erkran­kun­gen ver­stär­ken kal­te Fuß­bä­der vor­über­ge­hend Beschwer­den. Des­halb nicht anwen­den bei:

  • Reiz­bla­se
  • aku­te Erkäl­tungs­krank­heit (grip­pa­ler Infekt)
  • fort­ge­schrit­te­ne Arte­ri­en­ver­kal­kung (=“arte­ri­el­le Ver­schluss­krank­heit Sta­di­um III und IV”, bit­te Arzt fragen)
  • Mens­trua­ti­on (Regel­ab­lauf kann gestört werden)
  • wenn Ihre Füße beim letz­ten kal­ten Fuß­bad über 15 Min. brauch­ten, um sich zu erwärmen

Hauseigener Kurbetrieb

Da in unse­ren Brei­ten­gra­den Was­ser bil­lig und immer ver­füg­bar ist, kann prak­tisch jedes Bade­zim­mer zur eige­nen Kur­ein­rich­tung umfunk­tio­niert wer­den. Vor­be­rei­tun­gen sind kei­ne nötig, denn die meis­ten Bade­zim­mer haben ent­we­der eine Dusche, eine klei­ne oder gro­ße Bade­wan­ne. Nun brau­chen Sie nur noch ein paar zusätz­li­che Lei­nen­tü­cher. Wäh­len Sie sich etwas Pas­sen­des aus der gro­ßen Anwen­dungs-Palet­te aus: Güs­se, Bäder, Wickel, feuch­te Umschlä­ge, Dampf­bä­der, Inha­la­tio­nen, Duschen oder Spü­lun­gen – haben Sie die wohl­tu­en­de und heil­sa­me Wir­kung der Kneipp­schen Anwen­dun­gen erst­mal für sich selbst ent­deckt, wer­den Sie immer wie­der dar­auf zurück­kom­men. Vie­le Anwen­dun­gen las­sen sich ein­fach in den Tages­ab­lauf inte­grie­ren und soll­ten dann auch kon­se­quent durch­ge­führt wer­den – nur so sind bei­spiels­wei­se die gesund­heits­sta­bi­li­sie­ren­den Anwen­dun­gen wirksam.

Tautreten

Das bar­fü­ßi­ge Lau­fen durch fri­sches, tauf­euch­tes Gras macht wach. Nach nur etwa 3 – 5 Minu­ten wer­den tro­cke­ne und war­me Strümp­fe ange­zo­gen (ohne Abtrock­nen). Mit wei­te­rem Bewe­gen oder leich­ter Gym­nas­tik wird der Kör­per wie­der auf­ge­wärmt. Wich­tig: Die­se Abhär­tungs­maß­nah­me wird nie­mals mit kal­ten Füs­sen begon­nen. Wir­kung: Durch­blu­tungs­för­dernd, Venen kräf­ti­gend, Abwehr stär­kend. Nicht bei: Harn­wegs­in­fek­ten, Bla­­sen- und Nie­ren­krank­hei­ten, Unter­­leibs- oder Hexenschuss.

Kneipp soll gesagt haben: “Fan­ge heu­te an, aber mit leich­ten und nicht mit den schwe­ren Übun­gen!” Erfah­re­ne wer­den noch hin­zu­fü­gen, dass zu man­chen Kneipp-Anwen­dun­gen auch eine ordent­li­che Por­ti­on Selbst­über­win­dung gehört. Vor allem bei Übun­gen, die abhär­ten – was vor allem bedeu­tet, das kal­tes Was­ser über den Kör­per gegos­sen wird. Hier gilt: Hel­den­tum ist unan­ge­mes­sen! Wenn Sie sich nach einer Vier­tel Stun­de immer noch nicht warm und woh­lig in Ihrem Kör­per füh­len, war die Anwen­dung zu lan­ge, zu kalt oder unan­ge­mes­sen aus­ge­wählt. Wich­tig: Vie­le Anwen­dun­gen sind nur etwas für gesun­de, kreis­lauf­sta­bi­le Men­schen. Wenn Sie also an einer Erkran­kung lei­den oder Beschwer­den (zum Bei­spiel Krampf­adern, all­ge­mei­ne Befind­lich­keits­stö­run­gen) haben, ist eine Abspra­che mit Ihrem Arzt vor den Anwen­dun­gen unbe­dingt nötig.

