Arzneipflanzen-Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamts: Nr. 8, Löwenzahn (1917)

Löwen­zahn

Der gemei­ne Löwen­zahn führt noch vie­le ande­re Namen wie Pfaf­fen­röhr­chen, Mai­blu­me, Dot­ter­blu­me, But­ter­blu­me, Ket­ten­blu­me, Wegel­at­tich, Tar­a­xa­cum offi­ci­na­le L. Er ist ein Kraut mit aus­dau­ern­der dicker Wur­zel, die senk­recht tief in den Boden dringt; sie ist ein­fach oder ver­zweigt und rund, außen ist sie röt­lich-braun, innen weiß und von dün­nen Fas­er­wur­zeln dicht besetzt. Im Innern ist die Wur­zel von wei­ßem Milch­saft strot­zend erfüllt. Die Blät­ter bil­den eine meist dich­te, dem Boden auf­lie­gen­de Rosette; sie sind im Umriß läng­lich, spitz und am Grun­de keil­för­mig in den Blatt­stiel ver­schmä­lert; der Rand der Blät­ter ist schrot­sä­ge­zäh­nig, mit gro­ßen drei­ecki­gen, spit­zen Zäh­nen, die meist so weit nach der Mit­te rei­chen, daß das Blatt gespal­ten aus­sieht; in der ers­ten Jugend sind die Blät­ter wol­lig behaart, spä­ter ganz kahl. Die Blü­ten­köpf­chen ste­hen ein­zeln; sie sind lang­ge­stielt, der Stiel ist blatt­los, röh­rig, gera­de oder etwas gebo­gen und 5–30 cm lang. Der am Grun­de der Blü­ten­köpf­chen ste­hen­de grü­ne Hüll­kelch ist glo­cken­för­mig und aus drei Rei­hen von Blätt­chen gebil­det, von denen die äuße­ren zurück­ge­schla­gen sind. Die gold­gel­ben Blü­ten des Köpf­chens sind alle ein­an­der gleich, zun­gen­för­mig und legen sich zur Blü­te­zeit flach nach außen. Die Früch­te besit­zen einen faden­för­mi­gen, sehr lan­gen Schna­bel; an des­sen Spit­ze steht eine Haark­ro­ne, die die Frucht zum Flie­gen befähigt.

Der Löwen­zahn ist eine in Deutsch­land all­ge­mein ver­brei­te­te Pflan­ze„ die auf Wie­sen, auf Wei­den, an Weg­rän­dern, auch in lich­ten Wäl­dern kaum irgend­wo fehlt und auf Rasen­plät­zen eines der läs­tigs­ten Unkräu­ter dar­stellt, das kaum aus­zu­rot­ten ist.

Man sam­melt die Pflan­ze zu arz­nei­li­chen Zwe­cken im Früh­jahr, indem man die Wur­zel mög­lichst voll­stän­dig samt den Roset­ten­blät­tern und den Blü­ten­stands­knos­pen aus­sticht und sorg­fäl­tig an der Luft trock­net. Die gan­ze Pflan­ze ist als Tar­a­xa­ci cum her­ba im Han­del. Die Wur­zel wird auch gerös­tet als Kaf­fee­r­satz­mit­tel, ähn­lich der Zicho­rie, sehr viel gebraucht. Auch hier­für eig­net sich am bes­ten die im Früh­jahr gesto­che­ne Wur­zel, von der aber zu die­sem Zweck alle Blät­ter und Blü­ten­stän­de sorg­fäl­tig abge­schnit­ten wer­den müssen.

Beach­tet beim Sam­meln die in einem beson­de­ren Merk­blatt zusam­men­ge­stell­ten all­ge­mei­nen Regeln. Schont beim Sam­meln die Fel­der und Äcker. Geht nicht beim Sam­meln in die Fel­der hin­ein, sam­melt nur, was am Ran­de steht, reißt nicht die gan­zen Pflan­zen aus, wenn ihr nur die Blü­ten oder Blät­ter zu sam­meln braucht. Beschä­digt die Bäu­me nicht und reißt von ihnen kei­ne Äste ab. Sam­melt nur, wo die Pflan­zen zahl­reich vor­kom­men, laßt ver­ein­zel­te ste­hen, rot­tet sie nicht aus.

Quel­len
Arz­n­ei­pflan­­zen-Mer­k­­blä­t­­ter des Kai­ser­li­chen Gesund­heits­amts /​​ Bearb. in Gemein­schaft mit d. Arz­n­ei­pflan­­zen-Aus­­­schuß d. Deut­schen Phar­ma­zeut. Gesell­schaft Ber­­lin-Dah­­lem. Sprin­ger, Ber­lin, 1917.

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