Botanik und Systematik
Stammpflanze: Panax pseudoginseng C. A. MEY syn. Aralia ginseng (C. A. MEY) BAILL.
Ginseng gehört zur Familie der Araliengewächse (Araliaceae) und ist in den Gebirgswäldern Nordkoreas, der Mandschurei und des asiatisch-pazifischen Küstengebiets heimisch. Die ca. 80 cm hohe, mehrjährige Staude besitzt eine 3,5–20 cm lange, bis zu 2,5 cm dicke, spindelförmige Wurzel, die im oberen Bereich querrunzelig und ab der Mitte zwei- oder mehrfach verzweigt ist. Sie bildet einen langen, runden und kahlen Stängel aus, an dem sie ahornähnliche, lang gestielte, handförmig geteilte Blätter in zwei- bis vierzähligen, endständigen Wirteln trägt. Die einzelnen Blättchen sind 7–20 cm lang und 2–5 cm breit, von lanzettlicher bis umgekehrt-eiförmiger Gestalt. Die unscheinbaren, weiß-grünlichen Blüten sind in Dolden angeordnet. Blütezeit ist Juni bis Juli. Die Beeren sind hellrot gefärbt.
Die Gattung Panax umfasst sechs Arten, die in Kanada bis in die südlichen USA sowie in der Mandschurei, Korea, Ostindien und Japan verbreitet sind.
Allgemeines
Die Geschichte der Ginsengwurzel, die im Chinesischen „Jen Shen = die Kraft der Erde in der Form eines Menschen“ heißt und im Koreanischen „Wurzel des Lebens“ genannt wird, reicht mindestens bis in das 2. Jahrtausend v. Chr. zurück. Sie besitzt einen hohen Stellenwert in der traditionellen chinesischen Medizin. In der von dem legendären chinesischen Kaiser Shen-Nung zur damaligen Zeit verfassten pharmakologischen Pflanzenheilkunde, in der 239 Pflanzendrogen ausführlich beschrieben wurden, war sie eine der wichtigsten Heilpflanzen. Im chinesisch-medizinischen System wird ihr eine Stärkung der fünf Energiefunktionskreise zugesprochen – Leber, Herz, Milz, Lunge und Niere. Die Geschmacksrichtung ist süßlich und leicht bitter, das Temperaturverhalten neutral bis leicht warm, beim Roten Ginseng warm bis heiß.
Die Ginsengwurzel galt als Symbol für Gesundheit und ein langes Leben und war daher lange Zeit nur Königen vorbehalten. In früheren Zeiten war sie wertvoller als Gold, nicht zuletzt dadurch, dass sie schlecht kultivierbar ist und nur langsam wächst, was zu einer natürlichen Limitierung des Angebots führte. Durch die Mauren gelangte die Ginsengwurzel nach Europa, wo sie aber bald wieder in Vergessenheit geriet. Richtig ins Bewusstsein des Abendlandes kam sie v. a. durch niederländische Seeleute im 17. Jh. und gewann von da an in Europa rasch an Popularität. Der französische Hochadel verfiel zu Zeiten des Sonnenkönigs Ludwig XIV. wegen der postulierten phantastischen Wirkungen in eine regelrechte Ginseng-Hysterie. Danach, im 19. Jh., nahm ihre Bedeutung wieder ab. Heutzutage hat die Ginsengwurzel ihren Stellenwert als ein gesundheitsförderndes Tonikum. In China und Korea werden die Ginsengblätter u. a. als verdauungsfördernder Tee angeboten.
Ginseng ist schwer zu kultivieren und bedarf eines großen Aufwands an Pflege und Zeit. Er kann nur auf Böden gezogen werden, in denen mindestens 10–15 Jahre kein Ginsenganbau stattfand, da sonst die Gefahr der Wurzelfäule besteht. Zur Kultivierung benötigt er trockene Lehm- und Tonböden. Nach der Ernte werden die dünnen Enden der Haupt- und Nebenwurzel abgeschnitten. Abhängig von der weiteren Drogenverarbeitung unterscheidet man zwischen Weißem und Rotem Ginseng. Beim Weißen Ginseng, geerntet meist nach 3–4 Jahren, werden die frisch geernteten und gewaschenen Wurzeln geschält und anschließend mit SO2 gebleicht sowie unter der Sonne oder bei Hitzeeinwirkung getrocknet. Im Fall des Roten Ginseng werden die nach sechs Anbaujahren frisch geernteten Wurzeln im Wasserdampf von 120–130 °C 2–3 Std. lang behandelt und danach getrocknet. Im Anschluss sind sie von hornartiger Konsistenz, durchsichtig und von rötlicher Farbe. Weißer und Roter Ginseng unterscheiden sich bzgl. des Inhaltsstoffspektrums kaum voneinander.
Die Gattungsbezeichnung „Panax“ kommt vom griechischen „Panacea“, der „allheilenden“ Göttin, dem die Wörter „pan = all“ und „akos = Heilmittel, Heilung“ zugrunde liegen. Der Name „Ginseng“ wurde im 17. Jh. von dem französischen Reisenden Jean de Thevenot mitgebracht und steht mit den chinesischen Wörtern für „Vitalität“, „Hoden“, „Sperma“ und „Gott“ in Beziehung. Möglicherweise zeigen sich daran die Erwartungen, die sich mit dem Heilmittel verknüpfen.
ohne Abbildung auszugsweise zitiert aus
• Siegfried Bäumler: Heilpflanzen Praxis heute. Band 1 Arzneipflanzenporträts (2. Aufl.). Urban & Fischer/Elsevier, München, 2012 (bei Amazon kaufen).
Bildnachweis
• Shizhao, August 2005 (Lizenz: Creative Commons – Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).
zusätzliche Infos
• Positiv-Monographie der Kommission E.