Wollblumen
Unter Wollkraut, Königskerze, auch wilder Tabak genannt, Verbascum thapsiforme Schrad. und Verbascum phlomoides L., versteht man zwei botanisch nur schwer zu trennende, einander sehr ähnliche, zweijährige Pflanzen, die im ersten Jahr nur eine große Rosette von Blättern bilden; aus dieser treibt im zweiten Jahr ein 0,6–2 m hoher, steifer und aufrechter, unverzweigter Stengel hervor, der dick filzig behaart ist; er ist undeutlich fünfkantig. Die Blätter stehen am Stengel einander nicht gegenüber; die unteren sind gestielt, die oberen sitzen ohne Stiel am Stengel; sie sind länglicheiförmig und laufen bis zum nächsten unteren Blatt am Stengel herunter (Verb. thapsiforme) oder sie sind eiförmig bis länglich-eiförmig und laufen nur kurz am Stengel herab (Verb. phlomoides); die Blattfläche ist runzlig, an der unteren Seite stark geadert und beiderseits dicht filzig behaart. Die Blüten stehen in sehr großer Zahl in einer dichten langen Ähre am Ende des Stengels und blühen langsam von unten nach oben auf. Der glockenförmige Kelch ist zur Blütezeit 6–8 mm hoch. Die Blumenkrone ist 1,5–2 cm breit und besitzt eine nur sehr kurze Röhre, die in einen flachen, breiten, goldgelben Saum übergeht, der fünf ungleich große Lappen hat. Die Lappen der Blumenkrone sind außen behaart, innen kahl. Die fünf Staubgefäße sitzen unmittelbar auf der kurzen Röhre, wo sie in die Blumenkronlappen übergeht. Dem größten Lappen der Blumenkrone stehen zwei Staubgefäße zur Seite, die im Gegensatz zu den übrigen kahl, nach unten gebogen und etwas länger als jene sind; die drei anderen Staubgefäße sind mit langen Haaren besetzt, ihre Staubbeutel stehen in der Form eines T quer auf den Stielen.
Wollkraut findet sich an wüsten Stellen, auf sonnigen Hügeln, auf Brachäckern, Waldschlägen, an Wegerändern, auf Sand und Lehm überall in Deutschland; stellenweise tritt die schöne Pflanze in großen Mengen auf.
Im Juli und August pflückt man an trockenen Tagen frühmorgens bei Sonnenaufgang die voll entfalteten goldgelben Blumenkronen aus den Kelchen heraus und trocknet sie sehr rasch und sorgfältig zuerst an der Luft, dann bei mäßiger Ofenwärme; damit die schöne Farbe erhalten bleibt, ist mehrmaliges Nachtrocknen erforderlich; zur Erhaltung der Farbe müssen die Wollblumen dann auch, vor Licht geschützt, in gut schließenden Gesäßen aufbewahrt werden. Die Wollblumen besitzen nach dem Trocknen einen eigentümlichen, angenehmen Geruch und einen süßlich-schleimigen Geschmack. Durch unachtsames Trocknen oder schlechte Aufbewahrung braun oder unansehnlich gewordene, geruchlose Wollblumen sind wertlos.
Beachtet beim Sammeln die in einem besonderen Merkblatt zusammengestellten allgemeinen Regeln. Schont beim Sammeln die Felder und Äcker. Geht nicht beim Sammeln in die Felder hinein, sammelt nur, was am Rande steht, reißt nicht die ganzen Pflanzen aus, wenn ihr nur die Blüten oder Blätter zu sammeln braucht. Beschädigt die Bäume nicht und reißt von ihnen keine Äste ab. Sammelt nur, wo die Pflanzen zahlreich vorkommen, laßt vereinzelte stehen, rottet sie nicht aus.
Quellen
Arzneipflanzen-Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamts / Bearb. in Gemeinschaft mit d. Arzneipflanzen-Ausschuß d. Deutschen Pharmazeut. Gesellschaft Berlin-Dahlem. Springer, Berlin, 1917.