Prävention braucht eine klare Strategie

Im Novem­ber 2013 fand der Kon­gress “Zukunft Prä­ven­ti­on, Blick zurück nach vorn in Ber­lin statt. [1] Gemein­sa­me Ver­an­stal­ter waren der Kneipp-Bund e.V., der Dach­ver­band Anthro­po­so­phi­scher Medi­zin in Deutsch­land (DAMiD) und die BARMER GEK. Etwa 300 Fach­leu­te aus Wis­sen­schaft und Gesund­heits­po­li­tik waren gela­den, um die Per­spek­ti­ven, Pro­ble­me der Prä­ven­ti­on und Gesund­heits­för­de­run­gen gemein­sam zu erörtern.

Die Vor­mit­tags­ver­an­stal­tung wur­de von Dr. Mat­thi­as Gir­ke, Ber­lin, DAMiD-Vor­stands­mit­glied, eröff­net. Er hob in sei­nen ein­lei­ten­den Wor­ten den “maxi­ma­len Prä­ven­ti­ons­auf­trag” allein für die Ver­mei­dung von Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen her­vor. Denn bis zu 25 Pro­zent der deut­schen Bevöl­ke­rung könn­ten zukünf­tig davon betrof­fen sein. Gir­ke bedau­er­te, dass bei herz­kran­ken Men­schen wäh­rend der Ana­mne­se viel zu häu­fig nur das zu hohe Cho­le­ste­rin als mög­li­cher Krank­heits­ver­ur­sa­cher aus­ge­macht wür­de. Zu wenig bekannt und beach­tet sei sei­ner Mei­nung nach der see­li­sche Anteil kar­dio­vas­ku­lä­rer Stö­run­gen, der sich z. B. in einer Depres­si­on aus­drü­cken und spä­ter in einer mani­fes­ten Herz-Kreis­lauf-Erkran­kung mün­den kön­ne. “Voll­stän­dig ver­ges­sen wird meis­tens, dass auch Sinn­ver­lust mit der erhöh­ten Inzi­denz von Herz-Kreis­lauf­erkran­kun­gen ein­her gehen kann”, sag­te Gir­ke. “Wir müs­sen wir ler­nen, auch Ebe­nen mit zu berück­sich­ti­gen, die Sinn­fra­gen berüh­ren”. Des­halb schließt er bei Kon­sul­ta­tio­nen grund­sätz­lich die Fra­ge nach den geis­tig-see­li­schen Per­spek­ti­ven der Pati­en­ten mit ein.

Prävention so früh wie möglich

Und: “Die Prä­ven­ti­on kann nicht früh genug begin­nen”, füg­te Gir­ke hin­zu und ver­wies auf den Wert prä­ven­ti­ver Kon­zep­te bei Kin­dern: “Wir wis­sen heu­te, wie wich­tig Bewe­gung oder gesun­de Ernäh­rung für die Ent­wick­lung unse­rer Kin­der sind. Kin­der, die gesund auf­wach­sen, haben ein gerin­ge­res Risi­ko als Erwach­se­ne Erkran­kun­gen wie Dia­be­tes oder Blut­hoch­druck zu bekom­men”. Als wei­te­ren, nicht zu ver­nach­läs­si­gen­den Aspekt nann­te Gir­ke die Bedeu­tung von Kin­der­krank­hei­ten. Stu­di­en hät­ten gezeigt, dass febri­le und ent­zünd­li­che Erkran­kun­gen das Risi­ko von spä­te­ren Krebs­er­kran­kun­gen im Erwach­se­nen­al­ter senk­ten. “Kin­der, die Fie­ber durch­ma­chen durf­ten, haben eine sub­stan­ti­el­le Risi­ko­sen­kung”, so Gir­ke. Eben­so sei bekannt und durch Stu­di­en belegt, dass Kin­der, die früh­zei­tig toxi­schen Stress durch­mach­ten, ver­mehrt von Lern­auf­fäl­lig­kei­ten oder emo­tio­na­len Insta­bi­li­tä­ten betrof­fen sei­en. “Der­ar­ti­ge gesund­heits­be­las­ten­den Aus­wir­kun­gen müs­sen wir ver­bes­sern oder ver­än­dern”, for­der­te Girke.

