Theodor Krauß: Die Grundgesetze der ISO-Komplex-Heilweise

Theo­dor Krauß

Der fol­gen­de Aus­zug aus dem Werk (Sei­te 104–111) behan­delt die Blut- oder Ader­mit­tel im all­ge­mei­nen und das Ader­mit­tel 1 im spe­zi­el­len (“Ad1 Ave­na cp D10 JSO”, PZN 04942199). Sprach­lich-inhalt­lich wen­det sich Krauß an The­ra­peu­ten, die bereits Erfah­rung mit sei­ner Jso-Kom­plex-Heil­wei­se haben.

Hin­wei­se: Mit Ad wer­den die “Ader­mit­tel”, mit St die “Stoff­mit­tel”, mit G die “Gewe­be­mit­tel” , mit Br die “Brust­mit­tel” abge­kürzt. Mit “Korn” sind homöo­pa­thi­sche “Kügel­chen” gemeint.

(…)

Blut- oder Adermittel

Nach­dem wir uns bis­her mit dem unters­ten Gra­de des Stoff­wech­sels, der Zube­rei­tung der Lym­phe und den hier­bei betei­lig­ten Orga­nen beschäf­tigt und die Heil­mit­tel ken­nen gelernt haben, wel­che die­sen Abschnitt in den Lebens­vor­gän­gen unse­res Orga­nis­mus bzw. deren Stö­run­gen beein­flus­sen, wen­den wir uns einer wei­te­ren, auf der Stu­fen­lei­ter der Evo­lu­ti­on des Stof­fes gewis­ser­ma­ßen höher­ste­hen­den Klas­se von Kör­per­werk­zeu­gen (Orga­nen) zu: Es sind die Orga­ne der Blut­be­rei­tung und des Blut­um­lau­fes im Kör­per, durch wel­che der leben­spen­den­de, erhal­ten­de und erneu­ern­de Saft, das Blut, in alle, auch die ent­fern­tes­ten Tei­le, Orga­ne und Gewe­be des­sel­ben gelei­tet wird, um die­se neu auf­zu­bau­en, gleich­zei­tig aber auch, um dort die ver­brauch­ten, abge­nütz­ten Gewe­be und Zel­len abzu­bau­en und ent­we­der ihrer Aus­schei­dung aus dem Kör­per, als Asche gewis­ser­ma­ßen (Sekre­te und Exkre­te, Exkre­men­te) oder, sofern sie noch Brauch­ba­res ent­hal­ten, ihrer Auf­fri­schung durch neue Lym­phe zuzuführen.

Wenn wir uns jetzt gegen­wär­tig hal­ten wol­len, was wir etwas näher in einem frü­he­ren Abschnitt (…) betrach­tet haben, fin­den wir etwa die nach­ste­hen­de Rei­hen­fol­ge in der Tätig­keit der blut­be­rei­ten­den und blut­füh­ren­den Orga­ne, die man kurz als Blut­um­laufs- (Zir­ku­la­ti­ons-) Orga­ne bezeichnet;

1. die gro­ße Hohlvene;
2. die rech­te Vor­kam­mer des Herzens;
3. die rech­te Herz­kam­mer des Herzens;
4. die Lungenpulsader;
5. die Haar- (Blut-) Gefä­ße der Lun­ge (mit den Lun­gen­zel­len und Bläschen);
6. die Lungenblutader;
7. die lin­ke Vor­kam­mer des Herzens;
8. die lin­ke Herz­kam­mer des Herzens;
9. die Aor­ta oder gro­ße Schlag­ader mit ihren Schlag­ader­ver­zwei­gun­gen im Kör­per bis zu den letz­ten Haar­ge­fä­ßen (Kapil­la­ren) in den ein­zel­nen Orga­nen, die sie über­all durch­drin­gen, mit Blut ver­se­hen, ernäh­ren und aufbauen;
10. die Bauch­puls­ader (Bau­cha­or­ta), eine Abzwei­gung der ers­te­ren, mit ihren Ver­äs­te­lun­gen und Haargefäßen;
11. die Leber (als Blut­rei­ni­gungs­or­gan und Blut­spei­cher) mit der Pfortader;
12. die Milz als Blutspeicher;
13. die Hohl­ve­ne wie oben, mit ihren Haar­ge­fä­ßen, die aus allen Tei­len des Kör­pers das Blut sam­meln und hier vereinigen.

Die­ses wäre in gro­ßen Zügen der Schau­platz des soge­nann­ten Blut­kreis­lau­fes mit den wich­tigs­ten hier­bei betei­lig­ten Organen.

