Gatersleben: Europas größte Samenbank

Pflanzen-Samenbank: Bewahren und Forschen

In der Nähe des Har­zes befin­det sich die ältes­te und größ­te Samen­bank Euro­pas. Ihr Auf­trag: Alte Kul­tur­pflan­zen und Pflan­zen­gene für die For­schung zur Ver­fü­gung zu stel­len und für nach­fol­gen­de Gene­ra­tio­nen zu bewahren.

IPK-Haupt­ge­bäu­de

Die Samen­bank ist eine Beson­der­heit des Leib­niz-Insti­tuts für Pflan­zen­genetik und Kul­tur­for­schung (IPK). Dort wird auf der Grund­la­ge des Pflan­zen­ma­te­ri­als der Samen­bank grund­la­gen- und anwen­dungs­ori­en­tier­te Kul­tur­pflan­zen­for­schung betrie­ben. Die Gen­bank ent­hält mitt­ler­wei­le über 3.000 bota­ni­sche, vor­wie­gend mit­tel­eu­ro­päi­sche Arten. Wis­sen­schaft­ler des Insti­tu­tes unter­neh­men aber auch welt­wei­te “Sam­mel­rei­sen”, um vor allem die ver­wand­ten Wild­ar­ten als Vor­läu­fer und gene­ti­sche Basis unse­rer heu­ti­gen Kul­tur­pflan­zen in ihren Ursprungs­ge­bie­ten mit in den Bestand einzupflegen.

Auf den ers­ten Blick mag die Ein­la­ge­rung von 3.000 Arten aus 900 ver­schie­de­nen Gat­tun­gen gemes­sen an den etwa 250.000 welt­weit bekann­ten Arten nicht viel sein. Doch rela­ti­vie­ren sich die­se Zah­len schnell, ange­sichts von nur 4.900 Kul­tur­pflan­zen­ar­ten welt­weit. Ins­ge­samt lagern in der Gen­bank 150.000 ver­schie­de­ne Kul­tur­pflan­zen­mus­ter. Ein anschau­li­che­rer Beleg ist bei­spiels­wei­se, dass die Samen­bank allein 10.000 Heil­pflan­zen­mus­ter vor­hält. Um die Samen erfolg­reich zu ver­meh­ren und zu erhal­ten, wird ein enor­mer orga­ni­sa­to­ri­scher, ver­wal­tungs­tech­ni­scher und pfle­ge­ri­scher Auf­wand betrie­ben. Denn: Samen sind im bes­ten Fall nur bis zu 30 Jah­ren lebensfähig.

Pflanzenparadies

“Ein­ge­tü­te­te” Sonnenblumen

Einen Ein­druck von der akri­bi­schen Arbeit kön­nen sich Besu­cher selbst ver­schaf­fen. Eine recht­zei­ti­ge Vor­anmel­dung ist jedoch nötig. Wer die stren­ge Ein­gangs­kon­trol­le hin­ter sich hat, sieht sich zunächst zahl­rei­chen Insti­tuts­ge­bäu­den gegen­über. Die­se ste­hen wie in einem Dorf ähn­lich an klei­nen Stra­ßen, aller­dings ohne umzäun­te Vor­gär­ten. Gleich auf den ers­ten Blick zeigt sich, dass die Bota­nik Schwer­punkt des Insti­tuts ist: Wohin das Auge fällt – über­all sind schö­ne Blu­men­bee­te ange­legt, hän­gen Blu­men­töp­fe mit über­quel­len­den Blu­men­ar­ran­ge­ments an Ein­gän­gen oder die­nen unbe­kann­te, üppi­ge Kübel­pflan­zen als Weg­wei­ser. Pflan­zen­lieb­ha­ber kom­men in jedem Fall ins Schwär­men. Im Vavil­ov-Haus war­tet Rena­te Kurch, um eine Füh­rung über das Gelän­de zu über­neh­men. Sie ist Lei­te­rin der soge­nann­ten “Heil­pflan­zen-Grup­pe”. Sie erzählt, dass ins­ge­samt fünf Sor­ti­ments­grup­pen für die über­ge­ord­ne­ten Arten Getrei­den, Legu­mi­no­sen, Gemü­se I und II und eben Heil­pflan­zen bestehen. Jede Sor­ti­ments­grup­pe setzt sich aus vier bis sechs Per­so­nen zusam­men und arbei­tet weit­ge­hend selbst­stän­dig. Die Anzahl der mit­ar­bei­ten­den Per­so­nen schwankt sai­son­be­dingt zwi­schen den Jahreszeiten.

