Migräne: Hilfe aus der Naturheilkunde

Wel­che natur­heil­kund­li­chen Mög­lich­kei­ten bie­ten sich an zur Behand­lung von Migrä­ne? Die­ser Fra­ge ging Prof. Dr. Andre­as Mich­al­sen, Imma­nu­el-Kran­ken­haus, Ber­lin, nach. Er hielt einen Vor­trag im Rah­men der Ver­an­stal­tungs­se­rie ‚Medi­zin und Psy­cho­lo­gie’, wel­che regel­mä­ßig in der ‚Ura­nia’, Ber­lin, statt­fin­det – einem ‚Lern- und Bil­dungs­ort’ laut des Selbst­ver­ständ­nis­ses des Ver­eins­vor­stan­des. [1]

Mut­ter­kraut (Tanace­tum per­the­ni­um)

Die Ver­an­stal­tung war gut besucht. Es zeig­te sich, dass vor­wie­gend Betrof­fe­ne das Ange­bot nutz­ten, wie sich auf­grund der Zwi­schen­fra­gen bald her­aus­stell­te. Auch wider­spie­gel­te die Zusam­men­set­zung des Publi­kums das Vor­kom­men von Migrä­ne in Deutsch­land: Im Audi­to­ri­um saßen bis zu 70 Pro­zent Frau­en und 30 Pro­zent Män­ner, um Infor­ma­tio­nen und Anre­gun­gen zur natur­heil­kund­li­chen Behand­lung von Migrä­ne zu erhal­ten. Zu Beginn defi­nier­te Mich­al­sen in Abgren­zung zum Bei­spiel zum Span­nungs­kopf­schmerz die Migrä­ne: “Das sind epi­de­misch (gehäuf­tes Vor­kom­men mit zeit­li­cher Begren­zung), anfalls­ar­tig auf­tre­ten­de Kopf­schmer­zen, die bis zu 72 Stun­den andau­ern kön­nen. Sie wird von vege­ta­ti­ven (Funk­tio­nen des vege­ta­ti­ven Ner­ven­sys­tems betref­fend) und neu­ro­lo­gi­schen Sym­pto­men beglei­tet”, sag­te Mich­al­sen. Die Migrä­ne gilt des­halb auch als neu­ro­lo­gi­sche Erkran­kung. Bei 17 Pro­zent der Frau­en und 7 Pro­zent der Män­ner tritt die Migrä­ne zwi­schen der Puber­tät und dem 30. Lebens­jahr auf. Am häu­figs­ten lei­den dar­un­ter Men­schen im Lebens­al­ter zwi­schen 35–45 Jah­ren. Neben der gene­ti­schen, also ver­erb­ba­ren Kom­po­nen­te, wird auch eine sozia­le ange­nom­men. Denn Kin­der schau­en sich von Eltern nicht nur ein bestimm­tes Ver­hal­ten im All­tag ab, son­dern auch Lei­dens- und Ver­hal­tens­mus­ter im Fal­le von Erkran­kun­gen – die­ses kann auch auf die Migrä­ne zutref­fen, so Michalsen.

Bevor der Medi­zi­ner zu den natur­heil­kund­li­chen Mög­lich­kei­ten über­ging, beton­te er eins: “Die Natur­heil­kun­de kann vie­len Men­schen gut hel­fen, aller­dings kann sie die Migrä­ne nicht ganz weg­neh­men!” Des­halb warn­te Mich­al­sen auch aus­drück­lich vor wun­der­sa­men Heils­ver­spre­chun­gen von, die häu­fig sehr ins Geld gehen könn­ten, weil die­se meis­tens aus eige­ner Tasche zu bezah­len sei­en. “Wenn die Aku­punk­tur bei­spiels­wei­se nach zehn Behand­lun­gen nicht den gewünsch­ten Erfolg bringt, kön­nen Sie es auch las­sen”, sag­te Michalsen.

Span­nungs­kopf­schmerz: Von die­ser Form des Kopf­schmer­zes sind in Deutsch­land 30 bis 50 Pro­zent der Men­schen betrof­fen. Stress ist eine häu­fi­ge aus­lö­sen­de Ursa­che: Denn das andau­ern­de Zusam­men­zie­hen der Nacken-Schul­­ter-Mus­­ku­la­­tur (es ist eigent­lich eine Schutz­re­ak­ti­on), das auto­ma­ti­sche Hoch­zie­hen der Schul­tern über einen lan­gen Zeit­raum kann Span­nungs­kopf­schmer­zen aus­lö­sen. Mög­lich sind auch noch ande­re Ursa­chen, wie z. B. ortho­pä­di­sche Pro­ble­me wie eine Fehl­stel­lung des Kie­fers, Pro­ble­me in der Mund­höh­le (zu hohe Füllungen).