Für die­sen zwei­ten höhe­ren Abschnitt des Stoff­wech­sels und des­sen orga­ni­sche Werk­zeu­ge im Kör­per haben wir aber­mals eine beson­de­re Rei­he von Heil­mit­teln, die sich ihrer Zusam­men­set­zung und Wir­kung nach (phy­sio­lo­gisch) an die­se (ana­to­mi­sche und his­to­lo­gi­sche) Werk­zeug­grup­pe anschließt.

Es sind unse­re Blut- bzw. Adermittel.

Die Adermittel

Die Wirk­sam­keit der Ader­mit­tel beginnt fol­ge­rich­tig im Kör­per in dem Augen­blick und an der Stel­le, wo der Lymph­strom sich in den Strom des Venen­blu­tes ergießt, also in der gro­ßen Hohl­ve­ne, und beglei­tet dann den Blut­strom auf sei­nem ver­schlun­ge­nen Pfa­de durch alle Tie­fen des Orga­nis­mus, bis er wie­der an sei­nen Aus­gangs­punkt — die Hohl­ve­ne — zurück­ge­kehrt ist.

Die Wirk­sam­keit der Ader­mit­tel setzt also an der­sel­ben Stel­le ein, wo im auf­stei­gen­den Lymph­strom die Wirk­sam­keit des Stoff­mit­tels auf­hört; sie beglei­tet ihn dann im auf­stei­gen­den Blut­strom auch wie­der bis dahin, wo die Wirk­sam­keit des Lymph­mit­tels im abstei­gen­den Lymph­stro­me (bei der Rück­sau­gung der Lym­phe in den ein­zel­nen Gewe­ben) wie­der beginnt.

Man sieht also, wenn man den gan­zen Stoff­kreis­lauf im Geis­te auf­merk­sam ver­folgt, wie sich die­se bei­den Klas­sen von Heil­mit­teln in ihrer Wir­kung gegen­sei­tig ergän­zen und ver­voll­stän­di­gen, indem die Wir­kung des einen gera­de an der­je­ni­gen ana­to­mi­schen und his­to­lo­gi­schen Stel­le ein­setzt und bei der­je­ni­gen phy­sio­lo­gi­schen Ver­rich­tung des Kör­pers, wo die Wir­kung der ande­ren zu Ende ist.

Ganz natür­lich! Weil die­se bei­den Arz­nei­grup­pen ver­mö­ge des Stoff­wech­sels, der den gan­zen Kör­per wie auch sei­ne ein­zel­nen Tei­le auf­baut, erhält, erneu­ert und ergänzt, auch jede ein­zel­ne Organ oder Gewe­be­grup­pe eben­so beein­flus­sen wie die Gesamt­heit des Orga­nis­mus. Und fer­ner, weil jede Krank­heit, wie immer sie in ihren Äuße­run­gen (Sym­pto­men) auch auf­tre­ten möge, wesent­lich nichts ört­li­ches (Loka­les) ist, son­dern ihren letz­ten Grund in einer Ent­mi­schung der auf­bau­en­den Lebens­säf­te hat, in einem gestör­ten Aus­gleich und Aus­tausch der stoff­li­chen (mate­ri­el­len) wie auch ener­ge­ti­schen (Kraft-) Quel­len des Körpers.

Das gilt in aller­ers­ter Linie von den sog. chro­ni­schen Krankheiten.

Adermittel Nr. 1 (Ad 1). Avena cp.

Bestand­tei­le:

Arni­ca montana Arni­ka
Ave­na sativa Hafer
Cap­sel­la bur­sa pastoris Hir­ten­tä­schel
Mal­va sylvestris Mal­ve
San­gui­na­ria canadensis Blut­wurz
Hyd­ras­tis canadensis Gelb­wurz
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Sei­nem Wesen nach ist die­ses in ers­ter Linie ein Herz- und Arte­ri­en- oder Schlagader-Mittel.

Sei­ne Haupt­wir­kung erstreckt sich auf die lin­ke, arte­ri­el­le Herz­hälf­te, die lin­ke Vor­kam­mer und Herz­kam­mer, die Mus­keln und Klap­pen die­ser Herz­sei­te. Dann fer­ner auf die hier aus­ge­hen­de gro­ße Schlag­ader und ihre Ver­zwei­gun­gen im gan­zen Kör­per bis zu den feins­ten Haar­ge­fä­ßen (Kapil­la­ren), wel­che alle Tei­le, Gewe­be und Orga­ne in unend­li­cher Ver­zwei­gung und Klein­heit durch­zie­hen, um ihnen den leben­spen­den­den und ver­jün­gen­den, erneu­ern­den und auf­bau­en­den Saft, das Blut, zuzuführen.

