Tollkirschenblätter
Die Tollkirsche, Atropa belladonna L., ist eine ausdauernde Staude mit kräftiger Pfahlwurzel, die eine Länge bis über 40 cm erreicht und senkrecht den Boden durchzieht. Von der Wurzel laufen ein bis mehrere Stengel aus; diese sind 1–2 m hoch, am Grunde 1–2 cm dick, rund und grün; unten sind die Stengel einfach, nach oben zu mehrfach wie eine Gabel geteilt. Die Blätter haben 1–2 cm lange Stiele; sie sind eiförmig, 7–15 cm lang, 4–8 cm breit. Die Blätter sind zugespitzt, am Grunde sind sie in den Blattstiel verschmälert, ihr Rand ist ganz; auf der oberen Seite sind die Blätter dunkelgrün und kahl, auf der unteren Seite hellgrün und schwach mit feinen Haaren besetzt; am unteren Teil des Stengels stehen die Blätter nicht einander gegenüber, am oberen steht regelmäßig ein größeres Blatt neben einem kleineren. Die Blüten stehen in den Achseln der oberen Blätter stets einzeln; sie besitzen einen etwa 2 cm langen Blütenstiel, einen aus fünf Blättern bestehenden, grünen Kelch und eine 2,5–3 cm lange, glockenförmige Blumenkrone. Diese ist am Grunde weißgelb, nach oben zu von schmutzig rötlich-bräunlicher Farbe und purpurrot geadert; sie hat fünf Zipfel und ist nicht aufgerichtet. Die Frucht ist eine 1–1,5 cm große, glänzend schwarze, kugelige, weiche, mit violettblauem Saft erfüllte Beere; am Grunde ist sie von dem Kelch umgeben. Die Beere der Tollkirsche ist sehr stark giftig.
Die Tollkirsche wächst in Laubwäldern, auf Waldlichtungen, an Waldwegen überall in Mittel- und Süddeutschland zerstreut, ist aber nur in den Vorgebirgswäldern Süddeutschlands häufig, wo sie stellenweise fast allein den Boden bedeckt. Als Rest von früheren Anpflanzungen kommt sie jetzt auch hier und da in der Nähe von Städten und Dörfern verwildert vor.
Die Blätter der sehr giftigen Pflanze werden zur Blütezeit im Juni und Juli vorsichtig gesammelt und auf warmen, gut gelüfteten Böden getrocknet. Sie riechen widerlich und schwach betäubend. Um Unglücksfälle zu vermeiden, muß das Sammeln, Trocknen und Aufbewahren mit aller Sorgfalt und Vorsicht geschehen.
Da die Blätter von der blühenden und dann gut kenntlichen Pflanze gesammelt werden sollen, ist eine Verwechslung nicht möglich. Das Sammeln darf nur von Erwachsenen ausgeführt werden, deren Hände durch Handschuhe geschützt sind.
Beachtet beim Sammeln die in einem besonderen Merkblatt zusammengestellten allgemeinen Regeln. Schont beim Sammeln die Felder und Äcker. Geht nicht beim Sammeln in die Felder hinein, sammelt nur, was am Rande steht, reißt nicht die ganzen Pflanzen aus, wenn ihr nur die Blüten oder Blätter zu sammeln braucht. Beschädigt die Bäume nicht und reißt von ihnen keine Äste ab. Sammelt nur, wo die Pflanzen zahlreich vorkommen, laßt vereinzelte stehen, rottet sie nicht aus.
Quellen
Arzneipflanzen-Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamts / Bearb. in Gemeinschaft mit d. Arzneipflanzen-Ausschuß d. Deutschen Pharmazeut. Gesellschaft Berlin-Dahlem. Springer, Berlin, 1917.