Titelbild des Buches
Schmerzen gehören grundsätzlich zum Leben. Sie haben eine bedeutsame, überlebenswichtige Funktion als Warnsignal. Akute Schmerzen verweisen zum Beispiel in eindringlicher Weise darauf, dass etwas geschädigt, zerstört ist oder einfach Ruhe benötigt, um – wenn möglich – vom Körper selbst wieder geheilt zu werden. Schmerzen in welcher Form auch immer, also auch die leisen Warnungen, sollten immer wahr und ernst genommen werden.
Von chronischen Schmerzen wird gesprochen, wenn Menschen mindestens drei Monate lang Schmerzen haben und zwar in einer Form, dass sie an Funktionsstörungen oder Mobilitätsverlusten leiden, die Schmerzen ihr Dasein durchgängig bestimmen im Denken, Fühlen wie Wahrnehmen oder eine Beeinträchtigung wie ein sozialer Rückzug stattgefunden hat. Laut der Deutschen Schmerzliga sollen mindestens acht bis elf Millionen Menschen hierzulande an chronischen Schmerzen leiden.
Chronische Schmerzen gehören grundsätzlich behandelt. Da jedoch der eigentliche Auslöser oftmals nicht mehr nachvollziehbar ist, sich die Schmerzen verselbstständigt haben, geraten Schmerzpatienten in einen Teufelskreis: Häufiger Arztwechsel, unbestimmte Diagnosen und entsprechend unpassende Therapien lassen Betroffene verzweifeln und nicht selten mit ihren Schmerzen allein.
Um die Schmerzen unter Kontrolle zu halten, werden viele Schmerzmittel mit zum Teil beachtlichen Nebenwirkungen verordnet und eingenommen. Betroffene Patienten suchen deshalb manchmal nach Alternativen. Das Buch “Chronische Schmerzen natürlich behandeln” kann als Ratgeber dienen.
Das Buch geht zunächst kurz auf die wesentlichen Funktionen des Schmerzes oder der Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses ein. In der ersten Hälfte des Buches werden häufige Schmerzerkrankungen wie Nackenverspannungen, Rückenschmerzen, rheumatischen Erkrankungen oder Migräne abgehandelt. Neben den körperlichen Symptomen wird in den jeweiligen Kapiteln auch auf mögliche seelische Aspekte zum Beispiel von Nacken‑, Rückenschmerzen eingegangen. In der zweiten Hälfte wird dann auf natürliche Therapien eingegangen, die Schmerzpatienten selbst durchführen können. Verschiedene Aspekte der pflanzlichen Heilkunde wie z.B. Massagen mit Ölen werden beispielsweise empfohlen. Auch auf die Möglichkeiten der Homöopathie wird eingegangen. Oder die Vorschläge beziehen sich z. B. auf eine sanfte Selbsthilfe mit bekannten Kneippschen Anwendungen wie kalte Kompressen, Wickel oder warme Bäder. Ebenso wird auf chinesische Therapien wie Tai Qi (“chinesisches Schattenboxen”), Qi Gong (chinesische Atem- und Bewegungstechnik) eingegangen. Nicht zuletzt werden Entspannungsverfahren wie Autogenes Training oder die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson dargestellt.
Leider wird beim Eingehen auf die chinesischen Therapien vergessen darauf hinzuweisen, dass diese einen erheblichen Lernaufwand mit sich bringen, bevor Hilfesuchende sie tatsächlich alleine durchführen können. Vergleichsweise reicht z.B. beim Autogenen Training eine bestimmte Lern- und Übungsphase aus, um sie anschließend alleine praktizieren zu können – mit gutem Erfolg übrigens. Zu den chinesischen Therapien gehört ein komplizierter philosophischen Hintergrund, der von den Chinesen mit “der Muttermilch” eingesogen wird – aber Europäern häufig schlecht vermittelbar ist. Die komplexen Bewegungsabläufe von Tai Qi oder Qi Gong sollten zudem von sehr erfahrenen, deutschsprachigen Therapeuten gelehrt werden, die beim Üben immer wieder kontrollieren und berichtigen. Erst nach langem Üben mit Therapeuten beherrschen Patienten die Abläufe von Tai Qi oder Qi Gong und können diese allein vollziehen.
In dem Buch wird leider auch nicht auf die wichtige Arbeit von Selbsthilfegruppen eingegangen – vielleicht weil diese von den Autorinnen nicht als naturheilkundlich eingeschätzt wurde? Dabei ist das Reden über die Schmerzen für Betroffene ein wesentlicher Punkt. Denn Schmerzpatienten sind in der Regel mit ihren Schmerzen allein. Ihre direkte Umgebung kann die Pein oft nicht nachvollziehen oder schützt sich mit kernigen Ratschlägen wie “reiss dich doch mal zusammen oder denk doch mal positiv”. Schmerzpatienten berichten darüber, dass sie in Selbsthilfegruppen erstmals Gehör für das empfundene Leid finden, denn die anderen Schmerz-Betroffenen wissen, worüber geredet wird. Letztere können zuhören, mitfühlen und teilen, ohne bewerten oder verurteilen zu müssen. Dabei können sich bei Betroffenen Türen öffnen zu einer ersten “Schmerzannahme” führen. Zudem sind manche Selbsthilfegruppen-Mitglieder gut über Medikamente, Nebenwirkungen und Alternativen informiert. Auch hier bietet der Erfahrungsaustausch wichtige Ansätze. Wenn keine Heilung mehr möglich ist, so können hilfesuchende Schmerzpatienten gemeinsam mit den Anderen einen anderen Umgang mit ihrer Erkrankung erlernen. Die möglicherweise beste, erste Erfahrung ist: “Ich bin nicht allein!” Schon diese Erkenntnis kann Kräfte und Mut mobilisieren, was bis dahin im Drehen eigener Gedanken und Empfindungen ausgeschlossen war.
Fazit: Das Buch liefert erste Ratschläge wie Einblicke in sehr ausgesuchte, naturheilkundliche Bereiche. Das Buch mit seinen 130 Seiten hat möglicherweise auch nicht den Anspruch die Vielfalt naturheilkundlicher Maßnahmen widerzuspiegeln. Auf den letzten Seiten sind die Adressen einiger Dachverbände aufgeführt. Der Größte, nämlich der Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren fehlt leider (www.zaen.org), ebenso der Dachverband der anthroposophischen Medizin (www.damid.de).
Bueß-Kovács Heike, Kaltenthaler Birgit: Chronische Schmerzen natürlich behandeln. Heilmethoden, die für Linderung sorgen. Das können Sie selbst tun. Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hannover, 2013. Preis: 19.95 € Direkter Link zum Buch
Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (2013).
weitere Infos
• Weidenrinde: Renaissance eines Schmerzmittels
• Pfefferminzöl nimmt dem Kopfschmerz den Stachel
• Alternative Schmerzbehandlung mit Pflanzen
• Rheuma: Natürliche Methoden gegen den Schmerz
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• Cayennepfeffer: Scharfe Waffe gegen den Schmerz
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