Ger­hard Mad­aus: Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heil­mit­tel. Ver­lag Georg Thie­me, Leip­zig, 1938
(Ori­gi­nal, voll­stän­dig erhal­ten) – bei eBay zu ver­kau­fenRezen­si­on 1938, Archiv der Pharmazie

Absinthium – Seite 4 von 4 – Monographie Madaus

Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heilmittel
Mono­gra­phie Absinthi­um (Sei­te 4 von 4)
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Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Absinthi­um wird ver­ord­net als Sto­ma­chi­kum bei dys­pep­ti­schen Zuständen und gestörter Azidität (Hyper- und Hypoazidität), sowie bei Gal­len- und Leber­lei­den. Sehr ein­drucks­voll ist die Wir­kung bei üblem Mund­ge­ruch und üblem Geruch der Fäkalien. Wie auch Kneipp betont, wirkt er in die­ser Bezie­hung vor­treff­lich. Bei üblem Mund­ge­ruch genügt auch schon Gur­geln mit Wer­mut­ab­ko­chun­gen. Wei­ter wer­den gute Resul­ta­te beob­ach­tet bei Appe­tit­lo­sig­keit, Fla­tu­lenz, Pyro­sis, Blut­ar­mut, Enteri­tis und Ikte­rus. In ver­ein­zel­ten Fällen wird Wer­mut auch bei Ulcus ven­tri­cu­li et duo­deni und Ca. ven­tri­cu­li gege­ben, doch ist bei die­sen Indi­ka­tio­nen Vor­sicht am Plat­ze. Sehr bekömmlich ist das Mit­tel für Pati­en­ten mit ope­ra­tiv ent­fern­ter Gal­len­bla­se (Verf.) In “Teep”-Form hebt es die Ener­gie, schafft Lebens­freu­de und Arbeits­lust. Recht häufig ist auch sei­ne Ver­wen­dung gegen Maden­wür­mer (sel­te­ner gegen Spul­wür­mer). Schließlich wirkt es auch bei nervös beding­ter Erschöpfung, bei Schlaf­lo­sig­keit, Deli­ri­en und inter­mit­tie­ren­dem Fieber.
Äußerlich wird Absinthi­um gele­gent­lich als Augen­was­ser und zu Umschlägen gegen Schlaf­lo­sig­keit angewendet.
Absinthi­um wird viel als Tee ver­ord­net, und zwar oft im Gemisch u. a. mit Cala­mus, Cen­tau­ri­um, Cha­mo­mil­la, Con­du­ran­go, Foe­ni­cu­lum, Gen­ti­a­na, Men­tha pip., Men­yan­thes und Salvia.
Als Wech­sel­mit­tel bei Wurm­be­schwer­den wer­den genannt: Cina und Spigelia.

Angewandter Pflanzenteil:

Seit dem Alter­tum sind in der Medi­zin immer die blühen­den Spit­zen und Blätter benutzt worden.
Her­ba Absinthii ist in Deutsch­land, Österreich, Bel­gi­en, Dänemark, Schweiz, Japan, Nor­we­gen, Rußland, Schwe­den offizinell.
Zur Berei­tung der wirk­sa­men Präparate eig­nen sich die fri­schen, jun­gen, im Juli und August gesam­mel­ten Blätter und Blü­ten, aus denen auch das “Teep” her­ge­stellt wird. Die homöopathische Essenz wird eben­so berei­tet (§ 3).

Dosierung:

Übliche Dosis:
40–60 Trop­fen der Tink­tur (Rost-Klem­pe­rer);
30–40 Trop­fen (Paul­sen);
20–30 Trop­fen (Loeben);
1 Teelöffel voll (= 1,5 g) täglich zum kal­ten Aus­zug oder heißen Infus.
(Bohn emp­fiehlt 10–20 g als tägliche Aufgußmenge, doch ist das ent­schie­den zu hoch.)
2 Tablet­ten der Frisch­pflan­zen­ver­rei­bung “Teep” drei­mal täglich.
(Die “Teep”-Zubereitung ist auf 10% Pflan­zen­sub­stanz ein­ge­stellt, d. h. 1 Tablet­te enthält 0,025 g Hb. Absinthii.)
In der Homöopathie:
wenig gebräuchlich, dil. D 2–4, drei­mal täglich 10 Tropfen.
Maxi­mal­do­sis:
Nicht fest­ge­setzt.