Schöne Haut

Kneipp leg­te als Seel­sor­ger kei­nen Wert auf Äuße­res, so auch nicht auf eine schö­ne Haut. Doch regel­mä­ßi­ge Güs­se durch­blu­ten die Haut gut und machen sie rosig. Vor­sicht: Sie hel­fen auch, den Ver­brauch von Kos­me­ti­ka ein­zu­stel­len. Denn durch regel­mä­ßi­ge Ver­wen­dung von Haut­cremes stel­len die Fett­drü­sen in der Haut ihre Arbeit ein. Wer sich also schon immer ein­ge­cremt hat, braucht Geduld und muss die “tro­cke­ne” Haut eine Wei­le ertra­gen. Doch beginnt die Haut wie­der mit ihrer eige­nen Fett­bil­dung um, wird sie geschmei­di­ger als durch jedes Kosmetikum.

Wer gesund ist, kann sich aus der brei­ten Palet­te der Anwen­dun­gen etwas Pas­sen­des aus­su­chen. Bücher hel­fen über Unsi­cher­hei­ten hin­weg. Außer­dem zei­gen Fotos oder Zeich­nun­gen, wie zum Bei­spiel der Was­ser­strahl bei Güs­sen über den Kör­per lau­fen soll oder Tücher bei Wickeln anzu­le­gen sind. Die Bücher sind dann hilf­reich, wenn struk­tu­rier­te, genaue Anwei­sun­gen ent­hal­ten. Außer­dem soll­ten sie Hin­wei­se lie­fern wer, wann wel­che Anwen­dun­gen durch­füh­ren darf und wer nicht. So aus­ge­stat­tet, steht der hei­mi­schen Kur­ein­rich­tung nichts mehr im Wege.

Die Tasse Kaffee des Kneippianers

Ein Mun­ter­ma­cher zu jeder Tages­zeit ist das kal­te Arm­bad. Es hilft gegen Müdig­keits­er­schei­nun­gen und Leis­tungs­ab­fall. Dazu genügt ein ein­fa­ches Wasch­be­cken. Es wird mit kal­tem Was­ser gefüllt. Dann wird zuerst der rech­te dann der lin­ke Arm so weit wie mög­lich ein­ge­taucht. Dann wer­den bei­de Arme etwa 10 und 30 Sekun­den im Was­ser gelas­sen. Anschlie­ßend wer­den die Arme nicht abge­trock­net, son­dern nur abge­streift. Wich­tig: Leich­te Bewe­gun­gen machen bis die Arme wirk­lich wie­der warm sind.

Heilpflanzen

Kneipp­sche Devi­sen: “Vor­beu­gen sollt ihr durch die­se Kräu­ter, das Übel nicht groß wer­den las­sen” oder “Für jede Krank­heit ist min­des­tens ein Kraut gewach­sen”. Er beführ­wor­te­te den Ein­satz hei­mi­scher, tra­di­tio­nel­ler Heil­pflan­zen und Kräu­ter. Kneipp ver­or­de­te sie als Tees, Sal­ben, Extrak­te, Bade­zu­sät­ze oder auch als Tablet­ten. Ein klei­ner Aus­schnitt: Er emp­fahl zur Ent­wäs­se­rung des Kör­pers Bir­ken­­blä­t­­ter- oder Brenn­nes­sel­tee. Bei Völ­le­ge­fühl Wachol­der und Ros­ma­rin, Arni­ka ließ er gegen Ver­let­zun­gen, Ver­stau­chun­gen, Schwel­lun­gen ein­set­zen. Erkäl­tun­gen wur­den mit Thy­mi­an und Spitz­we­ge­rich oder Fie­ber mit Holun­­der­­blü­­ten- oder Lin­den­blü­ten­tee kuriert.

Buchempfehlungen

Autorin
• Mari­on Kaden, Natur & Hei­len (2009).

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