Internationale Erfordernisse und Überlegungen

Im Anschluss an die­se natur­heil­kund­li­chen Sicht­wei­sen trug Prof. Dr. Dr. h.c. Ilo­na Kick­busch, Direk­to­rin des Glo­bal Health Pro­gram­me, Gra­dua­te Insti­tu­te for Inter­na­tio­nal and Deve­lo­pe­ment Stu­dies, Genf, die Ent­wick­lun­gen der Prä­ven­ti­on aus inter­na­tio­na­ler Per­spek­ti­ve vor. Gesund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on wür­den immer wich­ti­ger auch in glo­ba­ler Hin­sicht, begann sie. Die Dis­kus­sio­nen auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne gestal­ten sich jedoch schwie­rig schon wegen der unter­schied­lich ange­wand­ten Begriff­lich­kei­ten. “Public Health wird zum Bei­spiel viel gene­rel­ler dis­ku­tiert”, so Kick­busch. Und: “Gesund­heits­för­de­rung oder Gesund­heits­prä­ven­ti­on sind in bestimm­tem poli­ti­schen Kon­text zu sehen. Außer­dem ist deut­lich, dass wir uns der­zeit in gro­ßen gesell­schafts­po­li­ti­schen und öko­no­mi­schen Umbruch­pro­zes­sen befin­den”. Sie strich die gewich­ti­gen öko­no­mi­schen Dyna­mi­ken her­aus, die nicht nur in Deutsch­land statt­fän­den. In Deutsch­land mach­ten die Dienst­leis­tun­gen in Gesund­heits­be­rei­chen schon jetzt 15 Pro­zent des Brut­to­in­lands­pro­duk­tes aus. Wesent­lich mehr wären es, wenn die prä­ven­ti­ven Maß­nah­men noch hin­zu­ge­zo­gen wür­den, so Kick­busch. Sie zeig­te die hohen Inno­va­ti­ons­po­ten­tia­le auf, die mit der Prä­ven­ti­on ein­her­gin­gen. So wür­den bei­spiels­wei­se neue Beru­fe, Indus­trien und auch Gesund­heits­tech­no­lo­gien ent­ste­hen, die schon gegen­wär­tig erheb­li­che Finanz­strö­me beweg­ten. Bei­spiel­haft nann­te sie die bevöl­ke­rungs­star­ken Län­der Chi­na oder Indi­en. Die Regie­run­gen wür­den Pro­gram­me auf­le­gen, um die vie­len Pro­ble­me anzu­pa­cken, die z. B. allein aus ver­schmutz­ter Umwelt oder dem ver­mehr­ten Auf­tre­ten von Über­ge­wicht ent­stün­den. “Und wer lie­fert das Know-how oder finan­ziert bei­spiels­wei­se die Medi­ka­men­te? Das müs­sen wir uns unbe­dingt vor Augen füh­ren”, sag­te Kick­busch. Ent­spre­chend stün­den auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne zuneh­mend sozi­al­po­li­ti­sche Debat­ten im Vor­der­grund, die um gerech­te, sozia­le, glo­ba­le und loka­le Ver­tei­lun­gen von Res­sour­cen oder finan­zi­el­ler Finanz­strö­me geführt wür­den. Wel­che Pro­ble­me sich zeig­ten, ver­deut­lich­te Kick­busch an den von der EU ver­ord­ne­ten Spar­maß­nah­men der letz­ten Jah­re für Grie­chen­land. “Da haben wir besorg­nis­er­re­gen­de Ent­wick­lun­gen”, sag­te die Gesund­heits­po­li­ti­ke­rin. In Grie­chen­land sei die Gesund­heits­ver­sor­gung gene­rell pro­ble­ma­tisch gewor­den – an Prä­ven­ti­on sei gar nicht mehr zu den­ken. Und sogar in den soge­nann­ten ent­wi­ckel­ten EU-Län­dern ent­stün­den neue Pro­ble­me: In Eng­land kehr­te z. B. die als über­wun­den geglaub­te Infek­ti­ons­krank­heit Tbc nach zehn Jah­ren wie­der zurück.