Ursprünglichkeit erhalten

Gewächs­häu­ser: Schutz, um Pflan­zen vor äuße­ren Bedin­gun­gen frei zu halten

Von ihrem Büro aus führt Kurch die lan­gen Flu­re des Insti­tuts ent­lang, vor­bei an zahl­rei­chen Labo­ren. “In den Labo­ren wird über­prüft, ob die ein­ge­la­ger­ten Samen noch keim­fä­hig sind”, erklärt Kurch zu Beginn der Füh­rung. Sie eilt jedoch an ihnen vor­über, denn zunächst will sie das weit­läu­fi­ge Außs­sen­ge­län­de zei­gen. “Die Keim­fä­hig­keit ent­schei­det dar­über, ob wir die Samen wei­ter­hin lagern kön­nen, oder ob sie auf den Fel­dern aus­ge­bracht und neue gewon­nen wer­den müs­sen”, so Kurch. Denn die Haupt­auf­ga­be der Gen­bank ist, immer lebens­fä­hi­ge, das heisst keim­fä­hi­ge Samen vor­zu­hal­ten, damit die­se für die For­schung bereit ste­hen. “Eine beson­de­re Schwie­rig­keit besteht dar­in, dass das Samen­ma­te­ri­al mög­lichst ursprüng­lich erhal­ten blei­ben soll”, so Kurch, “doch den ver­ant­wort­li­chen Wis­sen­schaft­lern des Insti­tuts ist bewusst, dass sich schon allein durch Umwelt­be­din­gun­gen, Ein­flüs­sen wie Kli­ma oder Boden­be­schaf­fen­heit, Ver­än­de­run­gen in der Erb­infor­ma­ti­on der neu gewon­ne­nen Samen erge­ben können”.

Tierische Helfer

Vor dem Haus ste­hen Mit­ar­bei­tern Fahr­rä­der zur Ver­fü­gung. “Sie sind unser Fort­be­we­gungs­mit­tel”, sagt sie und fügt hin­zu, dass ohne die Velos zu viel Zeit ver­geu­det wür­de, denn schließ­lich gehö­ren zum IPK etwa 100 Hekt­ar Land. Per Fahr­rad geht es zunächst an zahl­lo­sen Gewächs­häu­sern vor­bei. “Wir haben ins­ge­samt 170 sol­cher klei­nen Gewächs­häu­ser und kön­nen somit auf klei­nem Raum fremd­be­fruch­ten­de Arten sicher iso­lie­ren”, sagt Kurch. Sie steigt vom Fahr­rad und betritt eines der klei­ne­ren Gewächs­häu­ser. Hier ste­hen Cal­en­du­la und Dill zusam­men, da sich die­se Pflan­zen nicht kreu­zen. Kurch zeigt in eine Nische in der Nähe der Tür: Dort woh­nen ein paar Bie­nen in einer Papp­schach­tel in Bam­bus­stä­ben, die als Nist­hil­fen die­nen. All­jähr­lich kauft das Insti­tut von Imkern Soli­tär­bie­nen als Kokons. Die geschlüpf­ten Bie­nen über­neh­men Bestäu­bungs­auf­ga­ben und ken­nen nichts ande­res als “ihr” Gewächs­haus: Auch das ist eine Maß­nah­me, um uner­wünsch­te gene­ti­sche Ein­flüs­se mög­lichst klein zu hal­ten. Auch in die angren­zen­den, gro­ßen Gewächs­häu­ser gibt Kurch einen Ein­blick: Um es auch hier nicht zu einer soge­nann­ten Ein­kreu­zung kom­men zu las­sen, ste­hen rei­hen­wei­se klei­ne­re Gaze­ka­bi­nen zur Ver­fü­gung, um so Kreu­zun­gen mit den ande­ren Pflan­zen zu verhindern.

