Heilsame Bäume: Birken

Bir­ke: Sinn­bild der Vitalität

Die Bir­ke ist Sinn­bild des erwa­chen­den Früh­lings. Sie ist der Baum, der mit zar­tem Grün Augen und See­le erfreut. Ihr Saft oder die Blät­ter haben heil­sa­me Wir­kun­gen und des­halb Bestand­teil (fast) jeder Fas­ten­kur. Aber nicht nur das: Bir­ken gehö­ren zu den wich­ti­gen Gehöl­zen, weil sie wegen ihrer hohen Anpas­sungs­fä­hig­keit wie Robust­heit geschätzt wer­den und gro­ßen volks­wirt­schaft­li­chen Nut­zen erbringen.

Schon Kin­der erken­nen sie: Die Bir­ke (Betu­la). Mit ihrer ein­zig­ar­tig weis­sen Rin­de, dem schlan­ken Wuchs und ihrer lich­ten Kro­ne steht sie sinn­bild­lich für Anmut und Schön­heit. Wegen der lan­gen Zwei­ge, die (beson­ders bei der Hän­ge­bir­ke, Betu­la pen­du­la) beim lei­ses­ten Wind­hauch hin und her schwan­ken, wird dem Baum in der Heil­pflan­zen-Signa­tu­renleh­re Beweg­lich­keit, Fröh­lich­keit und jugend­haf­ter Schwung zuge­ord­net. Der Schwei­zer Che­mi­ker Dr. Roger Kal­ber­mat­ten, Kess­wil, zieht bei­spiels­wei­se in einem sei­ner Bücher Schlüs­se von äuße­ren Kenn­zei­chen der Pflan­zen auf ihre Wesen­haf­tig­keit und schließ­lich auf ihre Heil­wir­kung für Kör­per, See­le und Geist. Kal­ber­mat­ten cha­rak­te­ri­siert die Bir­ke als Sinn­bild für Fle­xi­bi­li­tät und emp­fiehlt sie als homöo­pa­thi­sches Arz­nei­mit­tel, “wenn jugend­li­cher Schwung in Gedan­ken und Gefüh­len nach­lässt, die kind­li­che Fröh­lich­keit und Aus­ge­las­sen­heit als Beläs­ti­gung emp­fun­den wer­den … führt dies zu einer Erstar­rung und zu Stau­un­gen der Lebens­kräf­te. Dann ist die Bir­ke ein reich flie­ßen­der Quell neu­er Kräf­te” [1].

Der besondere Birkensaft

Bir­ken­blät­ter

Von der Vita­li­tät des Bau­mes kön­nen auch z. B. Holz­fäl­ler berich­ten: Wer­den Bir­ken im Früh­jahr inner­halb eines bestimm­ten Zeit­rau­mes gefällt, strömt aus ihnen liter­wei­se Bir­ken­saft. Ergibt sich eine Gele­gen­heit die­sen beson­de­ren Saft auf­zu­fan­gen, “soll­te die­se unbe­dingt genutzt wer­den!”, sagt Regi Brug­ger, Fas­ten­lei­te­rin aus St. Ger­man. Bei der Beglei­tung von Fas­ten­grup­pen im Früh­jahr stellt sie immer wie­der fest, dass sich fri­scher Bir­ken­saft auf­grund der Zusam­men­set­zung der Inhalt­stof­fe und des Aro­mas beson­ders gut zur inne­ren Rei­ni­gung und Aus­lei­tung eig­net. “Bir­ken­saft wirkt nicht nur ent­wäs­sernd auf die Nie­ren, son­dern auch auf fein­stoff­li­cher Ebe­ne”, so Brug­ger. Sie beob­ach­tet, dass Bir­ken­saft auch auf see­li­scher und geis­ti­ger Ebe­ne ent­schla­ckend und rei­ni­gend wirkt. “Bei­spiels­wei­se fin­den Fas­ten­teil­neh­mer für unbe­wäl­tig­te, quä­len­de see­li­sche Pro­ble­me end­lich eine Lösung oder alte Über­zeu­gun­gen wer­den über­dacht und ver­wor­fen, wodurch Platz für Neu­es ent­ste­hen kann”, sagt Brug­ger. Sie warnt aller­dings davor, Bir­ken­saft selbst z. B. durch Anste­chen der Bir­ken gewin­nen zu wol­len: “Bir­ken­saft fließt nur zu einem bestimm­ten, sehr kur­zem Zeit­raum, der nur Sach­kun­di­gen bekannt ist. Sie haben dann auch die Fähig­keit Bir­ken ohne Schä­di­gung anzu­zap­fen”, sagt Brug­ger. Unsach­ge­mä­ßes Anste­chen kann Bir­ken näm­lich der­art beein­träch­ti­gen, dass sie anschlie­ßend absterben.

