Hanf: Teufelszeug oder Heilpflanze?

Hanf (Can­na­bis sati­va)

Der Anbau kei­ner Heil- und Nutz­pflan­ze wird so kon­tro­vers dis­ku­tiert wie beim Hanf. Befür­wor­ter sehen in ihr eine viel­sei­ti­ge Pflan­ze mit öko­lo­gi­schen Ein­satz­mög­lich­kei­ten. Geg­ner betrach­ten sie vor­wie­gend als Dro­ge, deren zer­stö­re­ri­sches Poten­ti­al Ein­halt gebo­ten wer­den muss. Denn laut WHO kon­su­mie­ren 2, 5 Pro­zent der Welt­be­völ­ke­rung die Dro­ge regel­mä­ßig. Die Heil­pflan­ze mit ihren medi­zi­nisch the­ra­peu­ti­schen Wir­kun­gen gerät bei die­sen Dis­kus­sio­nen oft ins Hintertreffen.

Hanf (Can­na­bis sati­va) ist eine der ältes­ten Kul­tur­pflan­ze der Welt. Ursprüng­lich stammt sie aus Vor­der- und Mit­tel­asi­en. Von dort aus trat die robus­te Pflan­ze ihren Sie­ges­zug um die gan­ze Welt an: Denn ähn­lich wie Lein/​Flachs (Linum usi­ta­tis­si­mum) ist sie viel­sei­tig ein­setz­bar: Das Kraut kann als Vieh­fut­ter ver­wen­det wer­den, die Samen geben ener­gie­rei­ches Öl, die Fasern der Pflan­ze sind Roh­stoff für die Her­stel­lung von Sei­len, Segeln und Klei­dungs­stü­cken. Und: Sie ist auch eine Heil­pflan­ze. Die ers­te schrift­li­che Doku­men­ta­ti­on über ihre Heil­wir­kun­gen soll aus dem frü­hen Chi­na stam­men. Ein Shen Nung aus der Shang-Zeit (2700 v.Chr.) emp­fiehlt dar­in die Anwen­dun­gen von Can­na­bis­harz bei Frau­en­krank­hei­ten, Gicht oder Rheu­ma­tis­mus, heisst es. Doch sol­che tra­dier­ten Aus­sa­gen sind nur unter gro­ßem Vor­be­halt zu betrach­ten. Nicht nur, weil das Krank­heits­ver­ständ­nis ein völ­lig ande­res als heu­te war. Son­dern auch, weil die Krank­heits­be­schrei­bung, die Vor­stel­lun­gen von ihrer Ent­ste­hung oder die Hei­lung kaum mit heu­ti­gen Kon­zep­ten ver­gleich­bar sind.

In die­sem Sin­ne sind auch klas­si­sche indi­sche Über­lie­fe­run­gen pri­mär von medi­zin­his­to­ri­schem Inter­es­se. Auch in Indi­en gehör­te Hanf zum Arz­nei­pflan­zen-Schatz: Ayur­ve­di­sche Ärz­te setz­ten Hanf bei Epi­lep­sie, geis­ti­gen Erkran­kun­gen, Diar­rhoe, Mens­trua­ti­ons­stö­run­gen oder Wech­sel­fie­ber (“Mala­ria”) ein – um nur eini­ge Erkran­kun­gen zu nen­nen [1]. In den Mit­tel­meer­raum brach­te Hero­dot das Wis­sen vom Hanf (484–424 v.u.Z.). Er berich­te­te von den Sky­ten am Kas­pi­schen Meer, die Hanf­sa­men zur Gewin­nung von berau­schen­den Geträn­ken ver­ar­bei­te­ten. Oder erzähl­te von den Thra­kern, die Hanf zur Roh­stoff­ge­win­nung anbau­ten, um aus den Fasern Sei­le her­zu­stel­len. Die Römer sorg­ten spä­ter für die Wei­ter­ver­brei­tung: Über die Heer­stras­sen des römi­schen Rei­ches wur­de Can­na­bis von Ita­li­en aus nach Frank­reich bis in die nörd­li­chen sla­wi­schen Län­der gebracht.

