Die Heilung der Schlaflosigkeit

Ein Trostbuch für Schlaflose und Nervöse

von
Dr. med. Kon­rad Grams
bio­che­mi­scher Arzt und Arzt für Seelenleiden

aus der Rei­he: Die bio­che­mi­sche Haus­bi­blio­thek Nr. 3
Regens­burg 1922
Engel­apo­the­ke Regensburg
J. Sonntag
Homöo­pa­thi­sches Medi­zi­nal- und Export­ge­schäft J. Sonn­tag. Ver­lags­buch­hand­lung. Regensburg.

Mei­ner Toch­ter Ilse gewidmet.
Dr. med. Kon­rad Grams.


Inhaltsverzeichnis:


An die große Gemeinde der Schlaflosen.

Ich gehör­te auch einst­mals der gro­ßen Gemein­de der Schlaf­lo­sen an; doch das ist schon sehr lan­ge her. Heu­te habe ich einen fes­ten, ruhi­gen und gesun­den Schlaf. Die­sen ruhi­gen Schlaf kannst du, lie­ber Schlaf­lo­ser, auch wie­der haben, wenn du willst. Ja, es gehört Wol­len und Kön­nen dazu, wie ich in den ein­zel­nen Kapi­teln die­ses Buches näher aus­ge­führt habe. Vie­le Pati­en­ten, die mich wegen der ver­schie­dens­ten See­len­lei­den auf­such­ten und deren größ­te Beschwer­de die Schlaf­lo­sig­keit war, konn­ten geheilt wer­den nach Besei­ti­gung der see­li­schen Hemmungen.

Ver­su­che, lie­ber Schlaf­lo­ser, nach den Anwei­sun­gen zu han­deln, du wirst dann den ersehn­ten Schlaf wie­der fin­den. Soll­te es dir trotz­dem nicht gelin­gen, so wen­de dich in dei­ner see­li­schen Not an einen Seelenarzt.

Mit dem Wun­sche, daß die­ses Büch­lein wirk­lich ein Trost­buch für Ner­vö­se und Schlaf­lo­se sein möch­te, über­ge­be ich es der Gemein­de der Schlaflosen.

Ber­lin NO 43, im Mai 1922.
Geor­gen­kirch­str. 46
Dr. med. Kon­rad Grams,
bio­che­mi­scher Arzt
und Arzt für Seelenleiden.


Allgemeines.

Schlaf­lo­sig­keit ist höchst sel­ten eine Krank­heit für sich, son­dern meist das Sym­ptom irgend einer ande­ren Krank­heit. Am häu­figs­ten jedoch ist die Schlaf­lo­sig­keit eine Begleit­erschei­nung der all­ge­mei­nen Ner­ven­schwä­che und ande­rer ner­vö­ser Lei­den. Die Behand­lung der Schlaf­lo­sig­keit erfor­dert nicht nur die genaue Kennt­nis der Ursa­chen, son­dern vor allein aber Geduld und Her­zens­gü­te des Behan­deln­den, vom Kran­ken aber unbe­ding­tes Ver­trau­en. Vie­le Schlaf­lo­se, bei denen die Ursa­che der Schlaf­lo­sig­keit im Geis­tes- und Gemüts­le­ben liegt, bedür­fen oft des Tros­tes, des Zuspru­ches, der Erhei­te­rung, der Stär­kung und Zuver­sicht. Nur der Arzt, der dem Schlaf­lo­sen nicht nur Arzt, son­dern auch Freund und Trös­ter ist, wird hier unge­ahn­te Erfol­ge erzielen.

In den fol­gen­den Blät­tern wer­de ich zei­gen, wie. leicht oft der Schlaf wie­der zu erzie­len ist, wenn anschei­nend alles ver­geb­lich war. Aber ärzt­li­che, haupt­säch­lich aber see­len­ärzt­li­che Bera­tung wird man bei einem anschei­nend so ein­fa­chen Lei­den, wie es die Schlaf­lo­sig­keit ist, nicht ent­beh­ren können.


Der gesunde Schlaf.

Der Schlaf ist jedem Lebe­we­sen ein Bedürf­nis. Denn in der Zeit des Wachens, der Tätig­keit ver­braucht das Gehirn und der Kör­per Kräf­te, aber wäh­rend des Schla­fes erholt sich das Gehirn wie­der, wel­ches bei gesun­dem Schla­fe voll­stän­dig untä­tig ist.

Drä­se­ke schreibt: „Der Schlaf ist Bele­ber jeder Kraft, Beloh­ner jeder Mühe, Besänf­ti­ger jedes Schmer­zes, und der Duld­er sucht Trost in sei­nen Armen. Im Schla­fe ist Ver­ges­sen­heit des Elends wie im Tode.“

Und Young ruft aus:

„O süßer Schlaf, bal­sa­mi­scher Erquicker
Der müden Schöp­fung, wie die Welt, besucht
Er wil­lig alle, die das Glück umlacht —
Ver­läßt das Elend, flat­tert schnell von Leiden
Auf sei­nem Flaum­ge­fie­der fort und senkt
Auf Wim­pern sich, die kei­ne Zäh­re trübt.“

Und was die­se und noch vie­le ande­re Dich­ter­stim­men am Schla­fe loben und prei­sen, das gewährt in der Tat die­ser Hei­ler aller Wun­den. Nichts bringt so her­un­ter wie schlaf­lo­se Näch­te, nichts erschöpft mehr wie Schla­fent­beh­rung. Davon weiß jeder Kran­ke zu erzäh­len, dar­über wüß­te ich selbst ein Lied zu sin­gen. Und solan­ge der Schlaf, der Schlum­mer den Kran­ken mei­det, so weit ist auch eine Gene­sung in die Fer­ne gerückt. Eine ein­zi­ge vom Schla­fe wohl­tä­tig umfan­ge­ne Nacht ist das beglü­cken­de Hoff­nungs­zei­chen, eine fro­he Aus­sicht auf die Wie­der­ge­win­nung der ver­lo­ren­ge­gan­ge­nen Gesund­heit. (Schmidt­bau­er, Angenheilkunde.)

Die phy­sio­lo­gi­sche Tätig­keit der Kör­per­zel­len, die Ver­ar­bei­tung der Nah­rungs­stof­fe, der Auf- und Abbau geht nur lang­sam vor sich, aber die psy­chi­sche Tätig­keit ruht. In die­ser Kör­per- und Geis­tes­ru­he wird dem Kör­per wie­der neue Kraft zuge­führt, damit er nach dem Erwa­chen sein Tage­werk mit Rüs­tig­keit fort­set­zen kann. Dar­um ist auch das Schla­fen in guter, sau­er­stoff­rei­cher Luft eine Not­wen­dig­keit. Hier­mit ist aber nicht gesagt, daß man nun auch im Win­ter bei stän­dig offe­nem Fens­ter schla­fen soll.

Das Schla­fen bei offe­nem Fens­ter ist wirk­lich gesund, kann aber auch unge­sund sein. Dar­um möge hier die Fra­ge erör­tert wer­den: „Wie sol­len wir es hal­ten mit dem Schla­fen beim offe­nen Fens­ter, damit wir stets rei­ne Luft atmen?“ Rei­ne, das heißt fri­sche Luft atmen wir nur, wenn die Lust bewegt ist. Eine stän­di­ge Luft­be­we­gung fin­det aber stets in unse­ren Zim­mern statt. Denn die Wän­de, Türen und Fens­ter sind porös, so daß die Luft hin­durch­drin­gen kann. Eine Luft­be­we­gung fin­det aber nur dann statt, wenn zwi­schen der Zim­mer­luft und der Drau­ßen­luft ein Tem­pe­ra­tur­un­ter­schied besteht.

Wür­den wir im Win­ter im unge­heiz­ten Zim­mer bei offe­nem Fens­ter schla­fen, so wür­de kein Tem­pe­ra­tur­un­ter­schied der Luft, mit­hin auch kei­ne Luft­be­we­gung und damit zusam­men­hän­gen­de Luft­er­neue­rung statt­fin­den. Aus die­sem Grun­de kann ich das Schla­fen bei offe­nem Fens­ter im Win­ter nicht anraten.

