Unsere Haut

Son­nen­ge­wöhn­te Haut

Stimmt etwas im Kör­per­in­nern nicht, zeich­net sich das oft­mals auf der Haut ab. Meist wird dann zu rigo­ro­ser Sym­ptom­be­kämp­fung geschrit­ten. Ein Plä­doy­er für mehr Rück­sicht im Umgang mit unse­rer Haut.

Rosig unbe­fleckt, wie Baby­haut und kei­ne Kör­per­be­haa­rung: So sieht gesund aus, sug­ge­riert Wer­bung und Mode. Erlaubt ist allen­falls noch etwas che­mie- oder son­nen­ge­bräun­te Fär­bung. Um die­sem Zustand mög­lichst nahe zu kom­men, wird kräf­tig in Kos­me­ti­ka- und Pfle­ge­pro­duk­te inves­tiert: stän­dig wird neu auf­ge­tra­gen, ein­ge­nom­men, ein­ge­at­met, inji­ziert und appli­ziert. Die vie­len che­mi­schen Düf­te aus den Labors der Par­füm-Desi­gner mit ihren schlecht imi­tier­ten, oft all­er­gie­aus­lö­sen­den soge­nann­ten Natur-Düf­ten voll­enden schliess­lich die mar­tia­li­sche Ideo­lo­gie der Haut als Grenz­or­gan zwi­schen Eigen und Fremd.

Hauterkrankungen haben zugenommen

Schon vor Jahr­zehn­ten defi­nier­te die Bio­me­di­zin die Haut als Gren­ze und Bar­rie­re – im Sin­ne eines “Eiser­nen Vor­hangs”. Die oft wider­sin­ni­gen und allein sym­pto­ma­ti­schen Hil­fen der Schul­me­di­zin bestehen aus der Bekämp­fung alles Frem­den und Unbe­kann­ten wie Bak­te­ri­en, Viren, Pil­ze, Wür­mer oder Insek­ten auf der Haut. In kei­ner ande­ren medi­zi­ni­schen Dis­zi­plin wird “Anti” – also gegen – im Zusam­men­hang mit Wirk­stof­fen mehr erwähnt als in der Der­ma­to­lo­gie. Hilft trotz­dem alles nicht, wer­den die natür­li­chen Lebens­äus­se­run­gen der Haut selbst unter­drückt, bei­spiels­wei­se eigent­lich phy­sio­lo­gi­sche Reak­tio­nen wie Juck­reiz oder über­schie­ßen­de Ent­zün­dungs­er­schei­nun­gen. Die am häu­figs­ten dabei ein­ge­setz­ten Wirk­stof­fe – umgangs­sprach­lich ger­ne als “Kor­ti­son” bezeich­net – füh­ren aller­dings dazu, dass die Haut all­mäh­lich immer dün­ner und emp­find­li­cher wird und ihre eigent­li­chen Funk­tio­nen verliert.

Mit dem Erblü­hen der moder­nen Kos­me­tik und Der­ma­to­lo­gie jeden­falls hat die Zahl chro­ni­scher, aggres­si­ver und selbst­zer­stö­re­ri­scher Haut­er­kran­kun­gen jeder Art immer wei­ter zuge­nom­men. Trotz aller dia­gnos­ti­schen und the­ra­peu­ti­schen Errun­gen­schaf­ten. Gäbe es eine moder­ne “Psycho-Der­ma­to­lo­gie”, wäre schnell klar: Die Kal­ter-Krieg-Ideo­lo­gie in der Haut-Heil­kun­de hat vor allem ein Ergeb­nis erzielt: Angst und Abhän­gig­kei­ten. Und dies tut sie sogar bei Men­schen, die über­haupt kei­ne krank­haf­ten Haut­ver­än­de­run­gen haben. Ein Bei­spiel ist der Der­ma­to­zoen­wahn. Die­se psy­cho­pa­tho­lo­gi­sche Vor­stel­lung auf oder in der Haut von Unmen­gen krank­ma­chen­der “tie­ri­scher Erre­ger” besie­delt zu sein, führt im Ein­zel­fall zu völ­li­ger Lebens­un­fä­hig­keit (Pati­en­ten kön­nen nicht mehr geschütz­te Räu­me ver­las­sen) auf jeden Fall aber zu stän­dig wie­der­hol­ten Arztkonsultationen.

