Ein eigenes Parfüm aus ätherischen Ölen selbst komponieren macht nicht nur Spaß, sondern kann auch in Hochstimmung versetzten. Natürliche ätherische Düfte sprechen den ganzen Menschen und seine Emotionen an.
Die Welt ist voller Düfte und Gerüche. Sie beeinflussen uns häufig nur unbewußt. Sie werden vom limbischen System, einem Teil des Gehirns, verarbeitet und sind mit unseren Emotionen wie Triebverhalten verkoppelt. Kein Wunder also, dass die Parfümindustrie enorme Gelder in die Kreation neuer Düfte und Werbung steckt – will sie uns doch dabei helfen attraktiv, sexy, anziehend oder unwiderstehlich zu sein. Leider sind die meisten Parfüms, aller Versprechen zum Trotz, nur synthetisch. Echte, natürliche Düfte basieren hingegen auf ätherischen Ölen von Heilpflanzen, kostbaren Blumen oder Gewürzen. Ihre Herstellung wird immer noch händisch durchgeführt (wie Ernte der Blütenblätter, Aussortierung, Trocknung), außerdem sind die Extraktionsverfahren aufwändig und teuer. Wer also ein Parfüm mit echten Ingredienzien kaufen möchte, wird für kleine Flakons viel Geld bezahlen müssen und bekommt dafür hoffentlich eine exklusive, meisterlich zusammen gestellte Komposition aus echten Zutaten.
Individuell ist sie deshalb noch lange nicht. Außerdem reagieren Duftstoffe mit der Haut. Weil jeder Mensch ein einmaliges Geschöpf ist, entfalten sich folglich Parfüms bei jedem Menschen anders. Denn: Es ist eine Besonderheit der ätherischen Öle, dass sie sich mit dem körpereigenen Geruch eines jeden zu einer einmaligen Komposition verbinden. Nicht zuletzt spielen bei einem Parfüm eigene Duftvorlieben und ‑Vorstellungen eine große Rolle. Eigentlich kann diese Bedürfnis-Vielfalt niemals von konfektionierten Parfümen befriedigt werden. Es bleibt also nur, sich ein eigenes Parfüm selbst herzustellen.
Parfüm mit individueller Note
Gabi Mahla
“Diese Kunst ist kein Hexenwerk” meint Gabi Mahla, Aromatologin und Naturkosmetikerin. “Wir können unsere Nase schulen und vor allem unseren eigenen Vorlieben und Wünschen vertrauen”, so Mahla. Sie bietet Naturparfüm-Workshops an, bei denen sich Teilnehmer ein individuelles Parfüm selbst zusammen stellen können. Das Gute dabei: Ätherische Öle riechen nicht nur gut, sondern haben auch, wie aus der Aromatherapie bekannt, heilsame Wirkungen. “Doch anders als in der Aromatherapie wollen wir kein heilsames Parfüm herstellen, sondern eines, dass auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist oder uns gut tut”, so Mahla. So können beispielsweise Menschen, die morgens Probleme beim Aufstehen haben, sich mit frischen, “tatkräftigen” Düften unterstützen. “Ein paar Tropfen von echter Zitrone oder Orange nach dem Duschen auf der Haut verteilen – oder das eigens kreierte Parfüm – und schon kann einem regnerischem Tag der Trübsinn genommen werden”, so Mahla.
Paul Valéry: “Ein Parfüm ist dazu geeignet, den simplen Vorgang des Atmens in einen Rausch zu verwandeln.”
“Die Kunst des Komponierens eines Parfüms besteht nun darin, eine Mischung herzustellen, die nicht nur gut riecht, sondern auch so wirkt wie der jeweilige Mensch sich dieses wünscht”, fährt die Aromatologin fort. “Ähnlich einer Musikkomposition wird auch bei Parfüms von Kompositionen gesprochen. Gemeint sind damit harmonisch aufeinander abgestimmte Einzelkomponenten, die gemeinsam etwas Neues schaffen – eben einen neue Komposition”.
