Revolution in der Homöopathie? Wirkungsnachweis mit Gen-Chips!

Florenz/​Berlin. Wie natur­me­di­zi­ni­sche The­ra­peu­ti­ka im Kör­per wir­ken, selbst wenn sie wie die DHU-Bicom­ple­xe stark ver­dünnt sind, wur­de bis vor kur­zem nur hypo­the­tisch beant­wor­tet und oft sehr abstrus (Bei­spiel „Was­ser-Gedächt­nis“). Mit Mit­teln der moder­nen Mole­ku­lar­ge­ne­tik wur­de jetzt gezeigt, dass auch homöo­pa­thi­sche poten­zier­te Arz­nei­mit­tel nach­weis­ba­re, repro­du­zier­ba­re Reak­tio­nen im Orga­nis­mus aus­lö­sen. Den For­schun­gen ita­lie­ni­scher Wis­sen­schaft­lern zufol­ge ver­än­dern poten­zier­te Arz­nei­mit­tel näm­lich die Gen­ex­pres­si­on im Zell­kern, wodurch sich das Mus­ter der im Kör­per von Zel­len gebil­de­ten Funk­ti­ons­ei­wei­ße ändert [1].

Hormesis und die Heilwirkung kleiner Reize

Bereits der mit­tel­al­ter­li­che Arzt, Alche­mist und Phi­lo­soph Theo­phras­tus Aureo­lus Bom­bas­tus von Hohen­heim („Para­cel­sus“, 1493–1541) stell­te fest: „Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist“ („Dosis facit venen­um“). Eini­ge Jahr­hun­der­te spä­ter mach­te der Arzt und Apo­the­ker und Begrün­der der Homöo­pa­thie, Samu­el Hah­ne­mann (1755–1843), auf die über­ra­gen­de Bedeu­tung nied­ri­ger Arz­nei­mit­tel-Dosie­run­gen bei der Hei­lung von Krank­hei­ten auf­merk­sam, als er die homöo­pa­thi­sche „Poten­zie­rung“ ent­wi­ckel­te. Das ist ein stu­fen­wei­se-rhyth­mi­sches Ver­dün­nungs­ver­fah­ren, bei dem oft­mals vom Aus­gangs­stoff eines Arz­nei­mit­tels nur noch gerings­te Spu­ren übrig­blei­ben. Der in Bonn leh­ren­de Phy­sio­lo­ge Prof. Dr. Edu­ard Fried­rich Wil­helm Pflü­ger (1829–1910) for­mu­lier­te schließ­lich sein „Grund­ge­setz“: „Klei­ne Rei­ze regen die Lebens­tä­tig­keit an, mit­tel­star­ke kön­nen sie hem­men und sehr star­ke heben sie auf“. Die­ses Pflüger’sche Grund­ge­setz, auch als „Hor­me­sis“ bezeich­net, beschreibt die heil­sa­men Effek­te natur­me­di­zi­ni­scher Reiz­the­ra­pien: In hohen Dosie­run­gen kön­nen vie­le Arz­nei­stof­fe ohne Fra­ge irgend­wann töd­lich wir­ken. In sehr klei­nen Dosie­run­gen hin­ge­gen, so Pflü­ger, regen sie die Lebens­tä­tig­keit an.

DNA-Chip-Technologie

Die Mög­lich­kei­ten der Mole­ku­lar­ge­ne­tik haben in den letz­ten 15 Jah­ren explo­siv zuge­nom­men (Haupt­mo­tor war das „Human Geno­me Pro­ject“ (→ Wiki­pe­dia) zur kom­plet­ten Kar­tie­rung des mensch­li­chen Erb­gu­tes). Mit Hil­fe der DNA-Chip-Tech­no­lo­gie sind heu­te rund hun­dert­tau­send Gene ein­fach, kos­ten­güns­tig und schnell zu cha­rak­te­ri­sie­ren. Unter­su­chun­gen im Zeit­ver­lauf spie­geln hoch­ge­nau auch Ver­än­de­run­gen durch äuße­re Ein­flüs­se auf Zel­len oder Gewe­be wider. Und sie zei­gen, wel­che Gene zu wel­chen Zeit­punk­ten „ange­schal­tet“ (also an der Pro­duk­ti­on von Eiwei­ßen betei­ligt sind) oder deak­ti­viert sind. Genau sol­che „Chips“ haben die For­scher aus Flo­renz ver­wen­det, um Gen­ver­än­de­run­gen im Erb­gut von Zel­len nach­zu­wei­sen, die mit ver­schie­de­nen Homöo­pa­thi­ka (Cup­rum sulp­hu­ricum, Gel­se­mi­um sem­per­vi­rens, Apis mel­li­fi­ca) behan­delt wor­den waren.

Dass ihnen die­ser Nach­weis gelun­gen ist, haben sie nicht an die gro­ße Glo­cke gehängt, auch wenn sich vie­le homöo­pa­thi­sche Ärz­te dies wün­schen. Der Grund: Bereits in den 80er Jah­ren ver­such­te der heu­te umstrit­te­ne Medi­zi­ner und For­scher Prof. Dr. Jac­ques Ben­ve­nis­te (1935 ‑2004) mit „Auf­se­hen erre­gen­den Stu­di­en­ergeb­nis­sen“ die Wirk­sam­keit der Homöo­pa­thie zu „bewei­sen“ (2). Die Ergeb­nis­se konn­ten jedoch nach der Publi­ka­ti­on in dem hoch­ran­gi­gen Wis­sen­schafts­blatt „Natu­re“ nie­mals mehr wie­der­holt wer­den. Vor­sicht ist also ange­bracht, genau­so wie die Wie­der­ho­lung der Expe­ri­men­te aus Flo­renz durch ande­re Forschergruppen.

Den­noch: Wenn die The­ra­pie mit poten­zier­ten Homöo­pa­thi­ka wie den DHU-Bicom­ple­xen tat­säch­lich funk­tio­niert (wovon vie­le Anwen­de­rin­nen und Anwen­der berich­ten), dann müs­sen die ent­spre­chen­den Selbst­hei­lungs­vor­gän­ge mit der vor­ge­stell­ten Chip-Metho­de nach­weis­bar sein und zu Ver­än­de­run­gen der Gen­ex­pres­si­on füh­ren. Damit wür­de aus der Hypo­the­se der Hor­me­sis von Para­cel­sus eine Grund­ein­sicht in bio­lo­gi­sche Mecha­nis­men aller leben­den Organismen.

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Gesund­heits­be­ra­ter, Ber­lin, April 2015.
Quel­len
[1] Dei A, Ber­nar­di­ni S: Hor­me­tic effects of extre­me­ly diluted solu­ti­ons on gene expres­si­on. Home­opa­thy. 2015 Apr;104(2):116–122 (DOI | PMID).
[2] Dave­nas E, Beau­vais F, Ama­ra J, Ober­baum M, Robin­zon B, Mia­don­na A, Tede­schi A, Pome­ranz B, Fort­ner P, Belon P, et al.: Human bas­o­phil degra­nu­la­ti­on trig­ge­red by very dilute anti­se­rum against IgE. Natu­re. 1988 Jun 30;333(6176):816–8 (DOI | PMID).