Damit erklärt sich sei­ne All­ge­mein- (uni­ver­sel­le, kon­sti­tu­tio­nel­le) Wir­kung auf den gan­zen Körper.

Beson­ders deut­lich äußert sich die­se auf ein­zel­ne, blut­rei­che Orga­ne und Gewe­be und sol­che, wel­che bei der Rei­ni­gung, Bil­dung und Umbil­dung des Blu­tes oder der Erzeu­gung gewis­ser Aus­schei­dun­gen (Sekre­ten) eine wich­ti­ge­re Rol­le spielen.

So ist das Ader­mit­tel Nr. 1 auch als Lun­gen­mit­tel zu betrach­ten, denn die Lun­ge ist ihrem Wesen nach ein Blut- und blut­rei­ni­gen­des Organ. Hier voll­zieht sich durch Abga­be der Koh­len­säu­re und Auf­nah­me des Sau­er­stoffs die Umwand­lung von dun­kel­ro­tem venö­sem in hell­ro­tes arte­ri­el­les Blut.

Des wei­te­ren gehö­ren hier­her die blut­rei­chen Schleim­häu­te der ver­schie­dens­ten Kör­per­tei­le, so die Mund- und Rachen­schleim­häu­te, die Bron­chi­al­schleim­häu­te, die Bla­sen- und Darm­schleim­häu­te usw., wel­che in ihren Schleim­drü­sen als Dia­ly­sa­ter­zeug­nis­se des Blu­tes gewis­se che­mi­sche, wäs­se­ri­ge oder schlei­mi­ge Flüs­sig­kei­ten (Sekre­te) von jeweils beson­de­rer Art, z. B. Mund­schleim, Nasen­schleim, Darm­schleim usw., zu erzeu­gen bestimmt sind. Aus die­ser Natur­be­stim­mung erklärt sich ihr Blut­reich­tum, ihr enges Maschen­netz von Kapil­lar­ge­fä­ßen, das durch grö­ße­re Arte­ri­en (Schlag­adern) gespeist wird.

Auch die Drü­sen gehö­ren dem­nach hierher.

Wir haben die­se Orga­ne — Drü­sen und Schleim­häu­te — bereits unter dem Wir­kungs­kreis der Lymph­mit­tel gefun­den und dür­fen uns durch den schein­ba­ren Wider­spruch der Gleich­heit nicht beir­ren las­sen. Aller­dings wir­ken sowohl die Stoff­mit­tel als auch das Ader­mit­tel auf die genann­ten Orga­ne, aber die Art und Wei­se der Wir­kung ist grund­ver­schie­den. Ich möch­te sagen, jede die­ser bei­den Mit­tel­gat­tun­gen setzt für ihre Wir­kung den Hebel an einer ande­ren Stel­le an. Das Stoff­mit­tel wirkt zunächst auf das drü­si­ge Gewe­be und beein­flußt des­sen Sekret, den dar­in erzeug­ten Schleim hin­sicht­lich sei­ner Men­ge und Zusammensetzung.

Das Ader­mit­tel dage­gen beein­flußt die Kraft­quel­le — den Blut­strom —, wel­cher die Drü­sen mit den nöti­gen Grund­stof­fen (dem Blu­te) ver­sorgt, aus wel­chem jene Drü­sen dann das Schleim­se­kret ausscheiden.

Also auch hier fin­den wir wie­der, wie sich die bei­den Mit­tel­rei­hen St und Ad ein­an­der gewis­ser­ma­ßen in die Hän­de arbei­ten und die Wir­kung der einen ein­setzt, wo die Wir­kung der ande­ren zu Ende ist.

In die­sem Sin­ne kann Ad als Katar­rhmit­tel im all­ge­mei­nen bezeich­net wer­den. Wenn wir den Zustand des Katarrhs fol­ge­rich­tig zer­glie­dern, fin­den wir, daß er in einer Ent­zün­dung einer Schleim­haut besteht. Die­se Ent­zün­dung ihrer­seits ist die Über­fül­lung eines Gewe­bes mit Blut, sei es durch Andrang oder ver­mehr­ten Zufluß (aktiv) [Kon­ges­ti­on], sei es durch Stau­ung, d. i. ver­min­der­ten oder gehemm­ten Abfluß (pas­siv). Die Über­fül­lung der Schleim­häu­te mit Blut erzeugt aber neben den Erschei­nun­gen der Rötung, Schwel­lung, Hit­ze auch die ver­mehr­te Abson­de­rung der Schleim­drü­sen, also des Sekre­tes, wie bei jeder Art von (aku­ten) Katar­rhen wahr­zu­neh­men ist.

