Sie haben ein Faible für die Medizin- oder Pharmaziegeschichte? Dann sind die beiden Bände “Besuchen Sie Ihren Arzt oder Apotheker” genau das Richtige für Sie! Hinter diesem Titel steckt nicht nur der oft ausgesprochene Satz nach einer Fernsehwerbung, sondern ein Kompendium. Und zwar ein Einmaliges in Deutschland: Sie werden die Beschreibung von 160 Museen, Sammlungen, Dauerausstellungen zu eben der Medizin- und Pharmaziegeschichte finden. Das Kompendium ist aufgeteilt in zwei Bände, die Museen in Nord- oder Süddeutschland aufführen. Die Verantwortlichen des Hirzel-Verlages geben in einer Einleitung einen Einblick, welche vorsorglichen und akribischen Arbeiten nötig waren, um die Bände entstehen zu lassen. Anfänglich mussten z.B. Fragen geklärt werden “was ist eigentlich ein Museum oder eine Ausstellung?” Denn in Deutschland werden in weit mehr als 160 Orten Ausstellungsstücke allein zu medizinischen Themen gezeigt. Oder es gibt Teilausstellungen, die großen Sammlungen sozusagen zu- bzw. untergeordnet werden. Im Kompendium werden folgende Museen oder Ausstellungen aufgeführt, die sich befassen mit
- der Geschichte der Medizin allgemein
- der Geschichte einzelner Krankenhäuser
- der Pharmazie und Apothekerwesen
- Firmenmuseen zur Medizin und Pharmazie
- Museen, die einzelnen Medizinern gewidmet sind
- Museen, die sich mit bestimmten Krankheiten auseinander setzen
- Museen, die sich auf einzelne Fachgebiete wie z.B. Psychiatrie beziehen
- Museen, die Kneipp, Kur‑, Bademedizin in den Fokus stellen oder
- besonderen Thematiken wie das Rote Kreuz
Zwei Medizinjournalisten verfassten die Texte. Ihnen war bei der Anzahl der Museen natürlich nicht möglich, jedes persönlich aufzusuchen. Sie verwendeten deshalb auch Material, dass ihnen von den Ausstellungsmachern überlassen wurde. Doch bevor die Autoren mit der Zusammenstellung des Kompendiums begannen, mussten weitere Kriterien für die Museumsauswahl zusammengestellt werden. Denn “jedes Museum braucht eine Sammlung, aber nicht jede Sammlung ist ein Museum”. Die Auswahlkriterien sichern also, dass nicht jeder kleine Verein mit zwar ambitionierten, doch eher unprofessionellen oder enttäuschenden Ausstellungsresultaten aufgenommen wurde. Außerdem war bei der Auswahl entscheidend, dass die Sammlungen, Schaudepots öffentlich zugänglich waren. Auch hinsichtlich der einzelnen Darstellungen der Museen wurden sich Gedanken gemacht: Beispielsweise findet sich vor jeder Museumsdarstellung ein Überblick mit Namen des Museums, Adresse, Webauftritt, Öffnungszeiten und Piktogrammen. Letztere sind ein echter Service für die Leser oder zukünftigen Besucher der Museen. So finden Interessierte auf einen Blick wichtige Hinweise. Zum Beispiel:
- gibt es einen Parkplatz in der Nähe?
- haben Behinderte Zugang?
- befinden sich in der Nähe Restaurants oder Gaststätten?
- ist der Eintritt kostenlos (die einzelnen Eintrittspreise sind nicht genannt, denn die können im Laufe der Zeit angehoben werden)
- gibt es besonderen Service wie Vermittlung über Audioguides, Filme, Monitore?
- hält das Museum Informationsmaterialien für Besucher wie Flyer, Faltblätter, Broschüren, Kataloge bereit?
- wurden spezielle Programme wie z.B. Kinderprogramme konzipiert?
- gibt es Fotografier- und Film-Erlaubnisse?
Die Vorstellung der Museen erfolgt Bundesländer bezogen. Eine Übersichtskarte zeigt zu Beginn das jeweilige Bundesland und zur groben Orientierung, wo sich welches Museum befindet. Berlin beispielsweise hat sieben Museen über die ganze Stadt verteilt. Nordrhein-Westfalen hat insgesamt 29 Museen, davon viele in der Region Düsseldorf-Dortmund. Diese Karten überraschen gleich zu Beginn der Vorstellung der jeweiligen Bundesländer, denn den meisten Interessierten wird nicht bewusst sein, wie viele Museen sich möglicherweise sogar in ihrer nächsten Umgebung befinden.
Dieses Kompendium ist etwas für Ärzte, Apotheker, naturheilkundlich Interessierte, Health Professionals oder natürlich für Laien. Die Geschichte der Medizin oder Pharmazeutik kann für viele Menschen interessant sein. Und: Sie kann kann spannend und lehrreich sein: Gut gelungene Ausstellungen können Einblicke über die Jahrhunderte hinweg zum Beispiel in die Entwicklung von medizinischen Geräten darstellen. Gleichzeitig kann daran deutlich werden, wie unter anderem technische Möglichkeiten die gängigen Lehrmeinungen beeinflussten. Oder wie sich mit der Entdeckung z.B. von Krankheitsverursachern wie Bakterien und Viren Hygienevorstellungen vollständig veränderten. Und zwar so tiefgreifend, dass in den städtebaulichen Konzeptionen Kanalisation zwingend berücksichtigt wurden. Ausstellungen – je nach Aufgabenstellung – zeigen nicht nur die Entwicklungen, den Zeitgeist der jeweiligen Epochen auf, sondern halten einen lebendigen Spiegel vor, wie sich im Laufe der Zeiten die Versorgung von Patienten oder deren Heilung theoretisch wie praktisch veränderten.
Das Durchblättern durch die beiden Bände macht Spaß. Gute Fotos werden als Blickfänger genutzt, die Texte sind sachlich, informativ und machen Lust auf mehr, nämlich einen Museumsbesuch.
Fazit: Eine sehr gelungene Zusammenstellung der wichtigen Museen rund um die Geschichte der Medizin- und Pharmazeutik mit vielen Erweiterungen in die Naturheilkunde. Absolut empfehlenswert wegen der guten Systematik und des Service. Die beiden Bände kosten 49 Euro, können aber auch getrennt gekauft werden. Direkter Amazonlink
Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (Juli 2016).