Unter den vielen bekannten Theorien zur Entstehung von Übergewicht/Adipositas ist eine besonders spannend, weil sie deutlich darauf hinweist: Übergewicht ist tatsächlich eine Folge der modernen Zivilisation. In diesem Fall die Radikal-Entfernung des Magenkeims Helicobacter pylori (“H. p.”) mit mehreren Antibiotika und Säureblockern gleichzeitig (“H.p.-Eradikation”).
Diese Therapie des Magen- und Zwölffingerdarm-Geschwürs (“Ulcus ventriculi et duodeni”) wird seit etwa 30 Jahren immer häufiger durchgeführt. Im gleichen Zeitrdoaum, so zeigt jetzt die Analyse hunderter wissenschaftlicher Studien durch ein deutsch-australisches Forscherteam, hat aber auch die Häufigkeit von Übergewicht extrem zugenommen. Die statistische Assoziation zwischen der seltener werdenden Helicobacter pylori-Besiedlung der Bevölkerung und ihrer Gewichtszunahme ist hochsignifikant. Und zwar unabhängig davon, ob ganze Bevölkerungen oder nur Magen-Darm-Patienten betrachtet werden [1].
Dass es nach einer H.p.-Eradikations-Therapie häufiger zu Übergewicht kommt, ist schon länger bekannt. Klar ist auch, dass sich bei Versuchstieren ohne Helicobacter pylori-Besiedlung Zuckerstoffwechsel, Appetit oder Gewicht normalisieren, wenn sie künstlich mit dem Magenkeim infiziert werden. Eine mögliche direkte Ursache für die beobachteten Phänomene könnte sein, dass H. p. die Bildung und Freisetzung appetitregulierender Signalstoffe beeinflusst, also damit unser Essverhalten steuert. Eine weitere, indirekte Möglichkeit für den Zusammenhang zwischen Eradikations-Therapie und Übergewicht könnte eine massive Störung und Veränderung aller Bakterien sein, die im Magen-Darm-Trakt leben (“Darm-Flora”, “Darm-Mikrobiom”). Solche Störungen, “Dysbiose” genannt, treten fast regelmäßig bei und nach Antibiotika-Behandlungen auf. Und werden in Zusammenhang mit Übergewicht gebracht.
Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben
Das Tragische an dieser Geschichte: Beim sicher ehrenwerten Versuch der Medizin, das Magen- und Zwölffingerdarm-Geschwür wirksam zu behandeln – eben mit Eradikations-Therapie – entsteht millionenfach eine weitere gesundheitliche Baustelle – eben Adipositas. Aus physiologischer Sicht macht dies deutlich, dass ein Bakterium, das vermutlich seit Jahrmillionen bei nahezu allen Menschen weltweit natürlicherweise vorkommt, nicht ohne langjährige Folge-Beobachtungen abgetötet werden darf. Zudem ist klar, dass an einem “Ulcus” nur vergleichsweise wenig Menschen sterben. Übergewicht dagegen hat sich in den letzten Jahrzehnten zu dem wesentlichen Killer in der westlichen Welt überhaupt entwickelt. Herzkreislauferkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Stoffwechselstörungen, Diabetes, Bluthochdruck, Nierenversagen oder Krebs sind nur einige der potentiell tödlichen Folgen.
Adipositas ist oftmals Ausdruck einer chronifizierten Erkrankung und/oder langanhaltende Folge einer medizinischen Therapie. Dabei gelingt zumeist nicht, die Uhr des Lebens Jahre und Jahrzehnte zurückzudrehen und dann die Ursachen zu bekämpfen. Verfahren wie iFasten (Intervall-Fasten) regen allerdings körpereigene Selbstheilungskräfte an. Und sie reduzieren unsere Kalorienaufnahme nachhaltig..
Autor
• Rainer H. Bubenzer, MultiMedVision Berliner Medizinredaktion (2014).
Quellen
[1] Lender N, Talley NJ, Enck P, Haag S, Zipfel S, Morrison M, Holtmann GJ: Review article: Associations between Helicobacter pylori and obesity–an ecological study. Aliment Pharmacol Ther. 2014 Jul;40(1):24–31.
weitere Infos
• ifasten und Abnehmen.
• Auch eine Folge von Übergewicht: Fernsehen.