Wenn man sich auch im Bett, selbst in dem käl­tes­ten Schlaf­raum, nicht erkäl­tet, so kann man sich doch sehr leicht beim Auf­ste­hen mor­gens aus dem war­men Bett womög­lich noch mit schwit­zen­dem Kör­per eine gefähr­li­che Erkäl­tungs­krank­heit zuzie­hen. Es genügt voll­stän­dig, wenn im Win­ter das Schlaf­zim­mer kurz vor dem Schla­fen­ge­hen eine hal­be Stun­de gelüf­tet wird. Dage­gen soll­te im Som­mer das Fens­ter wäh­rend der gan­zen Nacht offen sein.


Wie lange soll der Schlaf dauern?

Es läßt sich hier­für kei­ne fes­te Norm ange­ben. Die Dau­er des Schla­fes rich­tet sich stets nach dem Alter und dem Schlaf­be­dürf­nis des ein­zel­nen. Säug­lin­ge ver­schla­fen fast den gan­zen Tag. Im all­ge­mei­nen sol­len Kin­der bis zu sie­ben Jah­ren auch am Tage schla­fen oder min­des­tens abends früh schla­fen gehen. Kin­der brau­chen natür­lich mehr Schlaf wie Erwach­se­ne, und doch habe ich in mei­ner Pra­xis über­ner­vö­se Kin­der ken­nen gelernt, die nachts einen sehr unru­hi­gen und kur­zen Schlaf hat­ten. In spä­te­ren Jah­ren kann man mit 7–9 Stun­den Schlaf aus­kom­men. Wer jedoch im höhe­ren Alter auch noch neben dem ruhi­gen Nacht­schlaf bei Tage eini­ge Stun­den schla­fen kann, der ist glück­lich zu schätzen.

Grö­ße­re kör­per­li­che und geis­ti­ge Anstren­gun­gen erfor­dern natür­lich mehr Schlaf, eben­so ist es mit geschwäch­ten und kran­ken Per­so­nen. Alle Mit­tel, die das Ein­schla­fen hin­dern, wie auf­re­gen­de Lek­tü­re, geis­ti­ge Geträn­ke, schwer ver­dau­li­che Spei­sen usw., sind kurz vor dem Schla­fen­ge­hen zu meiden.

Bei der Beur­tei­lung des Schlaf­be­dürf­nis­ses kommt nicht nur die Län­ge der Schlaf­zeit, son­dern auch beson­ders die Tie­fe des Schla­fes in Betracht. Bei anstren­gen­der kör­per­li­cher und geis­ti­ger Tätig­keit kann ein Aus­gleich der ver­brauch­ten Ener­gien nur durch eine genü­gend lan­ge Dau­er und Lie­fe des Schla­fes erreicht wer­den. Trotz­dem fin­den aber gera­de Ner­vö­se nach geis­ti­ger und kör­per­li­cher Über­mü­dung kei­nen Schlaf, son­dern sie wer­den immer reger. Auf die Dau­er kann aber der Kör­per die­se Ver­rin­ge­rung an Schlaf und Über­ar­bei­tung nicht ertra­gen. Die Natur läßt sich nicht betrü­gen, sie ver­langt die nöti­ge Men­ge Schlaf.

Beson­ders bedarf das Gehirn der Ruhe, denn es ist erwie­sen, daß bei Schlaf­lo­sig­keit die­ses am meis­ten lei­det und ver­braucht wird. Dar­um haben Geis­tes­ar­bei­ter beson­ders auf regel­mä­ßi­gen und aus­rei­chen­den Schlaf zu achten.


Erholung im Schlafe.

Im Schla­fe erholt sich der Mensch. Es ist erwie­sen, daß wäh­rend des Schla­fes die Vor­gän­ge des Stoff­wech­sels im Kör­per in unun­ter­bro­che­ner Wei­se fort­ge­setzt wer­den. Weil die Ärz­te den Schlaf als lebens­stär­ken­des Mit­tel erkannt haben, rich­ten natür­lich alle Ärz­te ihr Augen­merk dar­auf, einen guten, gesun­den Schlaf zu erzie­len, Dr. Hufe­land sag­te schon: „Die Berau­bung des Schla­fes nützt die inne­ren und äuße­ren Kräf­te ab, nichts ist so sehr geeig­net, zu einem früh­zei­ti­gen Alter zu füh­ren.“ Daher muß sich der Kör­per und das Ner­ven­sys­tem aus­ru­hen. Unse­re Sin­nes­or­ga­ne und die gesam­te Gehirn­ar­beit sol­len ruhen, um sich zu neu­er Tätig­keit zu erholen.

Es soll wäh­rend des Schla­fes voll­stän­di­ge Erin­ne­rungs­lo­sig­keit bestehen, also Tief­schlaf, der wirk­lich erqui­ckend ist. Wer kennt von den Ner­vö­sen und Über­ar­bei­te­ten die­sen gesun­den Tief­schlaf, der uns mor­gens frisch und lebens­mu­tig auf­sprin­gen läßt, daß wir fröh­lich und hei­ter unser Tage­werk begin­nen? Das Leben ist einem sol­chen Men­schen­kin­de eitel Freu­de und Lust. Es gibt noch sol­che Men­schen auf dem Lan­de und in klei­nen Städ­ten; ich ken­ne genug. Glück­lich der Mensch, der sich mit dem fro­hen Bewußt­sein hin­le­gen kann, sein Tage­werk voll­bracht zu haben. Ruhig und fried­lich wird er ein­schla­fen und frisch gestärkt am andern Mor­gen erwachen.

Kön­nen die Ner­vö­sen und Schlaf­lo­sen nicht die­sen ruhi­gen Schlaf wie­der bekom­men? Ja! und noch­mal ja! Jeder kann sei­ne Schlaf­lo­sig­keit und Ner­vo­si­tät besei­ti­gen und wie­der ein lebens­fro­her Mensch wer­den, wie ich in den spä­te­ren Kapi­teln zei­gen werde.


Vom Wesen des Schlafes.

Vom Wesen des Schla­fes wis­sen wir, daß alle Orga­ne ihre Funk­tio­nen nach und nach ein­stel­len und die Nei­gung zum Schla­fe beginnt. Die Mus­keln erschlaf­fen und wir wer­den müde. Die Augen­li­der sen­ken sich, das Gehirn stellt sei­ne Tätig­keit all­mäh­lich ein, die Ideen ver­schwin­den nach und nach, der äuße­re Reiz ist nicht mehr stark genug, um sie zu erneu­ern. End­lich ver­fal­len alle Orga­ne in einen Zustand der Ermat­tung und einer augen­blick­li­chen Gefühl­lo­sig­keit. Dies ist der voll­kom­me­ne, abso­lu­te und tie­fe Schlaf, in dem sich Geist und Kör­per erholen.

Das Ein­tre­ten der Müdig­keit und des Schla­fes hängt mit der Blut­zir­ku­la­ti­on zusam­men. Eine Vor­be­din­gung des tie­fen, ruhi­gen Schla­fes ist, daß das Gehirn oder über­haupt der Kopf blut­arm sein muß.

Jeder­mann weiß, daß sich nach einer reich­li­chen Mahl­zeit ein oft kaum zu unter­drü­cken­des Schlaf­be­dürf­nis fühl­bar macht. Dies ist dar­auf zurück­zu­füh­ren, daß das Blut vom Gehirn zur Ver­ar­bei­tung der Spei­se­men­gen in die Ver­dau­ungs­or­ga­ne strömt, wodurch das Gehirn blut­arm wird.

Auf die­sel­be Wei­se erklärt sich auch die Wir­kung der meis­ten medi­zi­ni­schen Schlaf­mit­tel. Sie rufen eine Läh­mung der vaso­mo­to­ri­schen Ner­ven her­vor und las­sen das Blut in die Blut­ge­fä­ße der Haut flie­ßen, wodurch das Gehirn eben­falls blut­leer wird.


Das große Geheimnis, einzuschlafen, liegt also in der Blutzirkulation.

Wir müs­sen also den Blut­um­lauf regeln, Blut­stau­un­gen müs­sen ver­mie­den wer­den. Wenn wir Mus­kel­be­we­gun­gen machen, so erhöht sich natur­ge­mäß der Blut­um­lauf, wodurch unse­re Ner­ven wie­der viel Nähr­ma­te­ri­al bekom­men; sie fan­gen dann wie­der an zu arbei­ten und mit der Ruhe ist es vor­bei. Ver­min­dern wir aber den Blut­kreis­lauf durch lang­sa­me Atmung und durch Bewe­gungs­lo­sig­keit, so wer­den auch die Ner­ven und das Gehirn blut­arm und unter­ernährt. Das Gehirn wird müde, kann nicht wie im wachen Zustan­de arbei­ten, es muß ruhi­ger arbei­ten, und schließ­lich ist es gezwun­gen, sei­ne Funk­tio­nen ein­zu­stel­len. Der Kör­per wird müde und wir schla­fen ein, ohne es recht zu wissen.

