Warum trinken so viele Passagiere Tomatensaft im Flugzeug?

Toma­te (Lyco­per­si­con)

Allein auf Flug 015 der Del­ta Air Lines von Frank­furt nach Atlan­ta wer­den von den rund 160 Pas­sa­gie­ren durch­schnitt­lich 32 Dosen Toma­ten­saft getrun­ken. Das bedeu­tet: Einer von fünf trinkt Toma­ten­saft. Drei Pro­zent des gesam­ten Jah­res­ab­sat­zes von Toma­ten­saft wer­den über den Wol­ken getrun­ken. Bei Oran­gen­saft macht der Anteil im Flug­zeug nur etwa 0,4 Pro­zent aus. Im Flie­ger trinkt fast jeder Toma­ten­saft, sonst aber nie. Wor­an liegt das? War­um die­ses Getränk in Super­märk­ten wie Blei im Regal liegt oder im hei­mi­schen Küchen­schrank stets das Ver­falls­da­tum über­schrei­tet, jedoch auf Flug­rei­sen so beliebt ist, bleibt ein Rät­sel – das nur vorweg.

1993 hagel­te es jeden­falls üble Beschwer­den von Pas­sa­gie­ren, als die Luft­han­sa das Getränk von der Bord­kar­te strich. Das Ergeb­nis: 48 Stun­den spä­ter wur­de wie­der aus­ge­schenkt und zufrie­den gerührt. Es exis­tie­ren zahl­rei­che Theo­rien mit phy­sio­lo­gi­schem (Ver­än­de­rung des Geschmacks­emp­fin­dens bei gerin­ge­rem Druck, Elek­tro­lyt-Theo­rie) und mit psy­cho­lo­gi­schem Hin­ter­grund: Der rote Saft macht satt und ist nahr­haft, beru­higt, lin­dert Flug­angst oder befrie­digt ein­fach den “Her­den­trieb”. So beob­ach­tet das Bord­per­so­nal immer wie­der eine Art Ket­ten­re­ak­ti­on: Bestellt sich einer Toma­ten­saft, wol­len ihn plötz­lich alle.

Nach Aus­kunft von Ernäh­rungs­exper­ten schwir­ren über den Wol­ken ver­mehrt oxi­da­tive Sub­stan­zen her­um, bes­ser bekannt als freie Radi­ka­le. Dage­gen soll Lyco­pin schüt­zen, ein Stoff, der in Toma­ten reich­lich vor­kommt. Durch Erhit­zung wird noch mehr frei­ge­setzt als in der Toma­te ursprüng­lich vor­han­den ist. Außer­dem ist sie reich an den Vit­ami­nen A und C. Bei Durch­fall wird der Saft als natür­li­ches Elek­tro­lyt emp­foh­len. Und zwei Glä­ser am Tag sol­len sogar vor­beu­gend gegen Krebs wir­ken. Viel­leicht will sich der flug­ge­stress­te Kör­per unbe­wusst etwas Gutes tun. Ein ande­rer Erklä­rungs­ver­such klingt weni­ger plau­si­bel. Durch den Unter­druck in Flug­zeu­gen lei­den die Geschmacks­ner­ven, sind in 10.000 Meter Höhe weni­ger emp­find­lich Der kräf­ti­ge Toma­ten­saft, womög­lich mit Salz und Pfef­fer ange­rührt, sorgt in himm­li­schen Gefil­den für eine will­kom­me­ne Wür­ze. Wis­sen­schaft­ler haben im Übri­gen raus­ge­fun­den, dass Toma­ten­saft Übel­keit lin­dert. Von Oran­gen­saft, Apfel­saft und koh­len­säu­re­hal­ti­gen Geträn­ken wird in der Luft gene­rell abge­ra­ten, da sie Blä­hun­gen ver­ur­sa­chen können.

Quel­len
• Inf­­light-Logis­­tik: Trans­port ist nur der Vor­na­me. Mit Salz und Pfef­fer , in: KPMG Cla­ri­ty, 2002, S.10–17, www.wow.li/Resources/KPMG-KN.pdf
• Stimmt’s? Toma­te im Flug, Die Zeit 17.12.2003, Nr. 52

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