Welche Aufgaben hat die Haut?

Wer vor­ur­teils­frei die mensch­li­che Haut anschaut, wird rasch bemer­ken, dass ihr selbst ein­fachs­te bio­lo­gi­sche Mecha­nis­men eines effek­ti­ven Schutz­me­cha­nis­mus feh­len. Es gibt weder Schup­pen (wie bei Fischen), Horn­schil­der (wie bei eini­gen Rep­ti­li­en), Kno­chen­pan­ze­rung (wie bei Schild­krö­ten) oder ande­re fes­te Exo­ske­let­te (wie bei Insek­ten). Es gibt beim Men­schen nur ein, flä­chen­mäs­sig zwar gros­ses, aber gleich­zei­tig recht dün­nes und zudem extrem sen­si­bles Organ. Die natur­heil­kund­li­che Fra­ge lau­tet also, wel­che Auf­ga­ben erfüllt die Haut, wenn sie uns nicht schützt?

Unse­re Haut ist zunächst eine Über­gangs­zo­ne, an der Innen­raum Mensch und Außen­raum Bio­sphä­re (Lebens­welt) inein­an­der über­ge­hen. Die Haut ist ein Organ flie­ßen­der Grenz­flä­chen, der Begeg­nung und der Erfah­rung: Über die vie­len und ver­schie­dens­ten Rezep­to­ren erle­ben wir die Wär­me des Son­nen­lichts, die Käl­te der Luft, die Här­te der Stei­ne, die Weich­heit des San­des, die Schwe­re des Kör­pers (Erd­an­zie­hung), das Strö­men des Win­des, das Flie­ßen des Was­sers, die Dor­nen eines Brom­beer­bu­sches, die nicht-hör­ba­ren Schwin­gun­gen von Musik oder die sanf­ten Hän­de eines lie­ben­den Men­schen. Auch unse­re gegen­sei­ti­gen Gefüh­le oder sexu­el­len Gelüs­te tei­len wir unter­ein­an­der über schweiss- und luft­über­tra­ge­ne Phe­ro­mo­ne, über Haut­be­rüh­run­gen oder unse­ren Tast­sinn. Und dies im Zusam­men­le­ben mit Mil­li­ar­den Bak­te­ri­en, die unse­re Haut zu gegen­sei­ti­gem Nut­zen der ver­schie­de­nen Arten besie­deln. Für Natur­heil­kund­ler sind die “grenz­über­schrei­ten­den” Eigen­ar­ten der Haut weit­aus nach­voll­zieh­ba­rer als für Schul­me­di­zi­ner, da sie Kon­zep­te wie Dys­bio­se (Stö­run­gen der Darm­flo­ra) oder Darm­sa­nie­rung schon lan­ge ken­nen und the­ra­peu­tisch nut­zen. Und sie betrei­ben schon lan­ge eine sys­tem­me­di­zi­ni­sche Heil­kun­de, die die über­aus kom­ple­xen Ver­net­zun­gen und Inter­ak­tio­nen alles Leben­di­gen kennt und bei der Behand­lung von Krank­hei­ten indi­vi­du­ell berücksichtigt.