Grüne Daumen nötig

Geschütz­te Heilpfanzen-Anbaufläche

Kurch führt dann wei­ter an einem park­ähn­li­chen Gelän­de mit altem Baum­be­stand vor­bei zum Dau­er­gar­ten, wo mehr­jäh­ri­ge Pflan­zen wach­sen. Es ist ein gro­ßes Feld umsäumt von hohen, wind­schüt­zen­den Hecken und bepflanzt mit 150 akku­ra­ten Pflan­zen­rei­hen. Jede Pflan­zen­rei­he besteht wie­der­um aus 16 Par­zel­len, die in genü­gend wei­tem Abstand (70 Zen­ti­me­ter bis zu einem Meter) zuein­an­der ste­hen. In jeder Par­zel­le wird eine Akzes­si­on gezo­gen, zur Blü­te und hof­fent­lich spä­ter zur Samen­bil­dung gebracht. Mit einer wei­ten Hand­be­we­gung zeigt Kurch auf die Rei­hen “das sind auch unse­re Zög­lin­ge”, sagt sie und schrei­tet durch die Rei­hen. Sie kennt alle Pflan­zen und hat zu vie­len eine beson­de­re Bezie­hung. So bleibt sie vor einem statt­li­chen Mönchs­pfef­fer-Busch ste­hen. “Die­ser Vitex agnus-cas­tus hat uns viel Kum­mer berei­tet”, erzählt sie. Jah­re­lang woll­te die Pflan­ze nicht gedei­hen. “Wir fan­den dann her­aus, dass ihm der vor­he­ri­ge Stand­ort zu zugig war. Doch seit­dem er einen wind­ge­schütz­ten Platz hat, gedeiht er präch­tig”. Kurch ist eine von vie­len Mit­ar­bei­te­rin­nen, die einen sehr grü­nen Dau­men haben. Das ist auch not­wen­dig, denn jede Pflan­ze benö­tigt “ihre beson­de­ren” Wachs­tums­be­din­gun­gen. “Bei unse­ren Sor­gen­kin­dern ist es nötig, sich in die Pflan­ze hin­ein­zu­ver­set­zen”, sagt sie. “Wir fra­gen uns, wo kommt die Pflan­ze her, wel­ches und wie viel Licht braucht sie”. Nur so kön­nen natür­li­che Bedin­gun­gen nach­ge­stellt wer­den, um tat­säch­lich an die Samen zu gelan­gen. “Man­chen Samen müs­sen wir jedoch prak­tisch hin­ter­her­lau­fen”, erklärt sie schmun­zelnd. Bein­well bei­spiels­wei­se lässt sei­ne rei­fen Samen inner­halb von ein paar Stun­den fal­len. “Wenn wir dann eine Aus­beu­te von 10–20 Samen bekom­men, ist das schon viel”.

Alles Handarbeit

Samen ern­ten

Wei­ter draus­sen auf den Fel­dern herrscht geschäf­ti­ges Trei­ben. Auch dort wer­den vor­wie­gend Samen geern­tet. Ern­te­hel­fe­rin­nen ste­hen in gebück­ter Hal­tung. Sie tra­gen Hand­schu­he und nut­zen Papp­tel­ler, um die Samen auf­zu­fan­gen. Danach wer­den die­se in Beu­tel ver­packt. Ande­re neh­men die Beschrif­tung vor oder sor­gen für die sorg­fäl­ti­ge Trans­port-Ein­la­ge­rung. Dabei neh­men sich die Mit­ar­bei­ter strikt getrennt die unter­schied­li­chen Heil­pflan­zen vor. Es ist eine müh­sa­me und kon­zen­trier­te Arbeit, denn Ver­wechs­lun­gen oder das Zusam­men­brin­gen unter­schied­li­cher Samen dür­fen nicht passieren.