Rezepte:

Bei Magenschwäche:
Rp.:
Hb. Absinthii conc.
50
(= Wer­mut­kraut)
D.s.: ½ Teelöffel auf 1 Tee­glas kalt anset­zen und 8 Stun­den zie­hen las­sen, tags­Ã¼­ber trin­ken36.
Rezep­tur­preis ad chart. et c. sign. etwa-.52 RM.
Bei Fla­tu­lenz, Ruc­tus und Schlaf­lo­sig­keit als Kräutersäckchen (nach Wittich):
Rp.:
Hb. Absinthii
(= Wer­mut­kraut)
Flor. Cha­mo­mil­lae
(= Kamil­len­blü­ten)
Hb. Rutae
(= Rau­ten­kraut)
Hb. Majo­ranae
āā 20
(= Majo­rankraut)
D.s.: Die getrock­ne­ten Kräuter in ein Säckchen bin­den, erwärmen und auf den Magen auflegen.
Rezep­tur­preis ad chart. etwa 1.07 RM.
Als Ant­hel­m­in­ti­kum (nach Meyer):
Rp.:
Flor. Cha­mo­mil­lae
(= Kamil­len­blü­ten)
Fol. Sen­nae
āā 10
(= Sennesblätter)
Flor. Tanace­ti
20
(= Rain­farn­blü­ten)
Hb. Absinthii
60
(= Wer­mut­kraut)
M.f. spe­ci­es.
D.s.: 1 Eßlöffel auf 1 Tas­se Was­ser abkochen.
Früh und abends ½ Tas­se warm trinken.
Rezep­tur­preis ad chart. etwa 1.17 RM.
Spe­ci­es cho­lagogae (F.M.B.):
Rp.:
Fol. Menth. piperit.
(= Pfefferminzblätter)
Herb. Absinthii
(= Wer­mut­kraut)
Herb. Mil­le­fo­lii
(= Schaf­gar­ben­kraut)
Rad. Tar­a­xa­ci
(= Löwenzahnwurzel)
Rhiz. Zedo­ariae
āā ad 100 
(= Zit­wer­wur­zel)
M.d.s.: 1 Eßlöffel voll auf eine Tas­se Tee.
Zube­rei­tungs­vor­schlag des Verfassers:
2 Teelöffel voll auf 1 Glas Was­ser abends kalt anset­zen und tags­Ã¼­ber kalt trinken.
Als Wurmklis­tier (nach Friedrich):
Rp.:
Hb. Absinthii conc.
25
(= Wer­mut­kraut)
D.s.: Als Infus zu einem Klis­tier zu verwenden.
Rezep­tur­preis ad chart. et c. sign. etwa -.25 RM.
Als Sto­ma­chi­kum (nach Meyer):
Rp.:
Hb. Car­dui benedicti
(= Kardobe­ne­dik­ten­kraut)
Hb. Absinthii
(= Wer­mut­kraut)
Hb. Cen­tau­rii
(= Tau­send­gül­den­kraut)
Hb. Vin­cae min.
āā 25
(= Immer­grün­kraut)
C.m.f. spe­ci­es.
D.s.: ½ Teelöffel auf 1 Tas­se aufgießen, schluck­wei­se 1 Tas­se vor dem Essen trinken.
Zube­rei­tungs­vor­schlag des Verfassers:
½ Teelöffel auf 1 Glas Was­ser, vgl. Zube­rei­tung von Tee­mi­schun­gen S. 291.
Rezep­tur­preis ad chart. etwa 1.03 RM.
Oder:
Spe­ci­es ama­rae (Aus­tr.):
Rp.:
Hb. Absinthii
(= Wer­mut­kraut)
Hb. Cen­tau­rii
(= Tau­send­gül­den­kraut)
Fla­vedin. Cort. Aurant.
āā 20
(= äußere, gel­be Pomeranzenschalen)
Fol. Trif­o­lii
(= Fieberkleeblätter)
Rhiz. Cala­mi
āā 10
(= Kal­mus­wur­zel­stock)
Rad. Gen­ti­a­nae
(= Enzi­an­wur­zel)
Cort. Cass. cinnam.
āā 5
(= Cas­sia­zimt­rin­de)
C.m.f. spe­ci­es.
D.s.: ½ Teelöffel auf 1 Glas Wasser.
Vgl. Zube­rei­tung von Tee­mi­schun­gen S. 291.
Rezep­tur­preis ad chart. etwa 1.18 RM.
Oder:
Tinc­tu­ra Absinthii com­po­si­ta (Aus­tr.):
Rp.:
Hb. Absinthii
10
Cort. Aurant.
4
Rhiz. Cala­mi Rad. Gentianae
āā 2
Cort. Cin­na­mo­mi
1
Spi­ri­tus dilut.
100
D.s.: 20 Trop­fen mehr­mals tägl.