Hier­nach dürf­te es jedem klar sein, daß Mus­kel­be­we­gung (Hin- und Her­wäl­zen im Bett), schnel­le Atmung, Denk­ar­beit oder ande­re Rei­ze, die von außen kom­men, den Blut­kreis­lauf erhö­hen und den Geist und Kör­per nicht zur Rübe kom­men lassen.

Wo ein Reiz statt­fin­det, dort strömt Blut hin. Bei voll­kom­me­ner Kör­per- und Gehirn­ru­he wer­den alle Rei­ze aus­ge­schal­tet, daher Müdig­keit und Schlaf.

In jedem Fal­le muß aber die Ursa­che der stär­ke­ren Blut­zir­ku­la­ti­on fest­ge­stellt wer­den, ob irgend eine Krank­heit (Fie­ber usw.) vor­liegt. In sol­chen Fal­len auch zuerst das Grund­übel, die Krank­heit, besei­tigt werden.


Schlaf ist wichtiger als Nahrung.

Der Schlaf ist für den Men­schen viel wich­ti­ger als die Nah­rung. Die Nah­rung kann man auf lan­ge Zeit ent­beh­ren, wie Hun­ger­künst­ler bewie­sen, die bis 40 Tage, hun­ger­ten. — Ehret hat sogar einen 49tägigen Fas­ten­ver­such gemacht, — aber die Ent­zie­hung des Schla­fes wür­de schon nach eini­gen Tagen den Tod sicher herbeiführen.

In Chi­na soll es eine Todes­stra­fe, die Schlaf­ent­zie­hung, geben. Sie besteht dar­in, daß man den Ver­ur­teil­ten nicht ein­schla­fen läßt, bis er sei­nen Geist auf­gibt. Es ist die qual­volls­te Todes­art, die man sich vor­stel­len kann. Wie grau­sam die­se Stra­fe ist, kann ja jeder selbst am eige­nen Kör­per ermes­sen, wenn er gezwun­gen ist, nur in 24 bis 48 Stun­den nicht zu schlafen.

Die Erfah­rung lehrt, daß eine Nacht Schlaf­ent­zie­hung den Kör­per und Geist mehr schwächt als vier Tage hungern.

Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge, die Schwer­kran­ke pfle­gen müs­sen und nicht ins Bett kom­men, wol­len lie­ber schla­fen als essen. Ad. Alf. Michae­lis (Ver­lag Michae­lis, Leip­zig) sagt über den Schlaf nach sei­ner Bedeu­tung für den gesun­den und kran­ken Menschen:

„Die Ent­beh­rung des Schla­fes und Fort­set­zung des Wachens über das von der Natur vor­ge­zeich­ne­te Maß strengt das Ner­ven­sys­tem zu sehr an und führt end­lich Erschöp­fung der Lebens­kräf­te und über­wie­gen­de Ver­zeh­rung des Orga­ni­schen her­bei. Wird der Schlaf, unge­ach­tet der Ein­la­dung der Natur dazu, oft und gewalt­sam zurück­ge­hal­ten, so wird end­lich der peri­odi­sche Gang des Lebens — wie er sich in dem Wech­sel von Schla­fen und Wachen dar­stellt — unter­bro­chen. Die gan­ze Kraft des Lebens wird auf das Ner­ven­sys­tem hin­ge­wen­det und von die­sem aus das Gefäß­sys­tem in einem immer­wäh­ren­den gereiz­ten Zustands unter­hal­ten. Dar­aus ent­ste­hen anhal­ten­der Blut­an­drang nach dem Gehirn, Unver­mö­gen zu schla­fen, auch dann, wenn man sich dazu bequemt; bestän­di­ge Jagd mit den Bil­dern der Ein­bil­dungs­kraft, krank­haf­te Nei­gung zu Gemüts­af­fek­ten, Ver­wir­rung des Ver­stan­des, ein fie­ber­haf­ter Zustand im Gefäß­sys­tem, Hem­mung aller Ver­rich­tun­gen der Vege­ta­ti­on, Abma­ge­rung, schlei­chen­des oder hit­zi­ges Ner­ven­fie­ber, bei vor­han­de­ner Anla­ge auch Gehirn­ent­zün­dung, Rase­rei und Tod.“

Wir sehen also, daß die Fol­gen einer norm­wid­ri­gen Schlaf­ver­kür­zung und län­ger andau­ern­der Schlaf­lo­sig­keit unter Umstän­den sehr trü­ber Art sein kön­nen, wenn krank­haf­te Anla­gen kör­per­li­cher oder geis­ti­ger Natur bestehen oder gleich­zei­tig ande­re krank­haf­te Reiz­wir­kun­gen den Men­schen, treffen.


Der ungesunde Schlaf und seine Wirkung auf den Körper und das Seelenleben.

Wie ich im vori­gen Abschnitt gezeigt habe, kann erheb­li­che Ver­kür­zung des Schla­fes schwe­re Schä­di­gung des Kör­pers und Geis­tes Hervorrufen.

Zum Tros­te aller Lei­den­den sei es hier gesagt, daß die­se Schä­di­gun­gen rest­los aus­ge­gli­chen wer­den kön­nen bei Besei­ti­gung der ver­an­las­sen­den Ursachen.

Unter einem unge­sun­den Schlaf ver­ste­he ich einen unru­hi­gen und leicht gestör­ten Schlaf der Ner­vö­sen und Neur­asthe­ni­schen, der nicht nur eini­ge Tage dau­ert, son­dern mona­te- und jah­re­lang, also dau­ernd besteht. Es ist ja leicht erklär­lich, daß hier­durch das Ner­ven­sys­tem eines Men­schen voll­stän­dig zer­rüt­tet wird.

Ein solch ner­vö­ser und über­reiz­ter Mensch ist abends oft sehr müde. Er hat ein gro­ßes Schlaf­be­dürf­nis. Er sehnt sich nach Ruhe. Legt er sich hin, so ver­fliegt die Müdig­keit schnell, die Gedan­ken des Tages beschäf­ti­gen ihn wei­ter, Kum­mer, Sor­ge, Ärger und alle unan­ge­neh­men Ein­drü­cke, die er erlebt und in sei­nem Unter­be­wußt­sein schlum­mern, stür­men auf den Müden ein und ver­trei­ben ihm den not­wen­di­gen Schlaf, durch den er sich für den Daseins­kampf wie­der rüs­ten soll. Kalei­do­skop­ar­tig jagen die unru­hi­gen, schreck­haf­ten oder auch zuwei­len fröh­li­chen Gedan­ken. Schwe­re Träu­me pla­gen ihn. Unru­hig wirft er sich von einer Sei­te auf die ande­re, ohne doch Ruhe zu fin­den. In den Mor­gen­stun­den, wo er auf­ste­hen soll, über­fällt ihn eine blei­er­ne Müdig­keit und auf kur­ze Zeit sinkt er in einen tie­fen Schlaf, aus dem er aber bald auf­ge­schreckt wird, weil ihn der Beruf und der Selbst­er­hal­tungs­trieb zum Auf­ste­hen zwin­gen. Müde, tod­mü­de, in star­kem Schweiß geba­det und kör­per­lich zer­schla­gen steht er auf. Müde, miß­mu­tig, übel­ge­launt und mit see­li­schen Ver­stim­mun­gen beginnt er sei­ne Tages­ar­beit, die ihm natür­lich zur Last wird, und müde legt er sich abends wie­der hin in der Hoff­nung, die­sen Abend ruhig und traum­los zu schla­fen und sich mal ordent­lich aus­zu­ru­hen. Aber kaum im Bett, beginnt das Gau­kel­spiel wie­der und läßt ihn nicht zur Ruhe kommen.

Solch Schlaf­lo­ser ist zu bedau­ern. Er hat nicht nur bei Tage gear­bei­tet, son­dern auch in der Nacht, wo ande­re Men­schen ruhen. Durch das unru­hi­ge Her­um­wäl­zen im Bett hat der Mensch eine unge­heu­re Mus­kel­ar­beit geleis­tet. Daher auch mor­gens das Gefühl einer gro­ßen Müdig­keit und des Zer­schla­gen­seins. Die­se Arbeit hat weder ihm noch ande­ren Nut­zen gebracht, ihm aber nur Nach­tei­le und Scha­den an sei­ner Gesund­heit. Auch sein Gehirn hat sich von den Tages­ein­drü­cken nicht beru­hi­gen kön­nen, er hat im Gegen­teil in der Nacht noch mehr wie am Tage gearbeitet.

