Fingerhutblätter
Der rote Fingerhut, Digitalis purpurea L., ist eine zweijährige Pflanze, die im ersten Jahr eine ansehnliche Blattrosette hervorbringt. Aus dieser 1–3 cm dicke, aufrechte Stengel. Dieser ist einfach und nur selten verzweigt. Die Blätter stehen an ihm nicht einander gegenüber; an der Spitze trägt er die Blütentraube. Die Blätter der Grundrosette werden bis 60 cm lang und 15 cm breit; sie sind länglich-eiförmig und stumpf; am Grunde gehen sie allmählich in den Blattstiel über, der oft die Hälfte des ganzen Blattes mißt; die Stengelblätter werden nach oben hin allmählich immer kleiner; die Blattfläche ist am Rande gekerbt, auf der oberen Seite dunkelgrün, matt und kurz weichhaarig, auf der unteren Seite hellgrün und dichter, fast filzig behaart; das dichte und enge Adernetz der Blätter ist auf der oberen Seite eingesenkt, auf der unteren Seite vorspringend. Der Blütenstand ist eine bis 1 m lange, vielblütige Traube, die von unten nach oben aufblüht. Die Blüten sind groß, hängend, von purpurroter Farbe; von ihrer fingerhutartigen Gestalt hat die Pflanze den Namen.
Der rote Fingerhut findet sich als eine Zierde und zugleich als lästiges Forstunkraut in Bergwäldern Süd- und Mitteldeutschlands, nur in Westfalen kommt er auch in der Ebene vor. Der Fingerhut liebt kieselhaltigen Boden und tritt stellenweise, so besonders auf Waldschlägen, so zahlreich auf, daß neben ihm kaum etwas anderes wächst.
Nach der Vorschrift des Deutschen Arzneibuchs sollen die Blätter, dieser sehr giftigen Pflanze von wildwachsenden, blühenden Exemplaren gesammelt werden, was im Juli, August und September geschieht. Gewöhnlich findet man aber als Droge auch die Rosettenblätter verwendet, die leichter zu sammeln sind und eine schönere, gleichmäßigere Droge ergeben. Die Rosettenblätter sind am besten erst im September und Oktober zu sammeln, wo sie ihre volle Größe erlangt haben. Die Blätter sind sorgfältig rasch an der Luft zu trocknen und vor Licht geschützt in gut schließenden Gefäßen aufzubewahren.
Wenn die Fingerhutblätter von der blühenden Pflanze abgestreift werden, so ist ein Irrtum oder eine Verwechslung vollkommen ausgeschlossen, da die Pflanze leicht erkennbar ist. Werden jedoch die Rosettenblätter gesammelt, so muß man sich vor einer Verwechslung besonders mit den Blättern des Wollkrauts (Verbascum-Arten) hüten, die, ebenfalls in Rosettenform, oft an denselben Orten mit dem Fingerhut zusammen Vorkommen. Deshalb sollte die Vorschrift des Arzneibuchs, nur von der blühenden Pflanze zu sammeln, beachtet werden.
Das Hantieren mit den Fingerhutblättern soll der großen Giftigkeit der Pflanze wegen nur von Erwachsenen vorgenommen werden und zwar nur dann, wenn deren Hände keine Wunden aufweisen und durch Handschuhe geschützt sind.
Auch die reifen Samen des .Fingerhuts können gesammelt und an die Sammelstellen verkauft werden.
Beachtet beim Sammeln die in einem besonderen Merkblatt zusammengestellten allgemeinen Regeln. Schont beim Sammeln die Felder und Äcker. Geht nicht beim Sammeln in die Felder hinein, sammelt nur, was am Rande steht, reißt nicht die ganzen Pflanzen aus, wenn ihr nur die Blüten oder Blätter zu sammeln braucht. Beschädigt die Bäume nicht und reißt von ihnen keine Äste ab. Sammelt nur, wo die Pflanzen zahlreich vorkommen, laßt vereinzelte stehen, rottet sie nicht aus.
Quellen
Arzneipflanzen-Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamts / Bearb. in Gemeinschaft mit d. Arzneipflanzen-Ausschuß d. Deutschen Pharmazeut. Gesellschaft Berlin-Dahlem. Springer, Berlin, 1917.