Kopfschmerztagebuch führen

Pest­wurz (Peta­si­tes offi­ci­na­lis)

Da das Auf­tre­ten von Migrä­ne mit einem hohen Lei­dens­druck ein­her gin­ge, emp­fahl Mich­al­sen zunächst ein­mal ein Kopf­schmerz­ta­ge­buch zu füh­ren. Da eine Migrä­ne sehr indi­vi­du­el­le Aus­prä­gun­gen und auch ver­schie­de­ne Facet­ten hät­te, gäl­te es ihr zunächst ein­mal auf die Schli­che zu kom­men, so Mich­al­sen. Auch die Aus­lö­ser für eine Migrä­ne-Atta­cke könn­ten bei Men­schen höchst unter­schied­lich sein. Über ein Kopf­schmerz­ta­ge­buch könn­ten Betrof­fe­ne etwas über die mög­li­chen Aus­lö­ser her­aus­fin­den. So könn­ten bei­spiels­wei­se Scho­ko­la­de, Rot­wein, Glut­amat (in chi­ne­si­schem Essen ver­wen­de­te Geschmacks­ver­stär­ker) Atta­cken bei Betrof­fe­nen aus­lö­sen. Eben­so könn­ten Hor­mo­ne wie bei Frau­en die bevor­ste­hen­de Monats­blu­tung bei­spiels­wei­se, zu wenig Schlaf oder zu viel Stress dafür ver­ant­wort­lich sein. Wenn Betrof­fe­ne mehr über ihre per­sön­li­chen Aus­lö­ser wüss­ten, sei­en sie nicht mehr so hilf­los und könn­ten unter ande­rem ver­su­chen, die­se zu ver­mei­den. “Migrä­ne-Betrof­fe­ne kön­nen sich auf die­se Wei­se auf den Weg machen”, so Mich­al­sen. Er sprach sich deut­lich für die Not­wen­dig­keit von Ver­än­de­run­gen im eige­nen Leben aus. “Unse­re Gesell­schaft schläft zum Bei­spiel noto­risch zu wenig”, stell­te er wei­ter fest. Schlaf­de­fi­zi­te, so der Exper­te, wür­den erwie­se­ner­ma­ßen für Über­ge­wicht, Dia­be­tes, Schmerz­er­kran­kun­gen und eben Migrä­ne mit­ver­ant­wort­lich sein. Folg­lich sei ein ange­mes­se­ner, dem kör­per­li­chem Bedürf­nis ent­spre­chen­der Schlaf ein rich­ti­ger Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung. Hin­zu kämen wei­te­re Mög­lich­kei­ten wie die Umstel­lung auf voll­wer­ti­ge, bio­lo­gi­sche Nah­rungs­mit­tel, weil die­se unter ande­rem kei­ne hohe Pes­ti­zid­be­las­tung hät­ten. Auch das regel­mä­ßi­ge Trei­ben von Sport wäre für Migrä­ne-Betrof­fe­ne aus­ge­spro­chen wich­tig, so der Medi­zi­ner. Und ein Rat­schlag, der ihm beson­ders am Her­zen lag: “Nichts ist heil­sa­mer als Bewe­gung in der Natur”, sag­te Michalsen.

Mög­li­che Aus­lö­ser: Scho­ko­la­de, Rot­wein, nitrat­hal­ti­ge Lebens­mit­tel (Pökel­fleisch, Würst­chen), Zusatz­stof­fe (Kon­ser­vie­rungs­mit­tel, Farb­stof­fe – des­halb auch kei­ne Tief­kühl­wa­re), Glut­amat (Geschmacks­ver­stär­ker), Kaf­fee, Niko­tin, zu wenig Schlaf, Stress, bio­ge­ne Ami­ne (Käse, Nüs­se) und vie­le mehr.