Solch Kran­ker — krank im eigent­li­chen Sin­ne kann man ihn ja nicht nen­nen, denn eine ana­to­misch nach­weis­ba­re Krank­heit hat er nicht, son­dern ein stark über­reiz­tes Ner­ven­sys­tem — schläft wohl trotz sei­nes unru­hi­gen Schla­fes eini­ge Stun­den, aber so ober­fläch­lich, daß er von dem leich­tes­ten Geräusch auf­ge­weckt wird. Stun­den­lang liegt er dann und wälzt sich mit jagen­den Pul­sen und Gedan­ken­flucht auf sei­nem Lager her­um und war­tet auf das Wiedereinschlafen.

Wie ich schon ange­führt habe, ent­ste­hen durch die­sen unge­sun­den Schlaf schwe­re kör­per­li­che und see­li­sche Stö­run­gen, die nach Sie­mens (Sie­he Sie­mens in der Zeit­schrift „Sug­ges­ti­on“, Heft 60|1960, Ver­lag Otto Sie­mens, Leip­zig Stö) fol­gen­de sind: „Wenn der unru­hi­ge und unge­sun­de Schlaf chro­nisch, d. h. fort­ge­setzt auf­tritt, dann zer­rüt­tet er das Ner­ven­sys­tem des Men­schen. Es stellt sich fer­ner ein Appe­tit­lo­sig­keit sowie Gleich­gül­tig­keit gegen Geschäft und Fami­lie. Der Kör­per magert ab, die Backen fal­len ein, die Haut wird schlaff und der Gesichts­aus­druck wird stumpf. Die Augen glän­zen fie­ber­haft. Der Pati­ent legt kei­ner: Wert mehr auf sein Äuße­res, auf die fei­nen Umgangs­for­men, Er wäscht und kämmt sich häu­fig nicht, weil er die Unbe­quem­lich­keit scheut. Er raucht stark und trinkt viel, da er nach Reiz­mit­teln und Beru­hi­gungs­mit­teln sucht. Erst mit der nöti­gen alko­ho­li­schen Bett­schwe­re will er sich hin­le­gen. Die Reiz­bar­keit stei­gert sich enorm. Wut­an­fäl­le mit stump­fer Resi­gna­ti­on wech­seln ab. Es gibt kei­ne Ruhe, kei­ne Befrie­di­gung mehr für ihn. Sei­ne Ner­ven arbei­ten zu schnell, und dann wie­der­um ver­sa­gen sie ganz. Es wird wich­ti­ge Arbeit aus Bequem­lich­keit oder viel­mehr Müdig­keit auf­ge­scho­ben, bis eines Tages der Kran­ke sagt: „Ich kann nicht mehr. Ich kann es nicht.“ Dies wird zur ste­reo­ty­pen Redens­art und manch­mal zur fixen Idee. Im Unter­be­wußt­sein ent­steht die Zwangs­vor­stel­lung und beein­flußt das gesam­te Gemüts­le­ben im wachen Zustand. Die Ohn­machts­ge­füh­le lösen sich in Wei­nen aus, Ner­ven­zu­ckun­gen ent­ste­hen, ein Rie­seln wie eis­kal­tes Was­ser geht vom Kopf aus bis in die Fin­ger­spit­zen, die Spra­che ver­lang­samt sich und Gedan­ken­lü­cken tre­ten auf. Ideen­ver­bin­dun­gen wol­len nicht funk­tio­nie­ren, das Gedächt­nis läßt nach, die geis­ti­ge Ver­ar­bei­tung irgend eines Gegen­stan­des wird zur Qual, oft direkt unmög­lich und bringt den Kran­ken in gro­ße Erre­gung und Angst vor etwas Unbe­kann­tem, das ihm schreck­lich ist. Oft glaubt er geis­tes­krank zu wer­den, wovon es kei­ne Rück­kehr zur Gesun­dung gibt. Neben die­sen selbst­pei­ni­gen­den Gedan­ken ent­steht eine Manie, alles von der trau­ri­gen Sei­te zu betrach­ten. Sieht der Kran­ke einen jugend­fri­schen, kraft­strot­zen­den Men­schen beim Sport, so knüpft sich sofort der fal­sche Gedan­ke dar­an: Ach, wenn du das auch könn­test, aber du bist ja unfä­hig dazu. Und wo der gesun­de Mensch sei­ne Freu­de dar­an hat, berei­tet es dem Kran­ken sofort ein nie­der­drü­cken­des Gefühl. Alle gesun­den kör­per­li­chen und geis­ti­gen Aus­lö­sun­gen unter­blei­ben. Frü­her hat der Pati­ent im Gesang­ver­ein gesun­gen und Freu­de dar­an gehabt. Jetzt bringt ihn nie­mand mehr hin. Er schämt sich, da er wei­nen muß. Er will den Fra­gen aus dem Wege gehen: Wie geht es? — da er sofort an sei­nen Zustand erin­nert wird und Ner­ven­auf­re­gung bekommt. Der Kran­ke wird men­schen­scheu — nur mit sei­nen Ange­hö­ri­gen redet er und meist nur über sei­nen Zustand.

Auch läuft er von Arzt zu Arzt, von Sana­to­ri­um zu Sana­to­ri­um, geht an die See oder ins Gebir­ge, schließ­lich ver­sucht er sein Heil in der see­li­schen Behand­lung beim Psycho-Päd­ago­gen, beim Seelenarzt.

Und die­ser hat ein schwe­res Amt. Infol­ge des unge­sun­den Schla­fes wird ein Tief­schlaf nicht erzeugt, höchs­tens Gehirn­ru­he. Jede gege­be­ne Sug­ges­ti­on stößt auf Wider­stand oder es knüpft sich der Gedan­ke dar­an: Der hat schön reden, mir hilft es doch nicht! Treibt man den Pati­en­ten in die Enge, so daß er durch logi­sche Ver­nunft­grün­de jetzt zuge­ben soll, daß die­ses oder jenes aus­ge­führt wer­den soll, um zur Hei­lung zu gelan­gen, dann geht der Kran­ke wie eine Kat­ze um den hei­ßen Brei, wei­gert sich unter gro­ßer Erre­gung, weint und spricht: „Ich kann es nicht!“


Ursachen der Schlaflosigkeit bei Neurasthenie.

Prof. Dr. Bins­wan­gen hat in sei­ner „Patho­lo­gie und The­ra­pie der Neur­asthe­nie“ die Grün­de für sol­che Schlaf­ver­kür­zun­gen sehr tref­fend ange­ge­ben. „In ers­ter Linie sind geis­ti­ge Über­an­stren­gun­gen und gemüt­li­che Auf­re­gun­gen, sowie die gestei­ger­te Emp­find­lich­keit gegen Sin­nes­ein­drü­cke als wesent­li­che Momen­te her­vor­zu­he­ben. Jede Abwei­chung von der gewohn­ten Lebens­be­schäf­ti­gung und Tages­ein­tei­lung, jede geis­ti­ge Mehr­leis­tung, jedes freu­di­ge oder trau­ri­ge Ereig­nis ruft Schlaf­lo­sig­keit her­vor. Vor allem folgt jeder Beschäf­ti­gung oder gesel­li­gen Ver­pflich­tung wäh­rend der spä­te­ren Abend­stun­den eine schlaf­lo­se Nacht. All­mäh­lich wächst die Schlaf­ver­rin­ge­rung trotz stei­gen­den Schlaf­be­dürf­nis­ses, indem die Kran­ken durch den unge­nü­gen­den Schlaf eine wei­te­re Ein­bu­ße der Leis­tungs­fä­hig­keit und eine Stei­ge­rung der krank­haf­ten Müdig­keits­emp­fin­dun­gen erlei­den. Schließ­lich ist der Schlaf auch ohne jede äuße­re Ver­an­las­sung, bei sorg­fäl­tigs­ter Ver­mei­dung aller see­lisch erre­gen­der Momen­te äußerst unvollkommen.“

