Düfte, Gerüche bestimmen unseren Alltag. Unsere Nase als wichtiges Sinnesorgan beliefert uns mit zahllosen Informationen, nach denen wir uns oft unbewusst ausrichten. Natürliche Düfte von Rosen, Lavendel oder einer frisch gemähten Heuwiese lösen bei den meisten Wohlbehagen oder Freude aus. Dagegen kann ein zu stark aufgetragenes Parfüm ins Gegenteil umschlagen und Ablehnung, Unbehagen oder sogar Ekel erzeugen. Nicht zuletzt hat jeder Mensch schon die Erfahrung gemacht, dass ein Duft wie beispielsweise von frisch gebackenem Hefekuchen eine längst vergessen geglaubte Kindheitserinnerung schlagartig wieder ins Gedächtnis bringt.
Für die vielfältigen, komplexen Sinneseindrücke ist das Geruchsorgan in unserer Nase zuständig. Seine Funktionen mit den zentralnervösen, direkten Verschaltungen mit dem Gehirn werden weiter erforscht. Die allgemeine Auffassung von Wissenschaftler ist gegenwärtig, dass Gerüche über das Riechzentrum zum limbischen System gelangen. Dies ist ein Teil des Gehirns, welches für die Gefühle zuständig ist. Derzeitiger Stand der Wissenschaft ist, dass Sympathie, Antipathie, sexuelles Verlangen, Schmerzwahrnehmungen oder Erinnerungen über das limbische System beeinflusst werden können. Das Riechen als erster ausgeprägter Sinn – Babys erkennen ihre Eltern am Geruch – spielt ebenso im weiteren Leben eine bedeutsame Rolle: Nicht nur ein Bauchgefühl kann bei wichtigen Entscheidungen eines Erwachsenen massgeblich sein, sondern ebenso die Nase. Sie entscheidet mit, ob wir z.B. “jemanden riechen können” oder nicht.
Rosenblüten
Eine wundervolle Möglichkeit der positiven, bewussten Selbstbeeinflussung entfaltet sich durch den Einsatz von ätherischen Ölen. Diese sinnlich flüchtigen Stoffe der Pflanzen sind wertvoll und kostbar. Ätherische Öle können verführerische, aphrodisierende, stimmungserhellende und im Sinne der Aromatherapie heilsame Wirkungen auf Körper, Seele und Geist haben. Ingeborg Stadelmann ist seit Jahrzehnten tätig als freiberufliche Hebamme und Aromaexpertin. Sie arbeitet mit den wertvollen Ingredienzien in allen Lebenslagen. In ihrem Buch “Bewährte Aromamischungen” gibt Stadelmann als Autorin Einblicke in ihre spannenden und liebevoll beschriebenen Erfahrungen mit ätherischen Ölen. Stadelmann setzt z.B. bei der Geburt, Befindlichkeitsstörungen, banalen Erkrankungen im Alltag ein. “Deutlich getrennt werden müssen in der Aromatherapie private und medizinische Anwendungsmöglichkeiten”, hebt Stadelmann hervor. Denn professionell arbeitende Aromatherapeuten verwenden ätherische Öle hauptsächlich zur medizinischen Behandlung von Krankheiten. Ätherische Öle gelangen über Haut oder Schleimhäute in den Blutkreislauf und können so beispielsweise das Immunsystem positiv beeinflussen oder einen Heilimpuls setzen. Deshalb werden Aromatherapeuten bei medizinischen Anwendungen nach einer Diagnose ihren Patienten meist individuelle Heilöle verordnen. Ein weiteres Einsatzfeld besteht in der Psychotherapie oder psychosomatischen Medizin, um z. B. Verbindung zu Gefühlen oder Erinnerungen herzustellen.
Für Zuhause geeignet
“Für Zuhause sind Aromamischungen empfehlenswert”, sagt Stadelmann. “Gerade bei banalen Erkrankungen oder bei deren unterstützender Pflege bieten sich zahllose Möglichkeiten wie Einreibungen, Zusätze bei Wickeln, Bädern oder die Beduftung durch Zerstäuber und Duftlampen an”. Über das sinnliche Ausprobieren kann sich ein neues Verständnis für die auch heilsame Wirkung von Pflanzen entwickeln. Die besondere Kunst bei der Anwendung könnte werden, dem Wesen der ätherischen Öle und ihren Möglichkeiten näher zu kommen. Dazu bedarf es Übung, genaues Hinschauen und ‑Fühlen. Stadelmann hält das Notizen machen für unerlässlich für jene, die das Mischen von ätherischen Ölen ausprobieren wollen. “Beim Experimentieren mit den flüchtigen Elementen, ist auch eine Portion Wissen und am besten das Lernen von Kenntnissen in Fachseminaren empfehlenswert”, so Stadelmann. Und: Für das Arbeiten mit ätherischen Ölen gilt das Gleiche wie für einen Garten. Dieser kann auch nicht innerhalb eines Monats zufriedenstellend beackert werden. Stattdessen wächst und gedeiht er mit Geduld und mit einem langfristig angelegten Plan. Das gleiche gilt für Aromamischungen: Um sich nicht in der Überzahl von Duftvarianten zu verlieren, könnten sich eigene Vorlieben (welche Pflanze/ Duft liegt mir am nächsten) eignen, um mit dem Ausprobieren zu beginnen. Lieber mit wenigen Ölen anfangen und dann schrittweise die Erfahrungen ausweiten. Diese Herangehensweise ist auch besser für das Portemonnaie, denn echte ätherische Öle sind teuer.
