Der Bockshornklee ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit, die bereits 1500 Jahre v. Chr. in der altägyptischen Heilkunde und später in der hippokratischen Medizin als bewährtes Stärkungsmittel Verwendung fand [1]. Hildegard von Bingen setzte Bockshornklee zur Steigerung der Abwehrkräfte ein und verordnete die Samen als Therapeutikum der Milz [2]. Eine Vielzahl der traditionellen, erfahrungs- und volksmedizinischen Anwendungen betreffen aber auch dermatologische Indikationen.
Bereits 1989 hat die Kommission E (Phytotherapie) das Potenzial des Bockshornklees erkannt und gab “lokale Entzündungen” als Indikation einer topischen Anwendung als Bockshornsamen-Breiumschlag an [3]. Die große Bedeutung des traditionellen Heilmittels zeigte sich, als anschließend die Bockshornsamen in die Standardzulassungen nach Arzneimittelgesetz (AMG) § 36 eingeschlossen wurden [4]. Einige Jahre später wurden diese Indikationen durch das European Scientific Coöperative on Phytotherapy (ESCOP) spezifiziert. Sie umfassen bei topischer Anwendung Furunkulose, Geschwürbildungen und Ekzeme [5].
Die vielfältige dermatokosmetische Anwendung der Bockshornkleesamen wird durch eine kontinuierlich steigende Zahl an Publikationen belegt. Bereits vor 20 Jahren wurde die wundheilungsfördernde Kraft bei topischer Applikation von wässrigen Bockshornkleesamen-Auszügen gezeigt [6]. Es wird seit geraumer Zeit diskutiert, ob Diosgenin, das in Bockshornkleesamen reichlich enthalten ist, eine Leitsubstanz vieler therapeutischer Effekte von Bockshornklee-Zubereitungen sein könnte. Neben den vielfältigen innerlichen gesundheitsfördernden Effekten wirkt das steroide Sapogenin ebenfalls auf die Haut und hier vor allem antientzündlich [7]. In einem Modell alternder Haut mit artifiziell klimakterischen Mäusen zeigte sich, dass Diosgenin in vivo ausgeprägte Antiaging-Effekte hat und zur verbesserten Keratinozytenproliferation mit Optimierung der Epidermisdicke ohne Fetteinlagerung führt [8].
Weitere Untersuchungen stützen die dermatokosmetische Bedeutung von Bockshornkleesamen: So erhöht die topische Anwendung einer Bockshornklee-Crème klinisch signifikant die Elastizität, Hydratation und Widerstandsfähigkeit der Haut gegen Photoalterung [9]. Neben der Verbesserung mechanischer Parameter, wie der Reduktion des transepidermalen Wasserverlusts (TEWL), der Turgorzunahme oder der Abnahme der Faltentiefe wurde auch eine Aufhellung der Haut durch signifikante Abnahme des Melaningehaltes beobachtet [10]. Auch In-vitro-Studien zu verschiedenen steroidalen Saponinen aus Bockshornkleesamen bestätigen, dass sowohl zytokinvermittelte Entzündungsreaktionen als auch eine verstärkte Melanogenese, wie sie bei Hautschädigungen oder in Folge von Hauterkrankungen auftreten, durch die untersuchten Bockshornkleebestandteile unterdrückt werden [11]. Eine tierexperimentelle Studie kommt aktuell zu dem Schluss, dass hieran vor allem eine verlangsamte Interleukin (IL)-4- und IL-6-Expression sowie eine verringerte Immunglobulin (Ig) E‑Konzentration und Mastzellinfiltration nach Setzen der Entzündungsreize beteiligt sind [12]. Das und Mitarbeiter zeigten vor wenigen Jahren, dass das in Bockshornklee enthaltene Diosgenin in vitro antiproliferative und apoptotische Eigenschaft besitzt, die in Plattenepithelkarzinom-Zelllinien durch Caspase, c‑Jun N‑terminale Kinase und Proteinkinase B (Ser473) vermittelt werden. In vivo wird durch Diosgenin zudem die Sarcoma-180-Induktion solider Tumoren in der Haut unterdrückt, wobei signifikant Tumorvolumen und ‑masse reduziert und die Apoptose erhöht wird [13]. Die Behandlung mit Bockshornklee führte zu einer verbesserten Th1-Differenzierung und verringerte so eine Th2-induzierte allergische Hautentzündung in vivo [14]. Diese Harmonisierung der Th1/Th2-Balance durch die Bockshornklee-Behandlung könnte bei einer Reihe allergischer Erkrankungen wie zum Beispiel der Kontaktdermatitis symptomreduzierend wirken. Die Th1- und Th2-Harmonisierung ist auch in der Schwangerschaft bedeutsam, da sie vor Aborten schützt. Bei Patientinnen mit rezidivierenden Aborten wird die Wirksamkeit von Bockshornklee bei uns zurzeit getestet.