„Es gibt aber noch eine Kate­go­rie schlaf­lo­ser Frau­en, wel­che tags­über müde und erschöpft auf dem Sofa lie­gen oder stun­den­lang nach der Mit­tags­mahl­zeit im ver­dun­kel­ten Schlaf­zim­mer unfä­hig zu jeder geis­ti­gen oder kör­per­li­chen Tätig­keit ver­har­ren, um dann, wenn alle Haus­ge­nos­sen zur Ruhe gegan­gen sind, eine über­stürz­te Tätig­keit zu ent­fal­ten. Die Klei­dung der Kin­der wird nach­ge­se­hen, schrift­li­che Anord­nun­gen für die fol­gen­den Tage aus­ge­ar­bei­tet, Brief­schaf­ten erle­digt usw. Erst mit dem Mor­gen­grau­en suchen sie erschöpft, ihr Lager auf, um dann bis weit in den Vor­mit­tag hin­ein den müh­sam erkämpf­ten Schlaf zu genie­ßen. Die­se Form nähert sich schon hys­te­ri­schen Symptomen.“

„Nur ganz sel­ten begeg­net man vor­über­ge­hend schlaf­süch­ti­gen Zustän­den. Hier fin­det das erhöh­te Schlaf­be­dürf­nis, das der Mehr­zahl unse­rer Kran­ken eigen­tüm­lich ist, eine über­mä­ßi­ge Befrie­di­gung. Ein dump­fer, drü­cken­der, blei­er­ner Schlaf hält sie vie­le Stun­den lang, bei Tag und Nacht gefan­gen. Ermat­tet und zer­schla­gen erwa­chen sie aus ihrer Stumpf­heit, unfä­hig zu jeder geis­ti­gen und kör­per­li­chen Tätig­keit. Nur ganz all­mäh­lich schüt­teln die Kran­ken das schmerz­haft emp­fun­de­ne Joch geis­ti­ger Unfrei­heit von sich ab und betrach­ten, fast aus­ge­söhnt mit ihrem Schick­sal, die alt­ver­trau­te Schlaf­lo­sig­keit als das gerin­ge­re Übel.“

Hier­zu bemerkt Dr. Schär in „Schlaf­stö­run­gen“ (Ver­lag von Emil Pohl, Dres­den) noch: „Die Schlaf­lo­sig­keit spielt nicht nur bei Neur­asthe­nie, son­dern auch bei Hys­te­rie eine ganz enor­me Rol­le. Hier wird das Krank­heits­bild noch ver­wor­re­ner. Es kann an die­ser Stel­le auf die moder­ne Auf­fas­sung vom Wesen der Hys­te­rie nicht ein­ge­tre­ten wer­den. Nur das muß betont wer­den, daß heut die Dia­gno­se durch­aus nicht mehr jene omi­nö­se Bedeu­tung haben kann wie frü­her. Es han­delt sich hier auch um eine Neu­ro­se, aber von ganz ande­rer Gestal­tung als bei Neur­asthe­nie. Viel wur­de in den letz­ten Jah­ren gestrit­ten über das Wesen der Hys­te­rie, und wohl am bes­ten kann man das so zahl­reich ver­brei­te­te Krank­heits­bild in sei­nen so ver­schie­de­nen Abstu­fun­gen begrei­fen, wenn man die klei­ne Arbeit von Prof Dr. Freud (Über Psy­cho­ana­ly­se. 5 Vor­le­sun­gen, gehal­ten zur 20jährigen Grün­dungs­fei­er der Clark Uni­ver­si­ty in Worces­ter Mass. Sep­tem­ber 1909) stu­diert, bei wel­cher Gele­gen­heit die gro­ße Rol­le, wel­che die Psy­che bei die­ser Krank­heit spielt, all­ge­mein­ver­ständ­lich aus­ein­an­der­ge­setzt ist. Die The­ra­pie wird daher auch eine ent­spre­chen­de sein müs­sen. Ein grel­ler Gegen­satz zwi­schen dem taten­lo­sen Hin­däm­mern bei Tage und der ruhe­lo­sen Geschäf­tig­keit in schlaf­lo­sen Näch­ten fällt bei die­ser Krank­heit beson­ders aus. Die Kran­ken sind immer müde und zer­schla­gen und kön­nen doch kei­nen Schlaf fin­den. Selbst wenn wir bei den Kla­gen der Pati­en­ten über völ­li­gen Man­gel nor­ma­len erqui­cken­den Nacht­schla­fes ihre Sucht zu maß­lo­sen Über­trei­bun­gen in Rech­nung stel­len und des­halb ihre Behaup­tun­gen nicht wört­lich neh­men, so bleibt doch die Tat­sa­che bestehen, daß vie­le Hys­te­ri­sche wochen- und mona­te­lang die gan­zen Näch­te wach lie­gen und erst in den Mor­gen­stun­den in einen unru­hi­gen, traum­ge­quäl­ten Schlaf ver­fal­len. Auch bei den leich­te­ren Fäl­len, in wel­chen die Kran­ken zuge­ben, daß sie eini­ge Stun­den geschla­fen haben, bekla­gen sich die Pati­en­ten dar­über, daß sie nicht ein­zu­schla­fen ver­mö­gen.“ (Sie­he „Die Hys­te­rie“ von Prof. Dr. Bins­wan­ger, 1904, S. 872.) Aller­dings ist Schlaf­lo­sig­keit bei Hys­te­rie lan­ge nicht so im Vor­der­grund des Inter­es­ses wie bei Neur­asthe­nie, wo nach Prof. Dr. Bins­wan­ger auf 120 genau unter­such­te Fäl­le 62mal aus­ge­präg­te, län­ger dau­ern­de Schlaf­lo­sig­keit bestand, und in 88 Fäl­len gering­fü­gi­ge Schlaflosigkeit.


Schlafmittel.

Schlaf­mit­tel sind kei­ne natur­ge­mä­ßen, weil sie den phy­sio­lo­gi­schen Geset­zen wider­spre­chen. Mit­tel zur Erzeu­gung eines gesun­den Schla­fes sol­len nicht die­sen selbst her­vor­ru­fen, denn dann wir­ken sie auf die Dau­er schäd­lich. Ein Schlaf­mit­tel kann wohl Schlaf brin­gen, aber nie­mals ver­mag es die Ursa­che der Schlaf­lo­sig­keit zu besei­ti­gen. Nie­mals bringt es den fried­li­chen, erfri­schen­den Schlaf, den die Natur gibt.

Wirk­li­che Schlaf­mit­tel müs­sen die Bedin­gun­gen im mensch­li­chen Kör­per schaf­fen, daß das Bedürf­nis des Schla­fes sich von selbst einstellt.

Dahin, gehört in ers­ter Linie: (sie­he nächs­te Sei­te)


Die Gedankenbeherrschung.

Dies ist der ein­zi­ge Weg, der Hei­lung ver­spricht. Er besteht dar­in, den Kran­ken von sei­nen Zwangs­ge­dan­ken, sei­ner Gedan­ken­flucht zu befrei­en. Und die­ser Weg liegt in der Haupt­sa­che in der Aus­dau­er des See­len­arz­tes und in zwei­ter Linie in der Gedan­ken­kor­rek­tur des Patienten.

Der Pati­ent muß sich eine Gemüts­ru­he aner­zie­hen, abends muß er mit dem fro­hen Bewußt­sein ins Bett stei­gen, daß er mit sich, dem Tage­werk und sei­ner Umge­bung zufrie­den ist. Er legt sich hin, ohne sich Gedan­ken zu machen. Er schläft dann ein­fach ein und weiß dann gar nicht, wie er in Schlaf gekom­men ist. Also allen Ärger, allen Kum­mer, alle Sor­gen, drau­ßen las­sen, nicht mit ins Bett neh­men. Zu gro­ße Sor­gen, zu vie­les Sin­nen und Pla­nen für den mor­gi­gen Tag, das Här­men und Grä­men um das Ges­tern und Heu­te ver­scheu­chen den Schlaf. Hier­ge­gen hilft nur Selbst­be­herr­schung, und wo die nicht vor­han­den ist, fehlt es an Willenskraft.