“Ein Pfeifchen in Ehren …”

Im Euro­pa der letz­ten Jahr­hun­der­te war Hanf eine weit­ver­brei­te­te und belieb­te Nutz­pflan­ze. In Pie­rers Lexi­kon von 1849 ist zu lesen: “Aus dem Bast des Stän­gels wer­den Seil­er­waa­ren u. sehr fes­te Lein­wand berei­tet. Der Samen dient in den Offi­ci­nen zu Berei­tung von Emul­sio­nen, auch Fomen­ta­tio­nen u. Klys­ti­e­ren, u. wird auch zur Füt­te­rung ver­schie­de­ner Sing­vö­gel u. zur Berei­tung eines gel­ben, geschmack­lo­sen, leicht gerin­nen­den Öls benutzt. Das Kraut ist nar­ko­tisch u. wird von den Ori­en­ta­len zu Berei­tung berau­schen­der Geträn­ke auch als Rauch- u. Kau­mit­tel, ange­wen­det” [2]. Wor­über sich die Autoren des Lexi­kons aus­schwei­gen ist, dass Can­na­bis auch in Euro­pa als Rausch­mit­tel ver­wen­det wur­de. In Roma­nen und Erzäh­lun­gen sind zahl­lo­se Bei­spie­le von der Nut­zung als Dro­ge zu fin­den: So beschrieb der Schwei­zer Hei­mat­schrift­stel­ler Jere­mi­as Gott­helf (1797–1854), das Leben der Emmen­ta­ler Bau­ern des 19. Jahr­hun­derts. Dazu gehör­te auch durch­aus der Genuss eines “Sonn­tags­pfeif­chens” der Bau­ern, des­sen Fül­lung aus getrock­ne­tem Hanf bestand. Auch Wil­helm Buschs’ Leh­rer Lem­pel frön­te die­sem Ver­gnü­gen: Er ent­spann­te sich nach dem anstren­gen­den Schul­tag bei sei­ner all­abend­li­chen “Knas­terpfei­fe” [3].

Alternative Nutzung

Der Nutz­pflan­ze wur­de durch die indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on im 19. Jahr­hun­dert ein rasches Ende berei­tet. Mit der Ein­füh­rung der Dampf­schiff­fahrt ab dem Beginn des 19. Jahr­hun­derts sank der Hanf­be­darf für Segel und Tau­werk zuneh­mend. Im 20. Jahr­hun­dert mach­ten teil­wei­se oder voll­stän­dig syn­the­tisch her­ge­stell­te Fasern (“Kunst­stof­fe”) Hanf als Roh­stoff­lie­fe­rant für Sei­le, Segel oder Tex­ti­li­en in vie­len Län­dern über­flüs­sig. Die Kunst­stoff­sei­le oder ‑Gar­ne waren elas­ti­scher, reiss­fes­ter oder wit­te­rungs­be­stän­di­ger. Bei der Erzeu­gung von Ölen, Lacken oder Brenn­stof­fen wur­de Hanf schließ­lich durch erd­öl­ba­sier­te Pro­duk­te ersetzt.

Für viel Zünd­stoff sorg­te die Pflan­ze in den 70iger Jah­ren des 20 Jahr­hun­derts – jedoch nicht als Roh­stoff, son­dern als Dro­ge: Die ame­ri­ka­ni­schen “Hip­pies” mach­ten Can­na­bis als “leich­te” Dro­ge für vie­le Gesell­schafts­schich­ten salon­fä­hig. Die hier­durch beding­ten Pro­ble­me – bei­spiels­wei­se Aus­stieg aus der Gesell­schaft, Anstieg des Dro­gen­kon­sums ins­ge­samt, Ein­stieg in här­te­re Dro­gen, Fol­ge­er­kran­kun­gen oder hohes psy­chi­sches Sucht­po­ten­ti­al – führ­ten über die Dro­gen­ge­setz­ge­bung der meis­ten Län­der all­mäh­lich zur Geneh­mi­gungs­pflicht auch des kom­mer­zi­el­len Anbaus von Hanf als Faser- oder Öllie­fe­rant. Seit­her wird über Anbau und Nut­zung der Pflan­ze dau­er­haft kon­tro­vers dis­ku­tiert. Hanf-Befür­wor­ter bemü­hen sich um das Image der Pflan­ze ins­ge­samt. Sie ver­wei­sen bei­spiels­wei­se auf den hohen öko­no­mi­schen Nutz­wert von Hanf als schnell nach­wach­sen­dem Roh­stoff mit zusätz­li­chen öko­lo­gi­schen Vor­tei­len: Aus einem spe­zi­ell gezüch­te­ten Faser­hanf mit sei­nen lan­gen, lignin­hal­ti­gen Skle­ren­chym­fa­sern las­sen sich zum Bei­spiel stra­pa­zier­fä­hi­ge Tex­ti­li­en oder Ver­bund­ma­te­ria­li­en auch für die Auto­in­dus­trie her­stel­len. Eben­so Dich­tungs- und Bau­ma­te­ri­al, Papier oder zur Gewin­nung von Treib­stof­fen als Alter­na­ti­ve zum begrenz­ten Roh­stoff Erd­öl. Die meis­ten Pro­duk­te fül­len bis­lang jedoch nur klei­ne Nischen oder fin­den Absatz bei über­zeug­ten Konsumenten.