Tee bei bakteriellen Erkrankungen

Wer kei­ne Gele­gen­heit hat, an fri­schem Bir­ken­saft zu kom­men, braucht auf die ent­wäs­sern­de Kraft des Bau­mes nicht ver­zich­ten. Ein Tee aus fri­schen Bir­ken­blät­tern hat ähn­li­che Wir­kung. Wegen der Bit­ter­stof­fe fri­scher Blät­ter wird er schnell unge­nieß­bar, des­halb emp­fiehlt Brug­ger aus­zu­pro­bie­ren, bei wie­viel Blät­tern (2–5 Gramm, pro­por­tio­niert auf etwa einen hal­ben Liter heis­ses Was­ser) der Tee noch schmeckt. “Da Bit­ter­keit von jedem anders emp­fun­den wird, kön­nen nur Richt­wer­te gege­ben wer­den. Und: Die Blät­ter jeder Bir­ke haben ohne­hin einen ande­ren Geschmack”, so Brug­ger. Alter­na­tiv bie­tet sich die Ver­wen­dung getrock­ne­ter Bir­ken­blät­ter an, die es in Apo­the­ken oder Dro­ge­rien zu kau­fen gibt. Auch Schul­me­di­zi­ner nut­zen die aus­lei­ten­de Wir­kung von Bir­ken­blät­ter-Tee und ver­ord­nen ihn bei bak­te­ri­el­len und ent­zünd­li­chen Erkran­kun­gen der ablei­ten­den Harn­we­ge (Bla­sen­ent­zün­dung) oder bei Nie­ren­gries zur Durch­spü­lungs­the­ra­pie. Eine wei­te­re Indi­ka­ti­on ist die Ver­wen­dung des Tees zur unter­stüt­zen­den Behand­lung rheu­ma­ti­scher Beschwerden.

Ach­tung: Bei bei­den Indi­ka­tio­nen ist auf reich­li­che Flüs­sig­keits­zu­fuhr zu ach­ten – min­des­tens zwei Liter Was­ser pro Tag zusätz­lich trin­ken. Gegen­an­zei­gen: Kei­ne Durch­spü­lungs­the­ra­pie bei Öde­men infol­ge ein­ge­schränk­ter Nie­ren- oder Herztätigkeit.

Anwendung Birkentee:

1 Ess­löf­fel Bir­ken­blät­ter (2 Gramm) mit sie­den­dem Was­ser (150 Mil­li­li­ter) über­gos­sen, 10 Minu­ten abge­deckt zie­hen las­sen dann durch ein Tee­sieb geben. Mehr­mals täg­lich 1 Tas­se frisch auf­be­rei­te­ten Tee zwi­schen den Mahl­zei­ten trin­ken. Die Anwen­dung soll­te nur bis zu zwei Wochen durch­ge­führt werden.