Wer es nun fer­tig bringt, an gar nichts, rein gar nichts zu den­ken, ist am wohls­ten dran. Sol­che Leu­te gibt’s viel, und sie alle lei­den nicht an Schlaf­lo­sig­keit. Von der Köni­gin Isa­bel­la von Spa­ni­en erzählt man, daß sie bei vor­kom­men­der Schlaf­lo­sig­keit eine Minis­ter­sit­zung ein­be­rief und die­ser solan­ge prä­si­dier­te, bis sie sanft ent­schlum­mert war. Auch der ame­ri­ka­ni­sche Humo­rist Mark Twa­in emp­fiehlt solch ein geist­tö­ten­des Schlaf­mit­tel, nach­dem er alle Alko­ho­li­ka durch­pro­biert hat­te. Er schreibt, daß ihm ein­mal eine deut­sche Schul­gram­ma­tik in die Hand kam und er nie über die Lek­tü­re der ers­ten Sei­te hin­aus­kam, ohne den so oft ersehn­ten Schlaf gefun­den zu haben. Das mag wahr sein oder nicht, jeden­falls steht fest, daß mono­to­ne Geis­tes­ar­beit ermü­det und den Schlaf her­bei­führt, wie man bei einer aus­drucks­lo­sen Rede leicht, wenn auch zum Ent­set­zen des Red­ners einschläft.

Sie­mens gibt in der schon erwähn­ten Zeit­schrift „Sug­ges­ti­on“ noch fol­gen­des pro­ba­te Mit­tel an: Da ist zunächst der unge­sun­de Schlaf zu besei­ti­gen und wie? Ein­fach durch sofor­ti­ge Unter­bre­chung. Sobald man auf­wacht und nicht wie­der schla­fen kann, steht man sofort auf, brennt die Lam­pe an, klei­det sich voll­stän­dig an, wäscht sich, und nun ver­sucht man zu lesen oder zu arbei­ten. Gelingt dies nicht, so gehe man spa­zie­ren, und sei es nachts um 2 Uhr, und sei es, daß es schneit und stürmt, — 1–2 Stun­den. Ein Nach­ge­ben des unge­sun­den Schla­fes beein­flußt das See­len­le­ben immer stär­ker, ungüns­ti­ger. Wird die­ser Pati­ent zwei Näch­te die­ses fort­set­zen, so kommt von selbst die Reak­ti­on. Es kommt dann eine Art des Tief­schla­fes, in dem sich das Ner­ven­sys­tem wirk­lich erho­len kann.

Zum Schluß will ich noch ein­mal sagen:

Einem unge­sun­den Schla­fe nach­ge­ben ist ein lang­sa­mes Gift für das Gemüts­le­ben des Menschen.


Wie kommt man zur Gedankenbeherrschung?

Kant hat in dem Kapi­tel „Vom Schla­fe“ in sei­nem Büch­lein von der „Macht des Gemü­tes“ ein sicher wir­ken­des, zugleich ein­fa­ches Mit­tel ange­ge­ben, durch wel­ches bei etwas gutem Wil­len und Übung ein ruhi­ger Schlaf zu erzie­len ist.

Die meis­ten, die nicht schla­fen kön­nen, ken­nen eben nicht die Kunst der Gedan­ken­be­herr­schung und damit die Fer­tig­keit, nach Belie­ben ein­zu­schla­fen. Die unge­zü­gel­te Phan­ta­sie der meis­ten Men­schen bie­tet den tau­send Ein­drü­cken, die tags­über an ihrem Geis­te vor­über­ge­zo­gen sind, einen beque­men Tum­mel­platz, auf dem dann nach dem Zubet­te­ge­hen die Gedan­ken in wil­der Aus­ge­las­sen­heit durch­ein­an­der­ja­gen, ohne daß man ihrer Herr wer­den kann.

Ja, wenn ich das könn­te, mei­ne Gedan­ken ver­ban­nen, sag­te mir kürz­lich eine mei­ner vie­len Pati­en­tin­nen, die eben­falls an schwe­rer Schlaf­lo­sig­keit lei­det. Sie hat es gelernt. Durch mei­ne ein­dring­li­chen Sug­ges­tio­nen und Auf­lö­sung der Zwangs­ge­dan­ken ist es mir hier und in allen ande­ren Fäl­len gelun­gen, wie die Brie­fe (Sie­he Dr. Kon­rad Grams, „Die Macht der Sug­ges­ti­on“ im Hand­buch der Sug­ges­ti­on. Ver­lag Arwed Strauch, Leip­zig) bewei­sen, die ich von dank­er­füll­ten Pati­en­ten erhal­ten habe, die nach jah­re­lan­ger Qual von dem Fluch der Schlaf­lo­sig­keit befreit sind.

Geheilt wer­den kann aber nur der Pati­ent, der auch wirk­lich will. Es gehört Aus­dau­er dazu! Es ist nicht immer per­sön­li­che Behand­lung nötig, son­dern die­se see­len­ärzt­li­che Behand­lung kann unter Umstän­den auch schrift­lich geschehen.

Es gehört neben dem Wol­len auch das Kön­nen dazu. Denn jeder Mensch kann, wenn er nur ernst­lich will.

Da die Schlaf­lo­sen aber von selbst nicht die Macht des Wol­lens und Kön­nens haben, müs­sen sie sich einem erfah­re­nen See­len­arzt anvertrauen.

Gute Bücher, die das Kön­nen und Wol­len, also den Wil­len kräf­ti­gen, sind: Faß­ben­der, „Wol­len eine könig­li­che Kunst“ (Fel­sen Ver­lag, Buchen­bach, i. Baden.), Berg­mann, „Selbst­be­frei­ung von ner­vö­sen Lei­den“ (Fel­sen Ver­lag, Buchen­bach, i. Baden.) und Uve Jens Kru­se, „Ich kann! Ich will!“ (Fel­sen Ver­lag, Buchen­bach, i. Baden.)


Die Fertigkeit, nach Belieben einzuschlafen.

Pro­fes­sor Warman emp­fiehlt eini­ge Rat­schlä­ge zur Bekämp­fung der Schlaf­lo­sig­keit, die nach den Anga­ben einer eng­li­schen Zeit­schrift recht wirk­sam sein sol­len. Wer sei­ne Rat­schlä­ge befolgt, soll es fer­tig bekom­men, zu jeder Zeit, inner­halb zwei Minu­ten ein­zu­schla­fen, ohne sich dabei niederzulegen.

Das wäre für ner­vö­se, geis­tig über­ar­bei­te­te Per­so­nen von größ­tem Vor­teil. Einer kräf­ti­gen Mahl­zeit soll man, wie der genann­te Arzt emp­fiehlt, ein sol­ches Schläf­chen fol­gen las­sen. Wer kein zwei­tes Früh­stück nimmt, soll die Zeit, die er dar­auf ver­wen­den wür­de, dazu benüt­zen, einen klei­nen Spa­zier­gang zu machen oder Lei­bes­übun­gen vor­zu­neh­men, um sich dann, wenn es ihm mög­lich, fünf­zehn bis zwan­zig Minu­ten hin­zu­le­gen und sich kör­per­lich und geis­tig aus­zu­ru­hen. Nur ein Vier­tel­stünd­chen täg­lich so ver­bracht, wird fast wun­der­ba­re Wir­kun­gen hervorbringen.

In allen Fäl­len, wo Kör­per und Geist der Ruhe bedürf­tig sind, wird sich die­ses ein­fa­che Mit­tel als sehr wirk­sam erwei­sen. Die dar­auf ver­wand­te Zeit mag viel­leicht trotz ihrer Kür­ze dem Geschäfts­mann oder Beam­ten als zu kost­bar erschei­nen, aber durch bes­se­res kör­per­li­ches und geis­ti­ges Befin­den wür­de sie reich­lich aus­ge­wo­gen wer­den. Wer um die Mit­tags­zeit die­ser Ruhe nicht pfle­gen kann, soll­te sich ihr abends nach Schluß des Geschäf­tes hin­ge­ben, denn es tut nicht gut, im ermü­de­ten Zustan­de eine Mahl­zeit ein­zu­neh­men. Fünf­zehn Minu­ten Ruhe genü­gen, um die Kräf­te zu erneu­ern und Geist und Kör­per zu erfrischen.

Bei die­ser Ruhe lege man sich jedoch nicht hin, son­dern set­ze sich in einen beque­men Lehn­stuhl. Die Füße lege man auf einen andern Stuhl, der eben­so hoch oder noch eine Klei­nig­keit höher ist als der, auf dem man sitzt. An den Knie­ge­len­ken kreu­ze man die Bei­ne, die Hän­de fal­te man und flech­te die Fin­ger inein­an­der. Die Augen schlie­ße man. Ner­ven und Mus­keln sol­len aus­ru­hen, und Kör­per und Geist sich nicht beschäf­ti­gen. Man den­ke an nichts. Fin­det man aber, daß die Gedan­ken auf Abwe­ge gera­ten, dann rufe man sie zurück und rich­te sie auf tie­fes, lang­sa­mes, rhyth­mi­sches Atmen und auf den Wunsch, ruhig zu schlafen.