Ziel: Gesundheit ein Menschenrecht

“Der Prä­ven­ti­ons­dis­kurs muss anders posi­tio­niert wer­den”, for­der­te Kick­busch, sonst sei­en die gewal­ti­gen öko­no­mi­schen Inter­es­sen, die hin­ter den Berei­chen des Public Health stün­den, nicht zu bewäl­ti­gen. Sie beob­ach­te auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne eine immer här­ter wer­den­de poli­ti­sche Dis­kus­si­on. Wobei sich Regie­rungs­ver­ant­wort­li­che durch­aus auch Vor­wür­fe des Pater­na­lis­mus gefal­len las­sen müss­ten. Gera­de prä­ven­ti­ve Maß­nah­men wür­den mit “Wegen in die Gesund­heits­dik­ta­tur” gleich­ge­setzt. “Begrif­fe wie Empower­ment, also Fra­gen danach, wie viel Mit­spra­che Bür­ger eigent­lich haben soll­ten, sind von hoher poli­ti­scher Bri­sanz. Ganz zu schwei­gen von Stich­wor­ten wie Medi­ka­li­sie­rung oder Kom­mer­zia­li­sie­rung”, so Kick­busch. Die Gesund­heits­po­li­ti­ke­rin mach­te drei gro­ße The­men­be­rei­che in der inter­na­tio­na­len Prä­ven­ti­ons­dis­kus­si­on aus: 1) sozia­le Ungleich­hei­ten 2) Finan­zie­rung der Ver­sor­gung von Men­schen, die an nicht-über­trag­ba­ren Krank­hei­ten lei­den (=chro­ni­sche Erkran­kun­gen, deren Zahl welt­weit ansteigt) 3) Demo­kra­ti­sie­rung der Gesund­heits­sys­te­me unter Betei­li­gung der Bürger.

Bei letz­te­rem Aspekt erschwert das Feh­len genau defi­nier­ter Begriff­lich­kei­ten ein Vor­an­kom­men sowohl auf inter­na­tio­na­ler wie Län­der-Ebe­nen. Nicht zuletzt gäbe es enor­me Schwie­rig­kei­ten län­der­über­grei­fend kon­kre­te Beschlüs­se zu fas­sen – doch die­se sei­en Grund­vor­aus­set­zun­gen, um erfolg­rei­che, schlag­kräf­ti­ge glo­ba­le Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men auf­zu­stel­len. Wei­te­re erschwe­ren­de Deter­mi­nan­ten zeig­ten sich in den star­ken kom­mer­zi­el­len Inter­es­sen, die durch eine mäch­ti­ge Lob­by­in­dus­trie auf glo­ba­ler (WHO, OECD) oder natio­na­len Ebe­nen ver­hin­dert wür­den. Auf Län­der-Ebe­ne sah Kick­busch zum einen die man­geln­de poli­ti­sche Bereit­schaft von Regie­run­gen natio­na­le Ver­ant­wort­lich­kei­ten zu über­neh­men oder zum ande­ren, wenn nötig, Ver­ant­wort­lich­kei­ten auf loka­le Ebe­nen zu über­tra­gen. Kick­busch schloss mit den Wor­ten: “Sie sehen, es gibt unglaub­lich viel zu tun”. Sie ver­wies zuletzt auf die WHO-For­de­run­gen: Allen Men­schen welt­weit sol­le Zugang zu Gesund­heits­sys­te­men ermög­licht wer­den. Denn: Gesund­heit sei ein Menschenrecht.

Schlen­ker ver­tei­dig­te die Kran­ken­kas­sen und beton­te, “dass nie­mand sonst sys­te­misch ein­grei­fe”. Die gegen­wär­tig durch­ge­führ­ten Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men lägen tat­säch­lich im indi­vi­du­el­len Bereich. Und damit wür­den über­wie­gend die gut gebil­de­ten Men­schen erreicht, die ohne­hin offen dafür wären. Das läge unter ande­rem auch an der bestehen­den Zustän­dig­keits­ord­nung und der Ver­tei­lung bestimm­ter Auf­ga­ben. Die Rea­li­sie­rung eines Prä­ven­ti­ons­ge­set­zes läge in staat­li­cher Ver­ant­wor­tung, so Schlen­ker. Zu die­ser Ver­ant­wor­tung käme auch die Auf­ga­be, Ver­fah­ren zu fin­den, die die Finan­zie­rung ein­schlös­sen, “schließ­lich gibt es dafür Steu­ern”, so Schlenker.