Botanik:

Hanf­pflan­ze

Hanf gehört zur Fami­lie der Hanf­ge­wäch­se (Can­n­a­baceae) und kann welt­weit in tro­pi­schen wie auch gemä­ßig­ten Kli­ma­zo­nen ange­baut wer­den. Die Pflan­ze wächst schnell und erreicht eine Höhe bis zu drei Metern. Sie gilt als boden­ver­bes­sernd und benö­tigt im Gegen­satz zu ande­ren Kul­tur­pflan­zen wenig Dün­ger. Hanf ist zwei­häu­sig – es gibt also männ­li­che und weib­li­che Pflan­zen. Die weib­li­chen Pflan­zen sind stär­ker ver­zweigt als die männ­li­chen. Die Blü­ten ste­hen in den Ach­seln klei­ner Blät­ter, aus denen sich nach der Befruch­tung klei­ne Nüss­chen ent­wi­ckeln. Die Blü­ten der männ­li­chen Pflan­zen ent­wi­ckeln sich schnel­ler als die weib­li­chen und wer­den in end­stän­di­gen dich­ten Ris­pen getra­gen. Die Hanf­blät­ter sind an den cha­rak­te­ris­tisch tief hand­spal­tig auf­ge­teil­ten Blät­ter zu erken­nen, deren Rän­der gesägt sind. Die Stän­gel sind kan­tig und hohl.

Zwei Pflanzen-Typen

Die Hanf­pflan­ze hat vie­le ver­schie­de­ne Varie­tä­ten. Alle Varie­tä­ten ähneln sich, doch Ver­tei­lung und Men­ge der psy­cho­tro­pen Inhalts­stof­fe vari­ie­ren zum Teil erheb­lich, beson­ders gilt dies für den Haupt­wirk­stoff Tetra­hy­dro­can­na­bi­nol (THC). Es wird ange­nom­men, dass die Varie­tä­ten durch geo­gra­fi­sche Ras­sen, Kul­tur und Che­mo­va­rie­tä­ten bestimmt wer­den. Grund­sätz­lich wird heu­te zwi­schen dem Can­na­bis-Typ (THC-Gehalt 1–15 %) und Faser­typ (THC-Gehalt unter 1,25 %) unter­schie­den. Wis­sen­schaft­ler haben bei der gut unter­such­ten Pflan­ze bis­her 400 ver­schie­de­ne Inhalts­stof­fe iso­liert, davon allei­ne 60 Can­na­bi­no­ide, äthe­ri­sche Öle, Phe­no­le, Har­ze und Flavonoide.

Das Endocannabinoid-System

Wie beim Opi­um und sei­nen che­mi­schen Abkömm­lin­gen wuchs in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten auch bei Can­na­bis die Ein­sicht, dass die Hanf-Can­na­bi­no­ide ihre Boten­stoff-Wir­kun­gen über im Kör­per vor­han­de­ne, genau pas­sen­de Zell­or­ga­nel­len ver­mit­teln, die soge­nann­ten Can­na­bi­no­id-Rezep­to­ren. Die­ses phy­sio­lo­gi­sche Signal­über­mitt­lungs-Sys­tem hat kör­per­ei­ge­ne Auf­ga­ben, die nichts mit dem Haschisch-Kon­sum zu tun haben. Das endo­ge­ne Can­na­bi­no­id-Sys­tem ist unter ande­rem an der Gedächt­nis­leis­tung, der Schmerz­lei­tung sowie der Schmerz­hem­mung, Appe­tit­kon­trol­le, Regu­la­ti­on des Brech­zen­trums oder an der Immun­mo­du­la­ti­on betei­ligt. Neue­re For­schung las­sen ver­mu­ten, dass das Endo­can­na­bi­no­id-Sys­tem auch an der Kon­trol­le des Ener­gie­gleich­ge­wichts, dem Abbau von Zucker und Fet­ten sowie für die Regu­la­ti­on des Kör­per­ge­wichts ver­ant­wort­lich ist. Wäh­rend ein­zel­ne Can­na­bi­no­ide che­misch gut cha­rak­te­ri­siert sind, ist das Gesamt­sys­tem in sei­nen kom­ple­xen Zusam­men­hän­gen bis­lang nur teil­wei­se durchschaut.