Bei der Herstellung der ätherischen Öle werden verschiedene Teile von Pflanzen verarbeitet: Blüten, Blätter, Rinde, Wurzeln, Fruchtschalen oder Früchte werden mit Hilfe von Wasserdampfdestillation gewonnen. Die Herstellung hat eine lange Tradition und ist bis heute aufwändig und kostenintensiv. Denn die meisten Etappen des Herstellungsprozesses sind nach wie vor mit Handarbeit verbunden wie das Sammeln der kostbaren, empfindlichen Blüten beispielsweise. Spezialwissen ist zudem nötig, denn schon der genaue Erntezeitpunkt wie z.B. die Verwendung von vollaufgeblühten Blüten zur Mittagszeit können für die Qualität des fertigen Öls ausschlaggebend sein. Weitere Faktoren wie die Qualität der Pflanzen (keine Hybride), sorgfältig-saubere Verarbeitungsprozesse bis hin zur endgültigen Wasserdampfdestillation bestimmen die Qualität. Echte Öle sind kostbar und haben einen entsprechenden Preis. In diesem Falle führt die Jagd nach Schnäppchen zu minderwertigen und damit unwirksamen Ölen, schliesslich lässt sich die Seele nicht betrügen.
Aromatherapie im Alltag
Warum künstliche, stark riechende Badesalze – oder synthetische Zusätze verwenden? Manchmal bedarf es einer Umgewöhnung, um auf den seifigen Schaum zu verzichten. Doch: Probieren Sie einmal aus, echtes ätherisches Öl in die Wanne zu geben (10–15 Tropfen gemischt in ein neutrales Duschgel, in Sahne oder Honig). Sie werden bemerken, dass sich die Duftqualität stark unterscheidet. Und: Auch die therapeutische Wirkung ist eine völlig andere. Es ist eben doch ein Unterschied, ob das ätherische Öl aus echtem oder künstlichem Lavendel hergestellt wurde. Wichtig: Bäder mit echten ätherischen Ölen sollten eine viertel Stunde andauern. Die Wassertemperatur liegt bei solchen Bädern zwischen 35 und 38 Grad. Entsprechend des gewählten Öls entfalten die Bäder ihre Wirkung. Grundsätzlich empfiehlt sich danach eine Ruhepause.
Römische Kamille (Chamaemelum nobile)
Duftende und pflegende Hautöle lassen sich selbst hergestellen. Grundlage bilden natürliche Öle. Die Palette ist sehr breit gefächtert, so bieten sich neben Mandel- und Jojoba-Öl auch Öle aus Aprikosenkernen, Macadamianüssen, Haselnüssen oder Sonnenblumenkernen an. Etwa zwei bis drei Teelöffel vom Öl werden in eine kleine Glasschale gegeben. Drei bis fünf Tropfen von einem ätherischen Öl kommen dann hinzu. Um keine Fehler zu machen, greifen Sie am besten auf fertige Aromamischungen zurück. Dann leicht mit einem (sauberen!) Finger verteilen und anschliessend gleichmässig die Haut einreiben. Das Gute: Das Hautöl kann jeden Tag entsprechend der Stimmung eine andere Duftnote bekommen: Bergamotte, Orange wirken belebend, Majoran wärmend, stärkend, Zypresse entspannend, erfrischend – um nur ein paar Beispiele zu geben. Doch gibt es beim Experimentieren Einiges zu beachten: Fünf Tropfen Zimt- oder Nelkenöl wirken nicht nur stark erwärmend, sondern können auch zu Hautrötungen führen. Die gleiche Mengen ätherisches Öl der Rose, Neroli oder römischer Kamille duften nicht nur zu stark, sondern werden auch zu teuer. Bei Lavendel- oder Neroliöl sind fünf Tropfen eine gute Dosierung.