Schwartz ging es um prak­ti­sche Bei­spie­le, die aus sei­ner Sicht man­geln­des Pro­blem­be­wusst­sein bezüg­lich nütz­li­cher, prä­ven­ti­ver Maß­nah­men zeig­ten. Er nann­te den Kauf von Kin­der­schu­hen: “Lei­der ist die Kin­der­fuß-Gesund­heit längst beer­digt wor­den”, sag­te Schwartz und ver­wies auf die fol­gen­schwe­ren Kon­se­quen­zen im Erwach­se­nen­al­ter. Denn die Sta­tik der Füße bestim­me die Sta­tik der gro­ßen Gelen­ke. Doch für die­se wür­de schon im Kin­des­al­ter nichts prä­ven­tiv getan. Mit dem trau­ri­gen Resul­tat, dass Deutsch­land nicht nur euro­pa- son­dern auch welt­weit füh­rend beim ope­ra­ti­ven Ersatz von Knie- und Hüft­ge­len­ken sei. An kon­ser­va­ti­ve Maß­nah­men wür­de über­haupt nicht mehr gedacht, kri­ti­sier­te Schwartz. “Die kon­ser­va­ti­ve Ortho­pä­die stirbt in Deutsch­land gera­de”, empör­te er sich. Der Grund läge dar­an, dass mit kon­ser­va­ti­ver Ortho­pä­die kein Geld mehr zu ver­die­nen sei. “Des­halb schaf­fen Uni­kli­ni­ken das Fach ab, um statt­des­sen die Aus­bil­dung chir­ur­gi­scher Ortho­pä­die zu för­dern”. Aus Schwartz’ Sicht sei­en der­ar­ti­ge Ent­wick­lun­gen aus­ge­spro­chen bedenk­lich. Er for­der­te zu Per­spek­ti­ven-Erwei­tun­gen auf: “Wir müs­sen auch an die Ärz­te den­ken und die­se begeis­tern – wir müs­sen unbe­dingt begin­nen, ver­netzt zu den­ken”, so Schwartz.

Cas­pers-Merk schloss sich dem grund­sätz­lich an: “Prä­ven­ti­on heißt, in den All­tag zu inves­tie­ren”, so die Prä­si­den­tin des Kneipp-Bun­des. Doch nun sei ent­schei­dend, natio­na­le Prä­ven­ti­ons­zie­le zu erar­bei­ten, an denen eine Prä­ven­ti­ons­stra­te­gie aus­ge­rich­tet wer­den kön­ne. “Zudem ist es kon­se­quent und gebo­ten, mit dem Prä­ven­ti­ons­ge­setz einen gesetz­li­chen Rah­men zur Stär­kung von Prä­ven­ti­on und Gesund­heits­för­de­rung ins­ge­samt zu schaf­fen”, so Cas­pers-Merk. Denn Prä­ven­ti­on sei eine gesamt­ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­be. Gesund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on müss­ten zwi­schen Bund, Län­dern und Kom­mu­nen ver­zahnt und dürf­ten nicht auf ein­zel­ne Akteu­re umge­legt werden.

Lei­der wur­de bei der gesam­ten Dis­kus­si­on ein beden­kens­wer­ter Punkt außer Acht gelas­sen: Die Phan­ta­sien des per­ma­nen­ten Gesund­heits­mo­ni­to­rings der Bevöl­ke­rung, wel­ches nötig wird, um unter ande­rem den For­de­run­gen einer lücken­lo­sen Qua­li­täts­si­che­rung oder Ver­net­zung nach­zu­kom­men, sind aus­ge­spro­chen pro­ble­ma­tisch und nicht weni­ger bedroh­lich als die schon bestehen­de Dau­er­über­wa­chung der NSA.

Diskussionsrunde mit Experten

Die anschlie­ßen­de Dis­kus­si­on wur­de von Mari­on Cas­pers-Merk, Bad Wöris­ho­fen, Prä­si­den­tin des Kneipp-Bun­des e. V. gelei­tet. Auf dem Podi­um waren Cor­ne­lia Prü­fer-Storcks, Sena­to­rin für Gesund­heit und Ver­brau­cher­schutz, Ham­burg, zuge­gen. Eben­so Prof. Dr. Rolf Rosen­b­rock, Vor­sit­zen­der Deut­scher Pari­tä­ti­scher Wohl­fahrts­ver­band – Gesamt­ver­band e.V., Ber­lin, Dr. Rolf-Ulrich Schlen­ker, stell­ver­tre­ten­der Vor­stands­vor­sit­zen­der BARMER GEK, Ber­lin, und Prof. Dr. Fried­rich Wil­helm Schwartz, Eme­ri­tus Epi­de­mio­lo­gie, Sozi­al­me­di­zin und Gesund­heits­sys­tem­for­schung, Medi­zi­ni­sche Hoch­schu­le Hannover.

