Welche Theraphie ist wirklich wirksam? Flüchtige Wahrheiten der Medizin

Wel­che Stu­di­en sind wahr?

n der Medi­zin ver­weht die Wahr­heit schnel­ler als der Wind. Eine neu­es­te US-Ana­ly­se zeigt (Juni 2019): Rund 400 The­ra­pien soll­ten been­det wer­den, weil sie – wie hoch­ka­rä­ti­ge Stu­di­en jetzt zei­gen – für Pati­en­ten wert­los oder sogar schä­di­gend sind. Die For­scher hat­ten dazu Aus­sa­gen von Tau­sen­den ran­do­mi­siert-kon­trol­lier­ter Stu­di­en aus den drei welt­weit bes­ten medi­zi­ni­schen Fach­zeit­schrif­ten über­prüft (2003–2017). Die For­scher for­dern, die wei­te­re Anwen­dung wert­lo­ser The­ra­pie­ver­fah­ren ein­zu­stel­len, um die Pati­en­ten­ver­sor­gung zu ver­bes­sern und sinn­lo­se Aus­ga­ben zu beenden.

Bei­spie­le: * Häu­fig wer­den zur Ver­mei­dung von Ober­schen­kel­hals-Brü­chen durch Stür­ze älte­rer Men­schen in Hei­men soge­nann­te Hüft­pro­tek­to­ren aus Kunst­stoff emp­foh­len. Die­se haben aber nicht die erhoff­ten Effek­te und schrän­ken sinn­los die Lebens­qua­li­tät ein. * Ortho­pä­den lie­ben es, bei einem Menis­kus­riss im Knie­ge­lenk mehr oder auf­wän­di­ge Menis­kus-Ope­ra­tio­nen durch­zu­füh­ren. Die­se haben aber kei­ne bes­se­ren Effek­te als nicht-ope­ra­ti­ve phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Reha­bi­li­ta­ti­on, dafür aber deut­lich mehr Risi­ken und enor­me Kos­ten. * Und als letz­tes Bei­spiel: Der mög­li­che Nut­zen des Brust­krebs-Scree­nings (Mam­mo­gra­phie) ist im bes­ten Fall zehn­mal klei­ner als die ernst­haf­ten Schä­den durch Über­dia­gno­se. Kon­se­quen­zen: Ein­fach auf die­se und die ande­ren Hun­der­te Ver­fah­ren ver­zich­ten. Sonst gilt ein­mal mehr: Wir wer­den nicht “wegen” der moder­nen Medi­zin so alt, wie noch nie, son­dern “trotz” der Medi­zin. [1]

Ergän­zung: Noch ein Bei­spiel, das mir sel­ber sehr am Her­zen liegt (aus einem gera­de erst publi­zier­ten, aktu­el­len Fach­buch). Dort heißt es: Die Lebens­ver­län­ge­rung von Krebs­pa­ti­en­ten ist – natür­lich – ein anstre­bens­wer­tes Ziel. Aber: Die meis­ten Krebs­me­di­ka­men­te ver­län­gern das Leben nicht oder nur in sehr gerin­gem Maße. Die media­ne Ver­län­ge­rung im Gesamt­über­le­ben durch die 71 Krebs­me­di­ka­men­te, die zwi­schen 2002 und 2014 zuge­las­sen wur­den, betrug 2,1 Mona­te (teil­wei­se sogar noch weni­ger). Ob die – für Pati­en­ten oft viel wich­ti­ge­re – Lebens­qua­li­tät unter der meist aggres­si­ven The­ra­pie bes­ser wird, erfas­sen die meis­ten Stu­di­en über­haupt nicht. [2]

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Heil­pflan­­zen-Welt (2019).
Quel­len
[1] DOI 10.7554/eLife.45183.001.
[2] DOI 10.1007/978–3‑030–05855‑5.

Bitte Ihre Frage, Anmerkung, Kommentar im folgenden Feld eingeben