Drogen-Wirkung:

Trotz der welt­wei­ten Dro­gen­kon­sum-Ver­bo­te gehört Can­na­bis zur meist genutz­ten Dro­ge welt­weit. Laut Schät­zun­gen der WHO neh­men etwa 147 Mio. Men­schen (2,5 Pro­zent der Welt­be­völ­ke­rung) Can­na­bis. Mari­hua­na (Gras, Pot, Heu, Kif) oder Haschisch (Hasch, Shit) sind am bekann­tes­ten. Mari­hua­na besteht aus den harz­hal­ti­gen Trieb­spit­zen der weib­li­chen Pflan­zen, Haschisch wird aus dem Harz der weib­li­chen Pflan­zen gewon­nen. Bei­de Zube­rei­tun­gen kön­nen als hal­lu­zi­no­ge­ne Rausch­mit­tel geges­sen (Gebäck, Kon­fekt), getrun­ken (Geträn­ke) mit Tabak geraucht oder geschnupft wer­den. Die Wir­kun­gen sind dosis­ab­hän­gig: 50 µg mil­de Seda­ti­on und Eupho­rie, 100 µg ver­än­dern Wahrnehmung‑, Zeit‑, und Raum­ge­fühl. 200 µg Ver­wir­rung, Hal­lu­zi­na­tio­nen, 300 µg Übel­keit, Erbre­chen, Schwin­del, Sprach- und Gedächt­nis­stö­run­gen. 24 Stun­den nach Can­na­bis­kon­sum ist die Dun­kel­ad­ap­ti­on ver­lang­samt, die Fahr­tüch­tig­keit ein­ge­schränkt, das Herz­in­farkt­ri­si­ko erhöht. THC löst kei­ne kör­per­li­che, sehr wohl aber psy­chi­sche Abhän­gig­keit aus. Exzes­si­ver Miss­brauch oder chro­ni­sche Dau­er­nut­zung füh­ren zum Abbau kör­per­li­cher, geis­ti­ger Leis­tungs­fä­hig­keit, zu Inter­es­se­lo­sig­keit, Apa­thie oder psy­chi­schem Ver­fall (“Amo­ti­va­tions-Syn­drom”). Wei­te­re Aus­wir­kun­gen: Das Schi­zo­phre­nie-Risi­ko steigt, das erb­gut­schä­di­gen­de Poten­ti­al kann zu Fehl­bil­dun­gen der Nach­kom­men füh­ren. Im Ver­gleich zu Tabak ist das Lun­gen­krebs-Risi­ko erheb­lich gesteigert.

Cannabis als Medikament

Das US-ame­ri­ka­ni­sche Insti­tu­te of Medi­ci­ne publi­zier­te 1999 unter dem Titel “Mari­jua­na and Medi­ci­ne: Asses­sing the Sci­ence Base” [4] die bis­her umfas­sends­te Über­sicht über wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se hin­sicht­lich des mög­li­chen, medi­zi­ni­schen Nut­zens von Can­na­bis. Die Autoren sehen es als mög­li­cher­wei­se sinn­voll an, den Nut­zen von Can­na­bi­no­iden in der Schmerz­be­hand­lung, bei che­mo­the­ra­pie­in­du­zier­ter Übel­keit, bei Man­gel­er­näh­rung, der Aus­zeh­rung bei Aids und Krebs oder zur Ver­rin­ge­rung von Mus­kel-Dau­er­ver­kramp­fun­gen (“Spas­tik”) wei­ter zu unter­su­chen. Der Bericht wur­de im deutsch­spra­chi­gen Wis­sen­schafts­raum kaum wahr­ge­nom­men, nicht zuletzt wegen unge­klär­ter recht­li­cher Rah­men­be­din­gun­gen. Eine im Auf­trag des deut­schen Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums durch­ge­führ­te Prü­fung der medi­zi­nisch-wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se in Hin­sicht auf Wirk­sam­keit und Nut­zen/­Ri­si­ko-Abwä­gung kam 2003 zum Schluss, dass “… Nach­tei­le und Risi­ken des Ein­sat­zes von Can­na­bi­no­iden zu medi­zi­ni­schen Zwe­cken einen etwa­igen Nut­zen bei wei­tem … über­wie­gen” [5].