Naturparfüm sind wertvoll, enthalten keinerlei Konservierungsmittel, sind hautverträglich und werden vollständig verstoffwechselt. Als Grundlage eigenen sich Jojoba-Öl welches in Parfümrollstifte (Drogerie) gefüllt wird. Hinzu kommen unterschiedliche ätherische Öle als “Kopfnote” (Angeruch), “Herznote” (charakterisieren das Parfüm, Düfte setzen sich nach vier Stunden frei) und “Basisnote” (Fixativ oder Basis, Düfte halten sechs Stunden und länger). Das Kreieren eines eigenen Naturparfüms macht Spass und kann in Hochstimmung versetzen. Bei Workshops bietet sich die Möglichkeit, viele ätherische Öle ausprobieren zu können, ohne sie selbst anschaffen zu müssen.
Ganzkörper-Waschungen mit einem Waschlappen, Wasser und dazu getropften ätherischen Ölen helfen bettlägerigen Menschen. Sie stärken das Immunsystem wie z.B. die Angelikawurzel, regen die Herz-Kreislauf-Funktionen an (Rosmarin cineol) oder können von Traurigkeit und Abgeschlagenheit (Grapefruit, Bergamotte) befreien. Sie sind nicht nur körperlich, sondern für die Kranken auch seelisch eine Wohltat. Wichtig: Bitte mit einer Fachperson Rücksprache halten, denn ätherische Öle sind duftende Wirkstoffe der Natur.
Melisse (Melissa officinalis)
Beduftung von Räumen: Nötig sind dazu kleine Duftlampen, die es einfach oder auch künstlerisch gestaltet zu kaufen gibt. Ein Teelicht sorgt für die Erhitzung des Wassers in dem ätherisches Öl tropfenweise gegeben wird. Durch die Hitze des Teelichts verdampft das Wasser mit dem Öl. Es verflüchtigt sich und geht damit wieder in seinen Urzustand über. Immer beliebter werden elektrische Zerstäuber, die automatisch abschalten, wenn das Wasser verdampft ist. Eine einfache, schnelle Möglichkeit bieten Raumsprays, auf Basis einer Alkohol-Wasserlösung mit natürlichen ätherischen Ölen. Es genügen dabei, je nach Raumgrösse, zwei bis vier Sprühstösse. Der Duft der Pflanzen ist raumfüllend und kann entsprechend der Stimmung ausgewählt werden. Bücher geben Anfängern Hinweise wie z.B. Melisse (Melissa officinalis) “Klarheit und Gelassenheit auch in schweren Zeiten, Schafgarbe (Achilla millefolium) “sich mit Himmel und Erde verbinden”, Wachholderbeere (Juniperus communis) “Körper und Seele vom Ballast befreien”, Rosengeranie (Pelargonium graveolens) “die rosigen Zeiten sehen” [1].
Wichtig! Bei ätherischen Ölen und ihrer Verwendung müssen die persönliche Vorlieben und Erlebnisse berücksichtigt werden: Lavendel kann an die phantastischen Felder der Provence und einen schönen Urlaub erinnern – jedoch auch an eine ungeliebt Tante, die diese Duftnote verwendete. Und: Unbedingt auf die Dosierungen achten! Erwachsene vertragen andere Dosierungen als Kinder oder Babys (Anwendungen nur durch Fachpersonen geeignet): Bitte keine unbedachten, “wohlgemeinten” Überdosierungen – Kinder können Schaden daran nehmen. Eben weil ätherische Öle wirken, sind manche für Epileptiker und Asthmatiker ungeeignet. Ebenso kann es beim Umgang durchaus auch zu unerwünschten – natürlich nicht beabsichtigten – psychischen Reaktionen kommen. Deshalb: Die Verwendung mit ätherischen Ölen sollte umsichtig und verantwortungsvoll passieren.
Autorin
• Marion Kaden, natürlich leben (2014).
Quellen
[1] Stadelmann, I.: Bewährte Aromamischungen. Mit ätherischen Ölen leben, gebären, sterben. Stadelmann Verlag. Wiggensbach. 2001.
Fischer-Rizzi S., Ebenhoch P.: Himmlische Düfte. AT Verlag. Aarau, 2011 (25.Aufl.).
Forum Essenzia e. V. setzt sich als gemeinnütziger Verein für die Förderung, den Schutz und die Verbreitung von Aromatherapie, Aromapflege und Aromakultur ein.
weitere Infos
• Aromatherapie für Zuhause
• Naturparfüm-Workshop
• Lesetipp: Bewährte Aromamischungen
• Aromatherapie
• Lesetipp: Duft- und Heilpflanzen