Das Ad wirkt also auf den ent­zünd­li­chen Abschnitt des Katar­r­hes, das St dage­gen ergän­zend auf die Abson­de­rungs- (sekre­to­ri­sche) Tätig­keit der Drüsen.

Wie bei Katar­rhen, so wirkt das Ad aber fer­ner auf jede Art und Form von Ent­zün­dun­gen, vor allem die aku­ten (akti­ven), wel­che durch Blut­an­drang nach dem erkrank­ten Organ ent­ste­hen, woge­gen die chro­ni­schen, schlei­chen­den, durch Stau­un­gen (im Venen­sys­tem) ent­stan­de­nen Ent­zün­dun­gen der Wir­kung des Ad 2 unter­wor­fen sind, wie wir spä­ter sehen werden.

Je nach dem beson­de­ren Sit­ze der Ent­zün­dung ist dann aller­dings neben dem Ad 1 noch das ent­spre­chen­de Organ­mit­tel oder Gewe­be­mit­tel in Anwen­dung zu brin­gen, z. B. Br bei der Lun­ge, St 2 bei der Bla­se usw. Von den drü­si­gen Orga­nen fal­len außer der Lun­ge dann noch beson­ders Leber und Milz sowie die Nie­ren unter die Wir­kung des Ad 1, inso­fern die­se als Blut­rei­ni­gungs- und Aus­schei­dungs­or­ga­ne eine Rol­le spielen.

Gleich­wohl, sei­ne Haupt­rol­le spielt das Ad 1 unter allen Umstän­den als (arte­ri­el­les) Herz-und-Gefäß­mit­tel. So bei den ver­schie­dens­ten Erkran­kun­gen des Her­zens, der Herz­mus­keln, der Herz­klap­pen, der Herz­beu­tel­häu­te, erwor­be­nen oder ererb­ten Herz­ver­bil­dun­gen und Ent­ar­tun­gen, Herz­feh­lern im enge­ren Sin­ne, Herz­er­wei­te­run­gen, Herz­ver­grö­ße­run­gen (Hyper­tro­phie), Herz­klap­pen­feh­lern, Ver­fet­tung des Herz­mus­kels, Erschlaf­fun­gen und Ver­kal­kun­gen, dann fol­gen die Erkran­kun­gen der Aor­ta (gro­ßen Schlag­ader) und ihrer Ver­zwei­gun­gen, so die Puls­ader­ge­schwulst (Aneu­rys­ma) und die so ver­brei­te­te Ver­kal­kung (Skle­ro­se) der Arterien.

Auf die Gegen­sätz­lich­keit der Wir­kun­gen schwa­cher und star­ker Arz­nei­ga­ben des­sel­ben Mit­tels habe ich schon frü­her auf­merk­sam gemacht. Gera­de bei Ad 1 zeigt sich die­se Gegen­sätz­lich­keit wohl am deut­lichs­ten und auf­fal­lends­ten. Und gera­de dar­in Hegt der unge­heu­re Wert des­sel­ben zur Behe­bung der ver­schie­den­ar­tigs­ten Stö­run­gen in den Ver­rich­tun­gen der Zirkulationswerkzeuge.

In den nie­de­ren, stär­ke­ren Gaben beschleu­nigt Ad 1 den Herz-und Puls­schlag an Zahl und ver­stärkt den­sel­ben auch an Kraft und Blut­druck. In den schwä­che­ren (höhe­ren) Ver­dün­nun­gen dage­gen ver­lang­samt es den­sel­ben, mäßigt oder ver­min­dert auch sei­ne Stär­ke und den Druck.

Ist also z. B. ein Organ oder Kör­per­teil man­gel­haft durch­blu­tet infol­ge zu gerin­gen Herz- und Blut­dru­ckes (Käl­te der Hän­de und Füße), befin­det es sich dem­zu­fol­ge im Zustan­de der Abzeh­rung, des Schwun­des (Atro­phie), der Läh­mung u. dgl., so wer­den stär­ke­re Gaben die­ses Mit­tels den Feh­ler behe­ben. Umge­kehrt wer­den Zustän­de der Blut­über­fül­lung (Kon­ges­ti­on, Ent­zün­dung u.dgl.) durch schwa­che Lösun­gen beseitigt.