Haut-Schutz

Cha­rak­te­ris­tisch: Wei­ße Rinde

In älte­rer Lite­ra­tur wird die Bir­ke häu­fi­ger als “Nie­ren­baum” beschrie­ben, der in “den Was­ser­ver­kehr des Men­schen” ein­wirkt, wie z.B. Emil Schle­gel in sei­nen Inter­pre­ta­tio­nen zur Signa­tu­renleh­re aus­führt [2]. Wer die­se Leh­re als unzeit­ge­mäß erach­tet, kann sich durch ein alter­na­ti­ves Bild die Wirk­wei­se vor Augen hal­ten: Nord­ame­ri­ka­ni­sche India­ner ver­wand­ten die Rin­de der Bir­ke als Außen­haut zum Schutz für ihre Kanus. Somit dien­te die Rin­de als Tren­nung zwi­schen Was­ser und Kanu-Innen­raum. Genau­so könn­ten die Nephro­nen der Nie­re als inne­re Tren­nung des Men­schen zwi­schen sei­nem Was­ser­haus­halts-/Herz­kreis­lauf-Sys­tem und der Außen­welt betrach­tet wer­den. Wei­te­re sinn­bild­li­che Aus­füh­run­gen bezie­hen sich auf die Bir­ken­haut selbst: Die weis­se Rin­den­far­be ist ein­ma­lig in der gesam­ten Baum­welt und hilft der Bir­ke beim Schutz gegen Ver­duns­tung und ande­re Schä­den. Die Far­be ent­steht zusam­men mit im Kork ein­ge­schlos­se­ner Luft und dem Wirk­stoff Betu­lin, der bis zu 15 Pro­zent in der Rin­de ent­hal­ten ist. Wei­te­re Inhalt­stof­fe sind Harz, Bit­ter­stof­fe, Gal­lus­säu­re, Gerb­stoff und Betu­lo­sid (Gly­ko­sid). Die Haut der Bir­ke hat heil­sa­me Wir­kung auf das größ­te Schutz­or­gan des Men­schen – sei­ner Haut. Auch sie dient ihm zum Schutz und zur Abgren­zung gegen die Außen­welt. In nor­di­schen Län­dern wird die Haut der Bir­ke für die des Men­schen in ganz beson­de­rer Wei­se ver­wen­det: Mit den fri­schen abge­schnit­te­nen Zwei­gen schla­gen sich Sau­na­gän­ger zum Teil recht kräf­tig auf die Haut. Sie för­dern damit zum einen durch die Rei­zung zum ande­ren durch das Betu­lin ihre Haut­durch­blu­tung. Getrock­ne­te Bir­ken­rin­de wird als Bade­zu­satz gegen chro­ni­sche Haut­er­kran­kun­gen ein­ge­setzt oder sie wird als Aus­gangs­ma­te­ri­al zur Her­stel­lung von Bir­ken­teer (Pix Betu­lae) genutzt. Aller­dings mit gerin­ger wirt­schaft­li­cher Bedeu­tung. Bir­ken­teer war vie­le Jah­re lang Bestand­teil medi­zi­ni­scher Sal­ben gegen Haut­krank­hei­ten (Pso­ria­sis). Wegen phar­ma­ko­lo­gi­scher Vor­be­hal­te gegen Teer und sei­nem all­ge­mein hohen Schad­stoff­ge­halt wer­den die­se Sal­ben jedoch immer weni­ger eingesetzt.

Gesundes Haar

Jun­ge Birkenblätter

Bir­ken­saft oder ‑Extrak­te fin­den auch in der Kos­me­tik Ver­wen­dung – bei­spiels­wei­se in Haar­wäs­sern. Sie waren schon frü­her ein Ver­kaufs­schla­ger, wie das Gedicht von Wil­helm Busch doku­men­tiert. Unter­halt­sam macht sich der Kari­ka­tu­rist über die wer­be­wirk­sam plat­zier­ten Wun­der­mit­tel sei­ner Zeit lus­tig. Bes­ser als man­cher moder­ner Mar­ke­ting­chef wuss­ten die dama­li­gen Ver­kaufs­lei­ter von Betu­lin­wäs­sern die vita­le Bir­ke für ihre Zwe­cke zu nut­zen. Denn eini­ge Ver­spre­chun­gen haben sich hart­nä­ckig in den Köp­fen fest­ge­setzt wie z.B. “Bir­ken­saft ver­wan­delt eine Glat­ze in einen üppi­gen Schopf”. Doch: Die ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te zei­gen erfah­rungs­ge­mäß, Besit­zer einer Glat­ze müs­sen ler­nen, die­se mit Wür­de zu tra­gen. Gegen gene­tisch beding­ten Haar­aus­fall ist immer noch kein Kraut gewach­sen. Täg­lich ver­liert der Mensch nor­ma­ler­wei­se ca. 80 bis 100 Haa­re. Erst beim Ver­lust von mehr Haa­ren wird medi­zi­nisch vom Haar­aus­fall – unter dem sowohl Män­ner als auch Frau­en glei­cher­mas­sen lei­den. Durch einen Besuch beim Haus­arzt soll­te die mög­li­che Ursa­che des Haar­aus­falls abge­klärt wer­den. Die­ser kann durch eine Grund­er­kran­kung, schä­di­gen­de Medi­ka­men­te oder gene­ti­sche Ver­an­la­gung bedingt sein. Bei aus­ge­präg­tem Haar­aus­fall mit Glat­zen­bil­dung (=Haar­wur­zel-Ver­lust) kön­nen Bir­ken­haar­wäs­ser auch nichts mehr bewir­ken. Ansons­ten sind Haar­wäs­ser mit dem Wirk­stoff Betu­lin eine gute Unter­stüt­zung und Pfle­ge für Kopf­haut und Haa­re. Denn: Betu­lin regt auf natür­li­che Wei­se die Mikro­zir­ku­la­ti­on der Kopf­haut an und för­dert durch ver­bes­ser­te Durch­blu­tung tat­säch­lich den Haarwuchs.

