Schmerzen als eigene Erkrankung (z. B. chronischer Kopfschmerz) oder als Begleiter einer anderen Krankheit (z. B. akute Blasenentzündung) kennt jeder Mensch, genauso wie gängige Schmerzmittel. Doch die Antischmerz-Hilfen der modernen Medizin haben oft einen Pferdefuß: Sie sind nebenwirkungsreich (zum Beispiel Magenblutung durch Aspirin®), können abhängig machen (zum Beispiel Schmerzmittel auf Morphium-Basis), tödlich wirken (siehe Skandal um das vom Markt genommene Vioxx®) oder selbst Schmerzen hervorrufen (sogenannte Analgetika-Kopfschmerzen). Anders pflanzliche Mittel. Sie haben weniger Nebenwirkungen und gehen Schmerzprobleme viel gezielter an. Ihr einziges Problem: Weil sie so wenig Nebenwirkungen haben und deshalb kein Rezept mehr benötigen, dürfen sie seit 2004 nicht mehr von den Kassen bezahlt werden. Eine weitere Folge: Für die meisten pflanzlichen Arzneimittel gibt es seither keine Festpreise mehr, Kundinnen und Kunden können also zum Beispiel Preise vergleichen oder Rabatte verlangen.
Weidenrinde (Salicis cortex)
Wirkung Weidenrinde wirkt schmerzlindernd, entzündungshemmend und fiebersenkend. Ihr Hauptwirkstoff Salicin wird in Darm und Leber zu Salicylsäure verarbeitet. Diese ist als isolierte Substanz auch in Aspirin und ähnlichen Mitteln enthalten.
Anwendung Wer öfter Schmerzen hat, zum Beispiel Gelenkrheuma oder häufige Rückenschmerzen, für den ist der Extrakt der Weidenrinde entweder als Basisbehandlung oder alleiniges Schmerzmittel besonders geeignet. Als schnelles Mittel bei akutem Kopfschmerz, zum Beispiel bei einem Kater, ist Weidenrinde nicht so gut geeignet. Denn: Es dauert schon mal viele Stunden oder sogar Tage, bis die Wirkung voll da ist. Geduld ist also angesagt. Bei chronischen Kopfschmerzen ist Weidenrinde jedoch eine gute Alternative.
Tee Etwa 1 bis 2 gehäufte Teelöffel (etwa 2 bis 3 Gramm) getrocknete Weidenrinde mit einer guten Tasse kaltem Wasser ansetzen, einmal aufkochen, dann 5 Minuten ziehen lassen und schließlich abseihen. 3 bis 5 mal täglich 1 Tasse trinken (bei chronischen Schmerzen mindestens 4 Wochen lang).
Präparate In der Apotheke gibt es Fertig-Präparate mit standardisierter Wirkstoffmenge. Die Monatskosten liegen bei etwa € 11–19 und sind damit etwa 10 mal so hoch wie bei künstlich hergestellten Schmerzmitteln.
Hinweis * Millionenfach bekommen Verwender von Aspirin und ähnlichen Schmerz- und Rheumamitteln (sogenannte “nicht-steroidale Antirheumatika”, NSAR) Magenblutungen und Magengeschwüre als häufigste Nebenwirkung. Dieser Angriff auf die zarte Magenschleimhaut fällt bei natürlichen Weidenrinden-Präparaten weitgehend aus. * Manche Menschen haben eine Überempfindlichkeit gegen Salicylsäure – für sie ist weder Aspirin noch Weidenrinde etwas.
Bockshornklee (Trigonella foenum graecum)
Bockshornklee (Trigonella foenum graecum)
Wirkung Innerlich eingenommen wirken die Samen des Bockshornklees bei zahlreichen Erkrankungen heilsam, sogar bei der Zuckerkrankheit oder Hormonproblemen. Äußerlich als Auflage oder Wickel angewandt, hemmt Bockshornkleesamen Entzündungen und lindert Nasennebenhöhlen-Entzündungen, Atemwegs- oder rheumatische Beschwerden.
Anwendung Die geschroteten Samen nehmen die achtfache Menge an Wasser auf: 30 bis 50 Gramm Samenpulver (Apotheke) mit einem Viertel Liter Wasser 10 Minuten leicht kochen. Die Menge reicht, um 4- bis 5‑mal eine 10 x 10 Zentimeter große Fläche eines Leinentuches dick zu bestreichen. Dann auflegen und fixieren; nach etwa zwei Stunden die Auflage erneuern. Die Auflage verklebt in dieser Zeit nicht mit den Hauthaaren und lässt sich gut entfernen. Bereits vor 4000 Jahren lobten die Ägypter diese Anwendung.