Naturheilkundliche und komplementärmedizinische Maßnahmen

Die Natur­heil­kun­de habe für hil­fe­su­chen­de Migrä­ne-Betrof­fe­ne eine gan­ze Rei­he an natur­heil­kund­li­chen Maß­nah­men zu bie­ten. Zunächst nann­te er das “Heil­fas­ten, also der frei­wil­li­ge Ver­zicht auf Nah­rung, unter ärzt­li­cher Kon­trol­le z. B. in einer Kli­nik bie­tet eine gute Mög­lich­keit”, so Mich­al­sen. Er hät­te in sei­ner Kli­nik oft die Beob­ach­tung gemacht, dass Migrä­ne-Pati­en­ten wäh­rend des Heil­fas­tens einen Migrä­ne-Anfall bekä­men. “Das muss man dann durch­schrei­ten”, so Mich­al­sen. Durch Stu­di­en sei erwie­sen, dass die Fas­ten­the­ra­pie grund­sätz­lich die Stim­mung ver­bes­se­re (Sero­to­nin-Men­ge wird erhöht und hält sich auch lan­ge wei­ter­hin im Kör­per an) und kön­ne auch die Häu­fig­keit der Migrä­ne-Atta­cken senken.

Auch gäbe es Stu­di­en, die beleg­ten, dass Ent­span­nungs­ver­fah­ren Gutes bewirk­ten. Ob nun Medi­ta­ti­on, Acht­sam­keit, Yoga, Pro­gres­si­ve Mus­kel­ent­span­nung nach Jakobson, chi­ne­si­sche For­men wie Tai Qi oder Qi Gong, Bio­feed­back oder Auto­ge­nes Trai­ning – es sei für jeden Men­schen etwas dabei, so Mich­al­sen. Wich­tig sei nur für Migrä­ne-Betrof­fe­ne die regel­mä­ßi­ge Durch­füh­rung des jewei­lig gewähl­ten Ent­span­nung­ver­fah­rens. Für Medi­tie­ren­de gäbe es noch eine wei­te­re posi­ti­ve Wir­kung: Eine Stu­die hät­te gezeigt, dass medi­tie­ren­de Mön­che z. B. wesent­lich schmerz­un­emp­find­li­cher sei­en, als Nicht­me­di­tie­ren­de. Des­halb: “Die Migrä­ne ist zwar nicht weg, aber es tut nicht mehr so weh!”, so Michalsen.

Auch das Schröp­fen stell­te der Medi­zi­ner als Maß­nah­me vor. Sie sei leicht erlern­bar und gut in der Eigen­an­wen­dung durch­führ­bar (sie wird ganz am Anfang, wenn sich eine Migrä­ne ankün­digt, ange­wandt). Wich­tig sei­en, die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Ver­fah­ren und das Anset­zen der Schröpf­köp­fe auf den ent­spre­chen­den Reflex­zo­nen. “Die Blut­ergüs­se brin­gen das Gewe­be wie­der in die Rege­ne­ra­ti­on hin­ein”, sag­te Mich­al­sen, “denn bekannt­lich sam­melt sich bei einer Migrä­ne das Blut im Kopf, durch durch­blu­tungs­för­dern­de Maß­nah­men erhält der Kör­per ein Gefäß­trai­ning, wel­ches ihm bei Migrä­ne-Atta­cken lang­fris­tig hilft”. Als wei­te­re Bei­spie­le nann­te er das Anle­gen von Kohl­wi­ckeln oder die Was­ser­the­ra­pie nach Kneipp. Denn auch die abwech­seln­den Kalt-Warm-Was­ser­rei­ze hät­ten gefäß­trai­nie­ren­de Eigen­schaf­ten, die sich zudem gut und bil­lig im eige­nen Bade­zim­mer durch­füh­ren lie­ßen. Wich­tig sei nur, sich einen 3/4‑­Zoll-Schlauch zu kau­fen, mit dem dann durch einen gebün­del­ten Strahl die jewei­li­gen Güs­se durch­ge­führt wür­den, so Michalsen.

Heilpflanzliche Maßnahmen

Pef­fer­min­ze (Men­tha × pipe­ri­ta)

Um das Blut aus dem Kopf zu beför­dern, eig­ne sich auch ein Senf­öl-Fuß­bad (am Anfang einer Migrä­ne-Atta­cke. Denn wenn sie sich voll ent­fal­tet hat, bringt es nichts mehr). Dazu sei der Kauf von Senf­mehl aus der Apo­the­ke nötig. “Zwei Ess­löf­fel wer­den mit war­mem Was­ser über­gos­sen. Die Füße wer­den bis zu fünf Minu­ten in das auf­ge­lös­ten Senf­mehl­was­ser gestellt (die Dau­er ist indi­vi­du­ell, also aus­pro­bie­ren!). Danach abspü­len, abtrock­nen und aus­ru­hen”, sag­te Mich­al­sen, der gleich eine War­nung hin­ter­her schick­te: “Vor­sicht: Das Senf­mehl ist äußerst rei­zend! Wer zuviel Senf­mehl nimmt, kann auch Bla­sen bekom­men. Des­halb immer zunächst mit zwei Ess­löf­feln begin­nen und dann selbst die Erfah­rung machen, wie die Haut bzw. der Kör­per dar­auf reagie­ren.” In die­sem Fal­le sei­en die Erfah­run­gen kön­nen äußerst unter­schied­lich, all­ge­mei­ne Regeln könn­ten nicht auf­ge­stellt werden.

