Lesetipp: Molekulare, ayurvedische Küche: Der Koch

“Essen hält Leib und See­le zusam­men”, so lau­tet ein belieb­tes deut­sches Sprich­wort. Dass Lie­be durch den Magen geht, ist den meis­ten Men­schen eben­falls bekannt. Denn gutes Essen befrie­digt nicht nur den Hun­ger, son­dern kann die Sin­ne und sogar die sexu­el­le Lust anre­gen. Auf jedem Kon­ti­nent wach­sen Aphro­di­sia­ka (sexu­ell anre­gen­de Pflan­zen), die in den Küchen der Welt zu lust­stei­gern­den Gerich­ten ver­ar­bei­tet wer­den. Die ayur­ve­di­sche, indi­sche Küche (Ayur­ve­da) hat in die­sem Bereich allein auf­grund ihrer lan­gen Tra­di­ti­on viel zu bieten.

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Die­sem spe­zi­el­len The­ma hat sich Mar­tin Suter in sei­nem Buch “Der Koch” in beson­de­rer Wei­se ange­nä­hert: Er beschreibt die Geschich­te eines Tami­len, der in der Schweiz Asyl gefun­den hat. Zunächst arbei­tet er in einem noblen Schwei­zer Restau­rant als Küchen­hil­fe und leis­tet Erstaun­li­ches. Aller­dings wird sei­nen Fähig­kei­ten wenig Beach­tung geschenkt – bis eine Schwei­zer Kol­le­gin auf ihn auf­merk­sam wird. Sie ist die ers­te, die in den Genuss der Wirk­sam­keit der aphro­di­sie­ren­den, ayur­ve­di­schen Gerich­te kommt. Sie und der Tami­le wagen den Schritt in die Selbst­stän­dig­keit und bau­en gemein­sam ein Cate­ring auf. Es heisst “Love Food” und rich­tet sich an ein zah­lungs­kräf­ti­ges Kli­en­tel. Die ayur­ve­di­schen, uralten Rezep­tu­ren hat der Tami­le von sei­ner Groß­mutter, die ihm schon als Kind das Kochen bei­brach­te. Der jun­ge Koch kom­bi­niert nun die tra­di­tio­nel­len Gerich­te mit neu­er, mole­ku­la­rer Tech­nik und erzielt damit bei den Kun­den erstaun­li­che, schnel­le Resul­ta­te. Die außer­or­dent­li­che, lust­för­dern­de Wirk­sam­keit der beson­de­ren Küche spricht sich schnell her­um, die Unter­neh­mung floriert.

Neben der vor­der­grün­di­gen Erzäh­lung des Auf­baus und der Umstän­de rund um das Cate­ring, sind noch zwei wei­te­re Erzähl­strän­ge vor­han­den: So wer­den die Umstän­de des Bür­ger­krie­ges in Sri-Lan­ka (bewaff­ne­ter Kampf zwi­schen tami­li­schen Sepe­ra­tis­ten und der Tibe­ra­ti­on Tigers of Tamil Eelam) wie die Subrime-Kri­se auf­ge­grif­fen. Auf unter­halt­sa­me, inter­es­san­te Wei­se wird auf­zeigt, wel­che Aus­wir­kun­gen Welt­po­li­tik auf tami­li­sche Asy­lan­ten und ihren weit ent­fernt leben­den Fami­li­en in Sri-Lan­ka haben kön­nen. Natür­lich spie­len noch kor­rup­te, skru­pel­lo­se Geschäfts­män­ner ein Rolle.

Die Geschich­te ist eine gelun­ge­ne Mix­tur. Sie ist gewürzt mit vie­len appe­tit­an­re­gen­den Pas­sa­gen, die neu­gie­rig auf die ayur­ve­di­sche Küche machen kön­nen. Es kom­men auch gän­gi­ge Heil­pflan­zen dar­in vor wie Bocks­horn­klee­sa­men, Knob­lauch, Soya, Kur­ku­ma oder Kori­an­der bei­spiels­wei­se. Am Ende fin­den geneig­te Leser sogar die Erfolgs­re­zep­te von Love Food zum Nach­ko­chen. Die Rezep­te sind nur kurz und knapp dar­ge­stellt. Inter­es­sier­te wer­den sich vor allem auch mit den Tech­ni­ken der mole­ku­la­ren Tech­ni­ken und Tex­tu­ren aus­ein­an­der­setz­ten müs­sen, bevor die ver­spro­che­ne (mög­li­cher­wei­se!) Wir­kung auch tat­säch­lich ein­setzt. Wer auf die tra­di­tio­nel­le Wei­se kocht, wird dies regel­mäs­sig tun und Geduld haben müs­sen. Denn die apro­di­sie­ren­de Wir­kung tritt wie bei allen natur­heil­kund­li­chen Ver­fah­ren erst nach sechs bis acht Wochen ein.

Suter, Mar­tin: Der Koch. Dio­ge­nes Taschen­buch. 2011. Dio­ge­nes Ver­lag AG Zürich. 10.90 €. Direk­te Bestellung

Autorin
• Mari­on Kaden, Heil­pflan­­zen-Welt (2011).

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