Dokumentation ist alles

Hand­ar­beit: Getrei­de­kör­ner wer­den sor­tiert, gezählt, eingetütet

Auf dem Rück­weg erklärt Kurch, dass es wäh­rend des gan­zen Jah­res für die Sor­ti­ments­grup­pen viel zu tun gibt: Nach der Aus­brin­gung der Samen ste­hen die Wachs­tums­zy­klen unter stän­di­ger Beob­ach­tung. Dabei wer­den Pflan­zen ver­mes­sen und cha­rak­te­ri­siert (Pflan­zen­hö­he, Blät­ter, Blü­ten­köp­fe), die Ergeb­nis­se genau­es­tens doku­men­tiert. Beim ers­ten Anbau eines neu in die Gen­bank gekom­me­nen Mus­ters wer­den neben dem Samen­be­leg auch noch ein­zel­ne Pflan­zen getrock­net und dem Her­ba­ri­um zuge­führt, um auf Ori­gi­nal-Ver­gleichs­ma­te­ri­al zurück­grei­fen zu kön­nen. Somit kön­nen im Zwei­fels­fal­le Pflan­zen aus ver­schie­de­nen Zyklen und Jah­ren mit­ein­an­der ver­gli­chen und gege­be­nen­falls Ver­än­de­run­gen aus­ge­macht werden.

Dr. Loh­was­ser: Kür­bis­sa­men müs­sen getrock­net, gezählt, aus­mes­sen werden

Wie­der ins Vavil­ov-Haus zurück­ge­kehrt, über­nimmt Ulri­ke Loh­was­ser die Füh­rung inner­halb des Hau­ses in ihrer Funk­ti­on als Taxo­no­min. Das heisst, sie klas­si­fi­ziert “in letz­ter Instanz” frag­li­che Samen oder Pflan­zen. Zu ihren Auf­ga­ben­be­rei­chen gehö­ren außer­dem das Qua­li­täts­ma­nage­ment der Gen­bank und der Ver­wal­tung. Loh­was­ser führt zunächst durch ver­schie­de­ne Labo­re. Dort wer­den gera­de geern­te­te Samen ent­we­der gerei­nigt und zur Vor­trock­nung vor­be­rei­tet oder gela­ger­te Samen kon­troll­wei­se zum Kei­men gebracht. Auch dort wird gezählt, gewo­gen, ver­mes­sen und doku­men­tiert. Loh­was­ser ist stolz auf ihre lang­jäh­ri­gen und hoch qua­li­fi­zier­ten Mit­ar­bei­te­rIn­nen, die ihr durch selbst­stän­di­ges Arbei­ten Frei­raum für ihre wis­sen­schaft­li­che Arbeit ver­schaf­fen. Nur in Zwei­fels­fäl­len wird Loh­was­ser hin­zu­ge­zo­gen, um Pflan­zen 100 pro­zen­tig ein­deu­tig zu bestimmen.

Das Herzstück: Kühlräume

Dr. Loh­was­ser im Kühl­raum. Er ent­hält 27.000 Weck­glä­ser mit Samen

Dann führt Loh­was­ser die Schatz­kam­mern der Samen­bank vor: Sie bestehen aus meh­re­ren Kühl­räu­men, in denen unter­schied­li­che Tem­pe­ra­tu­ren (minus 15 Grad und Null Grad Cel­si­us) herr­schen. Hin­ter jeder Tür eines Kühl­rau­mes befin­den sich ent­we­der fest­ste­hen­de oder rol­len­de Regal­schrän­ke, die pro Kühl­raum etwa 27.000 Samen-Weck­glä­ser beher­ber­gen. Vor ihrer end­gül­ti­gen Ein­la­ge­rung wur­den die Samen einer sorg­fäl­ti­gen Vor­be­rei­tung unter­zo­gen: Nach der maschi­nel­len Rei­ni­gung wur­den die Samen hand­ver­le­sen, eine Woche lang vor­ge­trock­net und schließ­lich in Glä­ser mit Sili­ca­gel­päck­chen ver­packt, um die Rest­feuch­te her­aus­zu­hal­ten. “Der gan­ze Auf­wand ist not­wen­dig, um zu ver­hin­dern, dass Keim­pro­zes­se statt­fin­den”, erläu­tert Loh­was­ser. “Die­se wür­den ver­hin­dern, dass die Saat spä­ter wie­der auf­geht”. Aber auch an der bes­ten Lage­rung wird wei­ter geforscht. Ande­re For­men wie die Kryo­kon­ser­vie­rung (in flüs­si­gem Stick­stoff) sind rela­tiv jung. “Bis­he­ri­ge For­schun­gen haben erge­ben, dass es län­ger dau­ert, bis man aus den ein­ge­fro­re­nen Spros­sen wie­der gan­ze Pflan­zen her­an­ge­zo­gen hat”, erzählt Loh­was­ser. Neben der Lage­rung in der Gaters­le­be­ner Samen­bank kommt neu­er­dings ein klei­ner Teil der Ern­te nach Spitz­ber­gen als Sicher­heits­du­pli­kat in die Höh­len der Arktis”.

