Kansas City. Viele Gläubige beten für geliebte Menschen in Schwierigkeiten oder für ihre kranken Nachbarn. Doch auch das Beten für ganz fremde Menschen scheint therapeutische Wirkungen zu haben, wie in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen der letzten Jahre immer wieder berichtet wurde [2]. Und dies sogar bei Schwerkranken, wie Kardiologen aus Kansas berichteten, die religiös eingestellte Menschen für Herzkranke auf einer kardiologischen Intensivstation beten ließen [1]!
Die US-amerikanischen Forscher waren der Frage nachgegangen, ob sich Beten günstig auf schwer kranke, hospitalisierte Herzpatienten auswirkt. Die Ergebnisse der randomisiert, doppelblind und prospektiv durchgeführten Parallelgruppenstudie wurde im renommierten “Archives of Internal Medicine” veröffentlicht. Die Ausgangssituation: Rund 1.000 im Laufe eines Jahres auf einer Intensivstation für Herzkranke aufgenommene Patienten wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe wurde durch Beten unterstützt, die Patienten der Kontrollgruppe nicht. Man aktivierte 15 Teams zu je fünf Betern – Gläubige unterschiedlicher Konfession aus der Bevölkerung (zumeist ältere Frauen). Jeder betete für Kranke, von denen ihm lediglich die Vornamen mitgeteilt worden waren. Die Ergebnisse: Die Patienten, für die zusätzlich zur normalen Therapie vier Wochen lang täglich gebetet wurden, schnitten als Gruppe nach dem sogenannten Mid America Heart Institute Cardiac Care Unit (MAHI-CCU)-Score signifikant günstiger als die Patienten der Kontrollgruppe ab. Der MAHI-CCU-Wert beschreibt standardisiert die Gesamtzahl der Maßnahmen und Ereignisse während eines Krankenhausaufenthaltes. Die Länge der stationären Behandlung wurde nicht beeinflusst. Die Wissenschaftler resümieren, dass therapie-ergänzendes, fürsprechendes Beten aus der Ferne ohne weitere Kenntnis des Kranken den medizinischen Verlauf bei kritisch kranken Patienten messbar verbessert.
Kommentar Heilpflanzen-Welt.de: Das signifikante Studienergebnis scheint für das Beten als eine Art alternativer oder komplementärer Medizin zu sprechen. Die Vielzahl der zu diesem Thema bereits vorgelegten Studien [2], die oft irrationale Überreaktionen in “schulmedizinischen” Stellungnahmen oder die teilweise berechtigte Methodenkritik [z. B. 3, 4] sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen: Weder die Pseudo-Verwissenschaftlichung durch Health Professionals noch ein reduktionistisches Denken in der Esoterik-Szene (“Beten = Geistheilung”) machen die – eventuell vorhandene – medizinische Wirksamkeit von Beten zu einer Art Gottesbeweis durch die Hintertür. Der Versuch, “wissenschaftlich” Gott zu beweisen ist philosophisch seit Kants “Kritik der reinen Vernunft” längst ad acta gelegt und wirkt genauso lächerlich, wie in einer randomisierten, placebokontrollierten, prospektiven und doppelblinden Multicenterstudie die Wirksamkeit der klassischen Homöopathie nachweisen zu wollen. Die Naturheilkunde sollte sich kritisch mit solchen Überlegungen auseinandersetzen, sonst wird demnächst eine Studie publiziert, die z. B. heißt “Erfolgreiches Abnehmen durch Beten unter besonderer Berücksichtigung der Effektstärke je nach Gebetdauer und Religionszugehörigkeit”.
Autor
• Rainer H. Bubenzer, Heilpflanzen-Welt, 2005.
Quellen
[1] Harris WS, Gowda M, Kolb JW, Strychacz CP, Vacek JL, Jones PG, Forker A, O’Keefe JH, McCallister BD: A randomized, controlled trial of the effects of remote, intercessory prayer on outcomes in patients admitted to the coronary care unit. Arch Intern Med. 1999 Oct 25;159(19):2273–8. Erratum in: Arch Intern Med 2000 Jun 26;160(12):1878 (Medline). [2] Mathai J, Bourne A: Pilot study investigating the effect of intercessory prayer in the treatment of child psychiatric disorders. Australas Psychiatry. 2004 Dec;12(4):386–9 (Medline).
Palmer RF, Katerndahl D, Morgan-Kidd J: A randomized trial of the effects of remote intercessory prayer: interactions with personal beliefs on problem-specific outcomes and functional status. J Altern Complement Med. 2004 Jun;10(3):438–48 (Medline).
Dusek JA, Sherwood JB, Friedman R, Myers P, Bethea CF, Levitsky S, Hill PC, Jain MK, Kopecky SL, Mueller PS, Lam P, Benson H, Hibberd PL: Study of the Therapeutic Effects of Intercessory Prayer (STEP): study design and research methods. Am Heart J. 2002 Apr;143(4):577–84 (Medline).
Aviles JM, Whelan SE, Hernke DA, Williams BA, Kenny KE, O’Fallon WM, Kopecky SL: Intercessory prayer and cardiovascular disease progression in a coronary care unit population: a randomized controlled trial. Mayo Clin Proc. 2001 Dec;76(12):1192–8 (Medline).
* Leibovici L: Effects of remote, retroactive intercessory prayer on outcomes in patients with bloodstream infection: randomised controlled trial. BMJ. 2001 Dec 22–29;323(7327):1450–1 (Medline)
Matthews DA, Marlowe SM, MacNutt FS: Effects of intercessory prayer on patients with rheumatoid arthritis. South Med J. 2000 Dec;93(12):1177–86 (Medline).
Byrd RC: Positive therapeutic effects of intercessory prayer in a coronary care unit population. South Med J. 1988 Jul;81(7):826–9 (Medline).
[3] Kommentare in den Archives of Internal Medicine vom 25. Okt. 1999. Arch Intern Med. 2000 Jun 26;160(12):1870–7; author reply 1877–8 (Medline).
[4] Dossey L: Prayer and medical science: a commentary on the prayer study by Harris et al and a response to critics. Arch Intern Med. 2000 Jun 26;160(12):1735–7. Medline.
weitere Infos
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