Eine wei­te­re rei­zen­de Mög­lich­keit böte Minz­öl, so Mich­al­sen wei­ter. Es wür­de eben­falls zu Beginn der Atta­cke an die Schlä­fen und in den Nacken ver­rie­ben (Vor­sicht: Es darf nicht in die Augen gera­ten). Wei­te­re Heil­pflan­zen, die bei Migrä­ne hel­fen sei­en Pest­wurz und Mut­ter­kraut (Dosie­rung sie­he Kasten).

Minz­öl (z. B. Euminz N): Ein­rei­bung an Schlä­fen und im Nacken­Pest­wurz (2x75 Mil­li­gramm): Lei­der gibt es kei­ne deut­schen Pest­wurz­prä­pa­ra­te mehr. Sie die­nen zur Pro­phy­la­xe von Migrä­ne. Pes­t­­wurz-Prä­­pa­ra­­te (Peta­si­tes offi­ci­na­lis) gibt es nur noch über das Inter­net zu kaufen.

Mut­ter­kraut (3x10 Trop­fen, z. B. Nemagram)

Vit­amin B1 (2x200 Milligramm)

Magne­si­um (2x100 Milligramm)

Kepha­lo­do­ron (antro­pho­so­phi­sches Medikament)

Wich­tig: Die­se Anga­ben bezie­hen sich auf Tages­do­sen und sind pro­phy­lak­tisch oder am Anfang der Migrä­­ne-Atta­­cken ein­zu­neh­men. Und: Die­se Infor­ma­tio­nen erset­zen in kei­nem Fall eine per­sön­li­che Bera­tung, Unter­su­chung oder Dia­gno­se durch einen appro­bier­ten Arzt.

Abschlie­ßend mach­te Mich­al­sen noch auf die gesun­de Warn­funk­ti­on von Kopf­schmer­zen oder Migrä­ne auf­merk­sam: “Das Sys­tem ist über­las­tet”, sag­te er und zeig­te sich “ver­hal­ten opti­mis­tisch”, dass mit Stress-Reduk­ti­on und ver­nünf­ti­gen, regel­mä­ßi­gen Maß­nah­men der Kör­per wie­der in nor­ma­le Bah­nen geführt wer­den kön­ne. Nicht zuletzt bestün­de die Mög­lich­keit, sich unter ande­rem in sei­ner Kli­nik an der ‚Hoch­schul­am­bu­lanz für Natur­heil­kun­de’ (Über­wei­sungs­schein nötig, War­te­zeit beach­ten) zu wen­den, um sich Hil­fe und Unter­stüt­zung geben zu lassen.

[1] Ver­an­stal­tung: Heil­pflan­zen gegen Kopf­schmer­zen und Migrä­ne. 16.06.14. im Ura­nia Ber­lin e.V., An der Ura­nia, 10787 Berlin.

Ura­nia: Der Ver­ein hat sich der Ver­mitt­lung wis­sen­schaft­li­cher Bil­dung für Bür­ger ver­schrie­ben. Kein Gerin­ge­rer als Alex­an­der von Hum­boldt (1769–1859) lie­fer­te die Idee dafür. Die Ein­rich­tung wur­de spä­ter unter ande­rem von Wer­ner von Sie­mens (1816–1892) gegrün­det. Die ‚Lern- und Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen’ ste­hen allen Bür­gern offen. Nicht nur medi­zi­ni­sche, son­dern auch The­men aus Kul­­tur- und Geis­tes­wis­sen­schaf­ten, Natur und Tech­nik oder Gesell­schaft wer­den gebo­ten. Als Refe­ren­ten wer­den häu­fig auch füh­ren­de Exper­ten oder Poli­ti­ker ein­ge­la­den, um zu refe­rie­ren. Mehr: www.urania.de

Autorin
• Mari­on Kaden, Heil­pflan­­zen-Welt (Juni 2014).

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