Die Haut als Ausscheidungsorgan

Jugend­li­che Haut mit all ihren natür­li­chen Problemen

Bei der Behand­lung von Haut­er­kran­kun­gen sind funk­tio­nel­le Stö­run­gen bedeut­sa­mer Ein­zel­funk­tio­nen wie bei­spiels­wei­se die Regu­la­ti­on des Wär­me­haus­hal­tes immer mit zu berück­sich­ti­gen. In der Schul­me­di­zin ger­ne ver­ges­sen, in der Natur­heil­kun­de manch­mal exzes­siv genutzt, ist die Fähig­keit der Haut, als ersatz­wei­ses Aus­schei­dungs­or­gan die Auf­ga­ben einer ver­sa­gen­den Leber, Nie­re oder des Darms (teil­wei­se) zu über­neh­men. So gelingt es bei­spiels­wei­se Pati­en­ten mit sehr fort­ge­schrit­te­ner Nie­ren­funk­ti­ons­stö­rung durch natur­heil­kund­lich inten­si­vier­tes Sau­nie­ren noch eini­ge Zeit vor einer irgend­wann nötig wer­den­den Dau­er-Blut­wä­sche zu bewah­ren. Durch eine Viel­zahl von Mani­pu­la­tio­nen an der Haut, so etwa was­ser­the­ra­peu­ti­sche Behand­lun­gen nach Prieß­nitz oder Kneipp oder Aus­lei­tungs­ver­fah­ren wie Senf­pflas­ter, Schröp­fen, Wickel, Schwitz­ku­ren oder Blut­egel wird die Aus­schei­dung von Stoff­wech­sel-End­pro­dukt (oft als Schla­cke bezeich­net) geför­dert. Gleich­zei­tig sti­mu­lie­ren vie­le die­ser Ver­fah­ren über soge­nann­te Soma­to­to­pien Stoff­wech­sel­funk­tio­nen. Soma­to­to­pien beschrei­ben die ent­wick­lungs­ge­schicht­lich beding­te Ver­knüp­fung von Gehirn­area­len mit zuge­ord­ne­ten Kör­per­area­len. Dabei sind mehr oder weni­ger direkt auch Haut­ge­bie­te mit inne­ren Orga­nen qua­si reflek­to­risch ver­schal­tet. Die natur­heil­kund­li­che Erfah­rungs­me­di­zin hat eine Viel­zahl von Haut­punk­ten und ‑flä­chen gefun­den, deren Rei­zung, zum Bei­spiel mit einem Reiz­pflas­ter, zur hei­lungs­an­re­gen­den Sti­mu­la­ti­on eines kor­re­spon­die­ren­den Organs führt.

Die Schönheit des natürlichen Lebens

Schön­heit und gesun­de Haut sind in der Natur­heil­kun­de Syn­ony­me. Nur ist damit die Schön­heit des natür­li­chen Lebens gemeint – Lach­fal­ten, vor Leben sprü­hen­de Augen, Spu­ren des bis­her geleb­ten Lebens auch in der Haut, Ver­let­zun­gen, die blü­hen­den Wan­gen der Schwan­ge­ren, die auch in der Haut oft ver­schlüs­sel­te Weis­heit und Schön­heit des Alters oder selbst die Her­vor­he­bung wesent­li­cher Merk­ma­le bei einem schwer­kran­ken, all­mäh­lich “dahin­schwin­den­den” Men­schen. All dies ver­sucht die Natur­heil­kun­de bei der Vor­beu­gung und Behand­lung von Gesund­heits­stö­run­gen und Krank­hei­ten zu berück­sich­ti­gen. Vor allem indem sie mit ihrem bun­ten Ver­fah­rens­mix die dem Men­schen inne­woh­nen­de Selbst­hei­lungs­fä­hig­keit anregt. Dabei soll­ten Pati­en­ten eine Behand­lung nicht dadurch stö­ren, dass sie ihre Haut unna­tür­lich belas­ten (zum Bei­spiel mit che­mi­schen Pfle­ge­pro­duk­ten, über­trie­be­ner Hygie­ne, Schad­stof­fen aus Ernäh­rung, Rei­ni­gungs­mit­tel oder ver­dreck­ter Luft). Kurz­um: Eine natür­li­che, gesun­de Lebens­füh­rung tut nicht nur dem Men­schen ins­ge­samt wohl, son­dern auch der Haut.