Cas­pers-Merk bezog sich auf Kick­buschs’ Refe­rat und eröff­ne­te die Run­de mit der pro­vo­kan­ten Fra­ge, ob Prä­ven­ti­on in Deutsch­land über­haupt statt­fän­de? Prü­fer-Storcks zeig­te sich nach­denk­lich: “Es ist beein­dru­ckend zu hören, was wir eigent­lich alles wis­sen, und was wir nicht umset­zen”. Die SDP-Poli­ti­ke­rin recht­fer­tig­te das Schei­tern las­sen des letz­ten Anlaufs des Prä­ven­ti­ons­ge­set­zes durch die rot-grü­nen Par­tei­en: “Wir haben das Gesetz wegen fun­da­men­ta­ler Schwä­chen nicht pas­sie­ren las­sen, und haben nun alle Chan­cen es bes­ser zu machen”, so Prü­fer-Storcks. Ihre Aus­sa­ge, dass sich die SPD dar­um bemü­he, das Prä­ven­ti­ons­ge­setz an den Anfang der Legis­la­tur­pe­ri­ode zu stel­len, um es end­lich erfolg­reich auf den Weg zu brin­gen, wur­de vom Audi­to­ri­um mit lau­tem Bei­fall begrüßt. Für sie begin­ne Prä­ven­ti­on schon vor der Geburt, beton­te die Poli­ti­ke­rin. “Aller­dings benö­ti­gen wir für die umfang­rei­chen Auf­ga­ben deut­lich mehr Mit­tel”, so Prü­fer-Storcks, auch die unglei­chen Chan­cen inner­halb der sozia­len Grup­pie­run­gen der Gesell­schaft gehör­ten zukünf­tig abgebaut.

Rosen­b­rock erin­ner­te an die Brandt-Ära, in der erst­mals Prä­ven­ti­ons­ge­dan­ken for­mu­liert wur­den. Auch sah er es als rich­tig an, damals “bestehen­de Optio­nen für die Kas­sen zu öff­nen”, so Rosen­b­rock und beton­te, “doch die­se Zei­ten sind nun vor­bei”. Er kri­ti­sier­te das wirt­schaft­li­che Inter­es­se der Kran­ken­kas­sen und ihre nur auf das Indi­vi­du­um aus­ge­rich­te­ten Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men. Zusätz­lich wür­den “jun­ge, gesun­de Bank­an­ge­stell­te bevor­zugt, weil die­se nicht so kos­ten­in­ten­siv sind wie mul­ti­mor­bi­de Roll­stuhl­fah­rer” so Rosen­b­rock und kon­sta­tier­te, dass der mor­bi­ti­täts­ori­en­tier­te Risi­ko­struk­tur­aus­gleich dar­an nichts ändern wür­de. Unver­dros­sen for­der­te Rosen­b­rock auch nach dem vier­ten Schei­tern eines Prä­ven­ti­ons­ge­set­zes, dass Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men öffent­lich finan­ziert, orga­ni­sa­to­risch und mit Qua­li­täts­si­che­run­gen aus­ge­stat­tet unter ein poli­ti­sches Dach gehör­ten. Sonst wür­den die vie­len anste­hen­den Auf­ga­ben nicht zu bewäl­ti­gen sein. Jedoch: Kein Prä­ven­ti­ons­ge­setz kön­ne dafür sor­gen, dass die aus­ein­an­der­klaf­fen­de Ein­kom­mens­sche­re wie­der geschlos­sen wür­de. Arme Gesell­schafts­schich­ten hät­ten vie­le gesund­heit­li­che Pro­ble­me. So sei es bei­spiels­wei­se “erschüt­ternd, dass arme Män­ner elf Jah­re frü­her ster­ben als rei­che”, so Rosen­b­rock. “In dem Fall brau­chen wir kei­ne Kur­se, son­dern Maß­nah­men an Schu­len in sozia­len Brenn­punk­ten mit Pro­gram­men, die das Selbst­wert­ge­fühl stär­ken oder die Ein­bin­dung in sozia­le Netz­wer­ke. Wir müs­sen dort Res­sour­cen schaf­fen, um die wach­sen­de Wun­de, der sozia­len Ungleich­heit wenigs­tens auf der Agen­da zu hal­ten”, sag­te Rosen­b­rock und erhielt für die­se Wor­te Zustim­mung vom Auditorium.

Autorin
• Mari­on Kaden, Heil­pflan­­zen-Welt (2014).
Quel­len
Zukunft Prä­ven­ti­on. Blick zurück nach vorn – 25 Jah­re § 20 SGB V. Ber­lin, 13 Novem­ber 2013 im audi­tio­ri­um friedrichstraße.

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