Präparate Ein Fertigpräparat erleichtert die Anwendung erheblich. Wärmende Auflage helfen besonders gut bei Schmerzen durch verspanntes, verkrampftes, verhärtetes Gewebe (Hexenschuss, muskulärer Hartspann, verspannungsbedingter Kopfschmerz, HWS‑, LWS-Syndrom). Aber auch bei schmerzhaften Beschwerden des degenerativen rheumatischen Formenkreises und als Begleittherapie bei Sinusitis und Bronchitis (Teuto® Wärme Auflage, PZN 1672747).
Hinweis * Ähnliche Präparate stehen auch als kühlende Sog-Auflage zur Verfügung. Sie sind besonders bewährt bei Gelenkschwellungen nach Sport- oder anderen Verletzungen oder bei Haut- oder Nagelbett-Entzündungen, Akne und talgbetonte Hautausschläge.
Teufelskralle (Harpagophythi radix)
Wirkung Extrakte aus Teufelskrallenwurzel wirken nicht nur schmerzstillend, sondern auch anti-entzündlich (ähnlich wie Weidenrinde). Ein Hauptwirkstoff ist Harpagosid, viele weitere sind bekannt.
Anwendung Besonders wirksam bei häufigen Rückenschmerzen oder Muskelschmerzen. Aber wegen der knorpelschützenden Wirkung auch bei degenerativen, rheumatischen Gelenkerkrankungen. Hier ergänzt Teufelskralle die Standard-Medikamente. Und hilft dabei, die Menge der verordneten Schmerz- und Rheumamittel zu verringern. Dies ist besonders positiv, weil sich damit natürlich auch die Nebenwirkungen dieser Mittel verringern. Bei leichterer Erkrankung kann auch ganz auf andere Mittel verzichtet werden (sprechen Sie mit Ihrem Arzt).
Tee Für Tee zur Langzeittherapie schmerzhafter Gelenkerkrankungen (“Rheuma”) übergießen Sie 1 bis 2 Teelöffel (etwa 4,5 bis 9 Gramm) Teufelskrallenwurzel mit 300 Milliliter kochendem Wasser. Bei Raumtemperatur 8 Stunden stehen lassen, dann abseihen, in 3 Portionen aufteilen und diese über den Tag verteilt trinken. Wichtig: Der Tee sollte mindestens über 2 bis 3 Monate verwendet werden.
Präparate Teufelskrallenwurzel wird vor allem als Trockenextrakt in Form von Dragees oder Tabletten verkauft. Die Monatskosten liegen etwa bei € 11–18.
Hinweis * Teufelskralle ist in Südafrika traditionell ein vorzügliches Mittel bei Appetitlosigkeit und Magenproblemen (saures Aufstoßen, Völlegefühl, Sodbrennen).
Cayennepfeffer (Capsici fructus acer)
Wirkung Wichtigste Wirkstoffe sind die Scharfstoffe, besonders Capsaicin. Wird es auf die Haut aufgetragen, steigt die Durchblutung an, die Stelle rötet sich, und es breitet sich ein angenehmes Wärmegefühl aus. Dadurch lösen sich muskuläre Verspannungen, die oft an Schmerzen schuld sind. Anders als Wärmflaschen oder heiße Bäder lindert Cayennepfeffer-Extrakt aber auch direkt Schmerzen. zum Beispiel weil er die Freisetzung von Schmerz-Botenstoffen der Nerven (Substanz P) hemmt. Und: Durch allmähliche Veränderung von schmerzübertragenden Nervenenden entsteht bei mehrwöchiger Anwendung auch eine nachhaltige Schmerzlinderung.
Anwendung Besonders effektiv ist Cayennepfefferextrakt bei schmerzhaften Muskelverspannungen im Bereich von Schultern und Rücken. Er wirkt aber genauso gut zum Beispiel bei Nervenschmerzen nach einer Gürtelrose oder Schmerzen durch diabetische Nervenschäden.
Präparate Es gibt mehrere Pflaster und Cremes, die Cayennepfeffer-Extrakt enthalten, manchmal kombiniert zum Beispiel mit Weidenrinden-Extrakt (manche auch in Drogerien erhältlich). Die Monatskosten bei den Cremes liegen zwischen € 3–15 (je nach behandelter Hautfläche), Pflaster eignen sich wegen Preis und Haut-Nebenwirkungen nicht für die Langzeitanwendung.