Tau­sen­de von Samenröhrchen

Loh­was­ser zeigt dann ande­re Schät­ze des Insti­tuts. Die Gen­bank beher­bergt außer­dem bota­ni­sche Archiv­samm­lun­gen, ein Her­ba­ri­um, eine Früch­te- und Ähren­samm­lung mit über 500.000 Beleg­mus­tern. Die Ähren­samm­lung ist bei­spiels­wei­se eben­falls in Roll­schrän­ken unter­ge­bracht, die sich in end­lo­sen Metern hin­zie­hen: Jede Getrei­de­sor­te ist in einer Papp­schach­tel mit getrock­ne­ten Ähren sowie Getrei­de­kör­nern in einem Glas­röhr­chen unter­ge­bracht. Es ist inter­es­sant zu sehen, wel­che “Vor­fah­ren” gegen­wär­ti­ges Getrei­de hat und wie es sein Aus­se­hen im Lau­fe der Jah­re ver­än­der­te. “Vie­le Pflan­zen­züch­ter, Wis­sen­schaft­ler oder inter­es­sier­te Hob­by­gärt­ner kom­men vor ihrer Samen­be­stel­lung zu uns, um sich in den bota­ni­schen Archiv­samm­lun­gen umzu­se­hen”, so Loh­was­ser. “Denn jeder kann nach Unter­zeich­nung einer Mate­ri­al­trans­fer­ver­ein­ba­rung bei uns Saat­gut bestellen”.

Her­ba­ri­ums­blatt

Die Samm­lun­gen in Gaters­le­ben gehö­ren nach den Samen­ban­ken in den USA und Bei­jing in Chi­na zu den größ­ten und umfang­reichs­ten der Welt. Zuletzt führt Loh­was­ser in die Räu­me des Her­ba­ri­ums. Wer Zeit mit­bringt, kann auch hier Ent­wick­lun­gen ent­de­cken oder sich ein­fach an den sorg­fäl­tig getrock­ne­ten, auf­ge­kleb­ten Pflan­zen, ihren Unter­schie­den und außer­or­dent­li­chen Viel­falt erfreu­en. In Anbe­tracht der Samm­lung von so vie­len Samen oder Pflan­zen­mus­tern ent­steht der Ein­druck eines Muse­ums. Gegen die­sen Ein­druck ver­wehrt sich Loh­was­ser jedoch vehe­ment: “Wir sind ganz und gar kein Muse­um! Unse­re Auf­ga­be ist es, die gene­ti­sche Viel­falt für nach­fol­gen­de Gene­ra­tio­nen zu bewah­ren oder sie For­schern und Züch­tern zur Ver­fü­gung zu stel­len. Und nicht zuletzt ist die Samen­bank ein Teil eines Gan­zen. For­schung wird groß geschrie­ben: Wir wol­len so viel wie mög­lich von den Pflan­zen, ihrer Ent­ste­hung und mög­li­chen Ent­wick­lun­gen wissen”.

Geschichtliches:

1943 wur­de das “Insti­tut für Kul­tur­pflan­zen­for­schung” als Mit­glied der Kai­ser-Wil­helm-Gesell­schaft in Tut­ten­hof bei Wien gegrün­det. Ende des Zwei­ten Welt­kriegs erhiel­ten die For­scher in Gaters­le­ben die Mög­lich­keit ihre Arbeit fort­zu­set­zen. Die Deut­sche Demo­kra­ti­sche Repu­blik betrieb das Nach­fol­ge­insti­tut ab 1948 zunächst unter glei­chem Namen in der Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten wei­ter. Es wur­de nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung Deutsch­lands am 31. Dezem­ber 1991 for­mell auf­ge­löst und zum 1. Janu­ar 1992 als “Insti­tut für Pflan­zen­genetik und Kul­tur­pflan­zen­for­schung” neu gegrün­det. Heu­te besteht das IPK aus den fünf Abtei­lun­gen – Gen­bank, Cyto­ge­ne­tik und Genom­ana­ly­se, Mole­ku­la­re Gene­tik, Mole­ku­la­re Zell­bio­lo­gie sowie Ver­wal­tung und zen­tra­le Dienste.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: www.ipk-gatersleben.de

Autorin
• Mari­on Kaden, natür­lich leben (2010).