Ad 1 ist dem­zu­fol­ge auch das Mit­tel, mit wel­chem man die weib­li­che Regel wie ein Uhr­werk rich­tig­stel­len kann. Kommt sie zu früh, zu stark oder zu häu­fig, dau­ert sie zu lang oder ver­ei­ni­gen sich etwa gar bei­de Stö­run­gen, was unver­meid­lich gro­ße Schwä­chung durch Blut­ver­lust her­bei­füh­ren muß, so wird man durch schwa­che und sehr schwa­che Gaben bald und leicht eine natür­li­che Rege­lung die­ses Natur­vor­gan­ges bewir­ken (z. B. 6., 10., 12., 15. Verdünnung).

Bei chro­ni­scher Nei­gung zu der­art star­ken oder zu häu­fi­gen oder gar häu­fi­gen und star­ken Regel­blu­tun­gen las­se ich auf Grund der Erfah­rung und Beob­ach­tung viel­fach in der regel­frei­en Zeit z. B. 10. oder 12. Dil. neh­men und gehe dann bei Ein­tritt der Regel vor­über­ge­hend für die Dau­er der­sel­ben auf 12.–15. oder noch höhe­re über.

Es ist aber nicht zu über­se­hen, daß bei ganz her­un­ter­ge­kom­me­nen und ver­elen­de­ten Kran­ken, wo durch Schwä­che und Blut­ar­mut die Schleim­häu­te schlaff, schwam­mig und unfä­hig wer­den, den Blut­strom auf­zu­neh­men, son­dern ihn bestän­dig sickern las­sen, auch die stär­ke­ren Lösun­gen von Ad 1, ver­mö­ge der stär­ken­den Wir­kung auf die Gefä­ße, sol­chen Blu­tun­gen wirk­sa­mer ent­ge­gen­ar­bei­ten als die hohen Ver­dün­nun­gen. Wir sehen, auch hier wird das Gesetz von den ent­ge­gen­ge­setz­ten Wir­kun­gen schwa­cher und star­ker Dosen voll gewahrt — nur erfor­dern sol­che Fäl­le schär­fe­re Beobachtungsgabe.

Umge­kehrt wer­den stär­ke­re Gaben, die z. B. durch Schreck oder ande­re Gemüts­af­fek­te oder Erkäl­tun­gen, Durch­näs­sung u. dgl. unter­drück­te Regel wie­der her­bei­füh­ren und in Gang brin­gen. Doch moch­te ich hier schon aus­drück­lich her­vor­he­ben, daß das Ein­tre­ten der Regel bei bleich­süch­ti­gen und blut­ar­men Frau­en oder Mäd­chen unter kei­nen Umstän­den erzwun­gen wer­den darf, da die­se hier­durch nur eine Ver­schlim­me­rung ihrer Blut­lee­re her­bei­füh­ren wür­den. Es muß viel­mehr in sol­chen Fäl­len das Grund­übel, eben die Blut­ar­mut, besei­tigt und bekämpft wer­den, dann stellt sich die Regel von selbst wie­der ein. Wir wer­den spä­ter bei Ad 3 dar­auf noch zu spre­chen kommen.

Die Wir­kung des Ad 1 auf die Nie­ren äußert sich beson­ders bei Ent­zün­dun­gen und Katar­rhen die­ses Orga­nes und bei den ver­schie­de­nen For­men von Was­ser­sucht, indem es durch die Rege­lung, meist Erhö­hung des Blut­dru­ckes, auch die Aus­schei­dun­gen der Nie­ren hebt, wel­che für den mensch­li­chen Kör­per gewis­ser­ma­ßen die Rol­le eines Sie­bes oder Fil­trier­ap­pa­ra­tes inne­ha­ben, durch den sich in den Nie­ren­zel­len die flüs­si­gen und lös­li­chen Zer­falls­pro­duk­te des Kör­pers aus dem Blu­te abschei­den, das durch die Nie­ren getrie­ben wird. Hier berührt sich, wie man sieht, die Wir­kung des Ad 1 mit jener des St 6 und G 6, indem sich bei­de wie­der ähn­lich ergän­zen, wie bereits frü­her an dem Bei­spie­le der Katar­rhe gezeigt wurde.