Will man nach einer Vier­tel­stun­de oder nach einer belie­bi­gen Zeit wie­der auf­wa­chen, so neh­me man sich fest vor, um die bestimm­te Zeit zu erwa­chen. Und man wird dann nicht län­ger als bis auf .die gewünsch­te Minu­te schlafen.


Nervenmassage.

Wenn alles ver­sagt, bie­tet die magne­ti­sche Ner­ven­mas­sa­ge (Nähe­res in der Schrift: Gus­tav Grams. Der Heil­ma­gne­ti­seur und die magne­ti­sche Ner­ven­mas­sa­ge bei Ner­ven­lei­den. Ver­lag J. Sonn­tag, Regens­burg.) noch Hil­fe, wie die Erfol­ge leh­ren. Die magne­ti­sche Ner­ven­mas­sa­ge besteht in eit­ler leich­ten, beru­hi­gen­den Mas­sa­ge, die äußerst wohl­tu­end wirkt. Die­se Mas­sa­ge wirkt beson­ders beru­hi­gend auf die Kopf­ner­ven und den gan­zen Kör­per. Neben der all­ge­mein güns­ti­gen Wir­kung der Mas­sa­ge, die ja bekannt ist, wirkt hier noch der Lebens­ma­gne­tis­mus als Heil­fak­tor mit.

Da bei den Ner­ven­kran­ken das Ner­ven­sys­tem so ver­än­dert oder geschwächt ist, so muß es ange­regt und gekräf­tigt wer­den. Dies geschieht in natür­li­cher Wei­se durch eine sach­ge­mä­ße Ner­ven­mas­sa­ge. Durch die­se wird so auf die Ner­ven ein­ge­wirkt, daß sie wie­der belebt wer­den und die Fähig­keit wie­der­erlan­gen, ein­wand­frei zu arbei­ten, und somit ihre voll­stän­di­ge Wie­der­her­stel­lung gewähr­leis­tet ist. Der Erfolg die­ser Behand­lung ist meist wun­der­bar. Die Kran­ken füh­len schon nach den ers­ten magne­ti­schen Mas­sa­ge­stri­chen Lin­de­rung und eine fro­he und geho­be­ne Stim­mung tritt ein. Und bei Schlaf­lo­sen kommt nach die­ser magne­ti­schen Mas­sa­ge der so heiß ersehn­te Schlaf. Nähe­res wol­le man in der Schrift über magne­ti­sche Ner­ven­mas­sa­ge (Ver­lag J. Sonn­tag in Regens­burg) nachlesen.


Die Biochemie und Biochemische Nährsalze.

Die Bio­che­mie lehrt, daß der Man­gel an Mine­ral­sal­zen die Ursa­che der Krank­hei­ten ist. Wenn dies der Fall ist, dann ist es doch ganz logisch, die­se Mine­ral­sal­ze zur Hei­lung der Krank­hei­ten in einer für den mensch­li­chen Kör­per leicht auf­nehm­ba­ren Form zuzu­füh­ren. Dies geschieht durch die bio­che­mi­schen Mittel.

Wenn wir beden­ken, daß das Blut unser Lebens­ele­ment ist, wie ja auch der Sprach­ge­brauch schon andeu­tet: Blut­ar­mut, Bleich­sucht ver­wäs­ser­tes Blut, Weiß­blü­tig­keit, Voll­blü­tig­keit usw., so hängt unse­re Gesund­heit auch von der Beschaf­fen­heit des Blu­tes ab.

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alt=“wohltätiger Schlaf”
© Hap­py mon­key (fotolia.com, 64100845)

Fehlt es unse­rem Blu­te z. B. an Kalk, so ist ein wider­stands­fä­hi­ges Blut nicht denk­bar, denn ohne Kalk gibt es kein fes­tes Kno­chen­ge­rüst und kei­ne gesun­den Zäh­ne. Die rha­chi­ti­sche Krank­heit, Asth­ma, Ner­ven­krank­hei­ten und ande­re Lei­den sind zum größ­ten Tei­le auf Kalk­man­gel zurück­zu­füh­ren. Schlech­te Zäh­ne wer­den durch die bes­te Zahn­pfle­ge nicht bes­ser, son­dern nur durch Zufüh­rung von Kalk. Mit ande­ren Krank­hei­ten ist es genau so.

Da die Schlaf­lo­sig­keit nur eine Teil­erschei­nung der Ner­vo­si­tät und ande­rer Krank­hei­ten ist, so muß logi­scher­wei­se auch die Schlaf­lo­sig­keit ver­schwin­den oder zumin­dest gebes­sert wer­den durch Zufüh­rung der bio­che­mi­schen Mittel.

Wenn krank­haf­te Stö­run­gen irgend­wel­cher Art der Schlaf­lo­sig­keit zugrun­de­lie­gen, so sind die ent­spre­chen­den bio­che­mi­schen Kom­plex­mit­tel (Nähe­res über bio­che­mi­sche Com­plex Mit­tel in der Bro­schü­re: Dr. Kon­rad Grams. „Die Bio­che­mie und Com­plex Bio­che­mie“. Engel-Apo­the­ke, Regens­burg, mitt­ler­wei­le ver­grif­fen; Alter­na­ti­ven) zu neh­men, bei Schlaf­lo­sig­keit das bio­che­mi­sche Kom­plex­mit­tel gegen Ner­ven­lei­den, das Ner­ven- und Gehirn­mit­tel (DHU Bicom­plex Heil­mit­tel Nr. 19, PZN 0545001).


Nerventee.

Wer ein Freund der Kräu­ter ist, soll ruhig einen ner­ven­be­ru­hi­gen­den Tee gebrau­chen, der auf unschäd­li­che Wei­se blut­rei­ni­gend wirkt und müde macht. Der Tee darf aber kei­ne nar­ko­ti­schen Mit­tel ent­hal­ten. Wir haben in unse­ren Kräu­ter­schatz eine gan­ze Men­ge Kräu­ter, die sich ihren guten Ruf als schlaf­be­för­dern­de Mit­tel und Heil­mit­tel gegen Ner­ven­lei­den aller Art bewahrt haben. Dahin gehört das Haus­mit­tel gegen Schlaf­lo­sig­keit (Bro­schü­re der Haus­mit­tel unent­gelt­lich vom Ver­lag J. Sonn­tag, Regens­burg) „Schla­fe“.

Der Tee besteht aus voll­stän­dig unschäd­li­chen Kräu­tern in Pul­ver­form und ist ange­nehm zu neh­men. Es ist ein unbe­dingt zuver­läs­si­ges und bewähr­tes Mit­tel bei Schlaf­lo­sig­keit und allen Ner­ven­lei­den. Der Tee wirkt beru­hi­gend und schlafbringend.


Die galvanische Behandlung.

Die gal­va­ni­sche Behand­lung ist eine elek­tri­sche Heil­be­hand­lung mit ganz schwa­chem, unmerk­li­chem Strom. Infol­ge die­ser Schwä­che kann der Strom kei­ne Schä­di­gun­gen her­vor­ru­fen. Gera­de die­se schwa­chen, nicht fühl­ba­ren Strö­me, die gewis­ser­ma­ßen in homöo­pa­thi­scher Dosis ver­ab­reicht wer­den, sind wir­kungs­voll, und nicht die star­ken, fühl­ba­ren Ströme.

Bei allen Ner­ven­krank­hei­ten und bei Schlaf­lo­sig­keit kann man mit der elek­tri­schen Behand­lung nicht vor­sich­tig genug sein. Gera­de hier soll­ten nur schwa­che Strö­me ver­wen­det wer­den. Ich ver­wen­de in mei­ner Pra­xis die Wohlmuth’schen Appa­ra­te, die ich als sehr zuver­läs­sig gefun­den und mit denen ich gute Erfol­ge erzielt habe. Nähe­res über die Gal­va­ni­sche Behand­lung ist nach­zu­le­sen in dem Buche: „Elek­tro-gal­va­ni­sche Heil­kun­de“. (Ver­lag G. Wohl­muth & Co., in Furt­wan­gen, (Badi­scher Schwarzwald))


After-Sitzbad.

Das Sitz­bad wird in einer soge­nann­ten Sitz­ba­de­wan­ne genom­men. Es genügt auch ein grö­ße­res Gefäß dazu. Das Was­ser soll kühl sein, im Som­mer abge­stan­de­nes Lei­tungs­was­ser. Emp­find­li­che Per­so­nen kön­nen etwas wär­me­res Was­ser neh­men. Das Was­ser soll etwa hand­hoch in der Wan­ne stehen.