1 Gedanke zu „Gatersleben: Europas größte Samenbank“

  1. Sehr geehr­te Damen und Herren,

    auf Ihrer Inter­net­sei­te bin ich auf die Prä­sen­ta­ti­on der Urge­trei­de­sor­ten auf­merk­sam geworden.
    Ich for­sche zu einem Flur­na­men „Der Emmers­berg“. Der Emmers­berg mit Goog­le Earth Koor­di­na­ten N52° 3,676‘ E 11° 15,205‘ und ca. 182 m, ist ein Hügel mit sanft anstei­gen­den Hän­gen. Der Emmers­berg liegt auf der nörd­li­chen Sei­te der Bode­n­ie­de­rung, dem Gro­ßen Bruch und dem Sau­ren Holz, nörd­lich von Emme­rin­gen, einem Orts­teil von Oschers­le­ben. Der Hügel bzw. die Regi­on wird seit Jahr­hun­der­ten, wenn nicht sogar seit Jahr­tau­sen­den land­wirt­schaft­lich genutzt. Wir haben eine Inter­es­sen­ge­mein­schaft für die Gestal­tung eines Sagen- & Geschichts­wan­der­we­ges von Oschers­le­ben nach See­hau­sen gebil­det. Auf dem benann­ten Weg haben wir bereits 3 Infor­ma­ti­ons­ta­feln für die Erläu­te­rung unse­rer Hei­mat­ge­schich­te auf­ge­stellt. Das dar­ge­stell­te The­ma, den Flur­na­men, der Emmers­berg, möch­ten wir eben­falls auf eine Infor­ma­ti­ons­ta­fel Prä­sen­tie­ren. Aus die­sem Grund sen­de ich Ihnen mei­ne aus­führ­li­che Anfra­ge mit der Bit­te um Unterstützung.

    Mit­tels der Flur­na­men­for­schung möch­te ich ver­su­chen die Her­kunft, die Wort­be­deu­tung und die Benen­nung der heu­te noch land­wirt­schaft­lich genutz­ten Flä­che ergrün­den. Aus Gesprä­chen mit orts­an­säs­si­gen Bür­gern wird die Her­kunft des Namens auf die bereits genann­te Ort­schaft Emme­rin­gen, als eine land­wirt­schaft­lich genutz­te Flä­che, bezo­gen. Aus einer Arbeit von 1921, von Herr­mann Krab­bo, ein Archi­var, His­to­ri­ker und Hoch­schul­leh­rer, zur Erfor­schung der Gerichts­stät­te auf dem Emmers­berg ist mir bekannt, dass sich der Name, die Schreib­wei­se der unter­such­ten Regi­on mehr­fach gewan­delt hat.

    Bezo­gen auf die Jah­re wird der Ort:

    1290 – „ in mon­te, qui Emers­berch nuncupatur.“

    1295 „in mon­te Emer­berc“, „Emmer­berc“ und „Eme­ren­berch“

    benannt. Her­mann Krab­bo und der His­to­ri­ker, Herr Dr. Möl­len­berg schlie­ßen ihre Arbeit mit der Bezeich­nung des Ortes mit der heu­ti­gen Schreib­wei­se „Emmers­berg“. In der Annah­me, dass die Orts- bzw Flur­be­zeich­nung nicht von der Ort­schaft Emme­rin­gen abge­lei­tet ist, möch­te ich eine ande­re Namen­s­her­kunft prü­fen. Wie ein­lei­tent dar­ge­stellt, wird der Hügel bzw. die Regi­on seit Jahr­hun­der­ten, wenn nicht sogar Jahr­tau­sen­den land­wirt­schaft­lich genutzt. Durch die Aus­brei­tung des Acker­baus wäh­rend des Neo­li­thi­kum und in der Bron­ze­zeit kam das Urge­trei­de, „der Emmer“, auch Zwei­korn genannt, bis nach Mit­tel­eu­ro­pa, also auch in unsere

    Regi­on. Es könn­te also sein, dass sich die Orts­be­zeich­nung auf die land­wirt­schaft­li­chen Anbau­flä­che bezieht.