Cannabinoid-Versuche

Schmerz Bei etli­chen Erkran­kun­gen kön­nen moder­nen hoch­wirk­sa­me Schmerz­mit­tel ver­sa­gen. Und zwar beson­ders dann, wenn der Schmerz sei­nen Ursprung im zen­tra­len Ner­ven­sys­tem hat, was bei­spiels­wei­se bei Mul­ti­pler Skle­ro­se (MS) der Fall ist. In Kana­da ist der­zeit ein Can­na­bi­no­id-Prä­pa­rat für die Anwen­dung bei sol­chen neu­ro­pa­thi­schen Schmer­zen durch MS zuge­las­sen. Ob es in Euro­pa auf den Markt kommt, ist aller­dings frag­lich. Eini­ge Stu­di­en konn­ten auch bei Schmer­zen, wie sie nach Ope­ra­tio­nen auf­tre­ten, eine schmerz­lin­der­de Wir­kung (“post­ope­ra­ti­ve Anal­ge­sie”) von Hanf­wirk­stof­fen zei­gen. Ähn­li­ches gilt für rheu­ma­be­ding­te Schmer­zen, deren Stan­dard­the­ra­pie (“nicht-ste­ro­ida­le Analge­ti­ka – NSAR) erheb­li­che Neben­wir­kun­gen mit sich bringt oder Migräne.

Krampf­lö­sung Can­na­bi­no­ide haben krampf­lö­sen­de Eigen­schaft (“Spas­mo­ly­se”), kön­nen des­halb bei Krank­hei­ten sinn­voll sein, die mit dau­er­haft erhöh­ter Mus­kel­span­nung (“Spas­tik”) ein­her­ge­hen. Eine hier­von ist die fort­ge­schrit­te­ne MS, bei der Can­na­bi­no­ide den Mus­kel­to­nus nor­ma­li­sie­ren hel­fen und zu einer Ver­län­ge­rung der mög­li­chen Geh­stre­cke bei­tra­gen. Stu­di­en im Ver­gleich zu ande­ren spas­mo­ly­ti­schen Wirk­stof­fen lie­gen jedoch noch nicht vor. Auch beim Tour­et­te-Syn­drom, das mit plötz­li­chen, unwill­kür­li­chen Mus­kel­zu­ckun­gen ein­her­geht, konn­te in eini­gen Stu­di­en eine Beschwer­de­bes­se­rung durch Can­na­bi­no­ide erreicht werden.

Appe­tit­lo­sig­keit Bei zahl­rei­chen Erkran­kun­gen könn­te die Stei­ge­rung des Appe­tits zu einer Ver­bes­se­rung des All­ge­mein­zu­stan­des füh­ren, bei­spiels­wei­se bei Aids, bei Tumor­er­kran­kun­gen oder Ess-Stö­run­gen. Obwohl Can­na­bi­no­ide tat­säch­lich den Appe­tit stei­gern kön­nen, hängt dies erheb­lich von der jewei­li­gen Grund­krank­heit ab. Ein ein­heit­li­ches The­ra­pie­kon­zept ist der­zeit noch nicht erarbeitet.

Erbre­chen Moder­ne schul­me­di­zi­ni­sche Krebs­be­hand­lun­gen, vor allem Strah­len- oder Che­mo­the­ra­pien, haben aus­ge­präg­te Neben­wir­kun­gen: Übel­keit, Brech­reiz und Erbre­chen ste­hen von der Beschwer­de­stär­ke im Vor­der­grund. Can­na­bi­no­ide haben gut beleg­te anti­eme­ti­sche Wir­kun­gen, kön­nen also das Erbre­chen lin­dern. Neben­wir­kun­gen könn­ten den The­ra­pie­er­folg – wie bei ande­ren gut wirk­sa­men Anti­eme­ti­ka – jedoch einschränken.

Abwehr­sys­tem Can­na­bi­no­ide beein­flus­sen fast alle Immun­funk­tio­nen des Kör­pers. Stu­di­en, die die über­schies­sen­de Immun­re­ak­tio­nen bei Mul­ti­pler Skle­ro­se mit Can­na­bi­no­iden unter­drü­cken soll­ten, um das Fort­schrei­ten der Erkran­kung zu ver­hin­dern, konn­ten jedoch kei­ne the­ra­peu­ti­schen Wir­kun­gen zei­gen. Hoff­nun­gen wer­den auch auf Wir­kun­gen bei Rheu­ma, chro­nisch-ent­zünd­li­chen Darm­er­kran­kun­gen, Arte­ri­en­ver­kal­kung, all­er­gi­schem Asth­ma oder Dia­be­tes Typ I gelegt.

