Arzneipflanzen-Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamts: Nr. 29, Steinkleekraut(1917)

Stein­klee­kraut

Als Stein­klee bezeich­net man zwei ein­an­der sehr nahe ver­wand­te und nur schwer von­ein­an­der unter­scheid­ba­re Arten der Gat­tung Meli­lo­tus offi­ci­na­lis L. Desr. und die Meli­lo­tus altis­si­mus Thuil., die hier als zusam­men­ge­hö­rig beschrie­ben wer­den sol­len. Die Pflan­ze wird bis über meter­hoch und besitzt einen kräf­ti­gen, auf­rech­ten, kah­len Sten­gel, der unten ein­fach ist und sich erst oben ver­zweigt. Die Blät­ter sind aus drei Blätt­chen zusam­men­ge­setzt und besit­zen einen fein­be­haar­ten, bis 1 cm lan­gen Blatt­stiel. Die Blatt­flä­che der ein­zel­nen Blätt­chen, von denen das mitt­le­re etwas grö­ßer und auch län­ger gestielt ist als die bei­den an den Sei­ten, ist bis 4 cm lang, läng­lich, am obe­ren Ende abge­stutzt, aber mit einem kur­zen End­spitz­chen ver­se­hen; das unte­re Ende, der Blatt­grund, ist keil­för­mig. Die Blätt­chen sind kahl oder nur auf der unte­ren Sei­te an den Ner­ven fein behaart, am Ran­de scharf und spitz gezähnt. Die gold­gel­ben, ziem­lich klei­nen Blü­ten ste­hen am Ende des Sten­gels und der aus den obers­ten Blatt­ach­seln her­vor­bre­chen­den Zwei­ge in locke­ren, viel­blü­ti­gen Trau­ben; sie sind ech­te Schmetterlingsblüten.

Stein­klee ist an Ufern von Flüs­sen und Bächen, auf Wie­sen, an Grä­ben, in feuch­ten Gebü­schen, auf Schutt­stel­len, an Acker­rän­dern und Weg­rän­dern, auch auf leh­mi­gen Hügeln durch ganz Deutsch­land ver­brei­tet und tritt stel­len­wei­se in gro­ßer Men­ge gesel­lig auf.

Vom Stein­klee, der an sei­nem sehr an Wald­meis­ter erin­nern­den star­ken Duft erkannt wird, wird vom Juni bis Sep­tem­ber das Kraut, in die­sem Fal­le der obe­re Teil des Sten­gels samt den ansit­zen­den Blät­tern und Blü­ten, gesam­melt und in dün­ner Schicht aus­ge­brei­tet auf gut gelüf­te­ten Böden getrock­net. Im Han­del geht Stein­klee­kraut als Her­ba Meli­lo­ti. — Häu­fig kommt die Dro­ge auch “gere­belt” im Han­del vor; man läßt zu die­sem Zweck das gesam­mel­te “Kraut” etwas vor­trock­nen, bis die Blät­ter und Blü­ten ange­welkt, aber noch nicht luft­tro­cken gewor­den sind, und streift sie dann von den Sten­gel­tei­len, die weg­ge­wor­fen, ab. Die so gewon­ne­nen Blät­ter und Blü­ten wer­den sodann noch kräf­tig nachgetrocknet.

Der weiß­blü­hen­de Stein­klee (Meli­lo­tus albus Desr.), der eben­falls einen, aller­dings viel schwä­che­ren, an Wald­meis­ter erin­nern­den Geruch besitzt, ist für den Han­del nicht zu sammeln.

Beach­tet beim Sam­meln die in einem beson­de­ren Merk­blatt zusam­men­ge­stell­ten all­ge­mei­nen Regeln. Schont beim Sam­meln die Fel­der und Äcker. Geht nicht beim Sam­meln in die Fel­der hin­ein, sam­melt nur, was am Ran­de steht, reißt nicht die gan­zen Pflan­zen aus, wenn ihr nur die Blü­ten oder Blät­ter zu sam­meln braucht. Beschä­digt die Bäu­me nicht und reißt von ihnen kei­ne Äste ab. Sam­melt nur, wo die Pflan­zen zahl­reich vor­kom­men, laßt ver­ein­zel­te ste­hen, rot­tet sie nicht aus.

Quel­len
Arz­n­ei­pflan­­zen-Mer­k­­blä­t­­ter des Kai­ser­li­chen Gesund­heits­amts /​​ Bearb. in Gemein­schaft mit d. Arz­n­ei­pflan­­zen-Aus­­­schuß d. Deut­schen Phar­ma­zeut. Gesell­schaft Ber­­lin-Dah­­lem. Sprin­ger, Ber­lin, 1917.

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