Fußnoten:

1 Fuchs, Hip­po­kra­tes Sämtl. Wer­ke, Bd. 2, S. 469, 544, Bd. 3, S. 332, 354, 390, 460, 493, 585, 610.

2 Fuchs, Hip­po­kra­tes Sämtl. Wer­ke, Bd. 2, S. 469, 544, Bd. 3, S. 332, 354, 390, 460, 493, 585, 610.

3 Der Äbt. Hil­de­gard Cau­sae et Curae, S. 163, 169, 180.

4 Para­cel­sus Sämtl. Wer­ke, Bd. 1, S. 680, 864, Bd. 3, S. 458, 469, 534

5 Loni­ce­rus, Kreu­ter­buch, 1564, S. 229 D.

6 Mat­thio­lus, New-Kreu­ter­buch, 1626, S. 233.

7 Wein­mann, Phytan­tho­za ico­no­gra­phia. Bd. 1, S. 6, Regens­burg 1737.

8 Hecker, pract. Arz­nei­mit­tell., 1814, Bd. 1, S. 279.

9 Hufe­land, Enchir. med., S. 146, 163, 198, 220, 258, 403, 404; Jour­nal, Bd. 1, S. 148, 149.

10 Kort­um, i. Hufe­lands Journ., Bd. 15, III., S. 15.

11 Hel­ler, i. Hufe­lands Journ., Bd. 27, IV., S. 36.

12 Osi­an­der, Volks­arz­ney­mit­tel, S. 47, 113, 185, 189, 192, 226, 355.

13 Cla­rus, Handb. d. spec. Arz­nei­mit­tell., 1860, S. 1086.

14 Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arz­nei­pfl., S. 247.

15 Künz­le, “Sal­via” 1922, S. 31, 50.

16 Pot­ter, Mate­ria medi­ca 1898, S. 66.

17 W. Demit­sch, in His­tor. Stu­di­en aus d. Pharm. Ins­tit. d. Uni­vers. Dor­pat, S. 179, Hal­le 1889 her­aus­ge­ge­ben von R. Kobert.

18 Wizen­mann, Hei­lung und Hei­li­gung, Bd. 4, S. 1414, 1930.

19 Lorenz, Der Haust­hier­arzt, S. 609.

20 C. B. Inver­ni, Pian­te medi­ci­na­le, Bolo­gna 1933.

21 H. Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 33, Paris 1927.

22 Bohn, Heil­wer­te heim. Pfl., 1920, S. 76.

23 Lewin, Gif­te u. Ver­gif­tun­gen, S. 758, Stutt­gart 1929.

24 Michel­son, i. Füh­ners Samlg. v. Vergiftungsfällen, 1934, Nr. 5, S. A 17.

25 Flamm, Hip­po­kra­tes 1935, Nr. 23, S. 867.

26 Lewin, Neben­wir­kun­gen d. Arz­nei­mit­tel, S. 621.

27 Weh­mer, Die Pflan­zen­stof­fe, S. 1245.

28 Geßner, Die Gift- u. Arz­nei­pflan­zen Mit­tel­eu­ro­pas, S. 204.

29 Kobert, Lehrb. d. Into­xik., S. 391; Bohm, Dis­sert. Hal­le 1879.

30 Coombs, Mor­tis u. Pike, Bull. neur. Inst. New York 1931, Bd. 1, S. 145.

31 Vgl. 22).

32 Roux, Bull. gén. de Thérap. 1884, Nov. 30., S. 438.

33 Vgl. 22).

34 Pater, Heil- u. Gewürz­pflan­zen 1934, Bd. 16, Lfg. ½, S. 59.

35 Nach eige­nen Untersuchungen.

36 Tee­zu­be­rei­tung für den ein­fa­chen Tee:Der im Verhältnis 1:10 heiß berei­te­te Tee ergibt einen Extrakt­ge­halt von 2,17% gegen­Ã¼­ber 1,92% bei kal­ter Zube­rei­tung. Die Glührückstände betra­gen ent­spre­chend 0,51 und 0,48%. Nur in der kal­ten Zube­rei­tung ist Per­oxy­da­se nach­zu­wei­sen. Geschmack­lich ist zwi­schen bei­den Zube­rei­tun­gen kein Unter­schied fest­zu­stel­len. 1 Teelöffel voll wiegt 1,46 g. Für einen trink­ba­ren Tee kann man höchstens ½ Teelöffel voll auf ein Tee­glas ver­wen­den. Da auch die­ser Tee noch stark genug ist, kann die Zube­rei­tung sowohl kalt als heiß erfolgen.