Arzneipflanzen-Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamts: Nr. 25, Wacholderbeeren (1917)

Wachol­der­bee­ren

Der Wachol­der (Wach­hol­der), Kra­ne­wit, Wachan­del, Kad­dik, Knirck, Knick, Juni­pe­rus com­mu­nis L., ist gewöhn­lich ein 1–3 m hoher, auf­recht­ste­hen­der Strauch, sel­te­ner ein Baum, der bis 10 m hoch wer­den kann, mit roter bis dun­kel­brau­ner, fase­ri­ger Rin­de. Die nadel­för­mi­gen Blät­ter ste­hen an den Zwei­gen stets zu drei­en in Quir­len; gewöhn­lich sind sie 10–15 mm lang und 1–2 mm breit. Die Nadeln, die im Win­ter nicht abfal­len, sind scharf und lang zuge­spitzt, grau­grün und ste­hen weit von den Zwei­gen ab. Die gel­ben unschein­ba­ren Blü­ten erschei­nen stets in den Ach­seln der Blät­ter und zwar so, daß der eine Strauch nur männ­li­che Blü­ten trägt, wäh­rend der ande­re weib­li­che Blü­ten her­vor­bringt; aus letz­te­ren ent­ste­hen dann die Früch­te. Die Frucht ist ein bee­ren­ar­ti­ges Gebil­de, das zwei Jah­re bis zu sei­ner Rei­fe braucht; im ers­ten Jah­re ist sie grün, klein, unschein­bar, erst im zwei­ten Jah­re schwillt sie stark an, wird kuge­lig und erreicht 5–9 mm im Durch­mes­ser; sie besitzt dann eine schwar­ze, meist deut­lich blau bereif­te Ober­flä­che und ein brau­nes wei­ches Fleisch, wel­ches stark und eigen­ar­tig wür­zig riecht und schmeckt.

Der Wachol­der ist durch ganz Deutsch­land ver­brei­tet und als schlan­ker, eigen­ar­ti­ger, immer­grü­ner Strauch wohl all­ge­mein bekannt. Er tritt beson­ders häu­fig als Unter­holz in Kie­fern­wäl­dern auf, auch an Abhän­gen, auf offe­nen Hei­den, sel­te­ner auf son­ni­gen Hügeln; stel­len­wei­se bil­det er dich­te Bestände.

Die rei­fen, schwar­zen, blau­be­reif­ten Wachol­der­bee­ren, die als Fruc­tus Juni­pe­ri im Han­del sind, wer­den im Herbst gesam­melt. Sie sit­zen an den weib­li­chen Sträu­chern häu­fig in sehr gro­ßen Men­gen, so daß die Aus­beu­te eine über­ra­schend gro­ße sein kann.

Eine Ver­wechs­lung der Wachol­der­bee­re kann höchs­tens mit den gif­ti­gen Bee­ren des Sade­baums oder Seven­baums, Juni­pe­rus sabi­na L., erfol­gen, der in den Gebir­gen Süd­eu­ro­pas und in den Alpen ein­hei­misch ist und gele­gent­lich in Bau­ern­gär­ten in Deutsch­land wächst. Der Sade­baum hat jedoch ein ganz ande­res Aus­se­hen als der Wachol­der, sei­ne Zwei­ge lie­gen am Boden nie­der und sind nur an den Enden auf­ge­rich­tet; sie sind mit win­zi­gen, den Zwei­gen fest anlie­gen­den Blät­tern bedeckt; die Bee­ren sind den Wachol­der­bee­ren im Aus­se­hen sehr ähn­lich, besit­zen aber nicht den wür­zi­gen Geruch und Geschmack der Wacholderbeeren.

Beach­tet beim Sam­meln die in einem beson­de­ren Merk­blatt zusam­men­ge­stell­ten all­ge­mei­nen Regeln. Schont beim Sam­meln die Fel­der und Äcker. Geht nicht beim Sam­meln in die Fel­der hin­ein, sam­melt nur, was am Ran­de steht, reißt nicht die gan­zen Pflan­zen aus, wenn ihr nur die Blü­ten oder Blät­ter zu sam­meln braucht. Beschä­digt die Bäu­me nicht und reißt von ihnen kei­ne Äste ab. Sam­melt nur, wo die Pflan­zen zahl­reich vor­kom­men, laßt ver­ein­zel­te ste­hen, rot­tet sie nicht aus.

Quel­len
Arz­n­ei­pflan­­zen-Mer­k­­blä­t­­ter des Kai­ser­li­chen Gesund­heits­amts /​​ Bearb. in Gemein­schaft mit d. Arz­n­ei­pflan­­zen-Aus­­­schuß d. Deut­schen Phar­ma­zeut. Gesell­schaft Ber­­lin-Dah­­lem. Sprin­ger, Ber­lin, 1917.

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