Ger­hard Mad­aus: Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heil­mit­tel. Ver­lag Georg Thie­me, Leip­zig, 1938
(Ori­gi­nal, voll­stän­dig erhal­ten) – bei eBay zu ver­kau­fenRezen­si­on 1938, Archiv der Pharmazie

Oenanthe crocata – Seite 3 von 4 – Monographie Madaus

Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heilmittel
Mono­gra­phie Oen­an­the cro­ca­ta (Sei­te 3 von 4)
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Wirkung

Mat­thio­lus1 schreibt den Wur­zeln der Oen­an­the-Arten hus­ten­lin­dern­de und stein­trei­ben­de Kraft und Wir­kung gegen Harn­win­de und Enure­sis zu.
Das Infus der Blät­ter und der Saft wur­den nach Bent­ley und Tri­men2 erfolg­reich zur Behand­lung von Icht­h­y­o­sis, Lepra und ande­ren hart­nä­cki­gen Der­ma­topa­thien ange­wandt. Die Wur­zeln dien­ten zu Brei­um­schlä­gen bei Nagel­ge­schwü­ren. Wei­ter wird berich­tet, daß Hope aus Edin­burgh das Blät­ter­in­fus mit gutem Resul­tat als Emme­nago­gum verordnete.
Auch Pul­te­ney3 berich­tet von einem Fall von lang­jäh­ri­ger, hart­nä­cki­ger Haut­er­kran­kung, der durch Oen­an­the voll­kom­men geheilt wurde.
Nach Taup4, der sei­ne Berich­te durch zwei Anfalls­kur­ven erhär­tet, wirkt Oen­an­the croc. auf die Anfalls­be­reit­schaft bei Epi­lep­sie ein und setz­te die Zahl der Anfäl­le bedeu­tend her­ab. – In einem Fal­le von vege­ta­ti­ver Neu­ro­se mit curare­ar­ti­gen Sen­sa­tio­nen, vom Magen empor­stei­gend, fiel die Puls­zahl, die bis dahin auf 140 bis 170 in der Minu­te ste­hen blieb, nach Oen­an­the-Medi­ka­ti­on prompt auf 80–90.
In der homöo­pa­thi­schen Lite­ra­tur5 wird sie bei Menin­gi­tis sero­sa, Apo­ple­xie, Epi­lep­sie mit krampf­haf­tem Zucken der Gesichts­mus­keln (Stauf­fer hat­te hier aller­dings kei­nen Erfolg) genannt.
Bei Ver­gif­tung mit Oen­an­the cro­ca­ta kommt es zur Ent­zün­dung und Bla­sen­bil­dung im Mun­de und ent­zünd­li­cher Rei­zung des Ver­dau­ungs­trak­tus, Ver­ti­go, Koma und stun­den­lang anhal­ten­den Krämp­fen mit blu­ti­gem Schaum vor dem Mun­de und Mydria­sis6. Auch Steif­heit und Krämp­fe der Bei­ne und epi­lep­ti­for­me Krämp­fe des gan­zen Kör­pers wur­den beob­ach­tet7. Cha­rak­te­ris­tisch soll dabei die grün­li­che Gesichts­far­be der Erkrank­ten sein8. Häu­fig beginnt die Ver­gif­tung plötz­lich; die Ver­gif­te­ten stür­zen unter Auf­schrei­en zu Boden, erbre­chen und wer­den bewußt­los. In ande­ren Fäl­len gehen Bren­nen in Mund und obe­ren Atem­we­gen, Schwä­che­ge­fühl, Schwin­del, Unru­he, Mus­kel­zit­tern und Käl­te­ge­fühl vor­aus. Bei Tie­ren tre­ten Sto­ma­ti­tis, Kolik, Diar­rhöe und all­ge­mei­ne Läh­mun­gen auf9, im Ver­dau­ungs­schlauch zei­gen sich bla­sen­bil­den­de Schleim­haut­ent­zün­dun­gen, Blut­ergüs­se und Ulzer­a­tio­nen. Cha­rak­te­ris­tisch war bei Tier­ver­gif­tun­gen auch das plötz­li­che Hin­stür­zen10. Bei Mäu­sen, Meer­schwein­chen, Rat­ten und Hun­den wur­den star­ke Reiz­wir­kun­gen bei per­ku­ta­ner und sub­ku­ta­ner Gabe fest­ge­stellt; meist kam es zur Ent­ste­hung von Nekro­sen, die nach eini­ger Zeit abheil­ten11.
Die­se Ver­gif­tun­gen sind bedingt durch das im Wur­zel­stock ent­hal­te­ne Oen­an­the­to­xin, einem Ver­tre­ter der außer­or­dent­lich schwe­ren, krampfer­re­gen­den Gif­te der Pikro­to­xin­grup­pe12. Die ein­hei­mi­sche röh­ri­ge Reben­dol­de ent­hält die glei­che Sub­stanz in gerin­ge­rer Men­ge13.
Nach Lewin14 ist die Gif­tig­keit von Oen­an­the cro­ca­ta sogar noch grö­ßer als die von Coni­um maculatum.
Bei Unter­su­chun­gen über Toxin­ge­halt wur­den in Oen­an­the cro­ca­ta sehr gerin­ge Men­gen von aus­fäll­ba­rem Eiweiß von star­ker Gif­tig­keit gefun­den15.
Im Wur­zel­stock wur­den fer­ner u. a. gefun­den: Man­nit, äthe­ri­sches Öl und Pec­tin­säu­re16.