Auf einem Tisch hat sie zahlreiche Fläschchen mit ätherischen Ölen aufgebaut. Eine kleine Runde hat sich zusammen gefunden und brennt nun darauf, sich ihr eigenes Parfüm komponieren zu können. Doch bevor Mahla zu dem praktischen Teil des Probierens, d.h. Riechens übergeht, erzählt sie Grundlegendes zur Zusammensetzung von den Einzelkomponenten einer Komposition:
I) den hohen Kopfnoten: Hier entfaltet sich der “Angeruch” einer Mischung, der sich nach etwa 30 Minuten verflüchtigt. Gerne verwendete Kopfnoten sind beispielsweise Zitrusdüfte, Minze oder Basilikum.
II) den mittleren Herznoten: Diese charakterisieren eine Mischung und entfalten sich nach einer bis vier Stunden. Gerne verwendete Düfte sind Neroliöl, Lavendel, Melisse, Geranie oder Gewürznelke.
III) den schweren Fond- oder Basisnoten: Sie wirken als “Fixativ” bereiten die Basis. Sie entfalten sich erst nach sechs bis achtundvierzig Stunden. Beispielsweise können Benzoe, Eichenmoos, Sandelholz, Vanille oder Patschuli Verwendung finden.
Jojoba-Öl als Trägerstoff
Jojobaöl wird als Trägerstoff verwendet
Als Trägerstoff für diese drei unterschiedlichen Duftnoten dient Jojobaöl. Mahla verteilt kleine Parfümroller in denen dieses Öl schon abgefüllt ist. In diesen Trägerstoff werden später die ausgewählten ätherischen Öle hineingegeben und geschüttelt – fertig ist dann das Parfüm. Doch zurück zur Trägersubstanz:“Jojobaöl hat ein Alleinstellungsmerkmal unter den Ölen – es wird nicht ranzig!”, so Mahla. Dann öffnet sie vorsichtig verschiedene Fläschchen mit ätherischen Ölen und übergibt diese an die gespannt wartenden Teilnehmer. Zunächst sollen sich diese für die Kopfnote ihres Parfüms entscheiden. “Es geht also um den flüchtigen, ersten Eindruck des Parfüms”, weist Mahla noch einmal hin und stellt zunächst bekanntere Düfte wie Wildorange oder Zitrone vor. Ernsthaft wird an jedem Fläschchen gerochen. Tatsächlich beleben sich die Gesichter – nicht umsonst werden diese (in dem Falle meist synthetisch hergestellten) Duftnoten in vielen Alltagsbereichen wegen ihrer angenehmen Frische verwendet.
“Persönliche Parfüms könnten natürlich auch nach vorher ausgedachten Kriterien zusammen gestellt werden. Nach dem Motto: Ich brauche etwas, dass mich optimistisch, freudig stimmt und mich damit durch den ganzen Tag trägt”, sagt Mahla. Nur vor solchen “verkopften” Vorstellungen warnt sie: “Wohldüfte sprechen unsere Emotionen an und davon sollten wir uns bei der Auswahl getrost leiten lassen”.
Der erste Dufteindruck entscheidet
Naturparfüm aus ätherischen Ölen
Bei ihren Parfüm-Workshops hat sie ohnehin beobachten können, dass sich Menschen relativ schnell und intuitiv entsprechend ihres Typs oder Temperaments für z.B. erdige, luftige, blumige oder eher strenge Düfte entscheiden. Weitere Fläschchen machen die Runde. Jasmin, Vanille, Limette, Eisenkraut oder Iris werden mit der Nase erkundet. “Und nun möchte ich noch Champaca vorstellen”, so Mahla. “Dieser Duft wird auch gerne als ‘Samt für die Seele’ bezeichnet”, erklärt sie weiter. Er wird aus der asiatischen Magnolienart Magnolia champaca gewonnen. “Der Duft hat etwas ganz Zartes, Lichtes und ist sehr gut als Kopfnote geeignet”, so die Aromatologin und reicht die Flasche herum. Interessant ist auch, den Teilnehmern nur beim Riechen zuzuschauen: Der erste Dufteindruck entscheidet meistens über Ablehnung und einem sofortigen Weiterreichen der Flasche. Oder bei Interesse wird das Fläschchen wieder und wieder an die Nase gehalten. Zur Intensivierung der Duftwahrnehmung werden häufig die Augen geschlossen. Duftempfindlichen reicht hingegen das Fläschchen nur kurz an der Nase vorbei zu führen, andere wiederum schnuppern intensiv daran.