Die Dau­er des Sitz­ba­des beträgt je nach Emp­find­lich­keit und Kräf­te­zu­stand 5–30 Minu­ten. Wäh­rend des Bades wird der After bis zu den Geschlechts­tei­len, eben­so auch die Bauch­de­cken fort­wäh­rend bespült.

Weil im After die größ­te Hit­ze herrscht, mes­sen wir gewöhn­lich hier auch die Tem­pe­ra­tur; durch das küh­le Sitz­bad lei­ten wir die Hit­ze aus dem Kör­per. Beweis dafür ist, daß das Was­ser wär­mer wird. Vom Kop­fe wird die Hit­ze und die Blut­fül­le abge­lei­tet. Wenn das Gehirn mit küh­lem Blu­te durch­strömt wird, dann muß der Kopf ruhig wer­den, die Gedan­ken­flucht muß aufhören.

Natür­lich müs­sen auch die Füße warm sein. Mit kal­ten Füßen kann nie­mand einschlafen.


Klystier.

Nicht mit vol­lem Leib schla­fen wol­len. Wenn der Leib voll ist, viel Blä­hun­gen quä­len, wodurch ein Rumo­ren im Leib ent­steht, wenn der Leib auf­ge­trie­ben ist und dadurch ein unbe­hag­li­ches Gefühl auf­tritt, als wenn man immer Stuhl­gang haben möch­te, kann man nicht schla­fen. Ganz abge­se­hen von der Selbst­ver­gif­tung, die hier­durch ent­steht, kann man durch die unan­ge­neh­men Stö­run­gen nicht zur Ruhe kommen.

Hier hilft am schnells­ten und ein­fachs­ten ein Klys­ti­er. Wenn ein Klys­ti­er nicht hilft, dann machen Sie noch eins. Sie wer­den mal sehen, wie Wohl und erleich­tert Sie sich danach füh­len. Wenn dann alle ande­ren Vor­be­din­gun­gen erfüllt sind, wer­den Sie sehen, wie schön Sie einschlafen.


Behandlung und Heilung.

Wie mei­ne Aus­füh­run­gen zei­gen, beruht das Wesen der Schlaf­lo­sig­keit auf einer fal­schen Gedan­ken­kon­zen­tra­ti­on. Der Schlaf­lo­se legt sich mit dem Gedan­ken hin: „Heu­te kannst du gewiß wie­der nicht ein­schla­fen.“ Und prompt geht die­ser Gedan­ke in Erfül­lung nach dem psy­chi­schen Gesetz: „Jeder Gedan­ke ist eine Hand­lung, die bestrebt ist, den Gedan­ken auch auszuführen.“

Ich brau­che nur dar­an zu erin­nern, wie lebens­zer­stö­rend Sor­ge, Kum­mer und Trau­er wir­ken. Wie wirkt der Neid, die Wut, der Haß und ande­re böse Lei­den­schaf­ten? Dage­gen wirkt die Freu­de ver­jün­gend. Wie leuch­tet das Auge bei einer freu­di­gen Nach­richt. Wie zufrie­den und gütig sehen die Leu­te mit einem fro­hen Gemüt aus.

Wer kennt nicht die merk­wür­di­gen Wir­kun­gen der Hyp­no­se, Sug­ges­ti­on und Magne­tis­mus! Soll­te da nicht jeder die­se geis­ti­ge Kraft zur Hei­lung der Schlaf­lo­sig­keit benutzen?

War­um hat der Schlaf­lo­se bis­her die­se Kraft nicht benutzt? Weil er sie nicht gekannt hat!

Wenn er fort­wäh­rend denkt: „Ich kann ja doch nicht schla­fen, es hilft ja doch alles nichts“, dann kann er natür­lich nicht geheilt wer­den, eben­so­we­nig wie ein Magen- oder Leber­kran­ker, der bestän­dig sagt: „Ich wer­de ja doch nicht mehr gesund!“

Dies stimmt auch. Denn nach dem Gesetz, daß sich jeder Gedan­ke ver­wirk­licht, kann er ja auch nicht gesund werden..

Also anders den­ken, lie­ber Schlaf­lo­ser! Denn in der­sel­ben Zeit, wo du dei­ne kran­ken Gedan­ken spa­zie­ren führst, kannst du auch Ruhe­ge­dan­ken haben.

Also übe! Wenn du es nicht kannst, wen­de dich an einen See­len­arzt, der Ver­ständ­nis für dei­nen Zustand hat!

Liegt eine Krank­heit vor, die die Schlaf­lo­sig­keit ver­ur­sacht, dann ist die Krank­heit natür­lich zu behandeln.

Ist Blut­ab­lei­tung vom Kopf nötig, so sind die After-Sitz­bä­der anzu­wen­den. Nicht mit kal­ten Füßen ins Bett gehen! Wärm­fla­schen ins Bett.

Fer­ner bio­che­mi­sche Ein­zel- oder Kom­plex­mit­tel und Ner­ven­tee, wenn es der Fall erfor­dert, oder auch gal­va­ni­sche Behandlung.

Jeden­falls soll­te die magne­ti­sche Ner­ven­mas­sa­ge in kei­nem Fal­le ver­nach­läs­sigt werden.

Klys­ti­e­re sind selbst­ver­ständ­lich dort anzu­wen­den, wo eine Ent­lee­rung nötig ist.

Soll der Schlaf­lo­se nun alle Anwen­dun­gen machen? Nein! Nur die­je­ni­gen, die gera­de für sei­nen Zustand nötig sind.

Mit den hier ange­ge­be­nen Rat­schlä­gen kann jeder sei­ne Schlaf­lo­sig­keit zur Hei­lung bringen.

Wenn ich alle Anwen­dungs­for­men und Rat­schlä­ge hier anfüh­ren möch­te, die zur Besei­ti­gung der Schlaf­lo­sig­keit schon ange­ge­ben sind, so könn­te ich ein dickes Buch damit fül­len. Der Schlaf­lo­se hät­te aber kei­nen Nut­zen davon. Es wür­de ihm dann doch alles wie ein Mühl­rad im Kop­fe herumgehen.

Also blei­ben wir bei den ein­fa­chen Anwen­dun­gen, die ich hier gege­ben habe.

Sie hel­fen wirk­lich. Und nun vor­wärts mit gutem Mut? Fort mit der Mutlosigkeit!


Ein gut Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen.

Die­ses Sprich­wort ist wirk­lich ein Wahr­wort. Es hat sich immer noch bewährt.

Schlaf­lo­ser, wenn du eine Schuld auf dich gela­den hast, wenn du jemand unrecht getan hast, so schlum­mert dies nur in dei­nem Unter­be­wußt­sein. Aber rech­te Ruhe hast du doch nicht, wenn dir die Ursa­che auch nicht zum Bewußt­sein kommt. Glau­be nicht, daß du dein Gewis­sen zum Schwei­gen brin­gen kannst. Du kannst es wohl auf eini­ge Zeit betäuben.

Befreie dich von der Last und mache dei­ne Tat wie­der gut! Erzäh­le einem See­len­arzt, was dich inner­lich bedrückt, du wirst sehen, wie du erleich­tert auf­at­mest. Eine drü­cken­de Last ist dann von dir genom­men. Ver­su­che es, mit dei­nen Mit­men­schen in Frie­den zu leben! Habe das Bewußt­sein treu­er Pflicht­er­fül­lung! Ver­zei­he dei­nen Fein­den! Grüb­le nicht dar­über nach, wie du sie dafür bestra­fen kannst, damit sie einen gehö­ri­gen Denk­zet­tel haben. Rache­ge­dan­ken brin­gen kei­ne Ruhe und Frie­den. Rich­te viel­mehr dein Ver­hal­ten so ein, daß du mit jedem Men­schen gut aus­kommst! Drän­ge nie­man­dem dei­nen Wil­len auf! Blei­be stets ruhig und freund­lich! Du änderst doch nichts, wenn du zor­nig wirst. Was gewe­sen ist, laß ruhen, quält es dich, befreie dich davon durch eine offe­ne Aus­spra­che mit einem See­len­arzt! Wenn du echt mensch­lich han­delst und mit dei­nem Innern nicht in Zwie­spalt gerätst, dann wirst du auch wie­der ruhi­gen Schlaf finden.