Gourmets beschäftigen sich schon seit mehreren Jahren mit Wildkräutern. Die Pflanzen geben sowohl alltäglichen wie festlichen Gerichten das gewisse Extra. Eben wegen des natürlichen, besonderen Geschmacks begeben sich sogar manche Starköche selbst auf die Suche nach Wildkräutern, bieten Wildkräuter-Kochkurse oder – Führungen an. So auch der Besitzer des Restaurants ‚Vieux Sinzig’ in Köln, Jean-Marie Dumaine. Bekannt wurde der Franzose durch Kochsendungen für den West Deutschen Rundfunk oder das Deutsche Gesundheits-Fernsehen. Seine Wildkräuterrezepte bekamen auch schon mehrere Preise. Nun können die Rezepte nachgelesen und nachgekocht werden: 2007 entstand in Zusammenarbeit mit seinem Landsmann Francois Couplan das Buch “Wildkräuterpflanzen für die Küche”.
Die natürlichen Ressourcen bewahren
Im Vorwort stellt Couplan die Hintergründe zur Buch-Entstehung dar. Er entstammt einer Familie, bei der das Sammeln von Wildkräutern, Beeren oder Pilzen seit Generationen selbstverständlich zur Alltagsküche gehörte. Der Autor hatte das Glück, Wildpflanzen durch seine Großeltern oder Eltern kennenzulernen. Durch diese wurde Couplan auch der Respekt vor den Ressourcen der Natur vermittelt. Und so appelliert er am Anfang seines Buches an seine Leser beispielsweise niemals vom Aussterben bedrohte Pflanzen zu sammeln. Ebenso gehören für ihn keine Wildpflanzen auf den Speiseplan, die an ihren Standorten nur wenig wachsen oder die zu klein sind. Es sollten also nur Wildpflanzen in den Kochtopf gelangen, die in großen Beständen auftreten, ermahnt der Autor. Genauso selbstverständlich ist das Pflücken nur für den Bedarf einer Mahlzeit – also weder massenweise noch auf Vorrat. Symphatischerweise folgt der Autor damit den Empfehlungen von Naturschutzverbänden, die sich generell um den Bestand von Wildpflanzen sorgen.
Heilsames Essen?
Im Hauptteil wird jeweils auf einer Doppelseite eine Wildpflanze vorgestellt. Ein Foto von der Pflanze gibt auch unkundigen Lesern einen ersten Eindruck. Danach folgen schematisch immer kurze botanische Beschreibungen, die möglichen Standorte wie auch Anwendungen und Heilwirkungen der insgesamt 54 Wildpflanzen. Von ihnen sind viele auch gleichzeitig Heilpflanzen. Der Autor erklärt nicht, warum er auf die Heilwirkungen eingeht. Deshalb bleibt offen, ob er in den Zubereitungen auch ‚heilsame Speisen’ sieht. Der Eindruck könnte entstehen. Doch dann fehlen Mengenhinweise oder wie häufig diese Mahlzeiten einzunehmen sind, damit sie ihre Wirkung entfalten.
Ungewöhnliche Rezeptsammlung
Am Ende der Doppelseiten sind ein oder zwei Rezepte abgedruckt. Das Lesen dieser Rezepte ist spannend und unterhaltsam. Viel Ungewöhnliches ist nicht zuletzt wegen der Mitarbeit von Dumaine mit dabei: Bärenklaufrüchte-Sorbet, Weißdorn-Früchtebrot, Kohldistelauflauf, Beifuss-Crepes oder Gazpacho mit Senfblättern und Topinambur-Chips. Allerdings sind die Rezept-Angaben auf das Nötigste beschränkt. Deshalb eignet sich dieses Rezeptbuch nur für geübte Köche und solchen, die das Ausprobieren schätzen und eine hohe Toleranz für Misslungenes haben. Da Wildkräuter sich beim Kochen anders verhalten können, zum Beispiel andere Garzeiten haben, wären Tipps für die Leser und Hobby-Köche überaus hilfreich. Ausgesprochen interessant wären sie außerdem. Nur in wenigen Pflanzenvorstellungen ist zu lesen, dass zum Beispiel die Blüten besser schmecken als die Blätter, oder die Fruchtkerne ungenießbar sind. Doch um genau diese Informationen geht es in der Wildkräuterküche: Die wenigsten Leser haben das Glück, als Kinder an die Verarbeitung von Wildkräutern, Beeren und Pilzen, heranführt worden zu sein. Und: Wer profitiert nicht gerne von jahrelangen Erfahrungen eines Starkoches und seinen Tipps und Tricks? Gerade das wäre ein Sahnehäubchen und der besondere Anreiz, das Buch zu kaufen.
Fazit: Das Buch ist nur für Fortgeschrittene und solche, die nach Inspirationen für ihre Wildkräuterküche suchen. Anfängern könnten die Rezepte Anlass sein, sich für Wildpflanzen zu interessieren. Doch sie sollten unbedingt Pflanzen-Bestimmungsbücher kaufen, um dann auf Spaziergängen den sicheren Umgang mit Wildpflanzen zu erlernen. Denn schließlich haben viele Heilpflanzen auch giftige oder ungenießbare Pflanzennachbarn und täuschend ähnliche – Pflanzenvettern.
Couplan, Francois: Wildpflanzen für die Küche.
AT-Verlag, Aarau und München. 5. Auflage 2007. 23.90 €.
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Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (2010).