Angst­krank­heit Can­na­bi­no­ide haben angst­lö­sen­de Eigen­schaf­ten, sowohl in Tier- als auch Men­schen­ver­su­chen. Aller­dings müss­ten Stu­di­en durch­ge­führt wer­den, die die­se Effek­te mit ande­ren, ein­ge­führ­ten Wirk­stof­fen vergleicht.

Asth­ma Wie Tabak hat auch Can­na­bis eine ent­span­nen­de Wir­kung auf die Bron­chi­al-Mus­keln, die bei Asth­ma ver­krampft sind.

Grü­ner Star (Glau­kom) Das Glau­kom ist eine der wich­tigs­ten Ursa­chen für Erblin­dung bei uns. Can­na­bi­no­ide kön­nen, aller­dings nicht regel­mä­ßig, den krank­haft erhöh­ten Augen­druck ver­rin­gern. Des­halb sind wirk­sa­me­rer Wirk­stof­fe vorzuziehen.

Resümee

Vie­le der in den letz­ten Jah­ren vor­ge­leg­ten Stu­di­en zur medi­zi­ni­schen Wir­kung von Can­na­bi­no­iden genü­gen nicht den akzep­tier­ten wis­sen­schaft­li­chen Stan­dards. Aus­ser einer For­schungs­gel­der ver­brau­chen­den Aka­de­mi­ker-Beschäf­ti­gung auf dem Rücken von schwer­kran­ken Pati­en­ten und ohne jede Chan­ce auf abseh­ba­re Pro­dukt­ein­füh­run­gen ist die moder­ne Can­na­bi­no­id-For­schung in eine Sack­gas­se gera­ten. Wesent­lich aus­sichts­rei­cher ist die Erfor­schung des Endo­can­na­bi­no­id-Sys­tems. Also der Ver­such, das Sys­tem selbst zu ver­ste­hen, anstatt Can­na­bi­no­ide zu lega­li­sie­ren. Und – sofern das Ver­ständ­nis schon soweit reicht – the­ra­peu­tisch ein­zu­grei­fen. Aktu­ell geschieht dies zum Bei­spiel mit dem Wirk­stoff Rimo­n­a­bant, der das EC-Sys­tem selek­tiv blo­ckie­ren kann. Es wird gehofft, dass auf die­se Wei­se Über­ge­wicht und exzes­si­ve Nah­rungs­auf­nah­me ver­rin­gert und the­ra­peu­tisch zur Sen­kung des Kör­per­ge­wichts bei­getra­gen wer­den kann.

Mehr:

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Autorin
• Mari­on Kaden, natür­lich leben (2007).
Quel­len
1. Robin­son R: The Gre­at Book of Hemp. Park Street Press, 1996.
2. Pierer’s Uni­ver­sal­le­xi­kon, 4. Auf­la­ge, DVD-ROM-Aus­­­ga­­be, Neu­satz und Fak­si­mi­le, Direct­me­dia Ber­lin 2005
3. “Im 18./19. Jahr­hun­dert wur­de als Knas­ter auch die Blü­ten des zur Her­stel­lung von Fasern (Hanf­sei­le) gebräuch­li­chen Nutz­hanf bezeich­net. Die­se Blü­ten wur­den in der Pfei­fe geraucht. Die in dem Blü­ten­stand vor­han­de­nen Samen­kör­ner plat­zen beim Ver­bren­nen und erzeu­gen ein knis­tern­des Geräusch – vom Wort knis­tern lässt sich so das Wort Knas­ter her­lei­ten” (Wiki­pe­dia, deutsch, 2007).
4. Joy JE, Wat­son SJ, Ben­son JA (Hrsg.; Insti­tu­te of Medi­ci­ne, Divi­si­on of Neu­ro­sci­ence and Beha­vi­oral Health): Mari­jua­na and Medi­ci­ne: Asses­sing the Sci­ence Base. Natio­nal Aca­de­my Press, Washing­ton, 1999 (Voll­text).
5. Tho­ma­si­us R, Peter­sen KU, Küst­ner U, Wart­berg L, Zeich­ner D (2004): Can­na­bis als Medi­ka­ment – eine Nut­­zen/­Ri­­si­­ko-Abwä­­gung. Blut­al­ko­hol; 41: 383–400 (Voll­text).
wei­te­re Infos
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