Eine Bürstenmassage mag die Haut

Haut­bürs­te

Eine gute Mög­lich­keit, neben der Hygie­ne etwas für die Haut zu tun, ist täg­li­ches Tro­cken­bürs­ten. Ver­wen­det wer­den dazu lang­stie­li­ge Haut­bürs­ten mit ech­ten Bors­ten oder raue Spe­zi­al­hand­schu­he aus Natur­fa­sern. Das Tro­cken­bürs­ten regt die Haut­durch­blu­tung an. Die Haut wird wider­stands­fä­hi­ger gegen Ent­zün­dun­gen, Pickel, Pilz­in­fek­te oder Haut­er­kran­kun­gen. Das regel­mäs­si­ge Bürs­ten regt aber nicht nur den äus­se­ren Blut­kreis­lauf an, son­dern es wer­den über die Reflex­zo­nen auch inne­re Orga­ne sti­mu­liert und der Lymph­fluss ange­regt. Ins­ge­samt wird so auch die kör­per­ei­ge­ne Abwehr ange­regt. Auch das soge­nann­te Haut­bild ver­bes­sert sich: Die Haut sieht schö­ner und fri­scher aus. Tro­cke­nes Haut­bürs­ten wird zur Ver­bes­se­rung des Haut­zu­stan­des auch bei Haut­krank­hei­ten wie Pickel, Akne, Schup­pen­flech­te oder Ent­zün­dun­gen emp­foh­len. Aller­dings wird jeweils um die Ent­zün­dun­gen oder befal­le­nen Haut­flä­chen her­um gebürs­tet, nie­mals dar­über. Und so geht’s: Am her­zent­fern­tes­ten Punkt am rechen Fuss wird begon­nen. Hand­schuh oder Bürs­te mit gleich­mäs­si­gem, leich­tem Druck und krei­sen­den Bewe­gun­gen von unten nach oben (herz­wärts) füh­ren. Auch Bauch, Po, Arme und den Rücken so behan­deln. Schliess­lich wer­den Kopf, Hals, Schul­ter und Dekol­le­té noch von oben nach unten (herz­wärts) mas­siert. Die Haut wird dabei leicht gerö­tet, gut durch­blu­tet und pul­siert angenehm.

Schädliches Sonnenlicht?

Die mit zum Tode von Han­ne­lo­re Kohl, der ers­ten Gat­tin des deut­schen Ex-Kan­z­­lers, bei­tra­gen­de Son­­nen-All­er­­gie hat schein­bar bestä­tigt: Son­ne ist unge­sund. Doch das von inter­es­sier­ten Krei­sen seit Jahr­zehn­ten gepre­dig­te Glau­bens­be­kennt­nis “Son­nen­licht ver­ur­sacht Haut­krebs” ist mitt­ler­wei­le so löch­rig wie das Ozon­loch gewor­den. Schon lan­ge weiss man bei­spiels­wei­se, dass die weis­sen Aus­tra­li­er schwar­zen Haut­krebs beson­ders an Stel­len ent­wi­ckeln, wo das Son­nen­licht kaum hin scheint, so etwa unter den Ach­seln. Ita­lie­ni­sche For­scher konn­ten gera­de erst Ergeb­nis­se ande­rer Wis­­sen­­schaf­t­­ler-Grup­­pen bestä­ti­gen, dass natür­li­ches Son­nen­licht vor Haut­krebs sogar schützt. Ver­mut­lich über eine ver­mehr­te Bil­dung von Vit­amin D. Die Jahr­mil­lio­nen wäh­ren­de Anpas­sung an das Son­nen­licht hat zu vie­len bio­lo­gisch hoch sinn­vol­len Funk­tio­nen geführt, die Grund­la­ge unse­rer Gesund­heit sind und blei­ben. Dicke Schich­ten teil­wei­se unge­sun­der Son­nen­schutz­cremes oder gar das völ­li­ge Ver­mei­den von natür­li­chem Son­nen­licht, sind nicht gut für unse­re Haut. Sie liebt Licht, Luft und bei Bedarf Was­ser. Klar ist übri­gens auch, dass eine Viel­zahl aller Haut­pro­ble­me und ‑stö­run­gen durch weit­ge­hen­den Kos­­me­­ti­­ka-Ver­­­zicht ver­meid­bar sind. Das hört kei­ne Frau ger­ne. Möch­te sie jedoch natur­nah gesund leben, liegt der Ver­zicht auf die meis­ten die­ser Indus­trie­pro­duk­te nahe.

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