Kälteliebende Nordlichter

Blü­ten­stän­de der Birke

Bir­ken sind mit etwa 48 Arten nur auf der Nord­halb­ku­gel ver­tre­ten. (Aus­nah­men bestä­ti­gen die Regel: In Argen­ti­ni­en gibt es sie auch noch). Bir­ken wach­sen in gemä­ßig­ten und eher küh­len Regio­nen und gehö­ren zu den wich­ti­gen Laub­holz­ar­ten. In der Schweiz kom­men Bir­ken vor­wie­gend in den Alpen, bevor­zugt auf der Alpen­süd­sei­te vor. Im Jura und in den Vor­al­pen sind sie sel­te­ner anzu­tref­fen. Bir­ken kom­men auf den meis­ten Böden zurecht. Die größ­ten und dau­er­haf­tes­ten Bestän­de die­ser Baum­art ste­hen auf nähr­stoff­ar­men und sau­ren Böden. Bir­ken sind anpas­sungs­fä­hig und kom­men auch mit schwie­ri­gen Was­ser­be­stän­den zurecht: Die Moor­bir­ke ver­trägt sogar Stau­näs­se und wird bewusst zur Rena­tu­rie­rung von Moo­ren ein­ge­setzt. So kann bei­spiels­wei­se eine Bir­ke kann an einem Som­mer­tag dem Boden bis zu 400 Litern Was­ser ent­zie­hen. Ange­sichts des schlan­ken, ele­gan­ten Wuch­ses könn­te der Ein­druck von Emp­find­lich­keit ent­ste­hen, dabei ist das Gegen­teil ist der Fall: Der Baum ist sehr robust und über­lebt selbst in käl­te­ren Regio­nen. Wis­sen­schaft­ler ver­mu­ten, dass die Ein­la­ge­rung äthe­ri­scher Öle in Zwei­gen und Blät­tern der Grund dafür sind. Des­halb sind Bir­ken sogar am Käl­te­pol am Ran­de Ost­si­bi­ri­ens anzu­tref­fen. Weil sie eine hohe Resis­tenz gegen umwelt­ge­schä­dig­te Böden auf­wei­sen, sich auf nähr­stoff­ar­men städ­tisch oder indus­tri­ell genutz­ten Böden ansie­deln, gehö­ren die Bäu­me zu den Pio­nier­ge­höl­zen (Ver­meh­rung: Geflü­gel­te Früch­te, die vom Wind wei­ter­ge­tra­gen wer­den). Sie för­dern Humus­bil­dung und ihre licht­durch­läs­si­gen Baum­kro­nen ver­hin­dern nicht das Her­an­wach­sen ande­rer Baum­ar­ten oder Pflanzen.

Vielseitig verwertbar

Wirt­schaft­lich wur­den Bir­ken in nor­di­schen Regio­nen für alle Lebens­be­rei­che genutzt: Bir­ken­rin­den dien­ten zur Abde­ckung der Häu­ser, zum Kanu­bau und zur Her­stel­lung von Umhän­gen oder Gama­schen. Die Gerb­stof­fe der Rin­den fan­den bei der Ger­bung von Fel­len Ver­wen­dung. Das wei­che, begrenzt halt­ba­re Holz war für den Häu­ser-Innen­aus­bau brauch­bar oder zur Möbel­her­stel­lung sowie Schnitz- und Drech­sel­ar­bei­ten. Das Holz wur­de ver­feu­ert und wegen des Bir­ken­teers war es selbst bei feuch­tem Wet­ter noch gut als Zun­der geeig­net. Sogar als Nah­rungs­mit­tel dien­ten die Bäu­me: In Not­zei­ten wur­den sie zu Mehl ver­ar­bei­tet, denn das Kam­bi­um ent­hält Zucker, Öl und sogar Vit­amin C. Kein Wun­der also, dass nor­di­sche Völ­ker Bir­ken eine hohe Wert­schät­zung ent­ge­gen­brin­gen, die sich auch in unse­ren Fes­ten wie­der­fin­den: Was wären man­che Dorf­fes­te ohne Mai­baum oder reli­giö­se Fes­te ohne Pfingst­baum oder das fri­sche Grün der Birken?

Autorin
• Mari­on Kaden, Heil­pflan­­zen-Welt (2006).
Quel­len
[1] Kal­ber­mat­ten, Roger: Wesen und Signa­tur der Heil­pflan­zen. Die Gestalt als Schlüs­sel zur Heil­kraft der Pflan­zen. AT Ver­lag Aar­au. Schweiz, 3. Auf­la­ge 2003, S. 42.
[2] Schle­gel, Emil: Reli­gi­on der Arz­nei. Erfin­dungs­rei­che Heil­kunst. Signa­tu­renleh­re als Wis­sen­schaft. Ver­lag Paul Rohr­mo­ser, Radebeul/​​ Dres­den, 1915, S. 36.
[3] Regi Brug­ger, www.fastenferien.ch

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