    Mit­tels der Ablei­tung des Wor­tes auf sei­ne Wur­zel, möch­te ich ver­su­chen den Nach­weis erbrin­gen, die eigent­li­che wah­re Bedeu­tung zur Erklä­rung des Wor­tes, der „Wahr­heit“ näher kommen.

    So zum Beispiel:

    – der Auers­berg, ein belieb­tes Aus­flug­ziel im Erzgebirge

    - der Kalk­berg, der höchs­te Aus­sichts­punkt in Lüne­burg und

    - der Edel­berg, die höchs­te Erhe­bung im Hohen Holz

    Die Orts­be­zeich­nung „Emmers­berg“ setzt sich aus den bei­den Wör­tern „Emmer“ und dem Grund­wort „Berg“ zusam­men. Das ert­se Sub­stan­tiv, der „Emmer“, ist eine Urge­trei­de­art, auch Zwei­korn, eine alte Wei­zen­art und wird auch ‘Som­merd­in­kel’ genannt. Zum Ver­ständ­nis, sind die Pha­sen der Her­aus­bil­dung der deut­schen Spra­che zu beach­ten. Es wird davon aus­ge­gan­gen, dass die deut­sche Spra­che der soge­nann­ten indo­ger­ma­ni­schen Urspra­che ent­stammt. Die­se hypo­the­ti­sche Mut­ter vie­ler Spra­chen soll um 3500 v. Chr. nörd­lich vom Schwar­zen Meer und dem Kas­pi­schen Meer gespro­chen wor­den sein.

    Im ers­ten Jahr­tau­send v. Chr. bil­de­te sich aus die­ser die ger­ma­ni­sche Urspra­che her­aus. Um das 6. Jahr­hun­dert n. Chr. ent­wi­ckel­te die­se sich zum soge­nann­ten „Alt­hoch­deutsch“ weiter.

    Etwa ab 1050 sprach man in deutsch­spra­chi­gen Gebie­ten „Mit­tel­hoch­deutsch“. Berühm­te Tex­te aus dem Mit­tel­al­ter wie “Die Nibe­lun­gen” sind in die­ser Spra­che verfasst.

    Seit 1350 war das Früh­neu­hoch­deutsch gebräuch­lich. Unge­fähr seit 1650 wird „Neu­hoch­deutsch“, das heu­ti­ge Deutsch, gespro­chen und geschrie­ben. Damit begann die jüngs­te Pha­se der Ent­wick­lung der deut­schen Spra­che, die bis heu­te andauert.

    Der „Emmer“ mit der Deu­tung der wich­tigs­ten Stan­dart­va­ri­an­ten in den ver­schie­de­nen Sprachregionen.

    ahd. (Alt­hoch­deutsch) – amarm. (ca 10. Jh.),

    mhd. (Mit­tel­hoch­deutsch) – ama­ro m., ama­ri n.,

    asächs. (Alt­säch­sisch – amer, emer,

    nhd. (Nie­der­deutsch, Nie­der­hoch­deutsch, Platt­deutsch) – amer,

    sowie schweiz. – Emmer, Ammer, Ämmer; ver­deut­li­chend Ammel‑, Emmerkorn,

    ver­kürzt schweiz. Merkorn,

    ent­stellt Hammelkorn.

    Die Bedeu­tung des Wort­stamms „Berg“ wur­de ein­lei­tend beschrieben.

    Quel­le: https://www.dwds.de/wb/Emmer

    Die wirk­li­che Her­kunft des Namens ist jedoch unbekannt.

    Ich suche nach Bele­gen, wel­che das frü­he Vor­han­den­sein des Urge­trei­des „Emmer“ in unse­rer Regi­on belegen.

    Sind ihnen Fun­de bzw. Vor­kom­men mit dem Urge­trei­de Emmer bekannt?

    Wenn ja, dann bit­te ich um Rück­in­for­ma­ti­on, wann, wer, wo, wie, war­um was gefun­den hat.

    Mit freund­li­chen Grüßen

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