Düfte lösen Erinnerungen und Assoziationen aus
Evelyn
Im Verlaufe des Workshops werden die Teilnehmer nach anfänglicher Zurückhaltung immer mutiger und fangen an, ihre olfaktorischen Eindrücke oder die damit verbundenen Erlebnisse wie Assoziationen mitzuteilen. Für Evelyn beispielsweise sind die zitrusfruchtigen Duftnoten nicht interessant genug, sie mag Neroliöl, Ylang-Ylang oder Zeder. Sie stellt ihr Parfüm free spirit zuletzt aus ziemlich gewagten Einzelkomponenten zusammen, wie die anderen befinden. Im weiteren Gespräch stellt sich heraus, dass Evelyn Malerin ist – und somit erklärt sich ihre kreative und außergewöhnliche Herangehensweise von selbst. Als Künstlerin ist sie gewohnt auszuprobieren, Ungewöhnliches zu kombinieren, um neue Wirkungen zu entdecken. Das gilt für Farben wie Düfte gleichermaßen. Jürgen hingegen stellt blumige Duftnoten wie Jasmin sofort zurück. Er bevorzugt Erdiges wie Sandelholz oder Balmisches wie Benzoe. Letzteres wird aus einer Weihrauch-Art hergestellt, riecht einem Grappa nicht unähnlich und soll sich, wie Mahla erklärt, heilend und tröstend auf negative Stimmungen auswirken.
Jürgen
Das Lavendel-Fläschchen stellen alle wieder zurück. Das gemeinsame Urteil: Zu langweilig, erinnert eher an eine alte Dame. Das Image des mottenabwehrenden Duftkrauts wird Lavendel möglicherweise nicht mehr los. “Dabei ist Lavendel ein schöner, kräftiger Duft. Er kann Menschen, die einmal in der Provence waren, an die weiten Lavendelfelder erinnern und eher Hitze, Sommer, Leichtigkeit in Erinnerung rufen”, so Mahla. Im Verlaufe des dreistündigen Workshops erfahren die Teilnehmer eine Menge voneinander: Es werden weitere Assoziationen ausgetauscht, die jeweils etwas verraten über Vorlieben, Sternbilder, Temperament, ayurvedische Doshas(Konstitutionstypen), berufliche Orientierungen und sogar über Lebensträume. Während der Gespräche wird weiter gerochen, Düfte für unbrauchbar oder interessant befunden. Auf diese Weise entschließen sich die Teilnehmer zuletzt für ihre persönlichen “Kopf‑, Herz- und Basisnoten”. Mahla hat die jeweiligen Entscheidungen nach den Riechproben vorsorglich in einem Rezeptbuch eingetragen. Denn bei der Fülle der Düfte kann leicht etwas durcheinander geraten. Als die Entscheidung für die Düfte bei allen gefallen ist, übernimmt Mahla das Mischen: Zuerst lässt sie für die Kopfnoten 7–10 Tropfen, dann für die Herznoten 6–7 und für die Basisnoten bis zu 5–6 Tropfen der ätherischen Öle in die vorbereiteten Jojoba-Fläschchen tropfen. Zuletzt bekommt jeder sein Parfüm in die Hand und darf es sachte schütteln. Zufrieden sehen die Teilnehmer aus. Ihr Urteil ist eindeutig: Sie fühlen sich inspiriert und wollen auf sich eigene ätherische Öle kaufen, um weitere Kompositionen zu kreieren.