Auf die Schlag­adern im all­ge­mei­nen und deren wei­te­re und äußers­te Aus­läu­fer, die Haar­ge­fä­ße (Kapil­la­ren), wirkt Ad 1 grund­sätz­lich aus­deh­nend (daher den Blut­zu­fluß för­dernd) in den stär­ke­ren Gaben­stu­fen und umge­kehrt ver­en­gend (daher den Blut­zu­fluß ver­min­dernd) in den schwa­chen Gaben. In der letz­te­ren Wei­se ist es sogar bei inne­ren sowohl wie äuße­ren Blu­tun­gen ein blut­stil­len­des Mit­tel. An dem Bei­spiel der weib­li­chen Regel haben wir dies bereits gese­hen; aber eben­so ist dies der Fall bei Nasen- oder Lun­gen­blu­tun­gen, Bla­sen- oder Darm­blu­tun­gen, sofern die­sel­ben arte­ri­el­le Gefä­ße betreffen.

Und nun sage ich wie­der: “Ver­ba docent — exem­pla trahunt” (Wor­te leh­ren, Bei­spie­le über­zeu­gen). Ein Bei­spiel aus dem täg­li­chen Leben wird das noch kla­rer machen!

Eine der häu­figs­ten Erschei­nun­gen, die mit einem gestör­ten Blut­um­lauf ver­bun­den ist, ist die gleich­zei­tig auf­tre­ten­de Über­fül­lung der Blut­ge­fä­ße des Kop­fes (Kon­ges­ti­on), die sich durch Rötung des Gesich­tes, Hit­ze im Kopf, Ohren­sausen, Flim­mern vor den Augen, Schwin­del, wohl auch dump­fen oder drü­cken­den Kopf­schmerz einer­seits und Käl­te der Hän­de und Füße, Blau­wer­den oder Bläs­se der­sel­ben äußert.

Die­se Beschwer­den wer­den wirk­sam bekämpft durch Ad 1 in 3., 4., 6. Ver­dün­nung inner­lich und dann ent­we­der kal­te Abwa­schun­gen oder Umschlä­ge am Kopf; ers­te­re, indem man die Flüs­sig­keit nicht abwischt, son­dern auf der Haut ein­trock­nen läßt, mit Ad 1, 1 Korn in ¼ Liter oder selbst in 1 Liter Wasser.

Gleich­zei­tig, wäh­rend der mit schwa­cher Lösung getränk­te kal­te Umschlag am Kop­fe liegt, läßt man hei­ße Wickel, Hand- bzw. Fuß­bä­der machen mit einer star­ken Lösung (5–10-15–20 Korn in ¼ bis 1 Liter Was­ser), und, indem man bei­de Anwen­dun­gen regel­mä­ßig täg­lich wie­der­holt, wird man unschwer den gestör­ten Blut­um­lauf all­mäh­lich voll­kom­men regeln können.

Die Lösung die­ses “Rät­sels” ist wie­der ganz einfach.

Die schwa­chen Dosen von Ad 1 zie­hen die Blut­ge­fä­ße zusam­men, ver­en­gern sie, sper­ren auf die­se Wei­se den Blut­zu­lauf in das über­blu­te­te Organ — hier das Gehirn — und ent­blu­ten das­sel­be auf die­se Wei­se bis auf den nor­ma­len Grad.

Umge­kehrt erwei­tern die star­ken Lösun­gen des­sel­ben Mit­tels die Blut­ge­fä­ße in den Hän­den und Füßen, ver­meh­ren der­ge­stalt den Blut­zu­fluß daselbst, womit auch die natür­li­che Durch­wär­mung der­sel­ben wie­der ein­tritt, und ergän­zen so die Wir­kung der obi­gen kal­ten und schwach dosier­ten Kopfwaschungen.

Ein ähn­li­ches Ver­fah­ren wür­de auch für ein atro­phier­tes, d. h. in Schwund und Abster­ben begrif­fe­nes Organ am Plat­ze sein, doch ist hier die blut­bil­den­de Kraft des Ad 3, von dem wir noch reden wer­den, meist doch mehr ausschlaggebend.

(…)

Autor
• Krauß, Theo­dor, (1920).
Quel­len
• Krauß, Theo­dor: Die Grund­ge­set­ze der Jso-Kom­­plex-Heil­­wei­­se (12. Auf­la­ge). Johan­nes Sonn­tag Ver­lags­buch­hand­lung, Regens­burg, 1985 (Erst­auf­la­ge um 1920).
wei­te­re Infos
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