Lehrbuch der biologischen Heilmittel
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Ratanhia wird peroral und lokal (Pinselungen, Suppositorien) gern bei Fissurae ani und Hämorrhoiden mit stechenden Schmerzen und Brennen im Mastdarm angewandt. Bei Hämorrhoidalleiden werden als Wechselmittel Collinsonia, Hamamelis und Aesculus hippocastanum empfohlen.
Sehr beliebt ist das Mittel auch zu Gurgelungen und Pinselungen bei Erkrankungen im Bereich der Mund- und Rachenhöhle, wie Gingivitis, Odontalgie, Paradentose, Stomakake, Stomatitis simplex et ulcerosa, Zungenrhagaden und ‑tuberkulose, Pharyngitis (30 Tropfen der Tinktur auf 1 Glas Wasser zum Gurgeln) und Angina. Ebenso leistet es gute Dienste bei Wundentzündung, Pruritus (äuÃerlich mit Tinktur einreiben) und Pterygium oculi.
Schematische Darstellung der Häufigkeit der Anwendung von:
In seiner adstringierenden Eigenschaft findet es innerlich Anwendung bei Hämorrhagien (Epistaxis, Nieren- und Harnröhrenblutungen, Zahnfleischblutungen), bei blutigen Diarrhöen, Enteritis, Gastritis (hier nach Romming, Fürth, Tct. Opii und Tct. Ratanhiae ÄÄ 10–20 Tropfen drei- bis fünfmal täglich in Eichenrindenabkochung) und Fluor albus. Grafe, Würzburg, gibt die Tinktur gegen Bronchitis. Des weiteren werden Dyspepsie, Muskel- und Blasenkrämpfe, Konvulsionen und Neuralgie, insbesondere Trigeminusneuralgie des 2. und 3. Astes (im Wechsel mit Gelsemium) als Indikationen genannt.
Angewandter Pflanzenteil:
Als Droge gilt allgemein Radix Ratanhiae. Nach Thoms und Hager sind es die Wurzeläste, die verwendet werden.
Auch das HAB. läÃt die Tinktur aus der getrockneten Wurzel bereiten (§ 4). Solange noch keine frischen Wurzeln in genügender Menge zur Verfügung stehen, wird auch das “Teep” aus der getrockneten Wurzel gewonnen. Radix Ratanhiae ist offizinell in allen Staaten, auÃer den Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Dosierung:
Ãbliche Dosis:
20–25 Tropfen der Tinktur (Hager);
0,5–1,5 g des Pulvers (Hager).
1 Tablette der Pflanzenverreibung “Teep” dreimal täglich.
(Die “Teep”-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Rad. Ratanhiae.)
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Bei Diarrhöen und Blutungen:
Rp.:
(= Ratanhiawurzel)
D.s.: 1 Teelöffel voll auf 1 Glas Wasser, heià ansetzen, 20 Minuten ziehen lassen und tagsüber trinken.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.57 RM.
Bei Darmkatarrh (nach Klemperer-Rost):
Rp.:
Dec. rad. Ratanhiae (10,0)
200
Tinct. aromaticae acidae
10
M.d.s.: 1–2stündlich 1 EÃlöffel voll.
Rezepturpreis ad chart. etwa 1.94 RM.
Bei Zahnfleischentzündungen (nach Romming mod. v. Verf.):
Rp.:
Tinct. Ratanhiae
M.d.s.: Zum Einpinseln, dazu abwechselnd Staubzucker in den Mund einführen.
Rezepturpreis etwa -.82 RM.
Bei Fluor albus (nach Ulrich):
Rp.:
Rad. Ratanhiae
(= Ratanhiawurzel)
Cort. Chinae
(= Chinarinde)
Cort. Quercus
(= Eichenrinde)
Hb. Equiseti
(= Schachtelhalmkraut)
Hb. Violae tric.
(= Stiefmütterchenkraut)
Fol. Juglandis regiae
(= WalnuÃblätter)
Flor. Lavandulae
ÄÄ 10
(= Lavendelblüten)
M.f. species.
D.s.: 2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser,
vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa 1.30 RM.
Bei Hämorrhoiden und Fissurae ani: Suppositoria cum Extracto Ratanhiae:
Rp.:
Extr. Ratanhiae sicc. pulv.
0,25
M.f. suppos. D t. d. X.
D.s.: Stuhlzäpfchen.
Rezepturpreis ad scat. etwa 2.28 RM.
Fußnoten:
1 Wasicky, Lehrb. d. Physiopharm., S. 271.
2 Wehmer, Die Pflanzenstoffe, S. 507.
3 Hufeland, Enchir. med., S. 239, 245, 280, 289, 434.
4 Hager, Handb. d. pharm. Praxis, Bd. II, S. 552.
5 Klemperer-Rost, Arzneiverordnungslehre, S. 594, Berlin 1929.
6 Marfori-Bachem, Lehrb. d. klin. Pharm., S. 228, Leipzig 1928.
7 Schmidt, Lehrb. d. hom. Arzneimittell., S. 267.
8 Hughes-Donner, Einf. i. d. hom. Arzneimittell., S. 182.
9 Vollmer, Münchn. med. Wschr. 1935, S. 1118.
10 Lewith u. Langecker, Dermat. Wschr. 1930, S. 477
11 Teezubereitung:
Der Extraktgehalt des heià im Verhältnis 1 : 20 angesetzten Tees beträgt 0,6% gegenüber 0,3% bei kalter Zubereitung. Der Aschengehalt der Extrakte ist sehr klein und beträgt bei heiÃer Zubereitung 0,01% und bei kalter Zubereitung 0,02%. Die Peroxydasereaktion ist in beiden Zubereitungen negativ. Die kalte Zubereitung ist schwächer adstringierend und von hellerer Farbe als die heiÃe Zubereitung. Ein Ansatz 1 : 50 ist noch trinkbar. 1 Teelöffel voll wiegt 2,2 g. Es!X! em!X!fiehlt sich, den Tee heià zu bereiten.