Eine Enzyklopädie über Wildpflanzen könnte sich als rettendes, schönes – wenn auch nicht ganz billiges Weihnachtsgeschenk erweisen. Es ist geeignet für Wildkräuter-Fans oder solche, die es noch werden wollen: Zum Nachschlagen, Stöbern und als Inspiration für zukünftige, außergewöhnliche Gaumenfreuden. Und nicht zuletzt als Vorfreude auf ein baldiges Wildkräuterjahr in mitten der Natur und mit gesunden, neuen Geschmackserfahrungen.
Wildpflanzen bereichern die Küche durch ihren ursprünglichen Geschmack und besondere Aromen. Sie erfreuen sich wachsender Beliebtheit – nicht nur bei den Spitzenköchen. Doch welche Wildpflanzen sind essbar? Die “Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen” kann weiterhelfen. Das schön aufbereitete Buch des Schweizer AT Verlages aus Aarau ist zunächst einmal etwas zum Stöbern: Denn die 1500 erfassten Wildpflanzen sind alphabetisch mit den botanischen Namen aufgeführt. Darunter steht jeweils eine deutsche Bezeichnung, doch diese wird Interessierten häufig nicht weiterhelfen. Denn viele Wildpflanzen haben häufig regional unterschiedliche Namen.
Da die meisten Laien nicht mit den botanischen Namen vertraut sind, werden wahrscheinlich die Fotos zur ersten Orientierung und zum Appetit machen dienen. Etwa ein Viertel der Pflanzen (400 Fotos) sind bebildert. Schon ihre Auswahl lässt staunen darüber, welche Pflanzen essbar sein sollen. Da tauchen viele bekannte aber ebenso unbekannte Wildpflanzen auf. Leider stehen die Abbildungen nicht immer den Erläuterungen gegenüber. Entsprechend muss sich der botanische Name eingeprägt und nach dem Textteil gesucht werden. Doch es lohnt sich. Am Beispiel des allgegenwärtigen und bekannteren Schachtelhalms (Equisetum arvense): Dieses Kraut ist bei Gärtnern wegen der superlangen, vernetzten Wurzeln ziemlich unbeliebt. Gärtner ändern nun möglicherweise ihre Haltung gegenüber dieser Pflanze, da sie sich als essbar herausstellt. Geneigte Leser lernen, dass die jungen Triebe des Schachelhalms (Acker-Schachtelhalm, Zinnkraut) und zwar die weichen Teile, die vom März bis April sprießen, brauchbar sind. Die Triebe lassen sich in Kräuter- und Gemüsesuppen verwenden, in Salaten oder zu Eierspeisen verarbeiten. Auch die erwachsenen Stile sind nützlich. Sie lassen sich vom März bis April zu einem Tee aufkochen. Wer dann den Schachtelhalm geradezu lieb gewonnen hat, braucht selbst im Winter nicht auf ihn zu verzichten: Die Wurzelknollen sind vom September bis zum ersten Frost essbar. Am Ende eines jeden Eintrages verweist der Schweizer Autor des Buches auf seine Quellen. Dies ist angenehm und bringt Seriosität und Glaubwürdigkeit in die Zusammenstellungen.
Am Anfang und Ende des etwa 400 Seiten umfassenden Buches liefert der Autor noch viele weitere interessante Informationen: Beispielsweise geht er auf die geschichtliche Bedeutung von Wildpflanzen in der Esskultur ein oder liefert Vergleichstabellen zu den Inhaltsstoffen zwischen Wild- und Kulturpflanzen. Er gibt auch knapp gehaltene Regeln zum Sammeln – besonders wenn es um den Erhalt von seltenen Wildpflanzen geht. Von großem Interesse sind für Hobbyköche die Grundrezepte am Ende des Buches. Denn sie liefern grundsätzliche Hinweise zur Herstellung von Sirup, Wein, Likör, Schnaps, Säften oder zur Herstellung von Mehl oder Marmelade aus Wildpflanzen.
Ob sich das Buch als praxisbezogen erweist, werden Interessierte sicherlich nur selbst herausfinden können. Es ist weder ein Bestimmungsbuch (Achtung giftige Verwandte sind nicht aufgeführt) noch wird Wildkräuter-Fans erspart bleiben, vielleicht auch die eine sehr bittere oder schwer verdauliche Erfahrung machen zu müssen. Denn in der Enzyklopädie sind keinerlei Hinweise auf die geschmackliche Richtung der Wildkräuter zu finden. Diese sind in einem kleineren Werk des Autors (Essbare Wildpflanzen), weshalb dieses sich wahrscheinlich besser für Einsteiger eignet.
Die Enzyklopädie ist hingegen ein schönes Nachschlagewerk für Interessierte oder fortgeschrittene WildkräutersammlerInnen.
Fleischhauer, Steffen Guido: Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen
AT Verlag, Aarau, München, 5. Auflage 2008
Preis: 48 €
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Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (2009).