Autor
• Univ.-Prof. Dr. med. Dr.-Ing. Holger Kiesewetter
Hämostaseologicum Mohrenstraße 6
10117 Berlin
E‑Mail [email protected], (Erstveröffentlichung: derm Nr. 5, Oktober 2016).
Copyright: © 2016, omnimed, Hamburg
Quellen
1. Richard Willfort: Gesundheit durch Heilkräuter. Trauner Verlag, Linz, 1986.
2. Abdo MS, Alö-Kafawi AA: Experimental Studies on the effect of trigonella foenum-graecum. Planta Med. 1969;17;(1):14–8 (DOI: 10.1055/s‑0028–1099821 | PMID: 5814423).
3. Kommission E (BGA/BfArM): Monographie Foenugraeci semen (Bockshornsamen). Bundesanzeiger. 1990 Jan 1;22a.
4. Standardzulassung Bockshornsamen (2319.99.99). In: Anlageband zum Bundesgesetzblatt I Nummer 4 vom 15.12.2004, Seite 7. Anlage zu Artikel 1 der Verordnung zur Änderung arzneimittelrechtlicher Vorschriften vom 22. Januar 1996. Lfd. Nr. 258 Bockshornsamen.
5. European Scientific Coöperative on Phytotherapy (ESCOP): Monographs on the medicinal uses of plant drugs: Trigonellae foenugraeci semen – Fenugreek. Thieme, Stuttgart, 2003.
6. Taranalli AD, Kuppast IJ: Study of Wound Healing Activity of Seeds of Trigonella Foenum-Graecum in Rats. Indian J Pharm Sci. 1996;58(3):117–9.
7. Fuller S, Stephens JM: Diosgenin, 4‑hydroxyisoleucine, and fiber from fenugreek: mechanisms of actions and potential effects on metabolic syndrome. Adv Nutr. 2015;6(2):189–97 (DOI: 10.3945/an.114.007807 | PMID: 25770257).
8. Tada Y, Kanda N, Haratake A, Tobiishi M, Uchiwa H, Watanabe S: Novel effects of diosgenin on skin aging. Steroids. 2009;74(6):504–11 (DOI: 10.1016/j.steroids.2009.01.006 | PMID: 19428439).
9. Akhtar N, Waqas MK, Ahmed M, Saeed T, Murtaza G, Rasool A, Aamir MN, Khan SA, Bhatti NS, Ali A: Effect of Cream Formulation of Fenugreek Seed Extract on Some Mechanical Parameters of Human Skin. Trop J Pharm Res. 2010;9(4):329–37.
10. Waqas MK, Akhtar N, Ahmad M, Murtaza G, Khan HM, Iqbal M, Rasul A, Bhatti NS: Formulation and characterization of a cream containing extract of fenugreek seeds. Acta Pol Pharm. 2010;67(2):173–8 (PMID: 20369794).
11. Kawabata T, Cui MY, Hasegawa T, Takano F, Ohta T: Anti-inflammatory and anti-melanogenic steroidal saponin glycosides from Fenugreek (Trigonella foenum-graecum L.) seeds. Planta Med. 2011;77(7):705–10 (DOI: 10.1055/s‑0030–1250477 | PMID: 20979021).
12. Kim JE, Go J, Koh EK, Song SH, Sung JE, Lee HA, Kim DS, Son HJ, Lee HS, Lee CY, Hong JT, Hwang DY: Diosgenin effectively suppresses skin inflammation induced by phthalic anhydride in IL‑4/Luc/CNS‑1 transgenic mice. Biosci Biotechnol Biochem. 2016;80(5):891–901 (DOI: 10.1080/09168451.2015.1135040 | PMID: 26998565).
13. Das S, Dey KK, Dey G, Pal I, Majumder A, Choudhury SM, Kundu SC, Mandal M: Antineoplastic and apoptotic potential of traditional medicines thymoquinone and diosgenin in squamous cell carcinoma. PLoS One. 2012;7(10):e46641 (DOI: 10.1371/journal.pone.0046641 | PMID: 23077516).
14. Bae MJ, Shin HS, Choi DW, Shon DH: Antiallergic effect of Trigonella foenum-graecum L. extracts on allergic skin inflammation induced by trimellitic anhydride in BALB/c mice. J Ethnopharmacol. 2012;144(3):514–22 (DOI: 10.1016/j.jep.2012.09.030 | PMID: 23036811).