Einkaufstipps: Woran erkenne ich echte ätherische Öe?
- Der lateinische, botanische Name sollte auf dem Fläschchen stehen. Somit ist deutlich, dass es tatsächlich aus der entsprechenden Heilpflanze hergestellt wurde.
- Angabe des Herkunftslandes
- Angabe: reines (100 Prozent) ätherisches Öl (die Angabe z.B. naturidentisch bedeutet, dass es synthetisch hergestellt wurde).
- Angabe des Herkunftslandes:Dieses kann viel über den Duft und über die Qualität aussagen (wer sich damit länger beschäftigt hat).
- Gewinnungsverfahren: Bei Extraktion, die Benennung des Lösungsmittels.
- Anbauweise wie zum Beispiel kbA (kontrolliert biologischer Anbau) bedeutet, dass die Erzeuger auf synthethische Dünge- und Pflanzenschutzmittel verzichten müssen. Dies ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Spuren von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln geraten bei der Destillation (Kaltpressung, oder Extraktion) in die Öle. Für Naturparfüms und medizinische Anwendungen wie Bäder sind ätherische Öle aus Bioqualität (oder Wildsammlungen) zu empfehlen.
Beispiele für Naturparfüms
Kopfnoten:Bergamotte: frisch, lebhaft-spritzig mit fruchtig-warmem Hintergrund. “Lichtduft”
Eisenkraut (Verbene): fein, zitronenartig, erfrischend, optimistisch stimmend
Pfefferminze: typisch minzig, erfrischend, kühlend
Orange: freundlich, lebendig, fruchtig, optimistisch – nervenstärkend. “Wohlfühlduft”
Herznoten:
Iris: fein-blumig, veilchenartig, “Seelenduft”
Jasmin: teuer, betörend-sinnlich, schwer. “Hingabe und Loslassduft”
Mairose: fruchtig, rosig mit Honignote. “Königinnenduft”
Melisse: frisch, zitrusartig, beruhigend, entspannend
Osmanthus: voll, exotisch, erotisch, süss, blumig. “Inspirationsduft”
Ylang-Ylang: orientalisch schwer, süss-exotisch. “sinnlicher Stimmungsduft”
Basisnoten:
Benzoe: balsamisch, süss, pudrig-warm, an Schokolade erinnernd
Eichenmoos: schwer, geheimnisvoll, weich, träumerisch-dunkel-männlich
Patschouli: holzig, rauchig, eigenwillig, erdend
Sandelholz: warm, leicht süsslich, zentrierend “Seelenbalsamduft”
Vanille: süss, warm, balsamisch, umschmeichelnd heiter. Kann extreme Düfte miteinander verbinden.
Rezept Jürgen Orangen-Magnolie-Moschus: 1 Moschuskörneröl, 1Benzoe, 3 Champaca, 1 Myrte, 5 Wildorange, 5 Grapefruit
Rezept Evelyn free spirit: 2 Sandelholz, 1 Vanille, 2 Lavendel, 1 Jasmin, 5 Grapefruit, 5 Wildorange, 1 Pfefferminze
Angaben in Tropfen
Für Interessierte noch einen Tipp: Da ätherische Öle teuer sind, kann sich zu Beginn der eigenen “Parfüm-Herstellungs-Karriere” der Besuch eines Workshops lohnen. Dort kann eine Vielzahl an Düften ausprobiert und eine Vorauswahl hinsichtlich des eigenen Duftvorräte (Merke: Mit Duftöl wird Synthetisches bezeichnet) getroffen werden. Diese kann als Basis für weitere Käufe dienen. Die Anschaffungen sind nachhaltig, denn sowohl das Jojobaöl wie auch die ätherischen Öle haben eine lange Haltbarkeit. Manche ätherischen Öle wie Iris oder Osmanthus “reifen” sogar im Laufe der Jahre und geben dann unverwechselbare, intensive Duftnoten ab.
Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (April 2013).
Quellen
Gabi Mahla, Aromatologin, Berlin.
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