Hinweis * Wenn die Haut nicht überempfindlich reagiert, können entsprechende Präparate wochenlang verwendet werden. * Die neuen Pflaster, die chemisch Wärme erzeugen, wirken nicht anhaltend schmerzlindernd.
Heublumen (Graminis flos)
Wirkung Ähnlich wie bei Cayennepfeffer: Das heißt Steigerung der Durchblutung, Lockerung von Muskelverspannungen und über Hautreflexe Schmerzlinderung. Ätherische Öle unterstützen die entspannende Wirkung.
Anwendung (nur Akuttherapie) Über Wasserdampf auf 42 Grad Celsius erhitzte Heublumen-Säckchen werden als heiße Kompressen 1 bis 2 täglich auf die schmerzenden Stellen aufgelegt. Sie bleiben 30 bis 60 Minuten liegen.
Präparate Im Handel sind verschiedene Fertig-Kompressen in unterschiedlichen Größen erhältlich.
Pfefferminze (Oleum menthae piperitae)
Pfefferminze (Oleum menthae piperitae)
Wirkung Vor allem in Blüten und Blättern enthält diese Heilpflanze viel ätherische Öle, vor allem Menthol. Weil sie nach dem Auftragen auf die Haut rasch verdunsten, und so Verdunstungskälte herbeiführen, werden Nerven betäubt (“Lokal-Anästhesie”). So kommt es oft rasch zur örtlichen Schmerzlinderung. Pfefferminzöl gelangt auch bei äußerer Anwendung rasch in den Körper, wirkt dort auf Muskeln und Adern krampflösend. Deshalb ist es besonders zur Behandlung von Spannungskopfschmerzen geeignet, der häufigsten Kopfschmerzform überhaupt.
Anwendung (nur Akuttherapie) Zur äußerlichen Anwendung gegen Kopf- oder Muskelschmerzen werde nur wenige Tropfen Pfefferminzöl aufgetragen und verrieben, zum Beispiel auf Stirn und Schläfe. Das ist mehrmals täglich erlaubt.
Präparat Mentholhaltige Pfefferminzöle gibt es in Apotheken und Drogerien.
Hinweis * Nicht in der Nähe der Augen (Schmerz, starkes Tränen) und * nicht bei Säuglingen und Kleinkinder anwenden (kann die Atmung verschlechtern).
Johanniskraut (Hyperici herba)
Johanniskraut (Hyperici herba)
Wirkung Johanniskraut mit seinem Hauptwirkstoff Hyperforin wirkt entspannend, angstlösend und stimmungsaufhellend (= pflanzliches “Anti-Depressivum”). Dies ist besonders bei chronischen Schmerzen wichtig, weil diese zu depressiven Verstimmungen führen können.
Anwendung Deshalb gehören Antidepressiva auch in der “normalen” Schmerztherapie zu den wichtigen Heilmitteln (neben Schmerzmitteln). Wenn sich Schmerzkranke nämlich wieder besser fühlen, können sie auch besser mit ihren Schmerzen umgehen und brauchen dann oft weniger Schmerzmittel.
Tee Pro Tasse 1 bis 2 Teelöffel (2 bis 4 Gramm) Johanniskraut mit 1 Tasse siedendem Wasser überbrühen, 5 bis 10 Minuten ziehen lassen, dann abseihen. Regelmäßig morgens und abends 1 bis 2 Tassen frisch zubereiteten Tee trinken. Es kann einige Wochen bis zum Eintritt der antidepressiven Wirkung dauern.
Präparate Zahlreiche Fertigpräparate stehen zur Verfügung. Achtung: Die Therapie mit Johanniskraut wird von den Kassen teilweise bezahlt, fragen Sie Ihren Arzt also nach einem Kassenrezept.
Hinweis * Bei hellhäutigen Personen kann es vorübergehend zu einer erhöhten Lichtempfindlichkeit der Haut kommen (z. B. leichter Sonnenbrand).
Hinweis: Alle Heilpflanzen bekommen Sie in teefertiger Form in der Apotheke, genauso wie Fertigpräparate aus den jeweiligen Pflanzen (sofern diese hergestellt werden).
Autor
• Rainer H. Bubenzer, Heilpflanzen-Welt (2008).
weitere Infos
Weidenrinde – Renaissance eines pflanzlichen Schmerzmittels
Salicis cortex (Weidenrinde).
Weidenrinde
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